Im Rahmen des Märchensommers habe ich auch ein paar anderen AutorInnen Fragen über ihre Adaptionen und Märchen gestellt.
Diandra Linnemann – Autorin von „Magie hinter den sieben Bergen“
Ein paar Daten zu dir:
Diandra Linnemann, 1982 geboren, seitdem nichts dazugelernt. Zur Tarnung arbeite ich als Übersetzerin im medizinischen Bereich, aber meine fast schon fanatische Hingabe gehört absurden und fantastischen Geschichten. Seit 2012 schreibe ich an „Magie hinter den sieben Bergen“ – die Reihe findet im November 2018 voraussichtlich ihren krönenden Abschluss – aber da jeder Mensch ein wenig Abwechslung braucht, habe ich außerdem neben diversen Kurzgeschichten zwischendrin auch ein paar längere Werke veröffentlicht:
- „Der Hirschkönig“ (fantastisch-historisch, ein Roman aus der Zeit von Römern und Germanen)
- „Lilienschwester“ (eine turbulente Novelle über Zwillingsschwestern aus einer anderen Welt)
- „Andrea die Lüsterne und die lustigen Tentakel des Todes“ (weiblicher Single Anfang Dreißig gerät an einen außerirdischen Komiker mit Weltherrschaftsgelüsten)
Vorneweg ein paar Fragen zu deiner Reihe „Magie hinter den sieben Bergen“:
1. Was war an deinen Märchenbestandteilen am Schwierigsten umzusetzen?
Auch, wenn es absurd klingt: Die Magie. Ich wollte Zauber und Fähigkeiten, die perfekt in unsere moderne Welt passen, gleichzeitig märchenhaft sind, und nicht so abartig stark, dass man jedes Problem mit einem Fingerschnipsen lösen kann. Außerdem befinden wir uns natürlich in Deutschland, da gibt es für alles Regeln und Vorschriften – sogar für die gute Fee.
2. Was hat dich bei der Arbeit an der Reihe am meisten zur Verzweiflung gebracht?
Die Geschichten spielen ja vor meiner eigenen Haustür, und fast jedes Gebäude, das ich als Schauplatz verwendet habe, ist in der Zwischenzeit abgerissen oder grundlegend modernisiert worden. Gerade bei der Recherche zu Schauplätzen war das wirklich schwierig, und wenn man heute durch Bonn geht, sieht die Stadt ganz anders aus als 2012. Im Gegensatz dazu ist das Siebengebirge wahrscheinlich noch genau so märchenhaft wie weilands zu Schneewittchens Zeiten.
3. Warum hast du dich dafür entschieden, dass eine Hexe, die ja in Märchen meist nur die Böse ist, bei dir in die Rolle der Hauptfigur schlüpft?
Hexen gibt es auch in der „echten“ realen Welt – nur ist das leider bei weitem nicht so aufregend wie in meinen Büchern. Ich habe versucht, den real existierenden heidnischen Glauben der Hexen mit meinen Vorstellungen von einer fantastischen Welt zu verbinden. Ich würde Helena jetzt nicht direkt als „gut“ bezeichnen, aber sie ist definitiv jemand mit einem Moralkodex. Zum Glück sind wir auch einigen Hexen mit finsteren Absichten begegnet, um nicht zum Klischee zu verkommen.
4. Ein Film-Mensch kommt auf dich zu und möchte deine Reihe umsetzen, wen siehst du in den Hauptrollen?
Das überlasse ich lieber der Fantasie der Leser. In der Welt von Film und Fernsehen kenne ich mich nicht besonders gut aus.
5. Was wünscht du dir für die Zukunft der Reihe?
Tja, das Ende ist vorherbestimmt (unheimliches Kichern) – also wünsche ich mir in erster Linie, dass meine Leser mit mir bis zum bitteren Ende durchhalten und genau so für Helena und ihren Assistenten Falk die Daumen drücken, wie ich es tue. Leider ist nach neun Bänden wirklich Schluss, und ich hoffe, dass wir sie alle sehr vermissen werden. (Langfristig steht noch die Veröffentlichung in drei Sammelbänden zur Debatte, aber auch dafür brauche ich erst einmal wieder Zeit, und die ist ja immer Mangelware.)
Schauen wir uns deine Märchenleidenschaft mal etwas genauer an…
6. Was ist deine schönste Erinnerung, wenn es um Märchen geht?
Wir hatten, als ich klein war, ein ziemlich abgelesenes riesiges Märchenbuch mit wunderschönen Kupferstichen und Tuschezeichnungen, in dem wir Geschwister oft gemeinsam gelesen haben. Das war vor den „pädagogisch wertvoll aufbereiteten“ zahnlosen Märchen, ich war damals noch im Kindergartenalter. Leider ist das Buch irgendwann im Laufe diverser Umzüge verschwunden. Meine Lieblingsmärchen waren „Der eiserne Heinrich“ und „Rumpelstilzchen“.
