Sasha
In ihrer Hütte angekommen hatte die Alte sich als Yagai vorgestellt. Sie war ein Kräuterweib, das hier im Wald seiner Arbeit nachging. In ihrer Hütte roch es nach vielen verschiedenen Kräuter, die Sasha noch nie zuvor gesehen hatte. Sie brachte ihm die Namen und ihren Nutzen einiger von ihnen beiläufig im Gespräch bei, ohne dass er groß danach fragen musste, meist reichte schon ein Blick oder eine Berührung des Krautes. Die beiden saßen beim Frühstück und Sasha erzählte ihr gerade von seiner Reise.
„Dann bist du ja ganz schön vom Weg abgekommen“, kommentierte sie zu Sasha‘s erstaunen.
„Du bist nicht nach Süden, sondern nach Südosten geritten. Hier bist du schon fast im Waldlings-Territorium“, erklärte sie ihm und begann sich auf die Suche nach einer Karte zu machen.
In einer ihrer vielen Schubladen fand sie sie mit einem „Ah, hier ist sie“ und breitete sie auf einer freien Eckes des Tisches aus.
„Hier ist deine Heimat, hier ist der Hof an dem du warst und hier sind wir“, erklärte sie ihm und zeigte die Punkte auf der Karte.
„Du wolltest vermutlich diese Strecke nehmen, bist aber in diese Richtung geritten“, zeigte sie ihm weiter und fuhr mit dem Finger über die Karte.
„Ich kann mich an keine Weggabelung erinnern, an der ich die falsche Richtung gewählt habe“, überlegte Sasha und betrachtete die Karte.
„Manchmal leiten unsere Füße uns über Wege, die wir sonst nicht gehen würden“, bemerkte die Alte.
Sasha betrachtete sie mit fragendem Blick.
„Bei Reisen wie deiner leitet uns nicht nur unser Kopf, sondern auch unser Herz und unser Geist und wenn die entscheiden einen anderen Weg einzuschlagen, dann beugen sich unsere Füße“, erklärte sie weiter.
„Wollt Ihr sagen, dass mein Herz mich hierher geführt hat?“, fragte Sasha skeptisch.
„Herz, Seele; Schicksal vielleicht sogar“, bestätigte Yagai.
Sasha betrachtete sie fragend. Als Felsling hatte er kein sonderliches Verständnis für Gefühle, aber das Schicksal war ihm durchaus vertraut. Schließlich wurde gesagt, dass das Schicksal einen auf der Prüfung leiten würde, dennoch verstand er nicht, warum das Schicksal ihn in einen Wald bringen wollte. Mit einem Nicken bestätigte er dennoch erst einmal die Theorie und wechselte das Thema: „Und wie komme ich wieder auf meine ursprüngliche Strecke?“
Yagai betrachtete die Karte für einen Moment, dann setzte sie ihre Finger erneut darauf und erklärte: „Wenn du den Wald nach Süden hin verlässt und dann nach Westen einschlägst, dann solltest du innerhalb von ein bis zwei Tagen auf die Straße nach Süden gelangen“
Wieder nickte Sasha. Laut Karte schien es einen direkten Weg durch den Wald zu geben, dem er folgen konnte. Der Weg hatte auch nur wenige Abzweigungen und da er erst westlich reiten sollte nachdem der Wald hinter ihm lag, schien auch keine Gefahr zu bestehen, dass er erneut eine falsche Abbiegung nehmen würde. Noch einmal sich auf dem Weg nach Süden zu verlieren kam für ihn nicht in Frage. Allerdings konnte Sasha sich nicht erklären, warum er so versessen darauf war diese Richtung einzuschlagen. Er hatte einfach diese Ahnung, dass das was er suchte, seine Prüfung, im Süden zu finden war.
„Heute solltest du dich aber noch etwas ausruhen, du hast einen weiten Ritt vor dir“, behauptete Yagai, stand auf und schob die Karte dichter zu ihm, um Platz auf dem Tisch zu haben und begann ihn für ihre Arbeit vorzubereiten.
Sasha schaute sich die Karte genau an. Von den Ältesten seines Dorfes hatte er zwar eine Karte erhalten, aber irgendwie kam ihm diese hier anders vor, also holte er seine Karte aus dem Rucksack hervor, legte sie neben die andere und begann sie zu vergleichen.
„Wie alt ist Eure Karte?“, fragte er nach einer Weile.
