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Mira Lindorm: Herzenswünsche kommen teuer

Auch heute gibt es im Märchensommer wieder eine Rezension. Diesmal zum zehnten Band der Märchenspinnerei: Herzenswünsche kommen teuer von Mira Lindorm, einer Weiterführung der Märchen aus 1001 Nacht.

Das Märchensommer Banner zeigt eine Scherenschnitt-Fee, die Glitzer auf den verschnörkelten Schriftzug "Märchensommer" über einem aufgeschlagenen Buch streut. Alles vor einer grünen Wiese neben einem Baum und Sonnenstrahlen im Hintergrund.

Worum geht’s?

Cover Herzenswünsche kommen teuer

1001 Nacht erzählte Sheherezade Geschichten, in der 1002 wurde ihre Tochter Suleika gezeugt.

Unter den Schätzen ihrer Mutter versteckt entdeckt diese die Wunderlampe und befreit den Genie daraus. Schnell erfüllt er ihr den ersten Wunsch und das kleine Mädchen muss lernen, dass sie mit ihren Worten vorsichtig umgehen muss. Denn Geniemagie ist gar nicht so einfach zu kontrollieren …

Das Leseerlebnis

Wie ich es vom Machandel Verlag bereits kannte, sind auch in diesem Band viele Illustrationen. Jedes Kapitel endet mit einem dazu passenden Bild. Das kurze Buch ist in vier Kapitel eingeteilt , die jeweils die drei Herzenswünsche und deren Konsequenzen behandeln. In gewisser Hinsicht trifft hier „in der Kürze liegt die Würze“ zu, denn trotz knapp 100 Seiten Länge entsteht eine faszinierende Geschichte.

Die Charaktere

Ich bin mir relativ sicher, das ich keinen der Charaktere gemocht habe. Allerdings glaube ich, dass keiner wirklich als sympatisch ausgelegt ist. Allerdings hat das nicht dafür gesagt, dass mir die Geschichte schlechter gefallen hat, eher im Gegenteil. Gerade diese Unnahbarkeit und vor allem die Veränderungen, die Suleika und einer der Nebencharaktere durchmachen ist es, die die Geschichte vorantreiben und interessant machen. Die Veränderung eben jenes Nebencharakters war dabei erschreckend und doch verständlich, aufgrund des Weltenbaus. Umso tiefer trifft es, wenn Suleika mit eben jener Konsequenz ihres Wunsches konfrontiert wird.

Mit Hilfe eines weiteren Nebencharakters wird auch ein schöner Bogen geschwungen, den ich schon früher erwartet beziehungsweise fast aufgegeben hatte, bis er dann tatsächlich kam.

Aufgrund der Kürze der Geschichte, kann ich euch leider nicht mehr sagen ohne zu viel zu verraten. O=)

Generelle Meinung

Es ist leicht einem sympatischen Charakter ein Happy End zu gönnen, aber schwerer einem verwöhnten Gör beim Wachsen zuzusehen, wie sie ihr Schicksal selbst in die Hand nimmt und verändert. Die Wünsche und vor allem deren Erfüllung sind unglaublich genial umgesetzt. Das Genies spitzfindig sind, kennt man vielleicht aus diversen Medien, aber wie sehr sie Dinge wörtlich oder nicht wörtlich nehmen war beeindruckend und erschreckend zu verfolgen.

Ich kenne die Märchen aus 1001 Nacht nur stückweise, trotzdem fühlte ich mich ohne Weiteres in das Setting versetzt oder zumindest in das Setting des „Was danach geschah“. 🙂

Dinge, die ich hinzufügen möchte

Mira Lindorm ist ein geschlossenes Pseudonym, daher ist nicht viel zur Autorin bekannt. Dennoch habe ich die Chance bekommen, ihr das Märchensommer Interview zu schicken. Das könnt ihr dann morgen lesen.

Anne/PoiSonPaiNter

© Für das Cover gehören den rechtmäßigen Besitzern.

Nora Bendzko: Hexensold

Auch heute gibt es im Märchensommer wieder eine Rezension. Diesmal zum vierten Band der Galgenmärchen: Hexensold von Nora Bendzko, einer Adaption von „Rapunzel„.

Das Märchensommer Banner zeigt eine Scherenschnitt-Fee, die Glitzer auf den verschnörkelten Schriftzug "Märchensommer" über einem aufgeschlagenen Buch streut. Alles vor einer grünen Wiese neben einem Baum und Sonnenstrahlen im Hintergrund.

Worum geht’s?

Cover Hexensold
5 of 5 stars

Elegio lebt abgeschieden in einem Turm mit seinem Vater Lysander. Wie dieser soll er eines Tages zum Assasino werden, doch sein gutes Herz macht es ihm nicht leicht. Erst als er mit Hilfe einer magischen Perücke zu Rapunzel wird, gelingt es ihm in die Fußstapfen seines Vaters zu treten.

Doch als sich ein dunkler Schatten über das Veltliner Land legt, der nicht nur Marcella mit sich bringt, die Geister sehen kann, sondern auch Hannes und Greta, die ihre Großmutter suchen, gerät sein Leben aus den Fugen.

Mehr und mehr Fragen umschwirren Elegio, deren Antworten nicht leicht zu verdauen sein werden …

Das Leseerlebnis

Da ich in der Releaseparty schon ein paar Hintergrundinfos erfahren habe, auch was Verbindungen zu den anderen Galgenmärchen angeht, war es interessant, dass alles dann selbst nachzulesen.

Wie schon in den vorangeganen Bänden wurden die historischen Ereignisse wunderbar mit der erzählten Geschichte verknüpft. Wobei ich es diesmal noch besser fand, da ich die Hintergründe im Vorfeld kannte. Das ist das Schwierige, wenn man über eine Epoche (30-jähriger Krieg) schreibt, von der zwar viele schon gehört haben, die wenigsten aber genauere Details kennen. Dennoch ist auch hier der etwas andere Blickwinkel auf die Ereignisse faszinierend.

Nora hat einen fesselnden Schreibstil, durch den ich mich gelegentlich zwingen musste aufzuhören, um noch etwas anderes am Tag zu schaffen außer lesen.

Die Charaktere

Die Dualität zwischen Elegio und Rapunzel, aber auch die zwischen Lysander und dessen Assassinen Persona Inferno war interessant dargestellt. Man sah die Unterschiede, aber auch die Gemeinsamkeiten der beiden, ich nenne es mal, Persönlichkeiten. Doch nicht nur das auch die inneren Konflikte von Elegio, Marcella und auch Hannes waren greifbar und nachvollziehbar. Die Interaktion zwischen ihnen wirkte stimmig und der Situation angemessen.

Was an den Charakteren ebenfalls klasse ist, ist deren Diversität und Offenheit mit Sexualität. Elegio der sehr feminine und schüchterne Junge, der zur stolzen Assassine wird indem er sich Frauenkleider anlegt. Marcella, die mit ihrer Vorliebe für Frauen hadert und sie doch schon akzeptiert hat. Nebencharaktere, deren Interesse an Männern (leider zu einem Zeitpunkt auch an Jungen, eine sehr schauderige Szene) nicht vertuscht wird. Eine Frau, die sich ihre Liebhaber sucht, wie es ihr gefällt, usw.. Das Ganze gepaart mit Fähigkeiten (Wettermanipulation, Geistersicht, Erinnerungswahrnehmung) bietet eine interessante Mischung.

Generelle Meinung

Hexensold ist ein weiteres gelungenes Galgenmärchen. Die Mischung aus interessanten Charakteren, märchenhaften Elementen und historischen Ereignissen ist faszinierend zu verfolgen. Dabei geht es in ähnliche Tiefen wie schon in Kindsräuber, dessen Geschichte es ja auch in gewisser Weise durch Marcella weitererzählt. Ab diesem Punkt sollte man vermutlich die vorhergehenden Bände gelesen haben, um die Andeutungen vollends zu verstehen, für die Handlung ist es jedoch nicht notwendig.

Neben den oben genannten Themen spielen vor allem Tod, Magie und irgendwie auch der Umgang mit den eigenen Sünden eine wichtige Rolle, dennoch wirkt es zu keiner Zeit überladen und jeder Handlungsstrang kommt zu einem angemessenen Ende.

