Mina
Müde und erschöpft wurde Mina erst von Winfrid geweckt, der sie kräftig an den Schultern rüttelte. Nachdem sie die Spuren ihrer Tat versteckt hatte, war sie am Tisch sitzend eingeschlafen.
„Gute Arbeit, Kleines!“, lobte Winfrid sie und deutete auf die vollen Flaschen, die vor ihr auf dem Tisch standen.
Mina nickte mit einem Gähnen und streckte sich ausgiebig.
„Geh und sieh nach, ob die Pferde versorgt sind, du kannst dir dann auch gleich ein gutes Frühstück gönnen!“, forderte er sie auf und warf ein paar Münzen auf den Tisch.
Noch nicht ganz wach starrte Mina das Geld für einen Moment an, bevor sie es nahm und aufstand. Beim Rausgehen warf sie sich ihren Rucksack über die Schulter und schaute ein letztes Mal verstohlen zu den befüllten Flaschen, ein kleines Lächeln auf ihren Lippen, dann ging sie ins Gasthaus.
Der Wirt erlaubte ihr sich in einem der leeren Räume zu waschen während er ihr Frühstück zubereitete und als sie saß und aß kam auch schon ein Bursche lachend hereingelaufen.
„Das müsst ihr euch ansehen! Der eine Händler verkauft Heiltinkturen, die die Hautfarbe verändern!“, prustete er und stützte sich lachend auf seinen Knien ab.
Mina konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen und beeilte sich noch ein wenig Essen in ihren Mund zu stopfen, während sie den Rest in ein Tuch einwickelte und in ihren Rucksack tat. Beim Waschen hatte sie beschlossen, dem Händler eine weitere Lektion zu erteilen indem sie eines seiner Pferde zu nehmen um ihre Reise fortzusetzen, sobald ihre kleine Überraschung ans Licht kam.
Während alle Gäste auf den Markt eilten, eilte Mina in den Stall und zäumte eines der Tiere auf. Sie hatte zwar keinen Sattel, aber so war es ihr sowieso viel lieber zu reiten. Natürlich ließ sie es sich nicht nehmen und ritt am Marktplatz vorbei, der gefüllt war von Gelächter und Schimpfwörtern. Einige Leute hatten hochrote, andere sogar blaue oder grüne Köpfe und Winfrid schwankte von einem Fuß auf den anderen und versuchte sich irgendwie rauszureden. Mina grinste weiterhin und trieb schließlich das Pferd an. Winfrid würde es sich von nun an dreimal überlegen, wen er um Hilfe bat bei seinen Betrügereien.
Die nächsten Tage verbrachte Mina damit von Stadt zu Stadt zu reiten und die Leute entweder nach Arbeit oder Damian zu fragen, von dem sie eine Skizze angefertigt hatte. Allerdings hatte ihn niemand gesehen und die Arbeit war meist nicht gut bezahlt und reichte gerade dafür, dass sie sich etwas zu Essen kaufen konnte; dennoch war sie für alles dankbar, was sie bekommen konnte. Wenn sie gerade nicht arbeitete versuchte sie weiter mit ihrer Gabe zu üben. Kräuter wachsen lassen war eine Sache, aber Wurzeln zur Verteidigung zu verwenden erschien ihr hilfreich zu sein.
Eines Nachmittags, als sie gedankenverloren einen Feldweg entlang ritt, scheute ihr Pferd auf einmal auf und tänzelte zur Seite. Aufgeschreckt schaute sich Mina um und entdeckte eine Wurzel, die genau da aus der Erde ragte, wo das Tier eben noch gegangen war. Mina hatte zwar über die Technik nachgedacht, aber sie berührte den Boden nicht einmal, wie sie es sonst tat. Außer. Mina setzte sich wieder so hin, wie sie zuvor gesessen hatte. Ihre Hände ruhten auf den Schultern des Pferdes, da sie keinen Sattel hatte, auf dem sie sie ablegen konnte und sie konzentrierte sich auf die Wurzel. Mina konnte spüren, wie ihre Kräfte durch den Körper des Tieres wanderten und dafür sorgten, dass die Wurzel wieder im Erdreich verschwand. Das Tier schüttelte sich, es war davon alles andere als begeistert.
„Es tut mir Leid“, bat Mina um Verzeihung und streichelte ihm den Hals, dann setzten sie ihren Weg fort.
