Sasha
Es war fast Mittag gewesen, als Sasha seine Reise wieder angetreten war. Als er aufgewacht war, hatte er lange ĂŒberlegt, ob seine Begegnung mit dem DĂ€mmerich nur ein Traum gewesen war, aber dann hatte er sich an die MĂŒnze erinnert. Wie er im DĂ€mmerlicht bereits erkannt hatte, war die MĂŒnze silbern, ein ihm unbekanntes Zeichen war auf die eine Seite graviert und sah seinem eigenen Wappen recht Ă€hnlich. Auf der RĂŒckseite fand er eine Kombination aus Strichen und Punkten, die in das Metall eingeritzt waren oder daraus hervorragten. Kurz strich Sasha mit dem Daumen darĂŒber und konnte die unterschiedlichen Kerben deutlich spĂŒren. Er wollte diese MĂŒnze auf keinen Fall verlieren und verstaute sie sorgfĂ€ltig in seinem ReisegepĂ€ck. Nach einem kurzen FrĂŒhstĂŒck machte er sich schlieĂlich auf den Weg.
Es dauerte mehrere Tage bis er die nĂ€chste Stadt erreichte. Auf seinem Weg dachte er oft daran, wie es wohl sein wĂŒrde Begleitung zu haben und abends hatte er mehrfach ĂŒberlegt den DĂ€mmerich zu rufen, um jemanden mit jemandem reden zu können, aber er hatte sich daran gehindert und wĂŒrde die MĂŒnze nur im Notfall verwenden.
In der Stadt machte er sich nun auf die Suche nach einem Schmied. Das eine Hufeisen seines Pferdes war locker, ein weiteres war abgefallen und er hoffte hier jemanden finden zu können der dem Tier half. Am spĂ€ten Nachmittag fand er die Schmiede und musste sich sogleich eine Predigt des Schmieds anhören, wie unverantwortlich es sei das Pferd so zu reiten. Da er aber sah wie erschöpft Sasha war lud er ihn dennoch zum Essen ein und lieĂ ihn in seinem Stall schlafen. Beim Abendessen lernte er die Familie des Schmieds und seine Gesellen kennen. Sie waren nette Leute und seine Frau bat um Verzeihung fĂŒr das Verhalten ihres Mannes, aber Sasha verstand es. Er hatte sich selbst nicht wohl gefĂŒhlt dabei mit dem Pferd weiter zu reiten, aber er wusste nicht wie er es dem Pferd hĂ€tte leichter machen können. Der Schmied erklĂ€rte ihm, dass das Pferd zwar auch ohne Eisen geritten werden konnte, aber es nicht gut war, wenn die anderen Hufe besohlt waren. Bei einem losen Eisen sollte er möglichst auf hartem Boden reiten, bei einem abgefallenen eher auf Weichem, in beiden FĂ€llen aber auf dem schnellsten Wege zu einem Schmied und langsam reiten. Sasha war dankbar fĂŒr die ErklĂ€rung und nahm die Informationen begierig auf.
Die Lehrlinge schauten ihn fasziniert an und einer besonders. Er saĂ etwas Abseits am Tisch und schien noch nicht lange im Dienst zu stehen. Die Frau des Schmieds warf dem Jungen gelegentlich einen argwöhnischen Blick zu. Wie er spĂ€ter lernte, schlief auch der Lehrling vorerst in der Scheune. Die beiden unterhielten sich ĂŒber ihre jeweiligen Reisen, aber dann ĂŒberkam die MĂŒdigkeit Sasha und er beschloss sich bettfertig zu machen und zur Abwechslung mal seine RĂŒstung abzulegen. Bei dieser RĂŒstung brauchte er keine Hilfe, wie bei der vom Turnier, aber es war dennoch umstĂ€ndlich und der Lehrling betrachtete ihn neugierig. Als er alle Schnallen gelöst hatte, hob Sasha den Brustpanzer ĂŒber seinen Kopf und legte ihn dann behutsam zu Boden.
Der Junge starrte ihn mit unglĂ€ubigem Blick an âDu bist `ne Frau!â, entfuhr es ihm erstaunt.
Sasha betrachtete ihn fĂŒr einen Moment und blickte dann an sich herab. NatĂŒrlich hatte er eine zierliche Figur, aber das war fĂŒr Felslinge ganz normal. Dann lachte er auf, als er sich an etwas erinnerte, dass Georg ihm gesagt hatte: Menschen begriffen Felsling-Anatomie nicht sonderlich gut. Der Junge schaute verwirrt zu ihm auf.