Dinge, die ich hinzufügen möchte

Dieses Buch wird mir noch eine Weile aus anderem Grund in Erinnerung bleiben, denn während Nora in Wien bei der live Releaseparty las, unterstützte ich sie als Moderatorin bei der online-Releaseparty. Ein anstrengender, aber auch interessanter Abend. 🙂

Der nächste Band könnte zu Hänsel und Gretel werden, zumindest hat Nora in diese Richtung geteasert.

Bald gibt es auch ein aktualisiertes Interview mit Nora.

Bleibt gespannt!

Anne/PoiSonPaiNter

© Für das Cover gehören den rechtmäßigen Besitzern.

Stella Delaney: Das Leuchten am Rande des Abgrunds

Auch heute gibt es im Märchensommer wieder eine Rezension. Diesmal zu Stella Delaneys Leuchten am Rande des Abgrunds. Einer Dystopie, die Elemente aus der kleinen Meerjungfrau verwendet.

Worum geht’s?

5 of 5 stars

Sam schwankt zwischen Monotonie des Alltags und den Konsequenzen seiner Trennung. Wie banal beides ist, lernt er, als er auf Alexis trifft, denn sie hütet ein dunkles Geheimnis.

Sieben Tage haben sie Zeit dieses zu entschlüsseln, um eine Katastrophe zu verhindern, die das Leben, wie sie es kennen, auslöschen würde.

Können sie es schaffen? Und was hat Sams verstorbene Familie damit zu tun? Und wer ist eigentlich Alexis?

Das Leseerlebnis

Stella schafft es durch eine ruhige Atmosphäre die nahende Bedrohung auf faszinierende Art herbeizuführen. Unterstrichen wird dies durch ein wässriges und fließendes Layout, das einen schönen Kontrast zum komplexen Thema bildet. Es ist zwar nur ein kurzes Buch, es wirkt aber, als wenn viel mehr darin erzählt wurde.

Vor jedem Kapitel gibt es eine Art Rückblick beziehungsweise Einblick in die Gedanken eines Charakters. Erst ganz zum Schluss wird klar, wessen Blickwinkel diese sind und ich musste die Passagen gleich noch einmal lesen, da ich einen anderen dahinter vermutete.

Die Charaktere

Sam ist ziemlich naiv aber irgendwie kauft man es ihm eher ab, als so manch einem anderem Charakter in der Literatur. Sein Umgang mit Alexis wirkte entsprechend unbeholfen. Die Beziehung zu dieser war auch etwas verwunderlich, durch die Glaubwürdigkeit seiner Art wirkte es allerdings wieder passend. Sie selbst wurde zu einem immer faszinierenderen Charakter, je mehr man über sie erfuhr.

Die anderen Nebencharaktere sind zwar hauptsächlich einfach nur für ihre Aufgaben da, ein paar unerwartete Wendungen gibt es dennoch.

Generelle Meinung

Durch Stellas wunderbaren Schreibstil entsteht eine dystopische Welt, deren Gefahren schleichend und nicht bombastisch auf einen einstürzen. Dadurch entsteht eine faszinierende Atmosphäre, die für ein tolles Lesevergnügen sorgt.

Die Meerjungfrau-Elemente sind interessant eingebunden und runden das Ganze weiter ab.

Dinge, die ich hinzufügen möchte

Leuchtem am Rande des Abgrundes hat es 2019 bis auf die Shortlist des Indie Phantast gebracht.

Die Geschichte ist nicht als Adaption zur kleinen Meerjungfrau gedacht, die eingebundenen Elemente lassen sie dennoch wie eine solche wirken. Daher auch die Inklusion in den Märchensommer.

Anne/PoiSonPaiNter

© Für das Cover gehören den rechtmäßigen Besitzern.

Katherina Ushachov: Der tote Prinz

Auch heute gibt es im Märchensommer wieder eine Rezension. Diesmal zum sechszehnten Band der Märchenspinnerei: Der tote Prinz von Katherina Ushachov, einer Steampunk-Adaption von „Die tote Prinzessin und die sieben Recken„, der russischen Version von „Schneewittchen und die sieben Zwerge“.

Worum geht’s?

4 of 5 stars

In einer zerstörten Welt arbeitete sich Aino von einer Müllsammlerin zur Warlady hoch. Nun ist es an ihr, mit Hilfe ihrer Tochter Elessa, Frieden zu schaffen zwischen ihrem und dem Reich der Warlady Alixena. Spontan beschließt Elessa dies durch einer Ehe mit Alixenas Sohn Dario zu besiegeln.

Doch niemand ahnt, das Lord Felix, Alixenas zweiter Mann, ganz andere Pläne hat, um sicherzustellen, dass er der schönste Mann im Reich ist und die Macht bekommt, die ihm zusteht.

Wir Elessa Felix vor seinem Stiefvater beschützen können?

Das Leseerlebnis

Die Geschichte beginnt in der Vergangenheit und macht einen Zeitsprung in die Gegenwart. Alles was geschieht wird aus erstaunlich vielen und unterschiedlichen Perspektiven erzählt.  Ein oder zwei Mal fragte ich mich, warum nun noch eine weitere hinzu kam, aber ohne diese hätten gewisse Erzählstränge nicht weitergeführt werden können, ohne alles nochmal von anderen Charakteren durchkauen zu lassen. Hier stellt sich die Frage, ob man das mit von Beginn an anderen Perspektiven hätte umgehen können, aber ich fand die bunte Mischung interessant, da jede auch ihre eigene Erzählstimme mitbrachte.

Zum Ende hin, ging es mir ein bisschen zu schnell und wurde zu märchenhaft. Wo vorher ausreichend Zeit für den wunderbaren Weltenbau verwendet wurde, wurde die Problemlösung innerhalb weniger Seiten abgehandelt. Das fand ich schade, hat das Ende aber nicht schlechter gemacht.

Die Charaktere

Wo fang ich bei den Charakteren am besten an? Bei der Tatsache, dass alle Rollen umgekehrt sind? Oder das es nur einen nicht-PoC Charakter gibt? Oder, dass die Machtverhältnisse komplett umgekrempelt sind? Oder einfach damit, dass ich den Weltenbau dieser Geschichte unglaublich genial finde?

Es ist eine Welt voller (Plastik)Müll und Schadstoffen unter einer brennenden Sonne. Von der Beschreibung her, würde ich die Handlungsorte nach Afrika stecken, entsprechend ist, wie oben bereits erwähnt, die Mehrheit der Charaktere PoC. Aino bildet hier eine Ausnahme und es wird deutlich gemacht, dass sie definitiv nicht den geltenden Schönheitsidealen entspricht. Denn die sind: Umso dunkler die Haut, umso hübscher der Mensch. Dies ist auch der Hauptantrieb von Felix. Anstatt eines Zauberspiegels hat er eine KI, die anhand von Statistiken ausrechnet, wie hübsch er im Vergleich zu anderen Menschen, die sie gescannt hat, ist. Passenderweise heißt sie Narzissa. 😀

Aino und Elessa sind wunderbare Frauenfiguren, die ihren eigenen Kopf haben und genau wissen, was sie wollen. Sie schrecken vor nichts zurück, um ihre Ziele zu erreichen und lassen sich nicht so einfach unterkriegen. Sie sind kein perfektes Mutter-Tochter Paar, ergänzen sie sich dennoch auf ihre eigene großartige Weise.
Aus Alixenas Perspektive hätte ich mir etwas mehr Inhalt gewünscht, da wir das wahre Ausmaß ihrer Zerbrochenheit leider nur durch andere (teilweise angedeutet) erfahren, eventuell wäre es hier dann aber notwendig gewesen schärfere Warnungen einzufügen für häusliche Gewalt/Missbrauch. Ihr Wandel war auf alle Fälle interessant zu verfolgen.

