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Adventskalender: Türchen #1

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Santas Helfer

BUMM BUMM!

„Was ist das für ein Geräusch?“, fragte sie sich und legte das Buch weg, das sie gerade gelesen hatte.
Es schien von draußen zu kommen und einen Moment lang fragte sie sich, ob sie nachsehen sollte, was es war – oder eher gewesen war, da es scheinbar aufgehört hatte. Zögerlich erhob sie sich von ihrem Sessel und trat zum Fenster. Langsam zog sie den Vorhang zur Seite, allerdings nur weit genug, um gerade so hinausspähen zu können. Das Licht hinter ihnen zeichnete eine feine Linie auf ihren verschneiten Rasen, und ihr war bewusst, das was auch immer da draußen war, vielleicht bemerkte, dass sie hinaussah. Plötzlich verängstigt schloss sie den Vorhang wieder und trat vom Fenster fort.

Dennoch, ihre Neugierde war noch nicht befriedigt, daher beeilte sie sich, das Licht, bis auf ihre Lichterketten, auszuschalten und kehrte zum Fenster zurück, langsam zog sie den Vorhang zurück. Sie drehte den Kopf zu jeder Seite. Links sah sie nichts. Auf der rechten Seite sah sie einen Schlitten auf ihrem weißen Rasen stehen. Er war rot und grün angestrichen, mit schwarzen Borten als Akzente. Hinten drauf erblickte sie einen großen, fest verschnürten Sack; allerlei Formen standen aus allen Seiten in jede Richtung hervor. Sie schaute zu Boden und sah schwarze Zügel vor dem Schlitten im Schnee liegen. Ihr Blick folgte ihnen und sie sah ein paar Rentiere nervös im Gras scharren; ihre Köpfe mit dem großen Geweih wendeten sich von Seite zu Seite. Sie blinzelte wiederholt und konnte nicht glauben, was sie hier vor sich sah.

Ohne Vorwarnung hörte sie wieder das laute Geräusch. Erschrocken sprang sie vom Fenster zurück. Sie spähte über das Fensterbrett hinweg und versuchte es erneut. Der weiße Schnee hatte nun schwarze Spuren hinter dem Schlitten, als sie aufblickte, bemerkte sie ein Auspuffrohr. Sie runzelte die Stirn; ein Schlitten mit Motor?

Plötzlich tauchte ein kräftiger Mann in braunroter Robe hinter der Rückseite des Schlittens auf und trat gegen den Auspuff, ein grimmiger Ausdruck auf dem Gesicht. Für einen Moment starrte er lediglich abwechselnd Auspuff und Sack an, irgendwann seufzte er sichtbar, seine ganze Gestalt erzitterte. Leicht besorgt und noch immer neugierig erhob sie sich ein wenig höher. Der Mann tappte mit dem Fuß und verschränkte die Arme. Unerwarteterweise fiel sein Blick auf das Fenster und ihre Augen trafen sich. Sein Stirnrunzeln wandelte sich in ein breites Lächeln und sie konnte ihn nur anstarren. Sie schloss für lediglich eine Sekunde die Augen und als sie sie wieder öffnete, war er fort.

Sie stand vollends auf und presste ihr Gesicht gegen das Fenster, um zu sehen, wohin der Mann verschwunden war.
„Ho ho ho“, hörte sie plötzlich hinter sich. Erschrocken stieß sie sich den Kopf am Glas und fuhr herum.
Da war er, stand in ihrem Wohnzimmer und strahlte sie mit breitem Grinsen an.
Gaffend stand sie sprachlos da, ein leichter Schmerz pulsierte in ihrer Schläfe.
„Hast du zufällig eine Flaschenbürste oder etwas Ähnliches?“, fragte er sie.

Sie begriff die Situation noch immer nicht ganz und musterte ihn. Er sah um einiges jünger aus, als sie erwartet hatte; sein Vollbart war nicht mal annähernd weiß. Das Haar, das unter dem grünen Beany hervorlugte, war von einem tiefen Braun, ebenso wie seine Augen, die gleichermaßen aus Freude und aus Angst glühten. Ihre Augen erreichten seine schwarzen Stiefel und die kleine Pfütze, die sich bereits um sie herum geformt hatte. Ihre Augen weiteten sich.
“Mein Boden!”, schimpfte sie.
“Ah, sorry”, entschuldigte er sich und hob einen schweren Stiefel. “Also, hast du eine Flaschenbürste?” Er wechselte das Thema mit Dringlichkeit in seiner Stimme.
“Aber“, begann sie, ihre Brauen krausziehend. “Ich habe keine Flaschenbürste”, sagte sie schließlich, noch immer seine nassen Stiefel anstarrend.
“Das ist ungünstig …”, antwortete er bedrückt und seufzte.
“Ich hätte eine Ofenbürste”, fügte sie widerwillig hinzu.
“Perfekt!” Er strahlte. “Könnte ich sie ausborgen?”
“Wenn du aufhörst, meinen Boden zu ruinieren …” stimmte sie mürrischer als notwendig zu.
“Natürlich, vielen, vielen Dank”, antwortete er.
Mit einem Nicken ging sie zu ihrem Kamin hinüber und griff das Werkzeug.
“Hier hast du … und jetzt raus aus meinem Wohnzimmer!”, schimpfte sie.
“Wie du wünscht”, akzeptierte er mit dröhnendem Lachen.

