Märchenspinnerei im Interview: Mira Lindorm

Gestern noch die Rezension, heute das Interview mit Märchenspinnerin Mira Lindorm im Rahmen des Märchensommers.

Banner der Märchenspinnerei. Es zeigt links ein Spinnrad auf dessem Faden zur Spindel verschiedene Märchenfiguren sitzen, stehen oder laufen.

Mira Lindorm – Autorin von „Herzenswünsche kommen teuer“

Ein paar Daten zu ihr:

Immer gerne. Ich bin eine typische „nebenbei“-Autorin. Vom Schreiben können die wenigsten Autoren leben, und ich bin da keine Ausnahme. Also schreibe ich in meiner Freizeit, als gutes Kontrastprogramm zu meiner sonstigen Verkaufs-Tätigkeit.

Wie heutzutage fast schon üblich, habe ich meine ersten Schreibübungen bereits während der Schulzeit gemacht. Manchmal direkt in der Schule, was meine Lehrer nicht wirklich prickelnd fanden, weil ich dann natürlich im Unterricht nicht aufgepasst habe.

Aus heutiger Sicht: Ein Glück, dass von diesen frühen Ergüssen und Gedichten (schwärmerisch-schwülstig) nichts an die Öffentlichkeit gekommen ist. Mit den Jahren wurde ich allerdings besser. Zahlt sich halt aus, wenn man viel und gerne liest.

Mein erstes Buch „Das Troll-Erbe“ erschien dann vor fünf Jahren im Bookshouse-Verlag, und mein zweites, „Herzenswünsche kommen teuer“, letztes Jahr im Machandel Verlag, der eine Kooperation mit den Märchenspinnerinnen hat. Das nächste Buch, ebenfalls eine Märchen-Adaption, wird diesen Sommer im Zeilengold-Verlag erscheinen – der hat ebenfalls mit den Märchenspinnerinnen eine Kooperation. Gegenseitiges Vernetzen ist gerade für die „Kleinen“ heute sehr, sehr wichtig.

An die Märchenspinnerinnen bin ich übrigens über das Tintenzirkel-Autorenforum gekommen, ein Forum speziell für Fantasy-Autoren. Mich hat von Anfang an beides fasziniert: Die Idee, Märchen zu bearbeiten, und die Tatsache, dass es ein Frauen-Kollektiv ist, bunt gemischt in Alter, Berufen und Interesse und gerade deshalb gegenseitig sehr befruchtend.

Ich hoffe, dass wir noch ganz viele neue Märchenromane herausbringen werden.

Vorneweg ein paar Fragen zu deinem Band „Herzenswünsche kommen teuer“ und der Märchenspinnerei:

1. Welches Element deines Märchens war am Schwierigsten umzusetzen?

Die Liebesgeschichte. Sowohl ihre Entstehung als auch ihr Scheitern musste ja zu den Personen und zum Setting passen, und dazu brauchte ich ein wenig historische Recherche. Da konnte ich nicht einfach moderne Versatzstücke nehmen.

2. Was hat dich bei der Arbeit am Märchen am meisten zur Verzweiflung gebracht?

Verzweiflung ist nicht das richtige Wort. Aber ich war schon sehr verwundert, wie sehr das Märchen nach einem eher kindlich-harmlosen Anfang in blutige Aufstände und lebensgefährliche Situationen abdriftete.

3. Welche Fassung (Film, Erzählung, Adaption) deines Märchens, außer deiner eigenen, magst du am liebsten?

Die alte Fassung von Gustav Weil, 1837-1841 als Übersetzung entstanden.

4. Ein Film-Mensch kommt auf dich zu und möchte dein Märchen umsetzen, wen siehst du in den Hauptrollen?

Schwierig. ich sehe darin Menschen mit stark ausgeprägten Zügen, dunklen Augen, schön, aber nicht unbedingt niedlich schön nach unseren Maßstäben, Menschen mit Charisma.
Von der Sorte gibt es nicht viele im europäischen oder amerikanischen Filmgeschäft. Jedenfalls nicht viele, die ich überhaupt kenne.

Ich würde tatsächlich auch an iranische Schauspieler denken. Leila Hatami wäre eine prima Sheherezade, Suleika könnte dargestellt werden von Golshifteh Farahani. und den Sultan müsste eine Charles Bronson-Typ spielen.