Die männlichen Figuren waren dahingehend eher flach ausgelegt, was aufgrund der umgekehrten Verhältnisse schon ironisch ist. Unterwürfige, eindimensionale Figuren. Genau das, was sonst immer die Frauen im Märchen sind. B)
Felix, der manipulative Schönling ein echtes Aas, dem man den Sieg nicht gönnt. Dario, der Prinz, der erst durch Elessa und Amazonen, bei denen er auf seiner Flucht unterkommt, lernt, wie man kocht, putzt und generell arbeitet. Und Avital, der loyale Diener, der alles tut was sein Herr ihm aufträgt und sich nicht traut gegen ihn zu agieren.

Es gibt noch zwei andere Charaktere, die Elessa auf ihrer Suche nach Felix helfen, deren Sinn ich nur ansatzweise verstanden habe. Außer, dass sie, wie in russischen Märchen üblich, die gängigen Wegweiser sind. Sie wirkten leider trotzdem etwas … random.

Zum Ende hin gab es noch einen Verliebtheits-Subplot, der für mich aus heiterem Himmel kam … wenn, dann hätte ich eher Avital zugetraut Gefühle zu gestehen, aber nicht jener Person … das war etwas zu subtil und erinnert mich daran, dass ich auch schon in Zarin Saltan die Romantik bekrittelte. 😀

Generelle Meinung

Auf Twitter und bei den Charakteren hab ich ja schon darüber geschwärmt, aber der Weltenbau ist einfach nur genial. Die Art wie Katherina den Plastikmüll, der nach der „großen Dunkelheit“ übrig geblieben ist eingebaut hat, ist einfach nur faszinierend. Kleidung, Schmuck, Baumaterial, das sollte man mal in echt umsetzen. 😀
Hinzu kommt die Umkehrung der Machtverhältnisse und die sehr spezielle Insekten-Küche. Einfach wunderbar. Ich hätte mich noch wesentlich länger in der Welt aufhalten können, um sie zu erkunden.

Leider hat das zum Ende hin nicht so ganz geklappt, denn der Schluss kam dann doch recht plötzlich und unerwartet. Da hätte ich mir ein bisschen mehr gewünscht.

Alles in allem aber eine großartige „Schneewittchen“ Fassung, die mit so ziemlich allem bricht, was man traditionell kennt – und das nicht nur, weil es auf der russischen Version basiert.

Wie auch schon bei Eva-Maria Obermanns „Tropfen der Ewigkeit„, ist dies eine gute Einstiegsmöglichkeit in das Genre Steam Punk, wobei es bei Katherina eher „Plastik-Punk“ ist. Faszinierend ist es alle mal.

Dinge, die ich hinzufügen möchte

Wie bereits bei der Buchvorstellung gesagt, ist „Die tote Prinzessin“ eines der Märchen, die ihr letztes Jahr im Märchensommer Bilderrätsel erraten musstet. Vielleicht habt ihr ja Lust, das Originalmärchen von Puschkin zu lesen um das Bild nun besser zu verstehen? Denn auch schon da, wurde es sehr oft mit Schneewittchen verwechselt.

Schaut gerne auch bei Katherinas Gastbeitrag vorbei. Darin erzählt sie noch ein bisschen mehr zum Unterschied zwischen der bekanntesten Schneewittchen Variante und der russischen Version.

Im Verlauf des Märchensommers könnt ihr übrigens ein E-Book von „Der tote Prinz“, aber auch von „Zarin Saltan“ gewinnen. Ihr müsst nur auf die entsprechende Punktzahl kommen. 🙂

Bleibt gespannt!

Anne/PoiSonPaiNter

© Für das Cover gehören den rechtmäßigen Besitzern.

Susanne Eisele: Das erste Lied

Und weiter geht der Märchensommer mit meiner Rezension zum vierzehnten Band der Märchenspinnerei: Das erste Lied von Susanne Eisele, einer Adaption von „Rumpelstilzchen“.

Worum geht’s?

3 of 5 stars

Florian liebt es mit seiner Band Flo Circus aufzutreten, aber eigentlich hätte er gerne mehr.
Da kommt es ganz gelegen, dass Musikproduzent Dietmar Weiss ihm ein Angebot macht, dass er nicht ablehnen kann: Ein Plattenvertrag.

Doch leider entpuppt sich dieser als alles andere als das, was er sich darunter vorgestellt hat. Anstatt mit seiner Bands die Lieder einzuspielen, will Weiss nur ein bestimmtes Lied und das aber bitte genau so, wie er es gerne hätte.

Ob Florian da wieder rauskommt?

Das Leseerlebnis

Dieses Buch habe ich als Patenfee betreut, sozusagen meine erste Amtshandlung als Fee der Märchenspinnerei. Da wir beide ähnliche Musik hören, beide Metalheads sind, hatte Susanne mich ausgewählt und ich durfte das Buch vor der Veröffentlichung lesen. Gemeinsam haben wir dann auch eine Releaseparty auf die Beine gestellt.

Das Lesen war für mich in zweierlei Hinsicht ungewohnt. Zum einen, das vorab lesen. Zum anderen, das ich es als E-Book bekam. Für mich, als ungern am Handy lesenden Menschen, eine ziemliche Umstellung. Ich bin da doch eher Print-verwöhnt …

Ansonsten war es eher leichte Lektüre, die schnell durchgelesen war und keine großen Überraschungen bereit hielt.

Die Charaktere

Leider sind mir die Charaktere zu flach und zu klischeebehaftet, daher mag ich nicht einzeln auf sie eingehen. Sie machen das, was sie für die Geschichte tun müssen (der garstige Musikproduzent, der leichtgläubige Musiker, die loyalen Bandkollegen), das war’s dann aber auch. Hier hätte ich mir ein mehr Tiefe gewünscht. Einige Züge wirken interessant, aber diese gehen kurz danach wieder verloren bzw. werden nicht weiter verwendet. Zusätzlich dazu wurde eine Liebesgeschichte eingebaut auf die ich komplett hätte verzichten können. Die beiden Charaktere funktionierten wesentlich besser als Freunde, als als „Huch, ich hab mich dann wohl mal in dich verliebt“-Pärchen.

Das ist wirklich schade.
Das die Interaktionen gut geschrieben und unterhaltsam waren, half da leider auch nicht mehr, mich mehr mit den Charakteren „mitleiden“ zu lassen.

Generelle Meinung

Ich mochte die musikalische Stimmung des Buches und die Welt, die Susanne beschreibt. Man merkt sehr gut daran, dass es von jemandem kommt, der in der Musikszene unterwegs ist.

Leider waren mir die Charaktere zu flach und die Handlung etwas zu vorhersehbar und auch die Auflösung des Konflikts war mir etwas zu klischeehaft, wenn auch eine witzige Anspielung auf das Original.

Trotzdem eine nette Adaption, die ein wenig mehr Tiefe hätte vertragen können.

Dinge, die ich hinzufügen möchte

Wer einen kleinen Ausschnitt aus dem Buch hören möchte, kann das gerne hier tun: Aufzeichnung der Lesung zur Releaseparty.

Wie ich darin erzähle, habe ich das Cover-Model schon persönlich kennen gelernt. B) Lange bevor ich Susanne und die Spinnerei kannte, waren Marina von DarkFairys Senf und ich auf dem Out&Loud Festival. Damals war sie Mitglied im deutschen Powerwolf Fanclub, dem Cultus Luporum. Gemeinsam mit anderen Mitgliedern haben wir in einem extra dafür freigehaltenen Bereich gecampt. U.a. auch mit eben jenem Herrn vom Cover, dem Daniel, der einer der „Leitwölfe“ und Köpfe hinter dem Fanclub ist.

Anne/PoiSonPaiNter

© Für das Cover gehören den rechtmäßigen Besitzern.

Eva-Maria Obermann: Tropfen der Ewigkeit

Nach ihrem Gastbeitrag gestern geht der Märchensommer heute weiter mit meiner Rezension zum dreizehnten Band der Märchenspinnerei: Tropfen der Ewigkeit von Eva-Maria Obermann, einer Steampunk-Adaption von „Rapunzel“.

Worum geht’s?

4 of 5 stars

Valeria kennt nichts anderes als lernen im Turmzimmer. Von ihrer Mutter Stella wird sie darauf vorbereitet, eines Tages an deren Seite weiterzuforschen. Das ist es zumindest, was sie ihr weismacht.

