Und schon sind wir beim letzten Interview dieses MÀrchensommers angelangt.
Viel SpaĂ mit den Antworten von …
Carolin Gmyrek
Ein paar Daten zu dir:
Mein Name ist Carolin Gmyrek, Autorin fĂŒr Phantastik- und Horrorliteratur, Lektorin und literarisch sehr begeistert. Ich veröffentliche seit 2012 phantastische Kurzgeschichten und Anthologien. Seit 2015 veröffentliche ich regelmĂ€Ăig in der Reihe âZombie Zone Germanyâ.
Ich habe schon sehr frĂŒh die Literatur und im Besonderen die phantastische Literatur fĂŒr mich entdeckt. WĂ€hrend meines Studiums habe ich mich deshalb eben genau mit diesem Genre auseinandergesetzt, sowie mit der MĂ€rchenforschung und Kinder- und Jugendliteratur.
Mittlerweile arbeite ich an verschiedenen Kurzgeschichten, einem Zombie Pen’n’Paper und meiner SelbststĂ€ndigkeit als Lektorin. Juni 2022 erschien meine MĂ€rchendystopie âKaputter Nebelâ im AmrĂ»n Verlag.
Vorneweg ein paar Fragen zu deinen MĂ€rchen Kaputter Nebel:
1. Welches Element deines MĂ€rchens war am Schwierigsten umzusetzen?
In âKaputter Nebelâ sind viele verschiedene internationale MĂ€rchen verarbeitet worden. Das Hauptthema ist jedoch Kreuztwalds MĂ€rchen âDes Nebelbergs Königsâ. TatsĂ€chlich lieĂen sich fast alle Motive gut verarbeiten und einbringen. Allein die Brosche â der SchlĂŒssel in das Reich des Nebels â schien nicht vollstĂ€ndig hineinpassen zu wollen. Sie kam nur sehr kurz vor, so rudimentĂ€r, dass sie kaum einer Rolle zu spielen scheint. Dabei ist es eben genau diese, die den Stein ins Rollen bringt und den Menschen TĂŒr und Tor in die MĂ€rchenwelt öffnet. Die Eltern der Hauptfigur Tiuu entdeckten das SchmuckstĂŒck und entdeckten das Reich des Nebelkönigs. In ihrer Panik offenbaren sie diesen SchlĂŒssel der ganzen Welt und der Stein kommt ins Rollen.
2. Was hat dich bei der Arbeit am MĂ€rchen am meisten zur Verzweiflung gebracht?
Das Ende. So blöd es klingen mag, aber das Schreiben der Geschehnisse und Verzweigungen, den EinflĂŒssen der MĂ€rchen auf die Gesellschaft hat unglaublich viel SpaĂ gemacht. Die Figuren mochten sich fĂŒgen, bis auf eine: Tiuu, die Hauptfigur. Sie konnte sich weder den Menschen ihrer Welt, noch mir wirklich öffnen und so war das Ende der Geschichte schwer. Ich hĂ€tte sie gerne weiter beleuchtet, sie deutlicher gezeichnet und ihren Gang durch die MĂ€rchen stĂ€rker skizziert. Doch ⊠und das scheint ein Widerspruch zu sein, in dieser Geschichte ging es nicht um sie. Aus diesem Grund war oft schwer ihre Sichtweise, ihre Gedanken festzuhalten. Die Geschichte war nie auf ein Ende konzipiert gewesen, weshalb dieses zu schreiben, mir am Schwersten fiel.
3. Welche Fassung (Film, ErzĂ€hlung, Adaption) deines MĂ€rchens, auĂer deiner eigenen, magst du am liebsten?
TatsĂ€chlich wĂŒsste ich nicht, dass es weitere Fassungen zu diesem MĂ€rchen gibt. Nun, ich habe versucht viele MĂ€rchen einzubauen, doch auch diese orientieren sich eher an den Underdogs. So kann ich nur sagen: Kreutzwalds Fassung ist nun einmal die Beste. Geht man jedoch von den Motiven aus, so kann man viele verschiedene Sagen und Legenden in dem MĂ€rchen entdecken. So erinnert der Nebelkönig sehr an Wodan aus der keltischen Mythologie.
4. Ein Film-Mensch kommt auf dich zu und möchte dein MÀrchen umsetzen. Wen siehst du in den Hauptrollen?
Bei dieser Frage bin ich tatsĂ€chlich etwas raus, ich kann es nur probieren. In der Rolle des vermeintlichen Bösewichts sehe ich Mads Mikkelsen. FĂŒr unsere verfĂŒhrerische Hexe brauchen wir Sophia Santi oder Natalie Dormer. Ashley Grene oder Tilda Swinton wĂ€ren vielleicht eine gute Tiuu? Terry Crews oder Idris Elba wĂ€ren ein perfekter Caven.
5. Was wĂŒnscht du dir fĂŒr die Zukunft deines MĂ€rchens?
Ich möchte die Welt weiterspinnen, vielleicht eine kleine Serie aus mehreren Heften machen, die uns durch die MĂ€rchen dieser Welt fĂŒhren. Sequels und Prequels kann ich mir da gut vorstellen. Kurzgeschichtensammlungen, sowie vielleicht auch einen ganzen Roman. Diese Welt wird mich so schnell nicht mehr loslassen.