„Schon ein paar Jährchen, aber da viele Reisende sich in diesen Wäldern verirren halte ich sie immer aktuell und die großen Wege ändern sich nur selten im Gegensatz zu einigen Grenzen“, erklärte Yagai beiläufig und zerstampfte einige Kräuter in einer Schale.
„Das sehe ich. Meine Karte zeig das Territorium der Sumpflinge als wesentlich größer an als Eure und auch unser Reich ist größer“, bemerkte Sasha, sein Blick schwankend zwischen den beiden Karten.
„Es gab verheerende Schlachten im Westen durch die die Sumpflinge weiter ins Meer getrieben wurden, wenn es so weiter geht wird man sie bald Meerlinge nennen“, erklärte Yagai in leichtem Scherz.
„Und dieser Weg existiert noch auf meiner Karte, ist aber auf Eurer nicht mehr zu finden“, fand Sasha und deutete auf eine Linie in der Mitte der Karte.
„Ja das ist der Thebel-Pass. Einst ein reißender Fluss, dann ausgetrocknet und als Weg benutzt. Jetzt ist es nur noch eine Sammlung von Geröll nach dem Erdrutsch, der das Tal fast vollständig geebnet hatte“, erklärte sie nur.
Mit einem Nicken bestätigte Sasha die Information und nahm einen feinen Kohlestift und ein kleines Buch aus seiner Tasche. Fein säuberlich machte er sich erst Notizen auf seiner Karte und schrieb die Erkenntnisse anschließend ebenfalls in das Buch. Fertig mit den Korrekturen beobachtete er für eine Weile Yagai bei der Arbeit und ging dann hinaus, um nach seinem Pferd zu sehen. Er wollte den Rest des Tages dafür nutzen sich etwas zu erholen und beschloss dementsprechend früh am Abend auch schon zu Bett zu gehen.
Hinter den Kulissen
Mit Sasha’s Geschichte geht es weiter hinter dem 17. Türchen.
Wenn ihr in der Zwischenzeit bei den anderen vorbei schauen möchtet, dann startet neu bei Türchen 1 und entscheidet euch zwischen Damian und Mina.
Ich hoffe euch gefällt die Geschichte bisher und natürlich ist das die gleiche Yagai, mit der auch Mina schon zu tun hatte(, wenn nicht solltet ihr das dringend nachholen). 😉
Zeitlich ist das Treffen kurz nach Mina’s Abreise anzuordnen, sie haben sich also knapp verpasst.
Der Name des Passes war für mich bis ich den Beitrag fertig gemacht habe ein ziemliches Rätsel und er hieß bis dahin nur der <>-Pass. 😀
Ich hab mir dann ein paar Flüsse vorgenommen und deren Namen zusammengebastelt und ein paar Leute gefragt, welcher davon am ehesten nach einem Fluss-Pass klingt.
Wenn es interessiert das war die Auswahl:
- Zonane
- Amape(e)
- Nozeep
- Letoni(e)
- Ensline
- Thebel
- Lebhem
Von Liathano und Feuerflügel habe ich u.a. Rückmeldung bekommen und mich dann für Thebel entschieden, da dass nach mehrmaligem Sprechen irgendwie doch am Besten klang. Mein eigentlicher Favorit war Zonane, aber dass klang dann doch irgendwie unpassend.
Übrigens setzen sich die Namen aus folgenden Flüssen zusammen:
- Amazonas + Peene: Zonane, Amape(e), Nozeep
- Nil(e) + Tollense: Letoni(e), Ensline
- Themse + Trebel: Thebel, Lebhem
Die vorderen drei kennt jeder, die anderen drei sind Flüsse hier in Meck-Pomm, die sich in Demmin treffen – wo ich geboren wurde – und bei mir ganz in der Nähe sind. Die Peene sozusagen direkt vor meiner Haustür. 😉
Bis Morgen,
PoiSonPaiNter
© Für Geschichte und Charaktere liegen bei mir. Verwendung oder Weitergabe nicht ohne meine Zustimmung.
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Lies auf Deutsch
Sasha
When they arrived in the hut the hag introduced herself as Yagai. She was a herb woman that used the forest for her work. Her hut smelled of many different herbs that Sasha had never seen before. She casually taught him about some of their names and uses while they talked, he didn’t even have to ask as must of the times him looking or touching a herb would be enough.
The two of them were having breakfast and Sasha was telling her about his journey.
“Well, that means you went quite astray”, she commented to Sasha’s surprise.
“You didn’t ride South, but South-East. You’re nearly in the Woodling-territories”, she explained and started looking for a map.