Je länger sie eingesperrt ist, um so mehr kommt Valeria hinter die Geheimnisse, die vor ihr verborgen wurden. Welche Wahrheit versteckt sich hinter dem Märchen vom Drachen, dass ihre Mutter stets erzählte? Und wem kann sie vertrauen? Ihrer Mutter? Ihrer Freundin Minna? Oder doch nur sich selbst?

Das Leseerlebnis

Die Schrift ist mir persönlich etwas zu eng gesetzt, den Lesefluss hat das aber nicht behindert. Für mich war der Ich-Erzähler anstrengender. Wobei es schwer gewesen wäre, eine andere Sicht als Valerias zu haben, ohne dabei große Enthüllungen vorweg zu nehmen. Dadurch, dass der Leser diesen eingeschränkten Blickwinkel hat, kann er ihre Erkenntnisse miterleben, auch wenn sich ein paar Dinge schon erahnen lassen. Was einerseits eine interessante Erzählweise, andererseits für mich anstrengend zu lesen war.

Die Charaktere

Die Hauptfrage bei einem Rapunzel-Charakter ist meist „Wieso bleibt sie im Turm und flieht nicht?“. Eva hat dies gut umgangen. Valeria ist zum einen gehorsam, zum anderen hätte eine einfache Flucht schwere Konsequenzen, da die Welt um sie herum von giftiger Luft und Staub verseucht ist. Das heißt aber nicht, dass sie keinen eigenen Willen hat. Je mehr Geheimnisse Valeria entschlüsselt, umso mehr wächst sie und es macht Spaß, ihr dabei zuzusehen.

Valeria ist eine PoC-Protagonistin. Dies wird dahingehend thematisiert, dass sie sich selbst in den Kontrast zu ihrer hellhäutigen Mutter setzt und auch von deren Kollegen entsprechend betrachtet wird. Sonst kann ich mich nicht daran erinnern, dass die Hautfarbe eine Rolle spielte.

Ihre Mutter ist eine ehrgeizige Wissenschaftlerin. Mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln versucht sie, sich in der von Männer dominierten Welt durchzusetzen und an die Spitze zu gelangen. Dafür ist sie auch bereit skrupellose Opfer zu bringen … Ein sehr unsympathischer Charakter, selbst wenn ihr Drang nach Anerkennung bis zu einem gewissen Grad verständlich ist …

Das genaue Gegenteil dazu ist Minna, die nicht nur Valerias Zofe und beste Freundin, sondern auch eine der treibenden Kräfte in der Geschichte ist. Die Art und Weise wie Eva ihre Stummheit darstellt ist wunderbar. Ein Blick oder eine Geste, die ebenso verständlich sind, wie ihre Frustration darüber, in manchen Situationen nicht ungehindert kommunizieren zu können. Filmisch ist es einfach darzustellen, doch in schriftlicher Form ist dies eine ganz andere Hürde, die Eva großartig gemeistert hat. Die Erklärung hinter dieser und einer weiteren Behinderung ist auch nicht an den Haaren herbeigezogen – haha, sorry, das Wortspiel war unbeabsichtigt – sondern ist im Weltenbau begründet. Dadurch gibt es auch noch weitere Neben- und Randcharaktere, die ebenfalls mit Einschränkungen leben.
Lange Rede kurzer Sinn: Minna ist mein Favorit. Sie ist einfach ne coole Socke. B)

Eva selbst hat im März auf Twitter erzählt, dass Valeria Bi ist und ich muss gestehen, dass ich das Interesse an Männern bei ihr nicht rausgelesen habe. Stattdessen fand ich ihre Beziehung zu Minna interessant, sowohl von einer freundschaftlichen, als auch von einer romantischen Perspektive aus. Das gegenseitige Vertrauen, die Unterstützung. Großartig.

Unter den Nebencharakteren gibt es einen, der so aufdringlich und übergriffig ist, dass ich eine seiner Szenen kurzzeitig pausieren musste. Abgesehen davon sind er und die anderen Nebencharaktere – was auch auf die Kürze des Buches zurückzuführen ist – eher wenig beleuchtet, daher hier nur kurz angeschnitten.

Die Charaktere hat Eva wunderbar gezeichnet. Hinzukommt, dass alle Interaktionen und Entwicklungen nachvollziehbar sind trotz schnell voraneilender Handlung.

Generelle Meinung

Eva hat eine faszinierende Steampunk-Welt erschaffen, von der ich gerne mehr erfahren hätte. Hier schließt sich jedoch der Kreis, denn durch den eingeschränkten POV ist das leider nicht möglich …
Die Entwicklung und Interaktion der Charaktere ist nachvollziehbar und gut dargestellt, auch wenn es ein paar Wendungen gab, die vorhersehbar waren.

Als Rapuzel-Element gab es nicht nur einen Fokus auf die Haare, die regelmäßig gepflegt wurden, sondern auch einen Kletterversuch, der sehr realistisch – und vor allem schmerzhaft – dargestellt wurde. Alles gepaart mit einem etwas anderen Fluchtmanöver.

Wer noch nicht so viel mit Steampunk zu tun hatte, sollte sich diese Märchenadaption zur Gemüte führen, um ein Gefühl dafür zu bekommen. Die Elemente sind dezent und doch präsent und bieten damit eine gute Einstiegsmöglichkeit.

Alles in allem, eine sehr interessante Variante von Rapunzel. 🙂

Dinge, die ich hinzufügen möchte

Das Buch habe ich übrigens beim #NornenHopping eingesammelt, als ich mit Elenor Avelle bei Eva zum Frühstücken war. 🙂

Anne/PoiSonPaiNter

© Für das Cover gehören den rechtmäßigen Besitzern.

Strowlers: The right story can change the world

This is a translation of my guest post for the Bücherstadt Kurier’s event „#kunterbunt: a feast for diversity„. You can read it in German on their page here: Die richtige Geschichte kann die Welt verändern.

Drawing of an open book where the colours of the rainbow rises from the pages.
Illustration: Worteweberin Annika

Strowlers is a multimedia universe created by Zombie Orpheus Entertainment, more precisely Ben Dobyns, the mastermind behind it. Stories in this universe tell of a world where magic is real. In addition to the pilot episode – also known as just „Strowlers“ – that takes place in Seattle, the episodes „Strowlers: Amaaji“ (Mongolia) and „Strowlers: Pepper“ (Ireland) were completed alongside it. All three released in August at Gen Con 2018. Each episode tells a different part of the story of the Strowlers from a different angle and of a different way of dealing with magic.

“The right story can change the world.”

At the same time, it plays with the concept that the right story can change the world. Because magic in the „Strowlerverse“ is partly done by telling stories with the help of a special deck of cards.

But what are Strowlers?

Strowlers” is the name given to those who use magic freely. They are unattached people who move from place to place and work small and large miracles in secret. But that is just one way of defining them. In their essence they are free spirited, creative people, be they writers, musicians, artists or whatever they want to be.

Opposite them are the Arcanologists, who try to tame any free magic and make it controllable and usable for their purposes.

What is the Pilot about?

Strowlers Cover showing main character Whit with an open book in her hand from which pages a storm of leaves arise. In front the title "Strowlers".

The pilot tells the story of Whit, a librarian, and her girlfriend Amanda, an Arcanologist who tries to help young magic-talented children while creating a technology that could be dangerous for all magic-talented people.

One day Whit reads the children a story about a goldfinch that lures a young girl deeper and deeper into the forest as around them the forest comes to life. Leaves sweep across the floor of the library and branches stretch towards the children. But the spell doesn’t last long, because the task force of the arcanologists destroys it and suppresses the magic of a little boy, whom they suspect as the source, with a collar made for this purpose.

But soon Whit finds out that another child, Nikki, was behind it and tries to protect her from Amanda’s colleagues who want to burn the magic out of her…

The watching experience

I mainly know ZOE’s web series The Gamers and JourneyQuest, but the quality of this pilot episode is on a whole new level.

Not only is the narrative technique fascinating as it jumps between narrator and narration, but the visual effects are also breathtaking. The play of light adapts to the tone of the story and changes from threateningly dark to hopefully radiant, depending on how it is needed.

Added to this are the strong messages, not only about magic and fear of the uncontrollable, but also about storytelling itself. Especially as an author*ess a fascinating aspect.

