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Noch zwei mal Lesen …

… dann ist das Jahr vorbei.

Verging die Zeit für euch auch so schnell? Der November war wie im Flug vorbei und morgen fangen wir schon wieder an Türchen zu öffnen, um die Weihnachtszeit einzuläuten.

Apropos Türchen!

Auch dieses Jahr nehme ich wieder am Lebendigen Adventskalender der Kirchengemeinde meiner Heimatstadt teil. Dafür und für eine Lesung im Gutshaus Waldberg drei Tage vorbei zu einem derer Adventsmärkte, habe ich mir ein paar Geschichten aus meinem Adventskalender von 2014, meinem allerersten, vorgenommen und aufgearbeitet.

Wer neugierig ist, was ich damals so fabriziert habe, diese Geschichten habe ich gewählt:

Dazu vielleicht noch die überarbeitete Fassung des Ruinenzaubers (Veste Landskron), die ich vor ein paar Jahren anfertigte und vielleicht einen Auszug aus meiner Geschichte aus den Acht Wochen Dunkelheit.

Das Lichtlein war tatsächlich die einfachste Überarbeitung, der Stern die schwerste. Letzterer ist auch nicht mehr mit der verlinkten Fassung vergleichbar. Auch der Weihnachtsmarkt hat eine andere Wendung genommen, denn ich habe ihn zu einer Bonusszene für den Neubrandenwolf gemacht! (Und ja, ich muss da immer noch die Seite für überarbeiten … XD).

Hier alle Daten auf einen Blick:

Grafische Darstellung der im Beitrag genannten Termine

Adventsmarkt
Thema: Phantastisches MV
Wann? 10.12.2023, 16 Uhr
Wo? Gutshaus Waldberg, Waldberg 1, 17109 Demmin

Lebendiger Adventskalender
Wann? 13.12.2023, 18 Uhr
Wo? Kaminzimmer des Gemeindehaus Jarmen, Neuer Markt 6, 17126 Jarmen

Vielleicht sehen wir uns ja, ich würde mich freuen!

Anne

P.S. Merkt euch das Gutshaus Waldberg, denn da darf ich am 2.2.24 aus dem Wolf lesen!

#CroMär: Kapitel 21

Heute endet das diesjährige #CroMär, hoffe, es hat euch gefallen!

Das Märchensommer Banner zeigt eine Scherenschnitt-Fee, die Glitzer auf den verschnörkelten Schriftzug "Märchensommer" über einem aufgeschlagenen Buch streut. Alles vor einer grünen Wiese neben einem Baum und Sonnenstrahlen im Hintergrund.

Kapitel 21

Entsetzt drückte Becky Regina von sich weg und sprang auf. »Verarschen kann ich mich alleine!«

Sie wollte gerade davonstürmen, da stellte Ralf sich ihr in den Weg. Wie er sich so schnell bewegen konnte, war für Regina noch immer ein Rätsel.

»Lass es dir erklären«, bat er sie ruhig und Regina sah Becky an, dass sie zunächst drauf und dran war abzuhauen, aber sich dann doch wieder setzte.

»Mischa ist ein kleiner, dürrer, uralter, grau-getigerter Kater, kein Mensch.« Den Worten fehlte jegliche Emotion und Regina setzte an, Ralf wegen des Magiegebrauchs zu maßregeln, doch er schüttelte nur den Kopf.

»Ich bin ja auch kein Mensch!«, mischte Mischa sich ein und hockte sich mit angewinkelten Beinen auf den Tisch.

Wie in Trance folgte Becky der Bewegung, dann riss sie die Augen auf und Regina bemerkte dadurch, dass Mischa sich vor ihnen zurückverwandelte.

Für einen Moment beobachteten sie, wie der Kater sich aus der Kleidung wühlte, nur um sich dann ausgiebig zu putzen.

»Das ist doch alles nur ein Traum, das ist nicht real!«, entfuhr es Becky, sobald Ralf den Zauber von ihr löste.

»Oh, glaub mir, dass wünsche ich mir seit Monaten!«, pflichtete Regina ihr bei und verschränkte die Arme.

Nun sah Becky Regina verwirrt an, doch bevor sie entsprechende Fragen stellen konnte, schlug Regina vor, den Rest des Tages zu schwänzen, damit sie ihr alles erklären konnte.

Und das tat sie dann auch, nachdem sie es sich im Campus-Park mit Kakao und Keksen auf einer Decke gemütlich gemacht hatten, die Ralf beiläufig herbeigezaubert hatte. Dass es Regina war, die die Kekse gebacken hatte, war Teil ihrer Erklärung. Mit jedem Zaubertrick schien Becky mehr zu verstehen und zu begreifen, die dazugehörigen Geschichten waren ihr allerdings zu absurd.

»Können wir dann jetzt endlich meine neuen Stiefel besorgen?«, drängte Mischa sich in eine Pause der Unterhaltung.

Als Ralf ihr auch das erklärt hatte, stand Regina genervt schnaubend auf und hielt Becky ihre Hand entgegen. »Sieht so aus, als müssten wir dann wohl erstmal shoppen gehen.«

Becky ließ sich aufhelfen, dann fing sie an zu lachen. »Deine Oma ist Frau Holle.«

»Ja?« Regina verstand nicht, worauf ihre Freundin hinauswollte und was daran so lustig war.

»Weißt du noch, als ich im ersten Semester mal bei dir übernachtet habe und sie morgens bei euch war?«

Regina zermarterte sich das Hirn nach der Begebenheit, dann fiel es ihr wieder ein. Gleichzeitig zitierten sie: »Habt ihr auch die Betten ausgeschüttelt?«

Diesmal brachen sie beide in schallendes Gelächter aus und nahmen einander dabei fest in den Arm. Hoffnung und Freude durchströmte Regina, endlich hatte sie ihre beste Freundin wieder und musste ihr nichts mehr verheimlichen!

Und das Katerproblem konnten sie nun gemeinsam lösen.

Nachwort

Auch diesmal behandeln die einzelnen Kapitel wieder märchenhafte Aspekte. Könnt ihr erraten, welches hier thematisiert ist?

Übrigens heißt das Kapitel in meinen Notizen: Des Katers neue Kleider

Ich hoffe, es hat euch gefallen!

Anne/Poisonpainter

#CroMär: Kapitel 20

Das #CroMär geht weiter.

Das Märchensommer Banner zeigt eine Scherenschnitt-Fee, die Glitzer auf den verschnörkelten Schriftzug "Märchensommer" über einem aufgeschlagenen Buch streut. Alles vor einer grünen Wiese neben einem Baum und Sonnenstrahlen im Hintergrund.

Kapitel 20

Während die Illusionskatzen Mischas neue Besitzerin – Regina wollte sie nicht Herrin nennen – suchten, konnte sie zumindest noch den Rest der Vorlesung mitnehmen, da Ralf auf den Kater aufpasste. Die Antworten auf Beckys Fragen konnte sie zumindest bis zur Pause aufschieben. Gemeinsam gingen sie anschließend dafür in die Mensa, um dort die Zeit bis zur nächsten Vorlesung mit einem schnellen Mittagessen zu verbringen. Was Regina nicht erwartete, war Ralf und Mischa ebenfalls dort zu finden. Gezielt lenkte Regina Becky zur Seite und setzte sich mit dem Rücken zu den anderen, bevor diese sie entdeckten. Gerade wollte sie nicht über Magie und stiefellose Kater nachdenken, sondern einfach nur ein bisschen Zeit mit ihrer besten Freundin verbringen.

»Was ist passiert? Irgendetwas mit deiner Oma?«

Der Ton von Beckys Frage verwirrte Regina, es schwang etwas mit, dass sie nicht zuordnen konnte. Sie schüttelte den Kopf. »Nein, meiner Oma geht’s gut. Ich musste nur wieder -« jemandem mit einem magischen Problem helfen, konnte sie leider nicht sagen. »eine Besorgung erledigen, die natürlich nicht aufgeschoben werden konnte.« Die Lüge schmerzte, aber somit hatte sie sich in den letzten Monaten immer herausgeredet. Bei ihren Freunden, bei ihren Dozierenden, bei ihrem Nebenjob. Sie alle bekamen Ausreden und Lügen. Dass sie noch nicht über ihr eigenes Netz gestolpert war, grenzte an ein Wunder.

»Entschuldigung?«, beendete eine unerwünschte Stimme die Unterhaltung, bevor sie überhaupt richtig starten konnte.

Regina musste ein verächtliches Schnauben unterdrücken und drehte sich mit genervt zusammengezogenen Brauen zum Kater. Doch dieser beachtete sie nicht, sein Blick starr auf Becky gerichtet, seine Hände strichen nervös übereinander.

»Hannchen?«, fragte Mischa, die Hoffnung deutlich in diesen einem Wort.

Becky sog scharf die Luft ein und Regina schaute verwirrt zwischen den beiden hin und her.

»So-so hat meine Oma mich immer genannt …«, kommentierte Becky im Flüsterton.

Mischa nickte begeistert und setzte sich neben Regina auf die schmale Bank und legte die Hände über Beckys. »Sie schickte mich zu dir«, verkündete er ihr sanft.

Die Augen weit aufgerissen, traf Regina die Erkenntnis wie ein Schlag. Ihre beste Freundin hatte ihre Großmutter verloren und sie war so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass sie nichts davon mitbekommen hatte. »Warum hast du nichts gesagt?«, presste sie hervor.

»Ich wollte dich nicht belasten, du hast so viel um die Ohren«, gab Becky kleinlaut zu und Tränen stiegen in ihre Augen.

Ohne Umschweife stand Regina auf, umrundete den Tisch und nahm ihre Freundin in die Arme. »Egal wie beschäftigt ich bin, du kannst mir alles erzählen! Du belastest mich damit nicht!«

Sogleich ließ Becky den Tränen freien Lauf, klammerte sich an Regina und erzählte mit belegter Stimme, wie ihre Oma plötzlich eingeschlafen war.

»Es war ihre Zeit«, kommentierte Mischa trocken als sie endete. Sein Nicken wirkte selbstgefällig und überzeugt. »Es tat ihr leid, dass sie sich nicht mehr persönlich verabschieden konnte, aber sie war froh noch mit euch feletoniert zu haben bevor sie sich zur ewigen Ruhe bettete.«

Becky richtete sich von ihrer Position gegen Reginas Schulter auf. Regina konnte sich das Augenrollen nicht verkneifen, aber Katzen hatten vermutlich kein Verständnis für Taktgefühl.

»Es heißt telefonieren«, korrigierte Ralf unvermittelt, der sich in der Zwischenzeit zu ihnen geschlichen hatte.

Mit einem »Oh« begann Mischa das Wort wiederholt vor sich herzusprechen.

»Was? Wer? Was?« Verwirrt starrte Becky sie nacheinander an.

