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Adventskalender: Türchen #3

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Missetat begangen

Noch immer unentschlossen betätigte er den Klingelknopf und „Bacardi Feeling“ ertönte hinter der Tür und Carlos grinste. Die Tochter des Chefs hatte schon einen schrägen Humor.

„Hey Carlos“, begrüßte ihn Nicole.
„Hey Blondie“, gab er freundlich zurück. „Sind deine Eltern da?“ Er wedelte mit dem Brief.
„Ja klar, wir haben gerade Kaffee getrunken. Magst du auch ein Stück Torte?“
Ohne seine Antwort abzuwarten ging Nicole durch den Flur und überließ es Carlos die Tür zu schließen und ihr zu folgen.

Um den Küchentisch versammelt saß ein Großteil der Familie. Die Torte hatte ganz sicher Nicole gebacken, was er aus ihrer Vorliebe für Schokolade schloss, denn es war eine Schokotorte mit dunkler Schokocreme und mit Schokokugeln garniert. Alles an der Torte schrie laut „Zuckerschock“ und Carlos Zähne protestierten alleine bei der Vorstellung daran, ein Stück davon zu essen. Trotzdem setzte er sich brav an den Tisch, ließ sich einen Teller mit einem Stück Torte reichen und nahm eine Tasse Kaffee entgegen.
„Was führt dich her, Carlos? Ich nehme mal nicht an, dass es die Torte war“, stellte der Chef gütig lächelnd fest und Carlos nickte eifrig. Schnell reichte er seinem Chef den Brief, den dieser natürlich längst gesehen hatte. Schweigend überflog er die wenigen Zeilen, sein Gesicht verdüsterte sich. Am Ende brummte er und fuhr mit der Hand mehrmals über seinen Bart.
„Nicholas?“, fragend sah er seinen jüngsten Sohn an. Der sah überrascht auf. Wie so oft war er mit seinen Gedanken wohl woanders gewesen.
„Far?”
„Kannst du das erklären?“ Der Chef reichte ihm den Brief und beobachtete seinen Sohn beim lesen aufmerksam. Carlos wollte am liebsten die Flucht ergreifen. Das hier ging ihn nichts an. Er sollte nicht hier sein. Warum nur hatte er den Brief selbst hergebracht, statt einen der Wichtel damit zu beauftragen?
„Oh“, meinte Nicholas lediglich, faltete das Papier sorgfältig zusammen und wollte es gerade einstecken, als Nicole ihm den Brief aus der Hand schnappte. Es entspann sich ein kleines Handgemenge um das Papierstück, in das die Chefin mahnend eingriff.
„Kinder, bitte. Benehmt euch doch wenigstens, wenn wir Gäste haben, als wärt ihr erwachsen und vernünftig“, rügte sie die beiden. Verschmitzt und peinlich berührt grinsend setzten sie sich wieder auf ihre Plätze. Allerdings hatte Nicole den Brief ergattert und las diesen nun ebenfalls.
„Katrin“, zitierte sie, hielt ihre Nase an das Blatt Papier. „Kein Parfüm“, kommentierte sie dann und gab den Brief ihrer Mutter weiter, die bereits mit ausgestreckter Hand neben ihr stand.
„Also“, fragend hob sie eine Augenbraue und musterte ihren Sohn.
Erneut hatte Carlos das Bedürfnis zu verschwinden. Vorsichtig stand er auf, schob seinen Stuhl zurück und erhob sich. Er war sich der Blicke der Familie, insbesondere der beiden jüngeren Mitglieder durchaus bewusst. Er lächelte den beiden zu und ging langsam in Richtung Küchentür. Einen letzten bedauernden, aber auch insgeheim erleichterten, Blick auf den nicht angerührten Kuchen werfend, schickte er sich an die Küche zu verlassen.
„Danke Carlos“, meinte die Chefin noch und Carlos nickte stumm, bevor er in den Flur trat. Er schloss die Küchentür hinter sich und die Stimmen wurden sofort lauter.
„Nicholas, was zum Krampus…“, hörte er noch dann ging er schnell den Flur hinunter und zur Haustür hinaus. So gerne er seinen Chef und dessen Familie auch hatte, damit wollte er lieber nichts zu tun haben. Im Zweifel würde er sowieso für Nicole oder Nicholas Partei ergreifen und etwas tun oder sagen, das er später bereuen würde.