Sie verließ das Zimmer um ihr Wischzeug zu holen, als sie mit Mob und Eimer in ihren Händen zurückkehrte war er verschwunden, ebenso wie die Pfütze.
“Echt jetzt?!”, rief sie aus, ließ das Wischzeug fallen und lief zum Fenster. Draußen sah sie ihn, hinter dem Schlitten kniend, wie er die Bürste in den Auspuff stieß. Nach kurzer Überlegung öffnete sie das Fenster und rief hinaus: “Warum hat der Schlitten überhaupt einen Motor?”
Er hob den Blick, grinste sie an und erklärte: “Hilft den Rentieren wenn der Wind zu stark ist.” Sie schnaubte und konnte das Ausbreiten eines Grinsens über ihr Gesicht nicht verhindern.

Nachdem er fertig war, legte er die Bürste auf den Boden und ging um den Schlitten herum. Kurz darauf versuchte er erneut, den Motor zu starten. Dieses Mal war kein “Bumm” zu hören und grauer Rauch stieg gleichmäßig vom Auspuff auf, bis der Motor wieder ausgeschaltet wurde.

Ohne ein einziges Geräusch erschien er direkt vor dem Fenster: “Würde es dir etwas ausmachen, wenn ich die Bürste bis morgen behalte?”, und fügte mit einem Nicken zu seinem Sack hinzu: “Ich verspreche, sie zurückzubringen, wenn ich fertig bin.”
Sie sah ihn und den Schlitten an, dann seufzte sie. “Okay”, gab sie nach.
“Du hast meine tiefste Dankbarkeit.”
“Mh, ja. Viel Glück, schätze ich”, stimmte sie einfach in Richtung des Schlittens nickend zu.
“Danke sehr und fröhliche Weihnachten”, grinste er.
“Fröhliche Weihnachten”, erwiderte sie mit einem Lächeln, während er zu seinem Schlitten zurückkehrte und die Rentiere zu einem Trott antrieb.
Sie sah dabei zu, wie sie schneller und schneller die Straße hinabrannten und anschließend in den Himmel stiegen. Sie grinste. Niemand würde ihr das jemals glauben.

Nach einer Weile schloss sie ihr Fenster und trat zurück ins Zimmer.

Am nächsten Morgen lehnte gegen den Tisch unter ihrem kleinen Weihnachtsbaum die Bürste und gegen ihren Stil ein kleines Geschenk. An den Stil gebunden war eine kleine Karte auf der stand: “Vielen Dank, Nicholas”.
Neugierig packte sie das Geschenk aus und fand ihr liebstes Kinderbuch in ihren Händen, das sie vor langer Zeit verloren hatte und nie in der Lage gewesen war, zu ersetzen; bis jetzt.
“Gern geschehen, Santa”, murmelte sie, heiter lächelnd.

Ein Brief voller Fragen

Es war spät im Frühling und eines der Kindergartenkinder hatte sich für die Lesestunde eine Weihnachtsgeschichte ausgesucht. Katrin hatte das Buch auf dem Schoß und die Kinder um sich geschart, doch bevor sie anfing, klappte sie es wieder zu.
“Wisst ihr eigentlich, dass ich Santa letztes Weihnachten begegnet bin?”, fragte sie lächelnd in die Runde.
Ungläubige Blicke schauten ihr entgegen und auch ein paar “Wow”s und “Geht ja gar nicht”, mischten sich unter das Gemurmel.
“Doch, doch”, beteuerte Katrin und begann, ihren Schützlingen von ihrem kleinen Abenteuer mit Santa zu erzählen. Vom lauten Knall, vom Schlitten mit dem Auspuff, von den nervösen Rentieren und ihrer Ofenbürste. Und natürlich von der verschwundenen Pfütze. Mit Begeisterung hingen die Kinder an ihren Lippen.
Ein besonders aufmüpfiger kleiner Junge ließ es sich dennoch nicht nehmen, zu behaupten: “Pah, Santas Schlitten hat doch keinen Auspuff!”
“Das habe ich auch immer gedacht”, pflichtete sie ihm bei, “Aber er hat gesagt, der Motor hilft den Rentieren, wenn es zu windig ist.”
Kaum hatte sie ihren Satz beendet, wurde sie auch schon mit Fragen bombardiert.
“Wo wohnt Santa?”
“Wie heißen die Rentiere?”
“Kommt er uns Weihnachten besuchen?”
“Hast du auch ein Geschenk bekommen?”
“Bekomm ich dieses Jahr ein Geschenk?”
“Warum habe ich kein Geschenk bekommen?”
Und was den kleinen Rackern nicht sonst noch einfiel. Katrin lachte nur und versuchte, auf ein paar davon zu antworten. Schließlich zupfte sie ein kleines Mädchen am Ärmel:
“Kannst du Santa fragen, ob er nächstes Weihnachten ein Geschenk für meine kleine Schwester hat?”
“Liebes, ich habe ihn nur getroffen und nicht seine Telefonnummer bekommen”, erinnerte sie es beschwichtigend.
“Aber du brauchst ihm doch nur einen Brief schreiben!”, gab ein anderer Junge zu bedenken.
“Einen Brief?”, hakte sie nach.
“Na klar! So wie wir unsere Wunschzettel schreiben, kannst du einen Brief an Santa schreiben und ihm all unsere Fragen stellen!”, erklärte er mit stolzgeschwellter Brust.
“Na, wenn du das sagst, werde ich es wohl mal versuchen müssen”, stimmte sie lachend zu.