“Every story is a labyrinth. You begin a journey to the center, then wind your way out again and end up somewhere new, but while you’re in the center you have chance to change things.”

The Characters

The three main characters are plausibly depicted and all follow their characteristics.
Whit, the idealist, who fights for what she thinks is right.
Amanda, the remorseful one, who tries to save others from her own fate, at all costs.
And Nikki, the frightened one, who still can’t really understand what might happen to her and what has already happened to so many others.

The side characters are only touched on, but you still get a feeling for them. Especially Nikki’s „burned“ father and the Strowler Josiah leave a lasting impression.

General Opinion

As a pilot for a much bigger world, it definitely makes you want more and lets you see beyond the limited development of the side characters, whose story may be continued later.

Visually, this episode simply captivated me, together with the story and the storytelling it is simply a wonderful interplay.

“The best fictions are the ones surrounded by truths.”

How true this statement can be, can be seen when you look at the dystopian elements that the Arcanologists introduce into history and see how quickly something like this could happen in our world.

You too can become a part of the Strowlerverse

With the release of the pilot episode, this world is made accessible to all, so that everyone can contribute a part to it. Be it in the form of new stories, films, poems or other creative ideas. It is licensed under a special Creative Commons license, which allows you to be creative by stating the source. And with a little aptitude, this contribution can also become official canon.

If this piqued your curiosity you can find the Trailer – an later the episodes – here: Trailer.

Anne/PoiSonPaiNter

Nora Bendzko: Bärenbrut und Wolfssucht

Read in English

Nachdem ihr im  bereits die Rezension zum Galgenmärchen Kindsräuber von Nora Bendzko lesen konntet, folgt nun die Doppel-Rezension zu Wolfssucht (angelehnt an Rotkäppchen) und dessen Vorgeschichte Bärenbrut (angelehnt an Der Bärenhäuter).

Worum geht’s?

4 of 5 stars

4 of 5 stars

Bärenbrut erzählt die Geschichte von Thorben, der seinen Vater durch einen Bären verliert und erfahren muss, dass ein dunkles Geheimnis in ihm steckt. Ein Geheimnis, das nicht nur ihn, sondern auch seine Frau Elfriede und seinen Sohn Skandar in Gefahr bringen könnte.

Wolfssucht spielt einige Jahre nach dem Ende von Bärenbrut. Irina musste mit ihrer Familie aus ihrem Heimatdorf fliehen und wurde dabei von Skandar gerettet. Als die beiden heranwachsen will er sie zur Frau nehmen, doch sie widersetzt sich ihm. Stattdessen versucht sie aus ihrer Realität zu fliehen und fühlt sich dabei von dem Monster, das ihren Wald bedroht, angezogen.

Das Leseerlebnis

Bärenbrut zählt nur als Kurzgeschichte, dementsprechend klein und kurz ist die Printausgabe. Als Novelle ist Wolfssucht allerdings auch recht schmal. Das Nervige ist an dieser Stelle mein innerer Monk, der es furchtbar findet dass alle drei Bände ( Die beiden hier und Kindsräuber) unterschiedliche Formate haben…

Während Bärenbrut nur einige Ausschnitte aus Thorbens Leben aufgreift, geht Wolfssucht etwas mehr ins Detail und auch in tiefere Abgründe des menschlichen Daseins. Wer bereits selbst Erfahrungen mit sexueller Gewalt gemacht hat oder nicht gerne über dieses Thema liest, sollte das Buch mit Vorsicht genießen, denn diese ist grundlegende Plotelemente hinter den Ereignissen.

Was mich beim Lesen von Wolfssucht etwas irritierte, war eine Rückblende, die von einer anderen Erzählerin stammte und entsprechend anders war. Ich verstehe, wieso die Szene nicht einfach erzählt wurde, fand es dennoch merkwürdig, weil ich so nie weiß, was der Charakter dem die Geschichte erzählt wird, wirklich erfährt.

Die Charaktere

Wo ich in Bärenbrut die Handlungen von Thorben und den andere noch nachvollziehen konnte, fiel es mir in Wolfssucht sehr schwer, da die Charaktere doch sehr eigensinnig sind. Einen wirklichen Bezug konnte ich zu keinem von ihnen entwickeln.

Skandar hat sich von der Vorgeschichte zum eigentlichen Teil extrem verändert, was zwar zum Teil an den Ereignissen aus Bärenbrut liegt, dennoch keine Entschuldigung für sein überzogenes Verhalten ist. Die Macht, die er durch seine Position als Jäger hat, nutzt er schamlos aus, um sich die Dinge so zurechtzubiegen, wie er es will. Ein Verhalten, dass ich im wahren Leben grauenvoll finde, hier aber glaubhaft dargestellt wurde.

Auch Irina ist nicht viel besser. Sie ist arrogant und überheblich und je weiter die Geschichte voran schreitet, umso mehr entrückt sie der Wirklichkeit, bis sie die Dinge ganz und gar nicht mehr so sieht, wie sie tatsächlich sind. Anders kann ich mir ihr verstörendes Verhalten nicht erklären. Sie verliert sich vollends in ihrer Andersartigkeit und sucht die Gefahr, bis sie süchtig nach ihr wird und keine logischen Argumente mehr annehmen kann. Dennoch ist es auf eine merkwürdige Art faszinierend ihrem Weg zu folgen, auch wenn es kein Guter ist.

Der Wolfsmensch wird hauptsächlich als Monster charakterisiert, erst später erfährt man, warum er so handelt, wie er es tut. Es ist grauenhaft und erschreckend zugleich. Gelungen finde ich an dieser Stelle, dass [SPOILER]kein Wolf wie im Ursprungsmärchen, sondern ein verwilderter Mensch dahinter steckt.[/SPOILER]

Leider wird jedoch nicht erklärt, wie(so) Irina dazu in der Lage ist, die Erinnerungen des Wolfsmenschen zu sehen …

Da das Dorf, in dem beide Geschichten spielen, sehr isoliert ist, erfüllen die anderen Charaktere hauptsächlich entsprechenden Stereotypen mit dazugehörigem Aberglauben.

Generelle Meinung

Beide Bände haben kein Happy End, was sie schon allein von den meisten Märchenadaptionen abhebt. Hinzu kommt, dass Wolfssucht mich mit einem merkwürdigen Gefühl zurückließ. Zu sagen, die Geschichte hätte mir gefallen, wäre in dem Sinne falsch, als dass es kein traditionelles Gefallen ist, aber sie hat mich als Studie in die Abgründe des menschlichen Verhaltens definitiv fasziniert.

Für mich wird die Geschichte eines Mädchens erzählt, dass alles verloren hat und sich in ihrer Andersartigkeit verliert und dafür verurteilt wird. Die Spirale des Hasses und der Verzweiflung ist dadurch auf wunderbar verstörende Weise aufgezeigt und mit sehr bildhafter und fesselnder Sprache unterlegt. Wer sich in die düstere Welt von Rotkäppchen wagen möchte, ist hier gut aufgehoben.

In Bärenbrut hätte ich mir ein bisschen mehr Bezug zu den Charakteren gewünscht und in beiden eine Erklärung der übernatürlichen Elemente.

Dinge, die ich hinzufügen möchte

Dadurch, dass Wolfssucht vor Bärenbrut geschrieben wurde, taucht ein Schlüsselcharakter aus der Vorgeschichte nicht weiter in der Hauptgeschichte auf, doch eine Ereignis lässt vermuten, dass er im Hintergrund dennoch seine Finger im Spiel hatte.

Kurz nachdem ich die Bücher gelesen hatte, veröffentlichte Mareike von Crow and Kraken ihre Rezension zu Wolfssucht und ich war erstaunt, wie anders sie das Buch interpretiert hat. Auch ein paar andere Leserstimmen äußerten sich genervt oder entsetzt, der Großteil lobte bisher die für den dpp 2017 nominierte Novelle, für ihren Mut, die Dinge genau so verstörend zu beschreiben, wie sie es tat. Es ist faszinierend zu verfolgen, wie andere reagieren und ein gutes Beispiel dafür, wie sehr Meinungen auseinandergehen können.