âIch bin keine Frau. In euren Worten bin ich weder das, noch ein Mannâ, offenbarte er ihm mit einem LĂ€cheln.
âWie jetzt?â, fragte der andere nur noch verwirrter.
âFelslinge haben keine Geschlechter wie ihr Menschen, unsere Fortpflanzung funktioniert anders und wir sind nicht darauf angewiesenâ, erklĂ€rte Sasha ruhig.
Der Junge verarbeitete dies fĂŒr einen Moment und setzte mehrfach an etwas zu sagen, doch schloss den Mund sofort wieder. Sasha nutzte diese Gelegenheit um sich auch vom Rest seiner RĂŒstung zu befreien und sein Nachtlager aufzuschlagen, dann setzte er sich auf sein Bettzeug und wartete darauf, dass der Lehrling seine vielen Fragen ausformuliert hatte und diese aussprach.
Es dauerte nicht lange da sprudelten die Fragen nur so aus ihm heraus: âWie funktioniert das dann mit eurer Fortpflanzung? Habt ihr Familien? Wie werdet ihr aufgezogen? Und wie redet ihr ĂŒbereinander ohne âsieâ und âerâ?“
Sasha lĂ€chelte. Er freute sich darĂŒber, dass der Junge ein solches Interesse hatte zu lernen. Sein eigenes Volk lehrte einiges ĂŒber die Menschen, aber bei den Menschen sah es mit dieser Bildung eher mau aus.
âWir erzeugen unsere Nachkommen durch Magie, dass ist die einzige Form, die wir Anwenden können, daher haben wir uns auf den Kampf ohne sie spezialisiert. Um einen neuen Felsling zu erschaffen bestimmt der Ăltestenrat sieben Felslinge, die einen Teil von sich geben. Diese Teile werden dann in einem Ritual zusammengefĂŒgt zu neuem Leben. Das geschieht einmal im Jahr mit bis zu sieben Elterngruppen, um neue Felslinge zu erschaffen. Diese sieben wachsen dann gemeinsam in einem Haushalt auf und werden vom ganzen Dorf aufgezogen und erzogenâ, erklĂ€rte Sasha und machte eine Pause fĂŒr neue Fragen, aber der andere nickte nur und sog die Informationen in sich auf.
NatĂŒrlich hatte Sasha ihm nur eine Kurzfassung der Geschehnisse gegeben, alles andere hĂ€tte zu lange gedauert und schlieĂlich wollte er ja eigentlich schlafen gehen.
âUnd was die Bezeichnung angeht, so haben wir in unserem Dialekt das Wort âkinâ, das wir verwenden, um ĂŒber andere zu sprechenâ, fuhr er fort.
âKinn?â, versuchte der Junge nachzusprechen.
âNein, kin mancherorts auch kien ausgesprochenâ, verbesserte Sasha ihn.
âWie funktioniert das?â, wollte der Junge wissen.
âWenn ihr zum Beispiel sagen wĂŒrdet: âEr macht sich auf den Wegâ; sagen wir: âKin macht sich auf den Wegââ, gab kin ihm ein Beispiel.
âWas ist mit: âDas ist sein Pferdâ; âDas ist kin Pferdâ?â, kam sogleich die nĂ€chste Frage.
âNein, das ist eine andere Form und heiĂt dann âDas ist gaz Pferdââ, erklĂ€rte Sasha.
âKlingt kompliziertâ, kommentierte der Junge.
âIst es nicht. Unser er und sie ist kin und fĂŒr sein und ihr-Formen verwenden wir gazâ, tat Sasha mit einem Schulterzucken ab.
âGas?â, versuchte sich der Junge erneut an der Aussprache.
âGaz. Mit einem Z-laut und kurzem aâ, verbesserte Sasha erneut.
âAh. Ich glaub das musst du mir morgen genauer erklĂ€ren. War das jetzt richtig?â, fragte der Junge vorsorglich.
Sasha lachte auf: âJa Du verwenden wir genauso wie ihr â und Höflichkeitsformenâ
âNa dann will ich dich nicht lĂ€nger vom Schlafen abhalten! Gute Nacht, Sasha!â, beschloss der Junge und stand auf.
âGute Nacht, Damianâ, erwiderte Sasha und legte sich hin.
Es dauerte nicht lange, da hatte der Schlaf kin auch schon ĂŒberkommen.