5. Was wünscht du dir für die Zukunft der Märchenspinnerei?

Dass wir es schaffen, zu den Buchhändlern vorzudringen. Denen ist unsere Existenz, wenn überhaupt, nur marginal bekannt. Und ohne die Buchhändler, die zu einem Buch beraten und empfehlen können, werden viele unserer potentiellen Leser unsere Bücher nie finden.

Schauen wir uns deine Märchenleidenschaft mal etwas genauer an…

6. Was ist deine schönste Erinnerung, wenn es um Märchen geht?

Ein Besuch im Märchenwald bei der Sommerrodelbahn in Ibbenbühren. Die Kästen mit den Figuren darin, die sich bewegen und deren Geschichte halb erzählt, halb gespielt wird, das fand ich als Kind genial.

Zugegeben, die Rodelbahn anschließend hatte auch ihren Anteil an den positiven Erinnerungen.

7. Was magst du lieber? Happy End oder Bad End?

Weder-noch. Ich bevorzuge ein Sad/Soft End. Nicht alles heile Welt, aber ein positiv gestimmter Ausklang. Das findet man allerdings eher in Kunstmärchen als in den echten Volksmärchen.

8. Was stört/begeistert dich bei Märchen am meisten?

Am meisten stört es mich, wenn schöne, interessante Märchen „entschärft“ werden, angeblich, damit Kinder besser mit ihnen klarkommen. Es sind nicht die Kinder, sondern die Erwachsenen, die offensichtlich die Original-Märchen für zu unbekömmlich halten.

Was mich begeistert? Die Tatsache, dass Märchen eine Welt der Wunder für uns öffnen, in der alles möglich scheint und unkonventionelle Lösungen die Norm sind.

9. Was ist für dich typisch an einem Märchen?

Bei echten Märchen, den Volksmärchen, das glückliche Ende. Und bei allen Märchen die Tatsache, dass es meist die Schwächeren, Unterprivilegierten sind, die gewinnen.

Zum Schluss noch ein paar märchenhafte Fragen:

10. Du triffst auf ein sprechendes Tier, das dir weismachen will, dass es ein verzauberter Mensch ist. Was würdest du tun?

Ihm erklären, dass es heutzutage ganz bestimmt nicht die angenehmste Lebensvariante ist, wenn man ein Mensch ist, und dass es sich freuen soll, als Tier zu leben. Was die Überzeugung angeht, ein verzauberter Mensch zu sein, nun ja, eine Macke kann jeder haben.

11. Eine gute Fee will dir drei Wünsche erfüllen, was würdest du dir wünschen?

Ich nehme an, es sollen Wünsche sein, die mich selbst betreffen und keine dritten Personen?

Weltfrieden und ähnliche Projekte wären schön, aber ich fürchte, das übersteigt das Können selbst der besten Fee. Also nehme ich lieber kleinere Ziele, die eher Aussicht auf Erfüllung haben.

Für mich selbst hätte ich gerne Gesundheit und einen klaren Verstand bis ins hohe Alter.

Dazu ein Buch aus meiner Feder, das so gut ist, das sich mindestens drei Produzenten darum reißen, es verfilmen zu dürfen.

Und ganz viele liebe Freundinnen und Freunde, die mich mein ganzen Leben begleiten und sich mit mir freuen dürfen.

12. Welchen Märchenweg würdest du wählen um jemanden aus dem Weg zu räumen?

Den des Soldaten aus der Geschichte vom Feuerzeug. Der kann einen riesigen, übernatürlichen Hund beschwören, der ihm alle Hindernisse und Gegner aus dem Weg schafft.

13. Bonusfrage: Mit welcher Märchenfigur würdest du gerne tauschen?

Mit Maren, der jungen Frau aus „Die Regentrude“, die ihre Ziele durchsetzt gegen den Willen ihres Vaters, etwas Wundersames erleben darf und letzten Endes das ganze Dorf vor der Dürre rettet.

Mehr zu Mira gibt es hier:

Autorenblog: Mira Lindorm
Facebook: 1002 Märchennacht

Vielen Dank, Mira!

Das Märchensommer Banner zeigt eine Scherenschnitt-Fee, die Glitzer auf den verschnörkelten Schriftzug "Märchensommer" über einem aufgeschlagenen Buch streut. Alles vor einer grünen Wiese neben einem Baum und Sonnenstrahlen im Hintergrund.

Anne/PoiSonPaiNter

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