7. Was magst du lieber? Happy End oder Bad End?
Als Leserin sind mir Happy Ends lieber, aber als Autorin weiß ich, dass das einfach nicht immer passiert. Aber seien wir mal ehrlich – auch ein sogenanntes „Happy End“ ist ja nicht das berüchtigte „und wenn sie nicht gestorben sind …“, sondern immer nur eine Momentaufnahme. Vielleicht kocht im nächsten Moment die Milch über oder es gibt einen Strafzettel, die Schwiegermutter stirbt oder man erbt einen Wurf verfluchter Dämonenkatzen. Was man draus macht, davon handelt dann die nächste Geschichte.
8. Was stört/begeistert dich bei Märchen am meisten?
Am meisten ärgere ich mich über modernere Versuche, alles in Märchen auf Archetypen, das menschliche Unterbewusstsein und Sexualität herunterzuinterpretieren. In vielen Fällen ruiniert das die Geschichten, indem es sie einschränkt. Weniger extrem haben wir das alle im Deutschunterricht ja auch schon machen müssen – natürlich kann man Geschichten interpretieren, aber manchmal ist eine blaue Tür einfach blau.
9. Was ist für dich typisch an einem Märchen?
Der strukturierte Aufbau: Drei Wünsche, Gut gegen Böse, sprechende Tiere, der Lohn für die guten und die schlechten Taten. Mir gefällt der Gedanke, dass die Taten einer Person Konsequenzen haben – und wenn ich dabei bin etwas Fragwürdiges zu tun, überlege ich oft, ob ich gewillt wäre, die Konsequenzen zu tragen, die meine Tat in einem Märchen hätte. Wahrscheinlich bin ich dadurch kein besserer Mensch geworden, aber definitiv ein reflektierterer.
Zum Schluss noch ein paar märchenhafte Fragen:
10. Du triffst auf ein sprechendes Tier, das dir weismachen will, dass es ein verzauberter Mensch ist. Was würdest du tun?
Da ich unglaublich naiv bin an das Gute im Menschen glaube, würde ich wahrscheinlich versuchen, der Person zu helfen. Natürlich könnte das grandios nach hinten losgehen, wenn die Verwandlung eine gerechte Strafe oder Lektion war …
11. Eine gute Fee will dir drei Wünsche erfüllen, was würdest du dir wünschen?
Die offiziellen Antworten wie „Weltfrieden“, „ein Mittel gegen Krebs“ oder „nie mehr mittelmäßige Musik in den Charts“ lassen wir mal außen vor, und ich antworte ganz egoistisch;
- Eine nie versiegende Kanne gut schmeckenden Bio-FairTrade-Kaffees.
- Genügend Zeit zur freien Verfügung, um all meine Pläne in die Tat umzusetzen.
- Die Fähigkeit, Pflanzen und Tiere zu verstehen.
12. Welchen Märchenweg würdest du wählen um jemanden aus dem Weg zu räumen?
Zählt Voodoo als Märchenweg? Gut, schwarze Magie. Oder Gift. (Merkwürdig, die Antwort auf diese Frage war bislang die einfachste. Ich sollte mir vielleicht Gedanken machen.)
13. Bonusfrage: Mit welcher Märchenfigur würdest du gerne tauschen?
Frau Holle – ihr Leben klingt, wenn man frische Landluft und harte Arbeit mag, ziemlich gut. Sie hat alles, was sie benötigt. Außerdem muss sie sich nie Gedanken um lästige Prinzen machen.
Mehr zu Diandra gibt es hier:
Blog: Diandras Geschichtenquelle
Twitter: @maerchenquelle
Facebook: Diandras Geschichtenquelle – Diandra Linnemann
Vielen Dank, Diandra!
Anne/PoiSonPaiNter
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Lies auf Deutsch
During the Fairy Tale Summer I also asked a few other author*esses questions about their adaptations and Fairy Tales.
Diandra Linnemann – Authoress of „Magie hinter den sieben Bergen“ (Magic behind the Seven Mountains)
A few things about you:
Diandra Linnemann, born in 1982, has not learned anything since then. For camouflage I work as a translator in the medical field, but my almost fanatical devotion belongs to absurd and fantastic stories. Since 2012 I’ve been writing „Magic Behind the Seven Mountains“ – the series is expected to end in November 2018 – but since everyone needs a little variety, I’ve also published a few longer works in addition to various short stories in between:
- „Der Hirschkönig“ – The Deer King (fantastic-historical, a novel from the time of Romans and Teutons
- „Lilienschwester“ – Sister of Lilies (a turbulent novella about twin sisters from another world)
- „Andrea die Lüsterne und die lustigen Tentakel des Todes“ – Andrea the Lustrous and the Merry Tentacles of Death (female single in her early thirties gets to an extraterrestrial comedian with world domination)
Beforehand a few questions about your series „Magie hinter den sieben Bergen„
1. What was the hardest part in realizing your Fairy Tale elements?
Even if it sounds absurd: magic. I wanted spells and abilities that fit perfectly into our modern world, that were fairytale-like at the same time, and not so abnormally strong that you can solve every problem with a flick of your finger. And of course we are in Germany, there are rules and regulations for everything – even for the fairy godmother.