Regina seufzte. Es war Zeit die Katze aus dem Sack zu lassen. »Das ist Mischa, der Kater deiner Oma.«

Nachwort

Auch diesmal behandeln die einzelnen Kapitel wieder märchenhafte Aspekte. Könnt ihr erraten, welches hier thematisiert ist?

Übrigens heißt das Kapitel in meinen Notizen: Der Kater aus dem Sack

Nächsten Mittwoch geht es weiter!

Anne/Poisonpainter

#CroMär: Kapitel 19

Das #CroMär geht weiter.

Das Märchensommer Banner zeigt eine Scherenschnitt-Fee, die Glitzer auf den verschnörkelten Schriftzug "Märchensommer" über einem aufgeschlagenen Buch streut. Alles vor einer grünen Wiese neben einem Baum und Sonnenstrahlen im Hintergrund.

Kapitel 19

Als Ralf endlich ankam, stand Regina mehrere Meter von Mischa entfernt. Ihre Nase lief, ihre Augen tränten und am liebsten wäre sie einfach weggerannt und hätte den Kater stehen lassen. Ihr schlechtes Gewissen ließ das nicht zu.

»Du siehst -«, noch bevor Ralf den Satz beenden konnte, tat Regina es für ihn: »Scheiße aus. Ich weiß.«

Ohne, dass sie fragen musste, reichte er ihr eine Tinktur, die sie sogleich hinunterstürzte. Zum Glück dauerte es nicht lange bis die Wirkung einsetzte, sodass sie endlich wieder frei atmen konnte. Nach einem knappen Danke, brachte sie ihn auf den aktuellen Stand während sie zu Mischa zurückkehrten.

»Der Zauber des gestiefelten Kater, lässt das Tier die neue Person spüren, wenn der Besitz wechselt«, erklärte Ralf ruhig. »Das heißt, wenn du dich weiter durch die Stadt bewegst, wirst du irgendwann Hannchen begegnen und sie erkennen.«

»Dann is doch alles geregelt?«, wollte Regina die Situation so schnell wie möglich beenden. Vielleicht konnte sie so doch noch ein paar Vorlesungen heute mitmachen.

»So einfach ist das leider nicht. Ja, ohne die Stiefel aktiv zu tragen, kann die Verwandlung aufrechterhalten werden, aber nur für einen begrenzten Zeitraum.« Ralf sah Mischa eindringlich an. »Je länger es dauert, deine Stiefel oder deine neue Herrin zu finden, umso mehr wirst du vergessen wen du suchst und was deine Aufgabe ist.«

»Ich hasse Zeitfenster«, brummte Regina genervt und verschränkte die Arme. Das hätte ihr bei der Entzauberung von Wolf schon mal fast das Genick gebrochen. »Wie schlimm wäre es, wenn das passiert?«

»Das kommt auf Mischa an«, entgegnete Ralf und hob eine Augenbraue in Richtung des Katers. »Wenn du ein ganz normaler Kater werden willst, kannst du den Zauber auslaufen lassen.«

Entsetzt riss Mischa Augen und Mund auf. »Niemals!«, schrie er ihnen entgegen und Regina war sich sicher, ein Fauchen hinter dem Wort zu hören. »Meine Herrin hat mich Hannchen vermacht und ich werde sie unterstützen und beschützen, bis sie im hohen Alter einschläft und mich weitergibt!«

Regina war sich nicht sicher, was sie davon halten sollte. Wenn sie den Zauber richtig verstand, war der Kater nahezu ein Sklave der Magie, allerdings schien er ihm auch gewisse Freiheiten wie den Gestaltwandel und die damit verbundenen Möglichkeiten zu geben. Und wer war sie ihm seinen Lebensstil auszureden?

»Seit wie vielen Generationen bist du schon Gestiefelt?«, fragte Ralf unvermittelt und kramte nebenbei in seiner Tasche.

Mischa kratzte sich mit der eingeknickten Hand am Ohr, sah hin und her, dann zuckte er mit den Schultern. »Die Zeit ist so lang, ich habe die ersten mittlerweile vergessen. Vor meiner alten Herrin erinnere ich mich an vier andere, aber ich weiß, da waren mehr.«

»Und du bleibst immer bei ihnen bis sie sterben?«, hakte Regina nach, während sie im Kopf nachrechnete, wie alt der Kater sein musste und ob er dadurch älter war als Ralf.

»Oder sie mich weiterschicken«, kommentierte Mischa nur mit einem erneuten Schulterzucken.

»Es gibt einen Weg, wie wir die Suche beschleunigen können«, verkündete Ralf und setzte sich im Schneidersitz auf den Boden.

Mischa folgte ihm sogleich in die Hocke und sah ihn neugierig an, Regina betrachtete die Szene vor sich skeptisch. Auf Ralfs Schoß lag ein Zeichenblock, neben ihm ein schwarzes Kästchen mit einem seltsamen Stein und einem Pinsel. Aus einer Flasche tropfte Ralf etwas Wasser in das Kästchen und rieb dann in langsamen Kreisen den Stein darüber. Diesen Vorgang wiederholte er einige Male, dann sah er Mischa erwartungsvoll an.

»Ich brauche einen Tropfen Blut von dir für den Zauber.«

Erschrocken fiel Mischa auf den Hosenboden, aber dann streckte er pflichtbewusst die Hände über die Flüssigkeit, die sich im Kästchen gesammelt hatte, und piekte sich mit dem spitzen Fingernagel in den Finger der anderen Hand. Ein einzelner Tropfen fiel in die seltsame Mischung und Ralf zog erneut einen Kreis, diesmal mit dem Pinsel. Dann setzte er diesen auf das Papier und begann zu zeichnen. Erst jetzt verstand Regina, dass er eine Art Kalligraphie-Technik verwendet, um den Zauber zu wirken.

Einen Zauber, der ein reales Ebenbild der gezeichneten Katze aus dem Papier steigen ließ.

Nachwort

Auch diesmal behandeln die einzelnen Kapitel wieder märchenhafte Aspekte. Könnt ihr erraten, welches hier thematisiert ist?

Übrigens heißt das Kapitel in meinen Notizen: Der Zauberer der Katzen malte

Nächsten Mittwoch geht es weiter!

Anne/Poisonpainter

#CroMär: Kapitel 18

Das #CroMär geht weiter.

Das Märchensommer Banner zeigt eine Scherenschnitt-Fee, die Glitzer auf den verschnörkelten Schriftzug "Märchensommer" über einem aufgeschlagenen Buch streut. Alles vor einer grünen Wiese neben einem Baum und Sonnenstrahlen im Hintergrund.

Kapitel 18

Resigniert nahm Regina das Handy aus der Tasche und schrieb Becky, dass sie es nicht schaffen würde und dass sie sie bitte abmelden und ihr die Mitschrift schicken solle. Auf die Nachfrage, ob etwas Schlimmes sei, kommentierte Regina nur, es sei nervig und fragte sich wiederholt, ob sie ihre Freundin einweihen sollte und ob sie das überhaupt durfte. Uni für den Tag abgehakt, ging sie ein paar Schritte Beiseite und rief ihren Joker in Sachen magische Probleme an. Es dauerte einen Moment bis er mit einem verschlafenen »Guten Morgen« antwortete.

Verdammter Langschläfer, sie wollte auch zurück ins Bett!

»Raaaalf! Du musst mir helfen!«, flehte sie durch den Hörer. »Ich habe einen gestiefelten Kater ohne Schuhe und Herrin und muss die ganze Zeit niesen. Das pack ich nicht allein, wenn ich ihm helfen soll!« Zur Bestätigung tat sie genau das.

»Kannst du nicht deine Oma fragen?«

»Was meinst du, von wem ich die Katzenhaar-Allergie habe?« Sie wusste nicht, ob das so stimmte, aber so konnte sie jemanden anderen die Schuld in die Schuhe schieben. Immerhin hatte der Kater sie vermutlich aufgrund ihrer Magie oder magischen Aura oder so etwas überhaupt erst angesprochen.

Ralf seufzte, rieb sich vermutlich die Augen, wie sie es schon oft gesehen hatte, wenn sie sich verquatscht hatten und es spät geworden war. »Okay«, sagte er schließlich. »Was ist genau passiert?«

Regina murmelte eine Kurzfassung, beschäftigt damit, ihre laufende Nase zu bändigen.

Wieder seufzte Ralf, verstand sie ohne viele Worte. »Wo bist du?«

»In der Uni, wo ich eigentlich die Vorlesung hätte, auf die ich mich schon die ganze Woche freue!« Ihr Frust war unverkennbar in ihrer Stimme. Im Augenwinkel sah sie, wie Mischa sich zusammenkrümmte, aber das war ihr nur recht.

»Gib mir zwanzig Minuten, dann bringe ich dir was für deine Nase. Bis dahin hast du vielleicht schon mehr aus dem Katerchen herausbekommen.«

»Einverstanden. Danke!«

Sie drehte sich wieder zu Mischa und nahm den vorherigen Faden wieder auf. »Du hast dir dann also Klamotten besorgt und bist hergekommen?«

»Genau, die hingen auf einer Leine!«

Regina nickte, das erklärte zumindest die unpassende Kleidung, aber eine Sache nicht: »Wie kannst du überhaupt menschliche Gestalt annehmen ohne Stiefel?«

»Ich muss meine Stiefel nicht tragen, um es zu können, aber sie dürfen nicht zerstört werden, dann verwandel ich mich wieder zurück. Außer meine neue Herrin schenkt mir neue Stiefel.«

»Hast du denn den Namen von ihr?«

»Hannchen«, verkündete er stolz.

»Und sie geht hier zur Uni?«

Das ließ ihn in sich zusammensinken. »Meine Herrin hat immer gesagt, was für ein kluges Mädchen ihr Hannchen ist.«

»Das ist keine Antwort auf meine Frage.«

»Ich habe Orte gesucht, wo kluge Menschen sind und dann habe ich Euch bemerkt.« Der Kater verbeugte sich, was Regina noch mehr irritierte als die Förmlichkeit. Immerhin wusste sie jetzt, dass er ihre Magie tatsächlich erkannt.

»Du hast also keine Ahnung, wer sie ist, wo sie wohnt und wie du sie finden kannst«, fasste Regina die Situation zusammen.

Mischa zuckte mit den Schultern, ein unschuldiges Lächeln im Gesicht.

»Großartig.«

Nachwort

Auch diesmal behandeln die einzelnen Kapitel wieder märchenhafte Aspekte. Könnt ihr erraten, welches hier angedeutet ist?

Übrigens heißt das Kapitel in meinen Notizen: Der Kater der auszog, sein neues Zuhause zu finden

Nächsten Mittwoch geht es weiter!

Anne/Poisonpainter

#CroMär: Kapitel 17

Auch in diesem Märchensommer möchte ich die Geschichte um Regina weitererzählen und habe ein Update des #CroMär für euch vorbereitet.