Sie passierte weitere Orte und Mina hatte es fast schon aufgegeben, aber ein letztes Mal wollte sie noch fragen. Im Gasthaus rollte sie das knitterige Papier mit der Skizze auseinander und zeigte es dem Wirt mit den Worten: „Habt Ihr diesen Jungen schon einmal gesehen?“
Wie all die anderen Male zuvor erwartete sie auch jetzt eine Verneinung, aber der Wirt überraschte sie, indem er sagte: „Den Schlingel würde ich überall erkennen!“
Hinter den Kulissen
Mit dem letzten Teil von Mina’s Geschichte geht es hinter dem 24. Türchen weiter, seid gespannt, wie es ausgeht. 😉
Wenn ihr in der Zwischenzeit bei den anderen vorbei schauen möchtet, dann startet neu bei Türchen 1 und entscheidet euch zwischen Sasha und Damian.
Man merkt ein bisschen das Mina nachtragend ist, oder? 😉
Abgesehen davon hat mich die Übersetzung vor eine interessante Frage gestellt:
Was ist eigentlich bekannter?
Sich etwas zweimal oder dreimal zu überlegen?
Im Deutschen war mir persönlich wie dreimal, im Englischen eher das zweimalige, die Meinungen meiner Befragten gingen da etwas auseinander, aber die Mehrheit war doch für zweimal. Trotzdem hab ich mich jetzt dazu entschieden, dass Winfrid daher im Deutschen und Englischen jetzt dreimal überlegen wird, von wem er sich helfen lässt. 😉
Wie auch immer, ich hoffe euch gefällt die Geschichte bisher.
Bis Morgen,
PoiSonPaiNter
© Für Geschichte und Charaktere liegen bei mir. Verwendung oder Weitergabe nicht ohne meine Zustimmung.
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Lies auf Deutsch
“Good work, kid!” Winfrid praised her and waved towards the filled bottles that stood before her on the table.
Mina nodded with a yawn and stretched.
“Go and see if the horses are fed, feel free to treat yourself to a good breakfast!” He ordered and threw a few coins on the table.
Still not entirely awake she stared at the money for a moment before she took it and stood up. When she left she threw her backpack over her shoulder and stole a last glance at the filled bottles, a small smile on her lips and went to the inn.
The innkeeper had allowed her to use one of the empty rooms to wash herself while he prepared her breakfast and when she sat and ate a boy came running into the inn, laughing.
“You have to go and see! One of the merchant sells healing potions that change ones skin colour!” He snorted and leaned down to his knees, not being able to hold back his laughter.
Mina could keep herself from grinning and hurried to gulp down a little more food, while she wrapped the rest into a cloth and put it into her backpack. While she was washing herself she had decided that she would teach the merchant another lesson by taking one of his horses to continue her journey as soon as her surprise had come to light.
While all the guests hurried to the market, Mina hurried to the stables and bridled one of the beasts. She didn’t have a saddle, but she felt way more comfortable riding this way anyway. Of course couldn’t resist and rode through the market that was filled with laughter and curses. Some people had red, others even green or blue heads and Winfrid swayed from one foot to the other and tried to talk himself out of this somehow. Mina still grinned and eventually spurred the horse. From now on Winfrid would think thrice before asking someone for help with his cons.
The next few days Mina spent riding from town to town and asking people either for work or Damian, of whom she had drawn a sketch. Though no one had seen him and work was usually badly paid and was mostly only enough to buy some food; still she was thankful for everything she got. When she wasn’t working she tried to practice using her gift. Growing herbs was one thing, but using roots as defence seemed helpful to her.
One evening she rode on a field road, deeply lost in her thoughts when her horse shied and pranced to the side. Startled Mina looked around and saw a root that stuck out from the earth were the beast had been just a moment ago. Mina had thought about the technique, but she didn’t touch the ground like she usually did. Except. Mina sat back the way she did before. Her hands rested on the horses’ shoulders as she didn’t have a saddle where she could put them and concentrated on the root. Mina could feel how her powers wandered through the body of the beast, causing the root to retreat into the ground. The beast shook, it wasn’t very happy about this.
“I am sorry”, Mina excused herself and stroked its neck then she continued her way.
She passed several more places and Mina had nearly given up, but she wanted to ask one last time. In the inn she unrolled the wrinkled paper with the sketch and showed it to the innkeeper with the words: “Have you seen this boy?”
Like all the other times before she expected a denial, but the innkeeper surprised her as he said: “I’d recognize that rascal anywhere!”
Behind the Scenes
Mina’s story will continue behind the 24th door.
If you want to see what the others are doing in the meantime, go back to the 1st door and choose between Damian and Sasha.
It’s easy to notice that Mina is resentful, right? 😉
Aside from that did the translation bring up an interesting question:
What is more known?
Thinking twice about something or thrice?
In german I personally feel like thrice, in English I lean more towards twice, but the ones I asked mostly leaned towards twice. Still, I decided that Winfrid, both in German and in English, will think thrice about whom he would ask for help. 😉
Anyway, I hope you like the story so far.
See you tomorrow,
PoiSonPaiNter
© For the story by me. Do not use or repost either without my permission.