2. What reduced you most to despair working on your Fairy Tales?
The stories are playing on my own doorstep, and almost every building I have used as a setting has since been demolished or fundamentally modernised. This was really difficult when researching locations, and when you walk through Bonn today, the city looks very different from 2012, whereas the Siebengebirge is probably just as enchanted as it was in Snow White’s day.
3. Why did you decide that a witch, who is usually only the bad guy in Fairy Tales, takes on the role of the main character?
There are also witches in the „real“ real world – but unfortunately this is far less exciting than in my books. I tried to connect the real pagan faith of witches with my ideas of a fantastic world. I wouldn’t exactly call Helena „good“, but she is definitely someone with a code of ethics. Fortunately, we also met some witches with sinister intentions in order not to degenerate into a cliché.
4. A Movie-Person comes to you and wants to turn your Pralines into a movie, whom do you see in the leading roles?
I’d rather leave that to the reader’s imagination. I don’t know much about the world of film and television.
5. What’s your wish for the future of the Pralines?
Well, the end is predestined (uncanny giggling) – so I wish first and foremost that my readers hold out with me to the bitter end and keep their fingers crossed for Helena and her assistant Falk just as I do. Unfortunately, after nine volumes, it really is over, and I hope that we will all miss them very much. (In the long run the publication in three compilations is still under discussion, but I need time again for that, and it is always in short supply.)
Let’s take a closer look at your passion for Fairy Tales …
6. What is your loveliest memory regarding Fairy Tales?
When I was a little girl, we had a huge Fairy Tale book with beautiful copper engravings and ink drawings, in which we siblings often read together. That was before the toothless fairy tales, which were „prepared with pedagogical value“, I was still in kindergarten age at that time. Unfortunately, the book has disappeared sometime in the course of various moves. My favourite Fairy Tales were „The Frog Prince“ and „Rumpelstiltskin„.
7. What do you prefer? Happy End or Bad End?
As a reader I prefer happy endings, but as an author I know that this just doesn’t always happen. But let’s be honest – even a so-called „happy end“ is not the notorious „and they lived happily ever after…“, but only a snapshot. Maybe the milk boils over the next moment or there is a fine, the mother-in-law dies or you inherit a litter of cursed demon cats. What you make of it, that’s what the next story is about.
8. What bothers/enthuses you the most about Fairy Tales?
Most of all, I am annoyed by more modern attempts to interpret everything in fairy tales down to archetypes, the human subconscious and sexuality. In many cases this ruins the stories by limiting them. Less extreme is what we all had to do in German lessons – of course you can interpret stories, but sometimes a blue door is just blue.
9. What is typically for a Fairy Tale for you?
The structured composition: Three wishes, good against evil, talking animals, the reward for good and bad deeds. I like the idea that a person’s actions have consequences – and when I’m about to do something questionable, I often wonder if I’d be willing to bear the consequences if my actions had been in a Fairy Tale. Probably didn’t make me a better person, but definitely a more reflective one.
At the End a few fantastical Questions:
10. You meet a talking animal, that makes you believe they’re an enchanted human. What would you do?
Since I am incredibly naive believe in the good in people, I would probably try to help them. Of course this could backfire if the transformation was a just punishment or lesson…
11. A Fairy Godmother wants to grand you three wishes, what would you wish for?
The official answers like „world peace“, „a cure for cancer“ or „never again mediocre music in the charts“ are left out for once, and I answer quite selfishly;
- A never-ending pot of good tasting organic FairTrade coffee.
- Enough time at my disposal to put all my plans into action.
- The ability to understand plants and animals.
12. Which Fairy Tale way would you choose to get rid of someone?
Does voodoo count as a Fairy Tale way? All right, black magic. Or poison. (Strangely, the answer to this question has been the easiest so far. I should probably be worried.)
13. Bonusquestion: With which Fairy Tale character would you like to trade places?
Frau Holle – her life sounds pretty good when you like fresh country air and hard work. She has everything she needs. Besides, she never has to worry about annoying princes.
More about Diandra here:
Blog: Diandras Geschichtenquelle
Twitter: @maerchenquelle
Facebook: Diandras Geschichtenquelle – Diandra Linnemann
Thank you very much, Diandra!
Anne/PoiSonPaiNter
Diandra habe ich spontan auch erst vor kurzen bei FB entdeckt aber auch nur weil ich beim stöbern auf amazon.de auf ihr Buch Lilienschwester aufmerksam geworden bin was mich vom Inhalt her einfach total angesprochen hat! Dann habe ich sie auf FB angeschrieben und ohne lange zu überlegen ist sie meiner zarten Nachfrage entgegen gekommen und hat mir das Buch Lilienschwester als Rezensionsexemplar zugesandt was ich eben frisch angefangen habe zu lesen! 🙂 LG Jenny