Das Märchensommer Banner zeigt eine Scherenschnitt-Fee, die Glitzer auf den verschnörkelten Schriftzug "Märchensommer" über einem aufgeschlagenen Buch streut. Alles vor einer grünen Wiese neben einem Baum und Sonnenstrahlen im Hintergrund.

Doch zunächst …

Was bisher geschah …

Regina soll ihrer kranken Oma etwas zu Essen vorbeibringen. Auf dem Weg dahin begegnet sie ihrer Tante, die ihr einen Diät-Apfel andreht und ihrem Jugendschwarm Wolf, der sie zum Wunderjunggesellenball einlädt. Hin und hergerissen schließt Regina einen Deal um den ersten Kuss des Abends mit einem seltsamen Förster, damit sie den Apfel, den sie grad erst entsorgt hat, zurückbekommt.
Allerdings war das erst der Anfang der bizarren Ereignisse, denn bald stellt sich heraus, dass ihre Oma keine geringere als Frau Holle ist und mit der Baba Yaga eine ernstzunehmende Rivalin hat.
Das am Ende des Ballabends Wolf dann ein Frosch ist, war auch nicht das was Regina davon erwartet hatte.

Am nächsten Morgen hat Regina ein schleimiges Erwachen, denn sie hat Wolf mit nach Hause genommen. Mit Hilfe ihrer Familie und dem Förster, der eigentlich Ralf heißt und sich als Rumpelstilzchen vorstellt, macht Regina sich daran in wieder zurückzuverwandeln. Was gar nicht so leicht ist, da er einsehen muss, wie sehr sein Handeln sie verletzt hat …

Ausführlich könnt ihr es hier nachlesen: #CroMär

Ein paar Monate später trifft Regina erneut mit Marie zusammen, die verzweifelt ihre mal wieder ausgebüchste Ziege sucht. Doch bald stellt sich heraus, dass sie nicht nur gerne Ralfs Rapunzeln frisst, sondern auch ein verzauberter Mensch ist. Gemeinsam befreien sie die junge Frau von ihrem Fluch. Doch Regina erfährt dabei ein Geheimnis über Ralf, denn Rumpelstilzchen ist nur ein Deckname. Früher nannten sie ihn Koscheii und er ist der Sohn eines Aspekts der Baba Yaga.

Und nun geht es wieder ein paar Monate später weiter mit:

Kapitel 17

Regina war schon wieder viel zu spät dran. Sie hielt die Schlinge ihrer Laptoptasche fest im Griff als sie schnellen Schrittes auf das Unigebäude zulief. Warum musste ihre Mutter auch darauf bestehen, dass sie jetzt jeden Morgen Magieübungen machte, bevor sie aus dem Haus ging? Damit verbrachte sie schon nahezu alle Nachmittage, Abende und Wochenenden. Sie hatte dadurch kaum noch Zeit für ihre Freunde, denn wenn sie nicht übte, musste sie Unikram nachholen, den sie deswegen hinauszögerte. Es war zum Kotzen. Viel lieber würde sie in die Zeit zurückkehren, in der sie eine ganz normale Informatikstudentin gewesen war. Ohne den ganzen magischen Firlefanz. Sollte doch wer anderes den Mantel der Holle übernehmen. Bisher hatte sich noch immer eine passende Frau für die Rolle gefunden.

»Die Magie befindet dich für würdig, du wirst die nächste Holle!«, klingelten ihr die Worte ihrer Oma in den Ohren und Regina schüttelte sie energisch weg.

Algorithmen und Datenstrukturen, das war jetzt wesentlich wichtiger als Wetterzauber oder Backmischungen mit dem gewissen Etwas.

»Entschuldigung?«, riss eine verängstigte Stimme sie aus ihrer Eile.

Regina hielt inne und fand eine merkwürdig gekleidete junge Person an die Hauswand gedrängt. »Ja?«

»Ich brauche Hilfe«, eröffnete die Person, als wenn das nicht offensichtlich wäre.

Die Jacke war viel zu groß, die Hose hingegen zu kurz und Schuhe trug sie gar nicht erst.

»Brauchst du die Polizei? Wurdest du überfallen?«

Die Person schüttelte den Kopf. Aus ihrem androgynen Aussehen konnte Regina nichts ableiten, dass ihr bei der weiteren Identifizierung helfen konnte.

»Ich suche meine Herrin, aber ich bin neu in der Stadt und kenne mich noch nicht mit all dem aus.«

Ein Gefühl beschlich Regina, dass dies ein magisches Problem war, aber sie verdrängte den Gedanken. Stattdessen fragte sie nach einem Namen und stellte sich selbst ebenfalls vor.

»Ich heiße Mischa.« Ihr Gegenüber grinste so breit, dass Regina scharfe Eckzähne erkennen konnte. Auch das sprach für ihre Befürchtung, aber noch gab es dafür keine Beweise. Stattdessen fragte sie nach dem Geschehen.

Nach ein wenig rumdrucksen packte Mischa aus. »Meine alte Herrin ist gestorben und ich soll jetzt ihrer Enkelin zur Seite stehen, also habe ich eine menschliche Gestalt angenommen und mich auf den Weg gemacht. Aber als ich hier ankam, habe ich mich verlaufen und in einer Gasse mich zum Schlafen gelegt. Als ich aufgewacht bin, waren die Sachen weg, die meine alte Herrin mir geschenkt hatte. Inklusive meiner Stiefel! Meiner wunderbaren Stiefel!« Mischa schnupfte, wischte sich mit dem Handgelenk über die Nase.

Regina klappte die Kinnlade runter. Hatte sie das gerade richtig gehört? Menschliche Gestalt angenommen? Sie wiederholte die Worte skeptisch.

»Ja, ich bin ein waschechter gestiefelter Kater!«, verkündete Mischa stolz.

Wie zur Bestätigung nieste Regina. Kein es-kribbelt-in-der-Nase-Niesen, nein, ein Allergie-Niesen. Regina stöhnte. Es war ein magisches Problem.

»Ein gestiefelter Kater, nur, dass …«, sie sah zu seinen schuhlosen Füßen, »du keine trägst.«

»Das ist Teil meines Problems.«

Wieder stöhnte Regina, den Kopf gen Himmel gestreckt. Das konnte heiter werden.

Nachwort

Auch diesmal behandeln die einzelnen Kapitel wieder märchenhafte Aspekte. Könnt ihr erraten, welches hier thematisiert ist?

Übrigens heißt das Kapitel in meinen Notizen: Der ungestiefelte Kater.

Nächsten Mittwoch geht es weiter!

Anne/Poisonpainter

Adventskalender: Türchen #24

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Offenbarung

Für den Rest der Nacht holte Katrin die restlichen Decken, um sie beide darin einzuwickeln. Nicholas hatte derweil die Stelle gefunden an der er sich auch mit den Fesseln hinsetzen konnte; schließlich waren sie zum Festhalten und nicht zum Foltern gedacht. Sie setzten sich dicht nebeneinander, um sich auch gegenseitig Wärme zu spenden. Damit sie es beide bequem hatten, legte Nicholas seinen Arm um Katrin, da die Kette ihr sonst in den Rücken drücken würde. Sie sträubte sich zwar erst etwas dagegen, gestand sich dann aber ein, dass es so wesentlich angenehmer war.

Für eine Weile musste Katrin ihm davon erzählen, was sie getan hatte, um die Verwandlung umzukehren. Dabei ließ sie allerdings ihren Fehlversuch aus, das war ihr dann doch zu peinlich einem nur leicht bekleideten Nicholas gegenüber. Allein der Gedanke ließ sie rot werden und auch seine wiederholten Nachfragen änderten nichts an ihrer Entscheidung. Nicht viel später überkam Katrin schließlich die Erschöpfung. Der Weg durch den Schnee und ihre Sorge um Nicholas forderten ihren Tribut. Ihren Kopf an Nicholas’ Schulter gelehnt schlief sie schließlich ein.

Am nächsten Morgen wurden sie von einem erstaunten “Nicholas!” geweckt. Katrin hob den Kopf und konnte den Umriss, der sich ihnen näherte, erst als Nicole erkennen, als sie schon vor Nicholas kniete und ihn fest in die Arme schloss.
“Du- ihr- was?”, fragte sie, lehnte sich etwas zurück und sah verwirrt zwischen ihnen hin und her.
“Guten Morgen”, begrüßte Nicholas sie mit einem breiten Grinsen, was Nicole zum Lachen brachte. Es war ein erleichtertes, fröhliches Lachen.
“Wie habt ihr das geschafft?”, brachte sie schließlich hervor.
“Das wissen wir selbst nicht so genau …”, gab Nicholas beschämt zu. “Katrin hat auf mich eingeredet und ich hab darauf reagiert …”
“Hauptsache, du bist wieder du selbst!” Nicole schüttelte lächelnd den Kopf. Eigentlich wollte sie mit Katrin schimpfen, weil sie einfach mitten in der Nacht alleine in die Höhle gegangen war, aber sie konnte nicht. Das Ergebnis dieser wahnsinnigen Aktion war schließlich ihr kleiner Bruder, der nun nicht mehr von Fell bedeckt war.
“Ihr müsst beide ja total durchgefroren sein …”, war alles, was sie sagen konnte und rieb Nicholas über die Arme.
“Es geht. Mors Decken haben geholfen”, winkte Nicholas ab und klirrte dabei mit der Kette. “Nur die sind etwas lästig”, ergänzte er mit einem Lächeln.
Nicole erwiderte es und präsentierte lässig den Schlüssel, den sie aus ihrer Jackentasche gezogen hatte. “Na dann wollen wir dich mal davon befreien.”

Von den Ketten befreit rieb Nicholas über seine aufgeschürften Handgelenke. Katrin hatte ihm erzählt, wie sehr er sich gegen seine Fesseln gewehrt hatte, aber es so zu sehen, war nochmal etwas anderes.
Nicole zog sanft seine Hand weg. „So machst du es nur noch schlimmer.“
Er gehorchte und fing damit an sich erstmal ausgiebig zu strecken. Die Decke um seine Schulter hatte er dafür abgelegt. Katrin sah beschämt zur Seite, denn die provisorisch um seine Hüfte gelegte Decke verdeckte nicht sonderlich viel.
“Hätte ich gewusst, dass du ne Enthaarungskur gemacht hast, hätte ich dir Sachen mitgebracht”, kommentierte Nicole als die Decke vollends den Halt verlor. Vorwurfsvoll blickte sie zu Katrin, die immer weiter in sich zusammensank.
“Es ist doch nicht ihre Schuld, dass wir hier draußen keinen Empfang haben…”, gab Nicholas zu Bedenken. Er wollte damit Katrin zur Seite stehen, aber dass er dabei mit hochrotem Kopf die Decke wieder um seine Hüfte band, half nicht gerade.
Nicole schüttelte nur den Kopf und hob eine weitere Decke auf, die sie ihrem kleinen Bruder mit einem aufrichtigen Lächeln um die Schultern legte. “Jetzt sorgen wir erstmal dafür, dass du ins Warme kommst.”