Nicholas rutschte derweil unruhig auf seinem Stuhl hin und her. Natürlich erinnerte er sich genau an den Zwischenfall. Und er hatte ihn auch aus einem guten Grund verschwiegen. Einerseits weil er sich nicht sicher war, dass er an dem Aussetzer des Schlittens schuld war und sich nicht von Nicole aufziehen lassen wollte, die in diesen Dingen einfach ein besseres Händchen hatte. Andererseits weil niemand von Katrin und der Sonderwunscherfüllung hatte erfahren sollen. Es ließ sich nicht immer vermeiden, dass man gesehen oder angesprochen wurde. Und dann gab es ja auch noch die Gelegenheiten, wo sie nach draußen gingen, um “normale Dinge” zu erledigen. So hatte das Dorf zwar einen Allgemeinarzt, aber für Zahn- oder Facharztbesuche mussten sie in die nächste Stadt.
„Es war ein Versehen“, erklärte er leise, da seine Familie ihn nach wie vor anstarrte. „Der Schlitten funktionierte nicht richtig und ich brauchte Hilfe. Mehr war da nicht …“ Sein Vater brummte, wie er immer brummte, wenn er über etwas nachdachte. Seine Mutter stand hinter diesem und massierte ihm die Schultern, während Nicole Nicholas mit schief gelegtem Kopf ansah.
„Du wirst das wieder in Ordnung bringen …“, erklärte das Familienoberhaupt seinem Sohn, der etwas verdattert aussah.
„Wie soll ich das denn in Ordnung bringen? Ich hab ja nichts weiter getan, als mir eine Ofenbürste zu leihen.“
„Und was ist dann das tolle Geschenk?“, verlangte Nicole zu wissen.
„Das war nur ein Buch, nichts Besonderes. Nichts was wir nicht schon tausendmal vorher gemacht hätten“, verteidigte Nicholas sich. „Sonst war da nichts, ehrlich“, ergänzte er dann noch.
„Du wirst zu dieser Katrin gehen, und sehen, was sie will“, verlangte sein Vater nachdrücklich. „Sie darf nicht über, was auch immer da vorgefallen ist, sprechen. Aber das versteht sich ja von selbst. Erinner sie daran. Und dann kommst du wieder zurück.“
Sicher hätte sich an diesen Befehl eine längere Standpauke angeschlossen, wären nicht in diesem Moment die beiden jüngsten Mitglieder des Hauses hereingeschossen. Tyler und Steven stoben durch die Küche, brachten einen Schwall kalte Luft mit herein, schnappten sich Kekse von der Anrichte und waren dann auch schon wieder nach draußen verschwunden.

Behind the Scenes

Wie gestern angekündigt, heute der zweite Teil von Irina Christmanns Kapitel. Und ja, Carlos ist gegangen ohne auch nur einen Happen von der Monster-Schokoladentorte gegessen zu haben. Was aber vermutlich auch besser so ist… (Wer mutig ist und nachsehen will, Irina hat ein Bild davon vor einer ganzen Weile auf meiner Facebook Sseite gepostet: Kuchen)

Übrigens war Irina diejenige, die einfach mal entschieden hat, dass <Helper>, wie sie bis dahin im Dokument hieß, Katrin heißt. Den Namen hatte ich zwar auch schon im Kopf gehabt, aber vorerst wieder verworfen gehabt, aber für Irina fühlte sie sich einfach wie eine Katrin an. Was soll man dagegen noch sagen? 😀

PoiSonPaiNter

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I’m sorry so far there is no translation of this door

PoiSonPaiNter

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