Schon seit mehreren Tagen grübelte sie nun über den Brief nach. Es hatte so einfach geklungen, als der Kleine es vorgeschlagen hatte, jetzt saß sie vor einem fast leeren Stück Papier und wusste nicht, wie sie anfangen sollte.
Lieber Santa, stand einsam und allein auf dem Blatt.
Ich wollte fragen, nein, sie strich es durch, hi, hier ist die mit der Ofenbürste, dies bekam gleich zwei Striche. Nun strich sie auch die Anrede. Sie schnaubte und das Blatt flatterte leicht. Das konnte doch wohl nicht so schwer sein! Erneut setzte sie auf einem neuen Blatt zum Schreiben an.

Lieber Nicholas,

danke für das wirklich schöne Geschenk.
Ich vermute, du hast gerade Urlaub und möchtest nichts von Weihnachten hören, aber leider bleibt mir nichts anderes übrig, als dir zu schreiben.
Unser Treffen ist mir immer noch in guter Erinnerung geblieben und ich habe noch so viele Fragen an dich, die ich dir sehr gerne persönlich stellen möchte.

In Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen

Katrin

Noch einmal betrachtete sie den Brief, doch bevor sie auch ihn zerknüllte und auf den Haufen auf dem Boden warf, legte sie ihn in den Briefumschlag, auf den sie bereits “Für Santa” geschrieben hatte.

Und nun was? Wie schickte sie den Brief nun ab? Die Kinder hatten etwas von Keksen und Milch erzählt, vielleicht würde das helfen. Allerdings hatte sie keine selbst gebackenen Kekse. Und ob die Milch noch frisch war, wusste sie auch nicht so recht. Seufzend stand sie auf, schaute sicherheitshalber nach. Ihre Befürchtung wurde bestätigt. Keine Kekse mehr und nur abgelaufene Milch im Kühlschrank.

Sie kam sich albern vor, als sie im Supermarkt nach den gewünschten Zutaten suchte, und beschloss letztlich, dass gekaufte Kekse es genauso tun würden. In ihrer Wohnung räumte sie schließlich eine Ecke auf einer Kommode leer und platzierte einen Teller Kekse, ein Glas Milch und den Brief darauf. Wie das allerdings seinen Weg zu Nicholas finden würde, war ihr schleierhaft. Mit einem Schulterzucken tat sie weitere Gedanken ab und widmete sich stattdessen einem Buch.

Behind the Scenes

Willkommen zum diesjährigen Adventskalender!

Als erste Tür habe ich mir überlegt, das ursprüngliche Kapitel vom letzten Jahr, sozusagen Kapitel 0, zu übersetzen und der Geschichte vorweg zu stellen, damit alle Leser – ob neu oder alt – auf dem gleichen Stand sind.
Ein großes Dankeschön für die Übersetzung geht wieder an Cupric!

Danach ging es dann mit „Ein Brief voller Fragen“ frisch weiter mit dem wirklich ersten Teil der Fortsetzung, bei dem ich feststellen musste, dass meine tolle Adventskalender Schriftart in kursiv irgendwie nicht funktioniert, da sie schon kursiv ist, also musste sie weichen und dieses Jahr gibt es dann eben eine stink normale Schriftart, mit ein paar „klassischen“ Akzenten. 😉

Ob der Brief wohl wirklich beim Weihnachtsmann ankommt. 😉

PoiSonPaiNter

© Für Geschichte und Charaktere liegen bei mir. Verwendung oder Weitergabe nicht ohne meine Zustimmung.
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Lies auf Deutsch

I’m sorry so far there is no translation of this door, unless you count the original chapter Santa’s Helper that I started with.

PoiSonPaiNter

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