Mit ihren Fähigkeiten hielt Nicole den Schnee, der auf sie hinab rieselte davon ab sie zu erreichen und sorgte dafür, dass der bereits liegende zu einer festen Fläche wurde. Zumindest wenn sie Nicole in direkter Linie folgten, was Katrin am eigenen Fuß erfuhr, der bei einem Fehltritt tief in den Schnee einsank. Schmunzelnd half Nicholas ihr auf die Beine, während Nicole es ihr knapp erklärte.

Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichten sie endlich das Haupthaus. Katrin war trotz wärmender Decke komplett durchgefroren. Sie wollte sich gar nicht vorstellen, wie es Nicholas ging, der Barfuß durch den Schnee lief.
Nicole öffnete die Tür. Geschirrklappern und Gespräche drangen zu ihnen hinaus und hielten schließlich inne.
“Ist alles in Ordnung?”, fragte Natascha besorgt. Ihr Stuhl schabte über den Küchenboden.
“Schaut mal, wen ich mitgebracht habe”, verkündete Nicole stattdessen freudig und machte Platz für Nicholas, der mit eingezogenem Kopf durch die Tür ging.
“Nicholas …”, hauchte Natascha und schloss ihren Sohn sogleich fest in die Arme und auch seine anderen Familienmitglieder kamen auf ihn zu, um ihn willkommen zu heißen.
Katrin drängte sich an ihnen vorbei in die warme Küche. Sie lächelte und war einfach nur froh, dass ihr kleines Abenteuer ein solches Ergebnis erzielt hatte.

Kaum war die erste Welle der stürmischen Umarmungen verflogen und alle hatten sich etwas beruhigt, da piepte Katrins Handy wie wild los. Alle sahen sie an und peinlich berührt schaute sie, was das Gerät wollte. 7 verpasste Anrufe, 3 Nachrichten und 5 neue E-Mails prangten auf ihrem Display, alle von der gleichen Person: Dem Vater, dem sie die Seiten zur Übersetzung gegeben hatte. Nervös öffnete sie die erste Nachricht und überflog sie. Ein Lächeln begann sich auf ihrem Gesicht auszubreiten.
Habe auf einem Symposium einen Kollegen getroffen, der die Sprache spricht. Es handelt sich um eine Mischung aus Alt-Norwegisch und der Sprache der Sami. Er war so begeistert, er wird sich umgehend um eine Übersetzung bemühen”, stand dort in den kleinen digitalen Buchstaben. Die zweite Nachricht verkündete, dass sie die Übersetzung am Ende des Tages erwarten könnte. Die dritte verwies auf eine E-Mail. Schnell wechselte sie das Programm, noch immer unter den verwirrten Blicken der Familie. “Im Anhang die fertige Übersetzung.” Katrin konnte sich ein freudiges Quieken nicht verkneifen und öffnete diesen hoffnungsvoll. Sie las die Übersetzung und las sie noch ein zweites Mal, um sicherzugehen, dass sie alles richtig verstanden hatte. Das Lächeln wurde zu einem breiten Grinsen als sie den ungeduldig Wartenden verkündete: “Die Übersetzung ist da.”

“Na, lies schon vor!”, drängte Nick, aber es war Nicholas auf dessen Antwort sie wartete. Als er kaum merklich nickte, begann sie zu lesen.
Der Krampus-Zauber ist einer der ältesten und mächtigsten Schutzauber Joulkys,”, Katrin musste über die Schreibweise ‘Julki’ schmunzeln, aber vielleicht wurde es früher so geschrieben, “der seinen Wirt mit besonderen Fähigkeiten ausstattet, um das Dorf und die Familie zu schützen. Mit seiner Fähigkeit, die Bösartigkeit eines Menschen zu erspüren, kann er Gefahren bereits abwenden, bevor sie zu einer Bedrohung werden. Durch die Verwandlung in die Bestie gewinnt der Wirt an Schnelligkeit und Stärke. Jedoch sind diese Vorteile nur nutzbar, sofern der Wirt seine Menschlichkeit nach der ersten Verwandlung, seiner ‘Wilden Phase’, zurückerlangt.” Katrin machte eine Pause um Luft zu holen und die Gesichter zu betrachten. Der Krampus war kein Monster, er war ein Beschützer! Nicholas war der neue Beschützer des Dorfes! Doch noch schien diese Nachricht nicht angekommen zu sein, denn er starrte lethargisch zu Boden, während Nicole nachfragte, ob das alles war. Katrin schüttelte den Kopf und las weiter. “Stirbt ein Krampus-Wirt sucht sich der Zauber einen neuen aus dem Kreis der Familie. Einst ging man davon aus, dass der Zauber von der größten Quelle der Wut angezogen wurde, heute wissen wir jedoch mit Bestimmtheit, dass für die Wahl des nächsten Wirtes dessen vorhandener Hass eine stärkere Rolle spielt.” Dieser Abschnitt hatte sie schon beim vorherigen Lesen verwirrt. Sie konnte sich einfach nicht vorstellen, dass jemand wie Nicholas einen solchen Hass in sich tragen könnte. “Wurde ein neuer Wirt gefunden, so dauert es bis zu den nächsten Rauhnächten, dass die Verwandlung beginnt und sich unterschiedlich schnell ausbreitet, bis er vollkommen zur Bestie wird. Nur durch eine Konfrontation mit seiner eigenen Menschlichkeit und der Wahrheit über seine Situation, kann der Wirt aus der Wilden Phase herausgerissen werden und seinen Aufgaben gezielt nachkommen.” Katrin schluckte, bevor sie weiterlas: “Gelingt es nicht, den Krampus-Wirt aus der Wilden Phase zurückzuholen, so muss er einem magischen Ende zugeführt werden, damit ein anderer Wirt seinen Platz einnehmen kann.” Damit schloss sie. Das Dokument endete mit einem Hinweis auf kommende Übersetzungen, da der Text wesentlich länger gewesen war, sie aber vor allem um Passagen zur Verwandlung und Entstehung gebeten hatte. Allerdings hatte sie das Vorwort verschwiegen: “Um das Wissen über den Krampus zu bewahren, schreibe ich diese Zeilen. Mögen sie kommenden Generationen dienen den kommenden Krampus-Wirten auf ihrem Weg zu helfen.” Das würde Ephraim mit seinem Gewissen ausmachen müssen.

Über den Raum hatte sich Schweigen gelegt, es fühlte sich an, wie die Ruhe vor dem Sturm.

“Wen hasst du?”, brach es schließlich aus jemandem heraus. Katrin konnte nicht sagen wer es war, denn die Stimmen überschlugen und vermischten sich, als sie auf Nicholas eindrängten.
“Was hasst du?”
“Du bist doch immer so freundlich zu jedem!”
“MICH!”, brach es schließlich aus Nicholas hervor und er presste seine Hände gegen seine Stirn. “Ich bin ein Nichtsnutz, ein Versager…”, brummte er erschöpft, “Ich kann von allem ein bisschen, aber nichts wirklich gut…” Zwischen seinen Haaren brachen langsam die Hörner erneut hervor, aber seine Familie starrte ihn lediglich verwirrt an. Da niemand von ihnen reagierte, nahm Katrin es auf sich, ihn von den anderen wegzudrehen.
“Sieh mich an”, forderte sie ihn auf und fixierte sein Gesicht mit beiden Händen in ihre Richtung. Seine sonst so dunklen Augen hatten sich bereits aufgehellt und suchten hektisch nach Halt. “Nicholas”, versuchte sie erneut seine Aufmerksamkeit zu erlangen, vehement und mit einer Ruhe, die nicht ihr Innerstes erreichte; wie bei einem verängstigten Kind.  Endlich blieben seine Augen auf den ihren ruhen.
“Du bist kein Versager, es ist nur dein Kopf, der dir das einreden will!”, versuchte sie ihm klar zu machen, “Das ist ganz normal. Es gibt sogar viele Leute, die so denken. Du bist damit nicht allein.” Mit einem aufmunternden Lächeln fuhr sie fort: “In meiner Welt gibt es Ärzte – Psychologen –  die dir helfen können mit diesen Gedanken zu leben, damit sie dich nicht kaputt machen. Aber nur, wenn du das auch willst.”
“Einen Arzt? Der Junge ist doch nicht krank!”, protestierte Nikolaus abweisend.
Nicholas zuckte zusammen, doch Katrin ließ ihn nicht los.
“Doch ist er!”, widersprach Claudia und strich Nicholas beruhigend über die Schulter, “Wenn sein Selbsthass so stark ist, dass der Krampus-Zauber ihn für würdig hält, dann braucht er dringend Hilfe…” Über Nicholas’ Schulter hinweg sah sie zu Katrin, die zustimmend nickte. Bedrückendes Schweigen hatte sich über den Raum gelegt und Katrin spürte, wie Nicholas langsam anfing zu zittern. Seine Augen verdunkelten sich wieder und ohne Vorwarnung krallte er sich an sie, sein Gesicht an ihrer Schulter verborgen. Tränen benetzten ihre Jacke und alles was sie tun konnte war, ihm in beruhigenden Kreisen über den Rücken zu streichen.

Nachdem er sich gefangen hatte, richtete er sich wieder auf, sah sie betrübt an und flüsterte: “Es tut mir Leid.”
“Das braucht es nicht”, versicherte sie ihm. “Aber jetzt brauche ich erstmal eine warme Dusche und du auch”, versuchte sie ihn abzulenken und klopfte ihm aufmunternd auf den Oberarm.
Verstohlen blickte Nicholas an sich herab und murmelte: “Etwas zum Anziehen wäre auch gut…”
“Das wollte ich jetzt nicht nochmal extra betonen…”, gab Katrin zu und beiden stieg die Röte ins Gesicht.
“Geht, Claudia kann uns alles erklären”, bestimmte Nicole und wuschelte ihrem kleinen Bruder durch die Haare.
Dieser blickte sie dankbar an und ließ sich dann von Katrin hinausbegleiten.

Als sie im Flur ankamen blieb Nicholas nachdenklich stehen und Katrin drehte sich fragend zu ihm um.
“Ich- Du- Kannst du- Kannst du noch ein paar Tage hier bleiben?”, fragte er sie, den Blick unsicher zu Boden gerichtet. “Und-und mir… mir helfen jemanden zu finden… der mir glaubt ..?”
“Natürlich”, versicherte sie ihm mit einem halben Lächeln, “außerdem brauchst du dich nur zu verwandeln, dann glaubt dir jeder.“ Als Nicholas mit einem Schmunzeln reagierte, fügte sie ernster hinzu: ”Und wenn es dir hier zu viel wird, hast du ja mein Haus gesehen.”
Er nickte erschöpft. “Danke.”
“Dafür nicht”, widersprach Katrin mit einem dezenten Kopfschütteln. “Und jetzt ab unter die Dusche mit dir.”
Mit einem letzten Lächeln wandte Nicholas sich zum Bad, während Katrin ihm noch einen Moment lang hinterher sah. Sie dachte ihre erste Begegnung mit ihm war schon merkwürdig gewesen, aber nun half sie einem depressiven Krampus-Santa auf die Beine zu kommen. Das würden ihr noch viel weniger Leute glauben …

Behind the Scenes

Wir haben das Ende erreicht, das ursprünglich drei Kapitel waren. Ja, es ist ein offeneres Ende, aber ich hab schon ein paar Ideen, wie es mit Nicholas und Katrin weitergehen soll … 😉

Es war ein anstrengender und interessanter Weg hier her – und ich meine nicht nur die Geschichte – und ich möchte auch an dieser Stelle nochmal ein

GANZ GROßES DANKE!

an die Autorinnen, die mir bei dieser Geschichte geholfen haben, senden:

Irina ChristmannAnne Danck, Marina von DarkFairys SenfNebuEva-Maria Obermann und Paula Roose!