Übrigens ist das Original Rotkäppchen auch sehr sexuell – und streckenweise kannibalistisch. Da gab es im letzten Märchensommer einen Beitrag zu: Das wahre Ende deutscher Märchen (Teil 1).

Letztes Jahr habe ich Nora bereits interviewed, wer also gerne nachlesen möchte, kann das gerne tun. Gerade arbeitet sie an einem weiteren Galgenmärchen zu Rapunzel.

Ein paar von euch können Goodies zu diesen Büchern, und ein*r sogar eine Printausgabe von „Kindsräuber“, während des Sommers gewinnen. (Das Schreiben eigener Rezensionen zu Märchen(adaptionen) bringt übrigens auch 3 Punkte. 😉 )

Anne/PoiSonPaiNter

© Für das Cover gehören den rechtmäßigen Besitzern.
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Lies auf Deutsch

After you were able to read the review of Nora Bendzko’s  Kindsräuber(Child thieve) during the Märchensommer, here is the double review of Wolfssucht (Wolfaddiction – based on Little Red Riding Hood) and its prequel to Bärenbrut (Bearspawn – based on The Bearskin).

What is it about?

4 of 5 stars

4 of 5 stars

Bärenbrut tells the story of Thorben, who loses his father because of a bear and has to learn that there is a dark secret within him. A secret that could endanger not only him, but also his wife Elfriede and his son Skandar.

Wolfssucht takes place a few years after the end of Bärenbrut. Irina had to flee her home village with her family and was saved by Skandar. As the two grow older, he wants to marry her, but she rejects him. Instead, she tries to escape her reality and is drawn to the monster threatening their forest.

 

The reading experience

Bärenbrut is only a short story, so the print edition is accordingly small and short. As an novella, however, Wolfssucht is also quite slender. The annoying thing at this point is my inner Monk, who finds it terrible that all three volumes ( These two and Kindsräuber) have different formats…

While Bärenbrut only touches on a few aspects of Thorben’s life, Wolfssucht goes into more detail and also into deeper depths of human existence. Those who have already experienced sexual violence themselves or do not like to read about this topic should read the book with caution, because this is the basic plot element behind the events.

What irritated me when reading Wolfssucht was a flashback that came from another narrator and was therefore different. I understand why the scene was not simply told, but I found it strange, because I never know what the character to whom the story is told really learns.

The characters

Where I could still understand the actions of Thorben and the others in Bärenbrut, it was very difficult for me in Wolfssucht, since the characters are really obstinate. I couldn’t really relate to any of them.

Skandar has changed extremely from the prequel to the actual part, which is partly due to the events from Bärenbrut, but is nevertheless no excuse for his exaggerated behavior. He shamelessly uses the power he has through his position as the hunter to bend things the way he wants. A behaviour that I find horrible in real life, but which has been portrayed here in a credible way.

Irina isn’t much better either. She is arrogant and prideful and the more the story progresses, the more she is detached from reality until she no longer sees things as they really are. Otherwise I can’t explain her disturbing behavior. She loses herself completely in her otherness and searches for danger until she becomes addicted to it and can no longer accept logical arguments. Nevertheless, it is in a strange way fascinating to follow her path, even if it is not a good one.

The wolf man is mainly characterized as a monster, only later one learns why he acts the way he does. It’s horrible and frightening at the same time. At this point I find it well done that[SPOILER]it is not a wolf like in the original fairy tale, but an feral human behind it[/SPOILER].

Unfortunately, it is not explained how/why Irina is able to see the memories of the wolf man…

Since the village in which both stories are set is very isolated, the other characters mainly fulfill respective stereotypes with associated superstitions.

General Opinion

Neither volume has a happy ending, which alone sets them apart from most fairy tale adaptations. In addition, Wolfssucht left me with a strange feeling. To say that I liked the story would be wrong in the sense that it is not a traditional liking, but it has definitely fascinated me as a study into the abysses of human behavior.

For me it tells the story of a girl who has lost everything and loses herself in her otherness and is condemned for it. The spiral of hatred and despair is thus shown in a wonderfully disturbing way and underscored with very pictorial and captivating language. If you want to venture into the dark world of Little Red Riding Hood, you are in good hands here.

In Bärenbrut I would have liked to have had a little more of a connection to the characters and in both of them an explanation of the supernatural elements.

Stuff I’d like to add

The fact that Wolfssucht was written before Bärenbrut means that a key character from the prequel no longer appears in the main story, but an event suggests that he still had his fingers in the background.

Shortly after reading the books, Mareike von Crow and Kraken published her review of Wolfssucht and I was intrigued at how differently she interpreted the book. A few other readers‘ voices were also annoyed or appalled, the majority praised the novella nominated for the dpp 2017, for its courage to describe things just as disturbingly as it did. It is fascinating to see how others react and a good example of how much opinions can diverge.

By the way, the original Little Red Riding Hood is also very sexual – and sometimes cannibalistic. Last fairytale summer there was a contribution about it: The true ending of German Fairy Tales (Part 1).

Last year I already interviewed Nora, so if you’d like to read it, you’re welcome to do so. She is currently working on another Galgenmärchen  about Rapunzel.

Anne/PoiSonPaiNter

© For the cover belongs to its rightful owner.

Anna Kleve: Magisches Erbe

Read in English

Als Vorbereitung auf die LBM habe ich einige Nornenwerke gelesen, u.a. auch den ersten Band von Anna Kleves Schuld der AhnenMagisches Erbe.

Worum geht’s?

3 of 5 stars

Eldan liebt Märchen, Märchenbücher und Adaptionen über alles und saugt alles auf, was er zum Thema finden kann. Als eine merkwürdige Katze mit einem Brief durch einen Spiegel kommt, erfährt er den Grund dafür.
Er ist der Erbe der Zauberin Morgan le Fay und soll nun an einer besonderen Schule lernen, seine Kräfte zu kontrollieren.

Diese Schule ist in einer Welt, in der die Märchen, die er kennt, die Realität sind. Zusammen mit Caleb, dem Erben von Schneewittchen, muss er sich in dieser Welt zurechtzufinden. Vor allem aber auch was es heißt, wenn man für die Taten seiner Ahnen verantwortlich gemacht wird … erst recht, als ein magischer Gegenstand verschwindet …

Das Leseerlebnis

Das Buch hat ein recht großes Format, daher fällt es wieder in die Kategorie unhandlich, stören tut das aber nicht.

Vom Klappentext her habe ich eine märchenhafte Welt erwartet, in die ich gemeinsam mit Eldan eintauche und sie erkunde. Anfangs war dem auch so, da wurden die Eigenheiten und Zusammenhänge erklärt und es war faszinierend von den Unterschieden zwischen Realität und Märchenwelt zu erfahren. Die Schule klingt spannend und auch die Flugwesen und Formen der Magie und ach, die Welt ist super faszinierend …

Sobald sich Eldan und Caleb näher kamen, rückte allerdings der Fokus auf die beiden und der Weltenbau-Aspekt geriet in den Hintergrund. Zeitgleich merkte ich wieder, dass ich einfach keine Romance Leserin bin.

Die Charaktere

Als Märchenkenner wirkte Eldan anfangs etwas neunmalklug, was sich aber schnell legte, als er in die andere Welt eintauchte. Doch irgendwie fand er immer seinen Weg, egal wie viele Steine ihm in den Weg gelegt wurden. Normalerweise finde ich solche Kämpfer-Charaktere klasse, hier wirkte es aber eher wie ein Fall von Hauptcharakter-Syndrom*. Was mich dann eher einen Blick auf die anderen Charaktere werfen ließ.

Caleb hat mit seinem Erbe – eine Ausstrahlung, die dafür sorgt, dass jeder ihn mag – eine interessante Fähigkeit. Vor allem, da er zu denjenigen gehört, die von „hemmungslos ausnutzen“ zu „bleibt mir doch alle vom Acker“ wechselte und wir ihn in letzterer Phase kennen lernen. Auch hier spielt wieder das Hauptcharakter-Syndrom hinein, denn Eldan ist natürlich der einzige, der von dieser Ausstrahlung nicht beeinflusst wird und auch ein paar andere Dinge, die ich nicht verraten möchte, sind einfach stimmig zwischen den beiden.