Schauen wir uns deine MĂ€rchenleidenschaft mal etwas genauer an…
6. Was ist deine schönste Erinnerung, wenn es um MÀrchen geht?
Vermutlich eben genau das, was man mit MĂ€rchen verbindet: meine Oma. Wenn ich bei meinen GroĂeltern ĂŒbernachtet habe, erzĂ€hlte sie mir Geschichten und MĂ€rchen. Auch meine Uroma war immer dabei gewesen, mir von dem verwunschenen Wald, dem bösen Wolf oder der gemeinen Hexe zu berichten. TagsĂŒber spielte ich diese MĂ€rchen nach und verfeinerte sie. So begann ich meine ersten Geschichten zu âschreibenâ. MĂ€rchen haben mich mein Leben lang begleitet und zu dem Menschen gemacht, der ich jetzt bin.
7. Was magst du lieber? Happy End oder Bad End?
Ach⊠Happy Ends kann doch jeder. Bad Ends jedoch auch. Ich möchte mich nicht beschrÀnken und versuche meine Geschichte eben zu jenem Ende zu bringen, was sie verdient. Ob es eben gut oder schlecht ist, liegt meistens im Auge des Betrachters. So gesehen mag ich weder das Happy- noch das Bad End.
8. Was stört/begeistert dich bei MÀrchen am meisten?
TatsÀchlich stört mich an MÀrchen selbst nicht viel, an deren Verarbeitung, Bearbeitung und Darstellung jedoch um einiges mehr. Dabei geht es um teilweise religiöse Verflechtungen, Verharmlosungen oder kindgerechte Sprache. Die verwendete Sprache trÀgt ebenfalls seinen Teil dazu bei, dass MÀrchen ihren Charme verlieren.
Was ich an MĂ€rchen liebe ist die Bandbreite an möglichen Interpretationen. Die Figuren sind so dargestellt, dass sich fast jeder mit ihnen identifizieren kann. Die Geschichten sind mehrdeutig und experimentell. Viele weibliche Figuren sind klĂŒger und stĂ€rker, als die mĂ€nnlichen Helden, die oft nur mit Muskeln protzen können. MĂ€rchen zeigen, dass Intelligenz und Freundlichkeit mehr zĂ€hlt, als bloĂe Kraft und Ăbermut.
9. Was ist fĂŒr dich typisch an einem MĂ€rchen?
Es war einmalâŠ
Es gibt eine ganze Bandbreite an Merkmalen und Vorrausetzungen, um eine ErzÀhlung MÀrchen oder gar VolksmÀrchen zu nennen. Das wiederholende Motiv, die einfachen Charaktere, die einfache Handlung. Die fehlenden Orts- und Zeitangaben. Die allgegenwÀrtige Magie und das SelbstverstÀndnis eben dieser. Nein, ein MÀrchen braucht keine Moral oder einen Zweck. MÀrchen sind Unterhaltung und der Wunsch nach etwas Wunderbarem.
Zum Schluss noch ein paar mÀrchenhafte Fragen:
10. Du triffst auf ein sprechendes Tier, das dir weismachen will, dass es ein verzauberter Mensch ist. Was wĂŒrdest du tun?
Zuerst gibt es etwas zu fressen, dann eine Streicheleinheit und zum Schluss wird evaluiert, wie man das Problem lösen könnte. Immerhin könnte es sich auch einfach um ein sprechendes Tier handeln, anstatt um einen Prinzen. Ob ich dieser Kreatur dann helfen kann, steht auf einem anderen Blatt.
11. Eine gute Fee will dir drei WĂŒnsche erfĂŒllen, was wĂŒrdest du dir wĂŒnschen?
Dies ist eine gĂ€ngige Frage, die sich jeder Mensch sicherlich mehrmals in seinem Leben gestellt hat und sich die Antworten je nach Lebensabschnitt Ă€ndern wĂŒrden. Ich muss gestehen, ich habe eine Ahnung, aber ich weiĂ nicht, was ich mir wĂŒnschen wĂŒrde. Ich möchte diese WĂŒnsche auch nicht Ă€uĂern. Zum einen, weil sie dann nicht mehr wahr werden könnten und zum anderen weil sie eben auch viel mit mir zutun haben. Das ĂŒbliche: Geld, Macht und Ruhm⊠nein, dass sind nicht die WĂŒnsche, die ich habe. Ich gestehe, auch der Weltfrieden steht nicht auf der Liste, diesen Egoismus mute ich mir durchaus zu.
Man sollte ĂŒbrigens stehts im Hinterkopf behalten, dass solche Art der WĂŒnsche immer einen Haken haben.
12. Welchen MĂ€rchenweg wĂŒrdest du wĂ€hlen um jemanden aus dem Weg zu rĂ€umen?
Keinen, denn wann hat schon einer dieser Zauber funktioniert, um jemanden endgĂŒltig loszuwerden? Nie! Der Mist kam immer wieder auf einen zurĂŒck. Da bleibe ich lieber bei den herkömmlichen Wegen.
13. Bonusfrage: Mit welcher MĂ€rchenfigur wĂŒrdest du gerne tauschen?
Die MĂ€rchenwelt ist grausam und gefĂ€hrlich. Auch wenn es immer heiĂt: Sie leben glĂŒcklich bis an ihr Lebensende, so war der Weg dorthin mit viel Leid und Entbehrung gepflastert. Vermutlich ist da Dornröschen noch am besten weggekommen. Sie verschlĂ€ft das Schlimmste und wacht zu ihrer Hochzeit wieder auf. Andererseits lebte sie in ihrer Kindheit in einem goldenen KĂ€fig.
Mehr zu Carolin gibt es hier:
Facebook: Carolin Gmyrek Autorin
Instagram: @carottenmoehre
Twitter: @bookcarrot
Vielen Dank, Carolin!
Anne/PoiSonPaiNter