Ohne euch hätte ich das dieses Jahr nicht geschafft!

Ich hoffe alle Leser*innen und Autorinnen hatten Spaß – und Letztere waren nicht zu arg genervt, wenn ich doch nochmal was geändert haben wollte bzw. geändert habe. 😉

Damit wünsche ich uns:

Besinnliche Feiertage und vielleicht noch ein paar Flocken Schnee, die unsere Zuhause zu einem kleinen Joulky machen. 😉

PoiSonPaiNter

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Adventskalender: Türchen #23

Read in English

Monster

“Alles gut”, sagte Katrin, obwohl nichts gut war. Gar nichts. “Jetzt beruhigen wir uns beide erst einmal. Ich bin für dich da. Sag mir, was das Problem ist, und wir finden gemeinsam eine Lösung. Alles wird gut.”
Aber die Sätze, die sonst bei ihren Kindergartenkindern immer so gut wirkten, gingen in dem furchterregenden, langgezogenen Knurren unter, das von den Höhlenwänden widerhallte. Also verstummte sie und wartete auf eine Lücke im Knurren. Sie würde ihn nicht anschreien. Geduldig holte sie Luft und versuchte es, in der winzigen Stille noch einmal.
“Nicholas, ich will dir helfen. Ich -”
Wieder begann er zu knurren. Als hätte er keines ihrer Worte verstanden.
War das möglich? Konnte sich mit der Form seiner Ohren auch seine Fähigkeit, ihre Sprache zu verstehen – oder zu sprechen – verändert haben?
Wenn ja, dann würde alles Reden nichts nutzen – womöglich nahm er das nur als Knurren ihrerseits wahr. Aber wie konnte sie ihn dann dazu bringen, sich zu beruhigen? Katrin beobachtete, wie sich Nicholas immer und immer wieder gegen seine Ketten warf, seine ganze Wut und Aufmerksamkeit auf sie, den Eindringling gerichtet. Das Herz blutete ihr bei diesem Anblick. Und wenn er so weitermachte, dann würde ihm bald die Handgelenke bluten. So ging das nicht weiter. Wenn sie schon nicht mit ihm reden konnte, dann würde sie ihm zeigen müssen, dass sie ihm nichts böses wollte.
Warum, verdammt, hatten sie diese dumme Übersetzung noch nicht bekommen?
Entgegen allem, was ihr die Instinkte zuschrien, setzte sich Katrin in Bewegung und näherte sich dem Wildgewordenen. Ganz langsam. Wie vorher durch den Tiefschnee, so kostete sie auch jetzt jeder Schritt unglaubliche Überwindung. Denn natürlich wurde er zunächst nicht ruhiger, sondern raste nur um so mehr.
Ganz ruhig. Alles wird gut.
Jetzt war sie selbst es, der sie dieses Mantra aufsagen musste. Noch drei Meter. Zwei. Eine Armlänge. Noch nie war ihr so deutlich bewusst gewesen wie groß Nicholas im Vergleich zu ihr war. Wie kräftig. Sie musste verrückt sein.
Auch die Hand streckte sie ganz langsam aus. Nicholas kämpfte gegen die schweren Ketten, die seine Arme zurückhielten, und versuchte stattdessen mit dem Kiefer nach ihr zu schnappen. Zu schnappen. Wie ein Tier. Katrins Atem ging flach. Trotzdem schob sie Zentimeter für Zentimeter ihre Finger vor. Sie wagte nicht, sich vorzustellen, was es bedeuten würde, wenn die Zähne des Krampus’ sie tatsächlich erreichten. Wenn diese Kiefer…
Nicholas. Es war immer noch Nicholas.
In dem Moment, in dem er erneut nach ihr zielte, drehte sie die Hand und legte sie ihm an die Wange.
Er erstarrte. Gelbe Augen fixierten sie.
Sie bewegte die Finger, vorsichtig. Das Fell war rau unter ihren Fingerspitzen. Und er schnaufte noch immer – ob vor Wut oder Angst vermochte sie nicht zu sagen. Aber irgendetwas in ihm, schien noch Nicholas genug zu sein, um diese Berührung als eine ungefährliche wiederzuerkennen.
Und wenn der Weg zu seiner Erlösung damit zusammenhing? Wenn sie ihn ganz ans Menschsein erinnern musste? War es nicht auch das Wundermittel in sämtlichen Märchen? …und wenn das hier keine wahrgewordene Sagengestalt war, was dann?
Ein unangebracht aufgeregtes Prickeln stieg in ihr auf, trieb ihr das Herzklopfen in die Kehle und das Blut in die Wangen. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn. Einfach so. Auf den Mund.
Eine nervöse Sekunde lang passierte nichts.
Dann kam wieder Bewegung in den Krampus und er schüttelte sie ab. Nicht absichtlich. Er zog und zerrte lediglich wieder mit aller Kraft an seinen Ketten und brüllte auf, als er feststellte, dass sie sich nicht bewegten.
Und er besaß immer noch Hufe, Krallen und Hörner wie zuvor.
“Verdammt, Nicholas! Was soll ich denn noch tun?” Plötzlich war die Angst wieder mit voller Wucht da, schnürte ihr den Hals zu. “Du könntest mir ja auch mal nachdenken helfen, anstatt mich nur anzuknurren! Oder wenigstens stillstehen, verflucht! So machst du doch alles nur noch schlimmer!” Aufgewühlt drehte sie sich fort und begann, in der Höhle auf- und abzulaufen. “Es muss einfach einen Ausweg geben! Es muss einfach! Und ich werde dich nicht im Stich lassen – da kannst du mich noch so bedrohlich anknurren! Hast du gehört, du Fellschädel?”
Doch genauso gut hätte sie mit der Höhlenwand reden können. Er war wieder ganz das beißwütige Monster geworden, dass allein durch die Ketten daran gehindert wurde, sich auf sie zu stürzen.
“Hörst du mir überhaupt zu, verdammt?!” Aufgebracht bückte sich Katrin nach dem hereingewehten Schnee zu ihren Füßen und warf ihn Nicholas an den Kopf. Er zuckte zusammen, schüttelte sich wie ein Hund und machte dann weiter wie zuvor. Manisch.
“Ach, verflucht!” Was tat sie hier? Sie konnte doch sehen, dass ihre Anwesenheit ihm mehr schadete, als half! Meine Güte, hatte sie sich nicht geschworen, nicht zu schreien? Was war es dann, was sie gerade machte? Hatte sie ihn ernsthaft beworfen?
“Ich bin dir keine gute Gesellschaft, oder? Jetzt nicht… Aber vermutlich war ich das auch zuvor nicht. Ich meine, was habe ich denn schon für dich getan? Konnte ich dir auch nur in einem Punkt helfen? Du warst doch derjenige, der mich immerzu beschenkt hat – indem du mir das Dorf gezeigt hast. Und eure Bibliothek. Die Rentiere! Aber ich? Ich habe nur alles durcheinandergebracht. Dein Bruder hatte Recht, ich hätte nie in euer Dorf kommen dürfen. Wäre ich nicht gewesen, hättest du mich auch nicht vor dem Krampus schützen müssen. Und ohne den getöteten Krampus wärst du nie… ”
Ein weiteres Mal warf sich Nicholas grollend gegen die Ketten. Die Haut an seinen Handgelenken war inzwischen schon beinahe fellfrei – abgescheuert, nicht erlöst.
“Was habe ich nur getan?” Katrin würgte an dem Kloß in ihrem Hals, kämpfte gegen das Brennen in ihren Augen. Und fand sich plötzlich auf den Knien wieder, direkt vor Nicholas und doch so unendlich weit weg, und die Schluchzer rollten nur so über sie hinweg, schüttelten sie, bis sie selbst kaum noch Luft bekam. Die ganze Welt war verschwommen, nichts mehr übrig außer dem Eingeständnis ihrer Hilflosigkeit.
Es dauerte eine Ewigkeit, ehe sie sich wieder unter Kontrolle hatte. Als sie sich auf die Lippen biss und beschloss, dass sie ebenso gut gehen und wenigstens Nicholas seine ungestörte Einsamkeit wiedergeben konnte. Schuldbewusst hob sie den Kopf, um ihn anzusehen –
Und fand sich erneut zwei goldenen Augen gegenüber.
Er riss nicht an seinen Ketten, er brüllte nicht. Er hatte sich so weit wie möglich zu ihr herabgebeugt und war erneut erstarrt, fixierte sie eindringlich.
Menschlichkeit, begriff Katrin durch den Nebel in ihrem Kopf hindurch. Weinen war auch etwas, was nur Menschen konnten.
Dann, jäh, klirrte es laut und Katrin zuckte zusammen. Die Kette von Nicholas rechtem Arm war erneut straff gespannt. Er zerrte daran. Aber diesmal nur einseitig. Was…
Rechts. Nicholas war Rechtshänder. Er wollte etwas zeigen. Oder berühren?
Unsicher blinzelte Katrin gegen die verbliebenen Tränen an und rutschte ein winziges Stück vor – wenn er jetzt erneut einen Rückfall erlitt…? – und noch ein Stück und noch eines…
Seine Hand zielte auf ihr Gesicht. Erschrocken hielt Katrin die Luft an und schloss instinktiv die Augen.
Doch die Kralle kratzte nur ganz sacht über ihre Haut und war dann wieder fort. Sie öffnete die Augen.
Der Krampus – Nicholas – betrachtete die Träne auf seinem Finger.
Katrin schnappte nach Luft. Finger – keine Kralle! Und noch während sie voller Unglauben darauf starrte, konnte sie sehen, wie das Fell sich, angefangen von dem Finger, immer weiter zurückzog. Auflöste, als wäre es nie dagewesen, nur ein schlimmer Spuk, ein Albtraum, nichts weiter.
Mit einem Aufschrei zwischen Lachen und Weinen sprang sie auf und schlang Nicholas die Arme um den Körper. Erneut strömten die Tränen ohne Halt aus ihr heraus. Unter ihrer Wange schmolz das Fell dahin und wurde zu glatter Haut. “Du bist wieder da”, brachte sie schniefend heraus. “Also war es doch eine Märchenerlösung! Wie konnte ich nur vergessen, dass Tränen auch eine Option sind?”
“Tränen?”
Wie gut es war, seine normale Stimme wieder zu hören! Auch wenn sie vom vielen Brüllen noch etwas rau klang. Ohne ihn loszulassen, lehnte sie sich zurück, um in sein Gesicht sehen zu können. Gerade in dem Moment, als der Zauber sich von seiner Stirn zurückzog und beide Hörner abbrachen und mit einem Klappern zu Boden fielen.
Nicholas blinzelte. “Was -”
Er war nun wieder ganz der Alte. Kein Krampus mehr. Einfach nur Nicholas. Und…
Sie sahen beide gleichzeitig an ihm herab.
“Ähm”, machte Katrin, räusperte sich nervös und trat einen Schritt zurück. “Vielleicht sollten wir dir etwas zum Anziehen beschaffen.”
“Ist ja auch ziemlich kalt”, stimmte Nicholas zu – und sein Tonfall klang dabei schon wieder so unbeschwert und so sehr nach ihm, dass es sie zum Lachen brachte.