Unabhängig davon wird realistisch dargestellt, wie die Beziehung der beiden entsteht und anfangs waren sie auch noch echt knuffig … bis sie mir auf den Keks gingen … denn irgendwie „kribbelte“ es ständig und mehrere Male landeten sie dann auch miteinander im Bett. Und das fand die nicht-Romance-Leserin in mir dann langweilig.

Eine entfernte Cousine von Caleb gesellte sich zu den beiden und hätte eine gute Ergänzung ihres Teams werden können, leider wird sie bald aufs Abstellgleis gestellt, weil sie sich zu sehr auf die Meinungen anderer Leute verlässt, als dem zu glauben, was direkt vor ihr ist. Menschlich nachvollziehbar, schade trotzdem für einen anfangs vielversprechenden Charakter.

Calebs Fangirls sind wunderbar nervig, genau so, wie man sich verblendete Teenager vorstellt, von den meisten anderen Charakteren erfuhr man leider nicht so viel.

An dieser Stelle seien noch Calebs Greif und Eldans Pegasus lobenswert erwähnt. Ersterer ist irgendwie ulkig (er fangirled Calebs Vater der mit Greifen arbeitet) und letzterer einfach nur ne coole Socke.

Was alle Charaktere gemein haben: Sie haben interessante Aspekte, werden aber streckenweise auf Klischees reduziert, was mir ein bisschen wie verschwendetes Potential erscheint.

Generelle Meinung

Anna hat eine wirklich faszinierende Welt erschaffen, von der ich gerne mehr lesen möchte und auch gerne mehr gelesen hätte. Ich meine: Es gibt ein Flugrennen auf Greifen und Pegasi, Magie, die auf faszinierende Weise harmonieren kann, versteckte Konflikte und Lobbies und ganz viel Märchen mit Twist.

Aber leider wechselte der Fokus auf die Beziehung der Hauptfiguren und das ständige „Kribbeln“. Das Wort kam wirklich häufig vor und erinnerte mich ein bisschen an „Benjamin nodded“ aus „The Graduate“ oder „und so“ aus dem „Fänger im Roggen„, die eine ähnliche Frequenz hatten.  Das hat es für mich schwer gemacht, die Geschichte weiterhin zu genießen .

Aus verlässlicher Quelle – der Autorin, höhö – weiß ich, dass in Teil 2 die Welt weiter ausgebaut wird. Da bin ich also gespannt. 🙂

Dinge, die ich hinzufügen möchte

Am Anfang der Geschichte gibt es ein kleines Easter Egg. Eines der Bücher die Eldan mit an seine neue Schule nimmt, ist nämlich kein geringeres als Zarin Saltan von Katherina Ushachov.

Ursprünglich sollte dies ein Einzelband werden, aber da sich immer mehr Ideen dazugemischt haben, wurde er in zwei Teile aufgespalten. Anna arbeitet noch am zweiten Teil und ebenfalls an einer neuen Version des Covers, seid also gespannt!

Donnerstag gibt es dann auch noch ein Interview mit ihr.

Anne/PoiSonPaiNter

* Das Hauptcharakter-Syndrom ist für mich eine Eigenheit von Hauptcharakteren, denen alles zufällt und die so besonders sind und alles können, einfach nur weil sie der Hauptcharakter sind. Mein Paradebeispiel hier ist immer Ichigo aus Bleach.

© Für das Cover gehören den rechtmäßigen Besitzern.
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Lies auf Deutsch

In preparation for the LBM I read some works by Norns, among others the first volume of Anna Kleves Schuld der Ahnen: Magisches Erbe (Ancestral Sin: Magical Heritage).

What is it about?

3 of 5 stars

Eldan loves fairy tales, fairy tale books and adaptations more than anything and absorbs everything he can find on the subject. When a strange cat comes through a mirror with a letter, he discovers the reason.
He is the heir of the sorceress Morgan le Fay and is now to learn to control his powers at a special school.

This school is in a world where the fairy tales he knows are reality. Together with Caleb, the heir of Snow White, he has to find his way around this world. But above all what it means when you are blamed for the deeds of your ancestors… especially when a magical object disappears…

The reading experience

The book has a quite large format, so it falls again into the category unhandy, but that doesn’t interfere.

From the blurb I expected a fairy-tale world, into which I dive together with Eldan and explore it. At the beginning it was like this, the peculiarities and connections were explained and it was fascinating to experience the differences between reality and fairy tale world. The school sounds exciting and also the flying creatures and forms of magic and ah, the world is super fascinating…

As soon as Eldan and Caleb got closer, however, the focus receded into the two and the world construction aspect faded into the background. At the same time I realized again that I’m just not a romance reader.

The characters

As a fairy-tale expert, Eldan seemed a bit smart-ass at first, but this quickly subsided when he immersed himself in the other world. But somehow he always found his way, no matter how many obstacles were put in his way. Usually I like such fighter characters, but here it seemed more like a case of main character syndrome*. Which let me to take a look at the other characters.

Caleb has an interesting ability with his heritage – a charisma that makes everyone like him. Especially since he belongs to those who changed from „unrestrained exploitation“ to “ get the hell away from me“ and we get to know him in the latter phase. Again, the main character syndrome plays into it, because Eldan is of course the only one who is not influenced by this charisma and also a few other things that I don’t want to reveal are simply coherent between the two.

Irrespective of this, the relationship between the two is portrayed realistically and at the beginning they were also really cute… until they got on my nerves… because somehow it kept „tingling“ and several times they ended up in bed together. And the non-Romance reader in me found that boring.

A distant cousin of Caleb joined them and could have been a good addition to their team, unfortunately she is soon put on the sidelines because she relies too much on the opinions of other people than to believe what is right in front of her. Humanly understandable, but a pity for an initially promising character.

Caleb’s fangirls are wonderfully annoying, just as one imagines dazzled teenagers, unfortunately you didn’t learn as much about most of the other characters.

Caleb’s Griffin and Eldan’s Pegasus are also worthy of praise. The former is kind of funny (he fangirled Caleb’s father who works with Griffins) and the latter just a cool sock.

What all characters have in common: They have interesting aspects, but are sometimes reduced to clichés, which seems a bit like wasted potential to me.

General Opinion

Anna has created a really fascinating world, of which I would like to read more and would have liked to have read more. I mean: There’s a flight race on Griffins and Pegasi, magic that can harmonize in a fascinating way, hidden conflicts and lobbies and lots of fairy tales with twists.

But unfortunately the focus changed to the relationship of the main characters and the constant „tingling“. The word was really used very often and reminded me a bit of „Benjamin nodded“ from „The Graduate“ or „though“ from „Catcher in the Rye“, which had a similar frequency.  That made it difficult for me to continue enjoying the story.

From a reliable source – the authoress, höhö – I know that in part 2 the world is further expanded. So I’m curious. 🙂

Stuff I’d like to add

At the beginning of the story there is a little Easter Egg. One of the books Eldan takes to his new school is none other than Zarin Saltan (Tzaritza Saltan) by Katherina Ushachov.

Originally this was to be a single volume, but as more and more ideas have been added, it has been split into two parts. Anna is still working on the second part and also on a new version of the cover, so stay tuned!

There will also be an interview with her on Thursday.

Anne/PoiSonPaiNter

* The main character syndrome is for me a peculiarity of main characters who have everything and who are so special and can do everything just because they are the main character. My prime example here is always Ichigo from Bleach.

© For the cover belongs to its rightful owner.

Christina Löw: Träume voller Schatten

Read in English

Und weiter geht der Märchensommer mit meiner Rezension zum zwölfte Band der Märchenspinnerei: Träume voller Schatten von Christina Löw, einer Adaption von Wilhelm Hauffs „Zwerg Nase“.

Worum geht’s?

4 of 5 stars

Patricks Leben ist alles andere als perfekt, aber mit seinem guten Aussehen und dem Casting für Germany’s Next Top Model Men erhofft er sich, es komplett umzukrempeln.

Blöderweise begegnet ihm jemand aus seiner Vergangenheit, der stattdessen alles woran er so hart gearbeitet auf den Kopf stellt. Träume und Erinnerungen, die er seit seiner Kindheit verdrängt hatte, holen ihn wieder ein und ehe er sich versieht, ist er nur noch ein Schatten seiner selbst. Oder anders gesagt: Ein Zwerg seiner selbst.