In one of her many drawers she found one with an “Ah, there it is” and spread it across a free corner of the table.
“His is your home, this is the castle you’ve been at and we are here”, she explained and showed him the points on the map.
You probably wanted to take this route, but your rode this way”, she continued to show him and ran with her finger across the map.
“I can’t remember any cross roads where I could have chosen the wrong direction”, Sasha pondered and gazed at the map.
“Sometimes our feet lead us through ways we otherwise wouldn’t have taken”, the hag remarked.
Sasha looked at her in question.
“During journeys like yours not only our head, but also our heart and spirit lead us and if they decided to take a different route then our feed succumb to it”, she explained further.
“Are you implying my heart let me here?” Sasha asked sceptically.
“Heart, soul, maybe destiny even”, Yagai confirmed.
Sasha looked at her puzzled. As Stoneling he didn’t have that much understanding for feelings, but destiny was known to him. It was said that destiny would lead them to their test, after all. Still, he did not understand why destiny would bring him into a forest. With a nod he acknowledged her theory for now and changed the topic:
“And how do I get back to my original route?”
Yagai studied the map for a moment then she put her finger onto it again and explained: “When you leave the forest in the South and then turn West, you should be able to reach the road South within a day or two.”
Sasha nodded again. According to the map there was a direct road through the forest that he could follow. There were only a few side roads and as he had to turn West after he had left the forest, the chance to take a wrong turn didn’t seem that high. Straying from the Southern direction again was simply out of question. Though, Sasha couldn’t explain why he was so bent on getting South. He just had this inkling that what he sought, his test, would lie in the South.
“Today you should rest a bit, there is a far ride ahead of you”, Yagai stated, got up and pushed the map closer to him to make space on the table and started preparing it for her work.
Sasha studied the map carefully. He had received a map from the Elders of his village, but somehow the one he had in front of him seemed different so he took his own map out of his backpack and spread it next to the other to compare them.
“How old is your map?” He wanted to know after a while.
“A couple of years, but as many travellers get lost in this forest I keep it quite up-to-date and the larger roads change seldom, unlike some borders”, Yagai explained in a passing mention and pounded some herbs in a bowl.
“That I can see. My map traces the territory of the Swamplings far larger than yours and our realm his larger as well”, Sasha noticed, his gaze switching between the two maps.
“There were devastating battles in the West through which the Swamplings are pushed farther and farther into the sea. If it continues like this they’ll be called Sealings”, Yagai explained in slight jest.
“And this road exists on my map, but can’t be found on yours”, Sasha discovered and pointed at a line in the middle of the map.
“Yes that is the Thebel-pass. Once a mighty river, then dried out and used as passage. Now it is just a collection of rubble after an earth slide that nearly levelled the valley entirely” she simply explained.
With a nod Sasha acknowledged this information and took a fine carbon pencil and a small book out of his bag. Neatly he wrote notes onto his map and then wrote his findings into the book as well. Finished with his corrections he watched Yagai working for a while and then went out to look after his horse. He wanted to use the rest of the day to rest and decided to get to bed early as well.
Behind the Scenes
Sasha’s story will continue behind the 17th door.
If you want to see what the others are doing in the meantime, go back to the 1st door and choose between Mina and Damian.
I hope you enjoy the story so far and of course it is the sama Yagai you read about in Mina’s story (if you haven’t, you should check it out ). 😉
Time-wise the meeting takes place shortly after Mina’s departure, which means they just missed each other.
The name of the pass was a riddle for me until I edited the German version and was only called the <>-pass. 😀
I took a few rivers and combined their names and asked some people which one of them sounded most like a river-pass.
If you’re interested, these were the options:
- Zonane
- Amape(e)
- Nozeep
- Letoni(e)
- Ensline
- Thebel
- Lebhem
I got feedback from Liathano and Feuerflügel amongst other and decided to take Thebel, as after repeated saying it did sound the best.
My actual favourite was Zonane, but it should did sound right.
By the way, the names were combined through the following rivers:
- Amazon + Peene: Zonane, Amape(e), Nozeep
- Nile + Tollense: Letoni(e), Ensline
- Th[e]mse [River Thamse German spelling] + Trebel: Thebel, Lebhem
Everyone should know the first three, the other three are rivers here in Meck-Pomm that meet in Demmin – where I was born – and are quite close by here. The Peene is in a manner of speaking directly before my doorstep. 😉
See you tomorrow,
PoiSonPaiNter
© For the story by me. Do not use or repost either without my permission.