“Das ist das einzige, was ich finden konnte.” Katrin hielt Nicholas eine der Decken hin. Sie waren aus Wolle gestrickt und mit Mustern von Schneeflocken und Rentieren versehen.
“Ist das…?”
“Das Werkzeug, mit dem der Krampus aufgetaut wurde? Ich vermute, ja.” Sie drückte es Nicholas mit Nachdruck in die Hand. “Nur angemessen, dass sie jetzt dich auch etwas auftauen, findest du nicht?”
Umständlich versuchte Nicholas, sich in die Wolle zu hüllen – die Ketten kamen ihm immer wieder in den Weg. Notgedrungen sprang ihm Katrin zu Hilfe und kämpfte währenddessen gegen den eigenen hochroten Kopf und das Verlegenheitslachen in ihrem Hals an.
“Du solltest dir auch eine nehmen”, forderte Nicholas sie auf.
Katrin verzog den Mund. “Ich sollte eigentlich durch den ganzen Schnee zurückstapfen und dir echte Kleidung holen. Und mich bei der Gelegenheit gleich deiner ganzen Familie stellen und ihnen beichten, was ich getan habe. Wobei ich dann vermutlich nicht diejenige bin, die dir die Sachen bringt. Vermutlich werden sie mich gleich wieder zurück nach Hause verfrachten.” Je mehr Katrin darüber nachdachte, desto wahrscheinlicher erschien ihr das und umso mehr sank ihr Mut. Am Liebsten hätte sie sich in der hintersten Höhlenecke unter den restlichen Decken versteckt, nur um den Reaktionen der anderen zu entgehen. Was hatte sie sich nur dabei gedacht, hierher zu kommen?
“Dann tu es nicht.”
Katrin blinzelte. “Aber -”
“Die Decken werden schon reichen. Außerdem kann ich doch nicht zulassen, dass du meine Familie konfrontierst, ohne mich als Fürsprecher dabeizuhaben. Ich will nicht sagen, dass es ungefährlich oder auch nur ansatzweise vernünftig war, was du getan hast. Aber ohne dich wäre ich weiterhin in einem Zustand, in dem ich nicht einmal wüsste, was Vernunft bedeutet.” Er lächelte – nein, strahlte – sie an, wie er es schon damals getan hatte, als sie ihm die Ofenbürste für den Auspuff angeboten hatte. Oder er ihr eine Schlittenfahrt angeboten hatte. Jedenfalls nicht, als hätte er nicht vor wenigen Minuten noch Hufe besessen und sich mit verzweifeltem Brüllen gegen seine Ketten geworfen.
“Wenn du das sagst… “
“Nicole wird diejenige sein, die morgens nach mir gucken kommt, denke ich. Sie sollte am leichtesten auf unsere Seite zu ziehen sein, und vielleicht kann sie mich dann auch direkt aus diesen lästige Ketten befreien. Mann, die jucken aber auch!”
“Tut mir leid.”
Nicholas winkte ab und die Ketten rasselten bei der Bewegung. “Ich hab dir doch eben schon gesagt, es liegt nicht an dir, dass du sie nicht aufbekommst. Jede Wette, dass sie mit einem Zauber belegt sind.”
“Falls ich irgendetwas tun kann…”
Nicholas schüttelte den Kopf. “Nein, das ist… – Oder warte, doch.” Er grinste ein wenig verlegen. “Ich will nicht, dass du glaubst, ich hätte schon wieder den Verstand verloren, aber -”
“Dafür konntest du ja wohl kaum was!”
“Aber wärst du so nett und würdest mich absuchen?”
“Absuchen? Wonach?”
“Ich frag mich nur… So wie sich die Rückverwandlung angefühlt hat – oder das, was ich davon mitbekommen habe – könnte ich schwören, dass es die gleiche Art von Magie war, die mich auch Eiszapfen erschaffen lässt. Und vielleicht ist das auch etwas ähnliches? Jedenfalls dachte ich…”
“Dann müsstest du ein weiteres Tattoo haben.”
“Genau.” Wieder das verlegene Lächeln. “Würdest du? Es würde mir Sicherheit geben, wenn ich wüsste, dass die Rückverwandlung jetzt zu einer beherrschbaren Fähigkeit geworden ist. Aber klar, ich würde auch verstehen, wenn es dir zu unangenehm wäre, immerhin bin ich…”
“Halbnackt?” Katrin hob eine Augenbraue.
Er grinste entschuldigend. “Nun ja…”
“In Ordnung. Streck deine Arme aus. Wir fangen mit dem einfachsten an.”
Doch Arme und Rücken waren tattoofrei. Ebenso Hals, Waden, und…
“Hier!” Aufgeregt ging Katrin in die Knie und deutete auf Nicholas rechten Knöchel, eine Stelle, die gerade so unter der Fußfessel sichtbar war. “Wie wäre es damit?”
Es war eine Miniaturausgabe eines einzelnen Krampushorns. In seiner Winzigkeit sah es unschuldig aus, geradezu irritierend harmlos, nicht annähernd so mächtig und todbringend wie es auf Nicholas‘ Kopf ausgesehen hatte.
“Könntest du dich willentlich zurück in den Krampus verwandeln?”
“Katrin, ich glaube nicht -”
“Du hast es selbst gesagt! Die Verwandlung gehört jetzt zu deinen Fähigkeiten. Du wirst mir nichts tun.”
“Dann trete wenigstens einen Schritt zurück.”
Sie tat wie geheißen.
Nicholas schloss die Augen. Mehr, weil er nicht ihre Reaktion auf die Verwandlung sehen wollte, denn weil er sich wirklich konzentrieren musste, vermutete sie.
Nichts geschah.
Nicholas öffnete die Augen wieder. “Ich spüre die Magie, aber sie scheint zu verpuffen, sobald sie Gestalt annimmt. Ich vermute, es sind die Ketten. Ich werde es wieder versuchen, sobald ich sie los bin. Und dann… werden wir sehen.”

Behind the Scenes

Das vorletzte Kapitel ist erneut von Anne Danck und auch hier hatten wir ein paar Positionsprobleme und mussten uns erstmal abstimmen, wer eigentlich wann, wie steht/kniet und umarmt. 😀

Was aber die längste Diskussion angezettelt hat, war die eigentliche Erlösung und wie das zustatten kommt, da hatte ich das Bild in meinem Kopf anfangs nicht genau genug kommuniziert und Anne musste nochmal ran und die Stelle umschreiben.

Und ja, mir ist bewusst, dass die Nacktheit nach einer Rückverwandlung ein alter Hut ist, aber immerhin ein peinlich-witziger, alter Hut. 😉

PoiSonPaiNter

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Adventskalender: Türchen #22

Read in English

Eine wirklich dumme Idee

Sie drückte auf die Wahlwiederholungstaste. Es tutete. Wieder nahm keiner ab.
“Komm schon, Nicholas.” Stirnrunzelnd starrte Katrin das Telefon an und legt auf. Es machte sie nervös, diese Funkstille. Es hatte so schön funktioniert, die letzten Wochen. Sie schrieb ihm Nachrichten über den Stand ihrer Suche, er schrieb zurück. Doch seit zwei Tagen…
Erneut drückte sie auf die Wahlwiederholung. Entschied sich dagegen und legte wieder auf. Stattdessen durchsuchte sie das Telefonbuch nach Nicoles Nummer. Zögerte. Und rief dann an.
Es klingelte nur dreimal.
“Ja?”
“Ich bin’s, Katrin.” Sie presste sich die Finger gegen die Nasenwurzel. “Du, sag mal, ich kann Nicholas nicht erreichen…”
“Was? Ja…Moment.” Vom Hörer weg sagte Nicole etwas auf Norwegisch. Im Hintergrund war einiges an Tumult zu hören. Mehrere Leute riefen gleichzeitig, ohne dass Katrin jedoch hätte verstehen könne, worum es ging. “Ist gerade ein ganz schlechter Zeitpunkt”, hörte Katrin dann wieder lauter auf fast akzentfreiem Deutsch. “Ich ruf dich später zurück.”
“Nicole.” Katrin legte alle Autorität in ihre Stimme wie sie es sonst nur bei ihrer Kindergartengruppe tat. “Lass mich helfen.”
“Nein, das ist -” Noch mehr laute Stimmen im Hintergrund. Ein Splittern, das klang, als wäre Holz zu Bruch gegangen. “In Ordnung. Ich bin gleich bei dir.”