Kann er es schaffen mit der Hilfe seiner Nachbarin Melissa wieder zum Mensch zu werden oder werden die (Zombie-)Eichhörnchen und Meerschweinchen ihn für immer verfolgen?

Das Leseerlebnis

Zwischenzeitlich hatte ich während des Lesens leider das Gefühl, dass die Geschichte nicht voran kam, obwohl Patrick in der Zeit eine gewaltige Wandlung vollzogen hat. Ich kann auch gar nicht sagen warum … zum Ende hin passierten die Dinge dann aber auch ein bisschen zu schnell und ein paar Fragen, die für mich interessant gewesen wären – die aber indirekt beantwortet wurden (ich denke, ich weiß, wer die Gans ist) – blieben unbeantwortet. Vor allem diese Frage lässt mich nicht los: Wurde das Portmonee jemals abgeholt und wie haben die Casting Menschen darauf reagiert, dass ihnen ein Kandidat einfach so abhanden gekommen ist? o.O
Das ist leider der Nachteile des Ich-Erzählers. Es fehlen einfach die Blickwinkel von außen. Wir erfahren ja zum Beispiel wie die Leute den verwandelten Patrick ansehen, aber nie wie sie ihn tatsächlich sehen, denn für mich hat sich das immer gelesen, als wenn [potentiell SPOILER]er sich das nur eingebildet hat und seinen Körper entsprechend zusammengezogen hat[/SPOILER].

Wie schon bei „Unter schwarzen Federn“ spielt ein Großteil der Geschehnisse in einer Klinik, durch die Ausflüchte in Patricks Traumland fällt das auch hier nicht auf. Allerdings muss ich zugeben, dass, so faszinierend die Träume auch waren, ich glaube viele Nuancen ihrer Bedeutung einfach nicht verstanden hab … was sehr schade ist … aber vielleicht macht Christina ja irgendwann eine Traumanalyse? Oder irgendwer anders. 😀

Die Charaktere

Selbst nach seiner Rückverwandlung bin ich mit Patrick nicht grün geworden. Ja, er hat ein paar wichtige Lektionen gelernt, aber irgendwie … ich weiß auch nicht … aber das heißt nichts, viele Hauptcharaktere sind eher nicht so meins … Selbst nachdem er gemerkt hat, dass er gewisse Dinge tun sollte, um seinen Heilungsprozess zu unterstützen steht er sich selbst im Weg, weil ihm Dinge peinlich sind. Und das finde ich einfach nur nervig …

Melissa hingegen hat mir irgendwie mehr leid getan. Sie hat die schlechten Verhaltensweisen abbekommen und wurde schließlich zum Rettungsanker. Ich will Patrick nichts absprechen, was er durchgemacht hat, war schrecklich. Es ändert leider trotzdem nichts an der Tatsache, dass er sich nahezu die Hälfte des Buches wie ein egoistisches Arschloch benimmt, vor allem vor der Verwandlung und da ist dann nicht viel mit Mitleid bei mir …
Und wenn meine Gänse-Theorie stimmt, hätte ich an dieser Stelle bitte gerne ein Sequel, danke. 😛

Herr Tick und Herr Fuchs wurden beide nicht sonderlich viel charakterisiert, aber bei einem war es genau ausreichend, beim anderen hätte ich mir mehr Informationen zum Gegenstück gewünscht.

Das Klinikpersonal war wieder märchenhaft positiv, die anderen Patienten ein interessanter Kontrast zu Patrick.

Generelle Meinung

Eine wichtige und interessant geschriebene Erzählung über ein Thema, das oft genug belächelt und/oder totgeschwiegen wird. Mit Kreativität und einer Priese Horror taucht man in die Abgründe einer geschändeten Seele ein und kann die Angst nachempfinden. Der Hauptcharakter durchläuft eine nachvollziehbare Wandlung, auch wenn deren endgültiger Nachwirkungen der Phantasie der Leser überlassen wird.

Ein paar mehr Erklärungen – und vermutlich entsprechendes psychologisches Wissen – hätte aber trotzdem nicht geschadet und das Ganze vielleicht etwas runder gemacht.

Dinge, die ich hinzufügen möchte

Freitag gibt es dann auch noch ein Interview mit Christina, morgen gibt es hier meine Station der Kreativtour #IchAlsZwerg, bei der ihr tolle Goodies und ein signiertes Print dieses Buches gewinnen könnt.

Noch mehr Goodies und E-Book Exemplare könnt ihr auch während des Sommers gewinnen. (Das Schreiben eigener Rezensionen zu Märchen(adaptionen) bringt übrigens auch 3 Punkte. 😉 )

Anne/PoiSonPaiNter

© Für das Cover gehören den rechtmäßigen Besitzern.
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Lies auf Deutsch

And the Märchensommer continues with my review of the eleventh volume of the Märchenspinnerei: Träume voller Schatten (Dreams full of Shadows) by Christina Löw, an adaption of Wilhelm Hauff’s „Nose, the Dwarf“.

What is it about?

4 of 5 stars

Patrick’s life is anything but perfect, but with his good looks and the audition for Germany’s Next Top Model Men he hopes to turn it completely around.

Unfortunately, he meets someone from his past who instead turns everything he worked so hard for upside down. Dreams and memories, which he had suppressed since his childhood, catch up with him again and before he knows it, he is only a shadow of himself. Or to put it another way: a dwarf of himself.

Can he become human again with the help of his neighbour Melissa or will the (zombie) squirrels and guinea pigs haunt him forever?

The reading experience

Unfortunately, while reading it, I had the feeling that the story hadn’t progressed, although Patrick had undergone a tremendous change during that time. I can’t even say why… towards the end things happened a bit too quickly and some questions that would have been interesting for me – but which were answered indirectly (I think I know who the goose is) – remained unanswered. Above all this question does not leave me: Was the wallet ever picked up and how did the casting people react to the fact that they simply misplaced a candidate? o.O
Unfortunately, this is the disadvantage of the first-person narrator. There are simply no external perspectives. For example, we learn how people look at the changed Patrick, but never how they actually see him, because for me it has always read as if[potential SPOILER] he just imagined it and constricted his body accordingly[/SPOILER].

As in „Unter schwarzen Federn„, a large part of the events take place in a clinic, but the excursions into Patrick’s dreamland make this unnoticeable. However, I must admit that, fascinating as the dreams were, I don’t think I understood many nuances of their meaning… which is a great pity… but maybe Christina will do a dream analysis sometime? Or anyone else. 😀

Translated with www.DeepL.com/Translator

The characters

Even after he was turned back, I didn’t like Patrick. Yeah, he’s learned some important lessons, but somehow… I don’t know… but that doesn’t mean anything, many main characters are not really my thing… Even after realizing that he should do certain things to support his healing process, he stands in his own way because things embarrass him. And I just find that annoying…

I felt more sorry for Melissa, though. She got the bad behavior and eventually became a lifeline. I don’t want to deny Patrick anything what he’s been through is horrible. Unfortunately, it doesn’t change the fact that he behaves like a selfish asshole for almost half of the book, especially before the transformation, and there’s not a whole lot of sympathy from me…
And if my goose theory is correct, I’d like a sequel at this point, please, thank you. 😛

Mr. Tick and Mr. Fuchs were both not characterized very much, but for one it was exactly enough, for the other I would have liked more information about the counterpart.

The clinic staff was again fantastically positive, the other patients an interesting contrast to Patrick.

Translated with www.DeepL.com/Translator

General Opinion

An important and interestingly written story about a topic that is often enough smiled at and/or hushed up. With creativity and a pinch of horror you dive into the abysses of a defiled soul and can feel the fear. The main character undergoes a comprehensible transformation, even if its final effects are left to the reader’s imagination.

A few more explanations – and presumably the corresponding psychological knowledge – would not have done any harm, however, and perhaps made the whole thing a little rounder.

Stuff I’d like to add

Friday there will also be an interview with Christina.

 

Anne/PoiSonPaiNter

© For the cover belongs to its rightful owner.