Auf dem Weg vom Portal zum Haus sprach keiner von ihnen. Sie hasteten nur schnellstmöglich durch die Schneemassen, beinahe sogar zu schnell, als dass Katrin Zeit zum Frieren gehabt hätte. Aber nicht schnell genug, dass nicht trotzdem die Gedanken hochgekommen wären. Was war in ihrer Abwesenheit passiert? Wie konnte Nicholas – der Nicholas, der mit ihr im Schlitten geflogen war, sie blind an der Hand durch die Bibliothek geführt hatte und sich bei Verlegenheit auf die Lippe biss – wie konnte derselbe Nicholas für das Chaos am anderen Ende des Telefons verantwortlich gewesen sein? Wollte sie wirklich sehen, wie er jetzt war? Würde sie tatsächlich etwas ändern können?
Als sie das Haus betraten, war es totenstill. Kein lautes Stimmengewirr, kein Poltern.
Am Wohnzimmertisch fanden sie dann lediglich Carlos und Natascha, umgeben von einem Chaos aus Holzsplittern und Porzellanscherben. Anscheinend hatte es Kuchen gegeben – doch die Reste des Gedecks waren überall im Raum verteilt. Eine Gabel steckte sogar auf Augenhöhe im Türrahmen und Katrin wollte sich nicht ausmalen, wie sie dorthin gekommen war.
Während Carlos unbeholfen auf Natascha einredete, drückte sich diese stumm ein Taschentuch gegen die Augen, die Schultern von gelegentlichem Beben geschüttelt. Doch beim Knarren ihrer Schritte auf dem Boden, verstummte Carlos und sah sich um.
“Wo sind die anderen?”, platzte Nicole sofort heraus. “Wo ist Nicholas?”
Von Natascha war lediglich ein leises Japsen zu hören.
“Carlos?”
Er murmelte etwas Unverständliches.
“Was ist passiert? Was habt ihr mit ihm gemacht!”
Unter Nicoles Ausbruch schrumpfte Carlos in sich zusammen. “Nicholas – er war nicht mehr er selbst und -“
“Das habe ich gesehen!”
“Nein, es wurde noch schlimmer und er…” Carlos presste die Augen zusammen, als würden die Bilder ihm Schmerzen bereiten.
“Er hat Klaus verletzt.” Nataschas Stimme war heiser. “Ich bin mir sicher, er wollte es nicht. Aber in seinem jetzigen Zustand… Nick hat keine andere Wahl mehr gesehen, als die Glocke zu benutzen.”
“Die Glocke? Ihr habt ihm seinen eigenen Willen genommen? Ihn handlungsunfähig gemacht?” Nicoles Worte überschlugen sich fast, sie begann am ganzen Körper zu zittern. “Wie könnt ihr – wie könnt ihr…”
Auch wenn Katrin selbst die Knie weich waren, so war sie doch noch geistesgegenwärtig genug, um Nicole einen Stuhl hinzuschieben und sie sanft darauf zu bugsieren. Allein dass diese es ohne Widerstand geschehen ließ, sprach Bände. “Wo ist er jetzt?”, fragte Katrin an Carlos und Natascha gewandt.
“Er musste fort von hier, wo er sich selbst oder anderen Schaden kann.”
“Wo ist er?”, wiederholte Katrin stur.
“In der Krampus-Höhle”, antwortete Natascha kaum hörbar und drückte sich erneut das Taschentuch gegen die Augenwinkel.
Sie hatten ihn weggesperrt.

Sie konnte nicht schlafen.
Katrin lag in dem fremden Bett und starrte an die Decke. Zum Fenster, vor dem die dunkle Nacht gähnte. Auf den Wecker, dessen Zahlen in schwachem Grün leuchteten. Ein Uhr drei. Wundervoll. Wütend starrte sie wieder zur Decke auf.
Warum bitte war sie hier, wenn sie nichts tun konnte? Ob nun hier oder in ihrem eigenen Bett – Nicholas war unerreichbar. Nicht räumlich, vielleicht, aber dennoch geistig. Wenn sich nicht einmal mehr seine magische Familie in seine Nähe traute…
Plötzlich saß sie aufrecht im Bett, das Herz schmerzhaft klopfend. Statt dem dunklen Zimmer sah sie den alten Krampus vor sich, wie er eingefroren im Eisblock hing. Was, wenn… Das würden sie nicht… Sie waren seine Familie! Sie würden doch nicht…
Auch der alte Krampus war Teil der Familie gewesen.
Sie hatte die Bettdecke zur Seite geschlagen und sich die Hose übergestreift, bevor sie sich überhaupt bewusst war, was sie tat. Sie konnte einfach nicht anders. Sie musste es wissen. Sie musste es sehen. Sie musste ihn sehen. Wenn er nun gar nicht weiter verändert war und sie ihn trotzdem angekettet hatten? Sicher, sie würde nichts tun können – außer ihm Gesellschaft zu leisten – aber dann hätte sie wenigstens die Gewissheit, mit was für Menschen sie es hier zu tun hatte.
Und falls sie doch allen Grund hatten, ihn anzuketten… Aber diesen Gedanken schob sie ganz schnell wieder fort.
Pullover. Noch einen Pullover. Dicke Socken. Schal. In ihrer Hast stolperte sie beinahe über ihre eigenen Füße, als sie den Flur entlanghuschte. Dabei musste sie doch um alles in der Welt leise sein! Wenn auch nur einer von ihnen Wind davon bekam, was sie vorhatte…
Die Treppe hinunter. Stiefel überziehen. Sie angelte nach der geborgten Winterjacke und riss dabei beinahe eine andere mit hinunter. Atmen. Mütze über, Handschuhe an, Schal feststopfen. Kein Zurück.
Sie stürzte sich hinaus in die Kälte.

Schon der erste Luftzug biss sich mit eisigen Zähnen von innen in ihre Lunge. Ihre Wangen erstarrten, ihre Augen brannten. Es hatte noch einmal geschneit, die weiße Schicht war jetzt noch höher, ging ihr beinahe bis zu den Knien und machte jeden einzelnen Schritt zu einem Kraftakt. Sie musste wahnsinnig sein.
Außerdem hätte sie sich eine Taschenlampe besorgen sollen. Schon hier auf der Rückseite des Wohnhauses, ohne den Schein der Laternen und Lichterketten des Marktplatzes, war es so duster, dass sie kaum die Hand vor Augen sehen konnte. Auch auf die Gefahr hin, von den Fenstern aus gesehen werden zu können, zog sie ihr Handy aus der Tasche und betätigte den Bildschirm, um wenigstens den leisesten Hauch eines Lichtscheines zu haben. Die Kälte kroch ihr bereits tief in die Glieder, die Hose war vom Schnee komplett durchgeweicht.
Dumme Idee, ganz dumme Idee.
Katrin biss die Zähne zusammen und stapfte weiter. Immer weiter. Es war zu dunkel, um von Weitem die Höhle zu erkennen und sie konnte nur hoffen, dass sie nicht in der Richtung irrte.
Wie ihre Kindergartenkinder gucken würden, wenn sie ihnen von diesem Abenteuer erzählte. Wie sie ganz allein und verfroren durch die Nacht stiefelte, nur um einen Blick auf Nicholas werfen zu können. Nein, besser sie hörten solche Geschichten nicht. Das hier war längst kein Weihnachtsmärchen mehr, es war zu einem Albtraum geworden.
Selbst in den Handschuhen waren ihre Finger allmählich steife Eisklumpen, die kaum noch in der Lage waren, das Handy zu halten. Unsicher warf Katrin einen Blick zurück in Richtung Dorf, wo ein schwacher Lichtschimmer Schnee und Nacht erhellte. Dann schob sie das Handy zurück in die Tasche und kämpfte sich im Dunkeln weiter. Zwang sich dazu, nicht zu denken und stattdessen die Anzahl der Schritte zu zählen.

Sie war bei zweihundertdreiundachtzig, als sie erkannte, dass die Verdichtung der Dunkelheit zu ihrer Linken die Höhle sein musste und sie beinahe daran vorbeigegangen wäre. Mit unendlich steifen Gliedern und vor Frost schmerzenden Zehen legte sie die letzten Meter im Tiefschnee zurück.
In der Höhle war es auch jetzt noch erstaunlich trocken. Kein Schnee hatte es über die ersten paar Meter hineingeschafft. Außerdem gab es hier wenigstens Fackellicht, es fühlte sich beinahe wieder wie Zivilisation an. Dankbar klopfte sich Katrin den Schnee von den Beinen und lehnte sich für einen Augenblick nur gegen die raue Höhlenwand, um durchzuatmen. Um die Angst in Schach zu halten, was sie gleich sehen würde.
Was, wenn er womöglich doch gar nicht hier war? Wenn sie den ganzen Weg umsonst zurückgelegt hatte?
Hastig stieß sie sich von der Wand ab und wandte sich dem Inneren der Höhle zu. “Nicholas?”, rief sie aufs Geradewohl und ihre zu hohe, halb erfrorene Stimme hallte von den schartigen Wänden wider. “Nicholas, bist du hier? Nicho-”
Das Knurren, das ihr antwortete, fuhr ihr durch Mark und Bein. Für einen Herzschlag lang vergaß sie zu atmen.
Das… das war kein Versuch gewesen, ein Wort zu formulieren. Das hatte nichts Menschliches mehr an sich gehabt.
Wieder ein Knurren. Und ein lautes Rasseln, das beinahe noch unheimlicher war.
Betroffen stürzte Katrin um die letzte Ecke.
Das Wesen, was dort angekettet war, bestand nur noch aus Fell und Klauen und gelbglühenden Augen, die ihr wild entgegenstarrten. Es hätte der alte Krampus sein können – selbst Hufe und Hörner waren identisch – hätte er nicht unverkennbar eine größere Statur besessen.
“Nicholas?”, hauchte Katrin.
Mit einem weiteren nackenhaarsträubenden Knurren warf sich das Wesen gegen seine Ketten. Nicht, wie es ein Mensch getan hätte, der sich befreien wollte. Sondern wie ein gefährlicher, zähnefletschender Rottweiler, der den Eindringling aus seinem Revier verjagen wollte.

Er erkannte sie nicht mehr.

Behind the Scenes

Heute gibt es wieder ein Doppelkapitel, diesmal alle beide von Anne Danck. Auch hier war ursprünglich angedacht zwei Kapitel draus zu machen, aber es passte dann doch besser zusammen, dass Katrin im gleichen Atemzug erfährt was geschehen ist und es mit eigenen Augen sieht. Da ich Anne erst nachträglich gebeten haben auch den ersten Teil zu übernehmen, war die zweite Hälfte vorher fertig. 😀

Und wer aufgepasst hat, hat vielleicht gemerkt, dass ein Charakter so ziemlich die Nase voll haben sollte von Krampen, Krampussen … oder wie auch immer die Mehrzahl von Krampus ist. 😉

PoiSonPaiNter

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Adventskalender: Türchen #21

Read in English

Lost in Translation

Es war nicht einfach mit Nicholas zu arbeiten. Seine Antworten waren entweder sehr einsilbig oder nur ein grummeln. Es war frustrierend, aber Katrin gab ihr Bestes, um ihn bei Laune zu halten und ihn dazu zu bringen nicht aufzugeben. Sie würden eine Lösung finden, da war sie sich sicher. In irgendeinem dieser abertausenden Bücher musste der entscheidende Hinweis zur Verwandlung eines Krampus stehen! Es musste einfach!

Um nicht ins Haupthaus zu gehen hatte Nicholas sich ein Lager in einer Ecke der Bibliothek aufgeschlagen, sehr zu Ephraims Missfallen, der ihn dennoch hin und wieder in sein eigenes Bett scheuchte. Dort blieb er allerdings meist nicht lang, denn noch vor Morgengrauen kehrte er wieder in die Bibliothek zurück. Bisher wusste seine Familie nicht, was mit ihm los war. Sie wussten lediglich, dass er während der Auslieferung, nicht unweit von Katrins Wohnort, zusammengebrochen war und sich seitdem zurückgezogen hatte. Letzteres hatte er Katrin ebenfalls gestanden, was ihm eine Standpauke eingebracht hatte. „Warum hast du denn nicht geklopft? Ich hatte alles schon vorbereitet und dekoriert!„, hatte sie ihn geschmipft und auch wenn er sich darüber freute, dass sie tatsächlich auf ihn gewartet hatte, so konnte er ihr seine Gründe nicht nennen. Sie würde es nicht verstehen. Stattdessen hatte er Katrin gebeten ihn nicht zu verraten, auch wenn es ihr schwer fiel und sie ihn immer wieder aufs Neue geradezu anflehte es ihnen endlich zu sagen. “Vielleicht können sie helfen!” oder “Sie müssen doch wissen, was mit dir los ist!” waren ihre Hauptargumente. Nein, er wollte es ihnen nicht sagen bis sie ein Gegenmittel oder etwas gefunden hatten, womit er es kontrollieren konnte. Er wollte nicht zur mörderischen Bestie werden. Er hatte bereits ein Leben genommen und das war bereits eines zu viel. Manche schlaflose Nacht dachte er darüber nach, ob seine Verwandlung dadurch kam, dass er den alten Krampus getötet hatte, aber er kam nie zu einem schlüssigen Ergebnis.

Katrin war nun nahezu täglich bei ihm. Sie kam direkt nach der Arbeit und ging wenn er sie spät nachts rauswarf, wenn sie wieder über einem Buch eingeschlafen war. Auf diese Weise ging sie seiner Familie so gut es ging aus dem Weg und musste sich dennoch nicht frei nehmen – auch wenn sie es sofort getan hätte, wie sie ihm mehrfach beteuerte, aber das wollte er nicht. Er wollte gar nicht, dass sie sich weiter einmischte. Sie sollte einfach ihr Leben weiterführen und ihn, ja, ihn weiter zum Monster werden lassen. Immer wenn er ihr das vorhielt, schallte sie ihn einen Dummkopf. “Freunde lassen Freunde nicht im Stich!” Freunde, mehr waren sie nicht. Es schmerzte wenn sie das sagte und es schmerzte noch viel mehr, wenn Carlos oder Ephraim sie nachts nach Hause begleiteten, damit ihr im Dunkeln nichts geschah. Er wollte sie selbst bringen. Auf sie aufpassen, aber er traute sich nicht aus seinem Versteck.

Als die Haare auf seinem linken Arm sich zu Fell verdichteten und seine Fingernägel zu Krallen wurden, sie aber immer noch keine Lösung gefunden hatten, erlaubte er Katrin endlich seiner Familie zu erzählen, warum er sich abschottete. Die Reaktionen überraschten ihn nicht. Die Blicke, mit denen sie ihn bedachten, als er sich ihnen offenbarte waren mitleidig und verzweifelt. Sie alle schauten hin und wieder nach ihm. Seine Mutter brachte ihm Kekse, Nicole und Klaus halfen gelegentlich mit der Recherche, aber insgeheim wusste Nicholas, dass sie nur sehen wollten, wie weit die Verwandlung vorangeschritten war. Natascha verlangte, dass er nun auch wieder mit ihnen aß und in seinem Zimmer schlief, aber bei jedem Essen konnte er die Blicke auf sich spüren, die die pelzige Seite seines Gesichts anstarrten. Das Horn brach er vorsorglich immer ab. Je mehr Zeit verging, umso mehr ergab er sich seinem Schicksal. Sie würden wohl nie ein Gegenmittel finden.

Die Verwandlung war mittlerweile weit vorangeschritten, mehr als die Hälfte von Nicholas’ Körpers war bereits von Fell übersät, dass nun von beiden Seiten sich immer weiter zu seinem Herzen vorarbeitete. Katrin erzählte ihm gerade von ihrem Tag mit den Kindern und was sie heute für Blödsinn angestellt hatten, als Ephraim vor ihnen stand. Er war vor Tagen aufgebrochen, um irgendeine Art Aufzeichnung zu finden, die ihnen weiterhalf. Scheinbar war er fündig geworden, denn er hielt ein sehr alt aussehendes, in Leder gebundenes Buch in den Armen. Er wirkte müde und erschöpft und Katrin bot ihm sogleich ihren Stuhl an und goss ihm eine Tasse frischen Tee ein. Gebannt warteten die beiden darauf, dass der Bibliothekar etwas sagte, doch dieser konzentrierte sich zunächst auf sich selbst und den wohltuenden Tee.
Endlich sah er sie an. Ein leichtes Lächeln huschte über seine Züge. “Vielleicht habe ich unsere Lösung gefunden”, verkündete er mit vorsichtiger Freude.
Katrin drückte Nicholas’ Schultern, dieser sah nur auf das Buch. Emphraim öffnete sorgsam das Lederband, dass die Buchdeckel zusammenhielt. “Ich bin weit in die Vergangenheit gereist”, erzählte er wie beiläufig, “und bin schließlich doch wieder hier gelandet. Nur, dass hier damals noch ganz anders war. Mit meinem damaligen Vorgänger haben wir festgestellt, dass dadurch, dass ich wohl das Buch ins Jetzt geholt habe, wir es bisher nicht finden konnten, denn dies sind die Aufzeichnungen deiner Ur-ur-ur-wie-auch-immer Großmutter, die über das Leben im Dorf und den Krampus geschrieben hat. Wissen, dass wir heute nicht mehr haben. Weil ich es damals weggenommen habe und es nicht wieder zurückbringen kann, weil es sonst ein Paradox geben würde. Zeitreisen.” Er lachte kurz und bitter auf, dann öffnete er das Buch an der mit dem Leseband markierten Stelle. “Huh, sieht so aus, als wenn der Übersetzungszauber nicht für Zeitreise-Bücher gilt…”, stellte er verwundert fest und drehte es zu den beiden um.
Es war in einer Sprache geschrieben, die keiner von ihnen lesen konnte.
“Ich bringe es zu deinem Großvater, vielleicht kann er das noch lesen”, schlug Ephraim vor und Nicholas bestätigte es nur mit einem Nicken.

“Das ist doch großartig! Wir haben endlich einen Hinweis!”, versuchte Katrin Nicholas aufzumuntern nachdem sie sich wieder neben ihn gesetzt hatte und schüttelte ihn leicht an den Schultern.
“Ja, einen Hinweis, den keiner lesen kann und in dem vermutlich auch nur steht: Gefährlich, frisst unartige Kinder, wegsperren.” Er konnte nicht mehr, egal in welchem Buch sie lasen, überall stand das Gleiche.
Katrin zog ihn in eine Umarmung und er ließ es geschehen. Ihre Wärme und Nähe gaben ihm Kraft, die Kälte in seinem Inneren zu verdrängen, aber lange würde auch das das Unvermeidliche nicht mehr aufhalten können.

Nach einer Weile kam Ephraim zurück. Er wirkte noch erschöpfter als zuvor.
“Er kann es auch nicht lesen”, eröffnete er ihnen, nachdem er einen weiteren Stuhl zu ihnen herangezogen und sich gesetzt hatte, das Buch auf seinem Schoß ruhend. “Dafür hatte Klaus eine Vermutung, warum der Zauber es nicht übersetzt”, ergänzte er und die Faszination etwas Neues entdeckt zu haben, glimmte in seinen Augen, “Er meint, weil der Zauber aus der Zeit aus dem das Buch stammt auf eine andere Sprache ausgelegt war, die wir heute nicht mehr kennen, wird es nicht übersetzt, weil der Zauber immer noch denkt, dass wir sie noch kennen. Es klingt auf eine gewisse Art plausibel, aber vielleicht ist es auch nur so etwas Banales wie eine Chiffre, die erst entschlüsselt werden muss. Wer weiß.” Kurz warf er seine Arme in die Luft, dann seufzte er. “Es tut mir Leid, Nicholas. Er sagte mir, da steht alles drin, was wir wissen müssen, dass wir es nicht lesen können ist schrecklich…”
Für einen Moment starrte Nicholas auf das Buch, dann stand er auf und fegte mit einem Arm über den Tisch und schmiss alles was darauf lag zu Boden. Seine Atmung ging schnell und er krallte sich in die Tischplatte. “Nicholas…”, versuchte es Katrin und strich ihm beruhigend über den Rücken, doch er zuckte weg von ihr. Er wusste nicht, ob er sie womöglich verletzen würde.

“Es gibt noch einen anderen Weg eine Übersetzung zu bekommen”, dachte Katrin laut nach, die Arme fest um sich geschlossen, Nicholas Abweisung schmerzte. Als die beiden Männer sie ansahen, fuhr sie fort: “Wenn ich mich richtig erinnere ist einer der Väter meiner Kinder Linguist, wenn das eine alte Version von norwegisch ist, dann wäre es möglich, dass er oder jemand in seinem Bekanntenkreis es übersetzen könnte. Man könnte zur Not auch irgendwelche Historiker oder Archälogen fragen.”
“Das ist gar keine so schlechte Idee…”, stimmte Ephraim ihr zu und fuhr sich übers Kinn. “Ich würde aber ungern das Original herausgeben, aber ein paar Seiten bekommen wir ja leicht gescannt. Ja, so machen wir das!”, beschloss er schließlich und stand auf, um den Plan in die Tat umzusetzen.

“Du meinst wirklich das bringt was?”, fragte Nicholas vorsichtig in seiner immer kratziger werdenden Stimme.
“Ja, einen Versuch ist es wert”, bestätigte sie ihm bestimmt und legte ihm die Hand auf den Arm.

Mit den gescannten Seiten, digital und als Kopie, machte sich Katrin schließlich auf den Weg nach Hause, aber nicht ohne Nicholas noch einmal fest zu umarmen.

Behind the Scenes

Wenn man eine Bibliothek hat von der aus man in jede Bibliothek kommt, die ist und je war, dann hat das so seine Vorteile. 😀 Ursprünglich waren das hier zwei Kapitel, da es aber doch recht kurz ist, habe ich sie zusammengelegt um Platz zu machen für die Aufteilungen weiter vorne.

Was haltet ihr von der Erklärung mit der Übersetzung?

Auf die Idee mit dem Linguisten bin ich übrigens durch InGenius gekommen, der als Germanist einfach jemand ist, der gerne andere Leute mit Sprach-Wissen zutextet. 😉

Eine Sache, die mir wirklich erst einen Tag vor der Veröffentlichung des vorherigen Kapitels aufgefallen ist, hat mit den Rauhnächten zu tun. Von der Zeitlinie her, sind wir noch mittendrin und es passt irgendwie, dass die Krampus-Verwandlung dann einsetzt, wenn auch zauberkundige Leute sich in Werwölfe verwandeln. 😀
Dadurch, dass mir das so spät erst aufgefallen ist, ist aber keine Erwähnung in beiden Kapitelhälften WANN die Verwandlung eingesetzt hat. Daher hier noch kurz vor knapp das Ganze ergänzt – auch wenn der Begriff Rauhnächte in dem Zusammenhang nicht fällt.

PoiSonPaiNter

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PoiSonPaiNter

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