Hinter den Kulissen
Mit Sasha’s Geschichte geht es weiter hinter dem 23. TĂŒrchen.
Wenn ihr in der Zwischenzeit bei den anderen vorbei schauen möchtet, dann startet neu bei TĂŒrchen 1 und entscheidet euch zwischen Damian und Mina.
Hier haben wir ein zweites Zusammentreffen der Charaktere. Wie kommt Damian wohl in die Schmiede? Das mĂŒsst ihr schon selbst nachlesen. đ
Auf alle FĂ€lle an dieser Stelle ein Dankeschön an Jenni fĂŒr die Infos zum Reiten mit losen/fehlenden Hufeisen!
Auch interessant ist aber denke ich die kin-Geschichte.
Aus irgendeinem Grund habe ich mir von Anfang an in den Kopf gesetzt, dass ich einen geschlechtsneutralen Charakter in die Geschichte einbauen möchte. Mein Hauptproblem war allerdings, dass es im Deutschen kein vernĂŒnftiges Wort dafĂŒr gibt bzw. die, von denen ich gelesen habe, fĂŒhlten sich fĂŒr mich irgendwie seltsam und unpassend an.
Was macht man in einem solchen Fall? Man setzt sich mit der Grammatik-begeisterten Person im Bekanntenkreis zusammen und denkt sich ein eigenes aus. >_<
Naja, gefĂŒhlt habe ich nur den Grundsatz mit „kin“ geliefert (schlieĂlich endeten die ganzen Wesen in der Geschichte bis dahin alle -ling und kin ist im Prinzip die abgewandelte Englische Form davon) und InGenius hat dann die ganze Arbeit geleistet und „gaz“ (von „ingaz“, einer Urform von ling) als Possessiv-Form noch dazu getan.
FĂŒr die folgenden Kapitel mit Sasha habe ich mich entschieden – jetzt da die Katze sozusagen aus dem Sack ist – die Form auch in der Beschreibung zu verwenden, also hier eine Ăbersicht ĂŒber die verschiedenen Formen:
er/sie – kin
seiner/ihrer- gaz
ihm/ihr – kim
ihn/ihr – kin
Possessiv:
seine/ihre – gaze
seinem/ihrem – gazem
seiner/ihrer – gazer
seinen/ihren – gazen
seines/ihres – gazes
Versucht euch doch mal selbst daran, diese Pronomen anzuwenden, vielleicht setzen sie sich ja durch. đ
Also dann, hoffe euch gefÀllt die Geschichte bisher.
Bis Morgen,
PoiSonPaiNter
© FĂŒr Geschichte und Charaktere liegen bei mir. Verwendung oder Weitergabe nicht ohne meine Zustimmung.
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It was about midday when Sasha had continued his journey. When he had woken up, he wasnât sure if his meeting with the Darkrich had only been a dream, but then he remembered the coin. Like he had seen in the light of dawn, was the coin made of silver, an unfamiliar sigil was engraved on one side and looked quite similar to his own coat of arms. On the backside he found a combination of lines and dots that were carved into the metal or stuck out from it. For a moment Sasha ran his thumb across it and could clearly feel the different notches. He didnât want to lose the coin by no means so he stashed it carefully in his luggage. After a short breakfast he continued on his way.
It took him several more days until he reached the next town. On his way he had often thought about what it would be like to have a travelling companion and in the evenings he more than once considered calling the Darkrich, just to have someone to talk to, but he had decided against it and would keep the coin for emergencies.
In the town he went to search for a blacksmith. One shoes of his horse was loose, another had fallen off and he hoped to find someone that could help the beast. Late in the afternoon he found the smithy and right away got berated by the blacksmith at how irresponsible it was to ride his horse like that. But as he saw how exhausted Sasha was he invited him for dinner and let him stay in his stables. At dinner he met the smithâs family and his apprentices. They were nice people and his wife excused his husbandâs behaviour, but Sasha understood. He hadnât felt good riding the horse like that, but he didnât know how to make it easier for the horse. The smith told him that horses could be ridden without shoes, but it wasnât a good thing if the other hooves soled. With a loose shoe he should ride on hard ground if possible, with a missing shoe preferably on soft ground, but in both cases he should slowly ride to the nearest smith without detours. Sasha was grateful for the explanation and eagerly took in the information.
The apprentices looked at him in fascination, one of them especially. He sat a bit aside at the table and didnât seem to be in training long. The smithâs wife occasionally looked at him in suspicion. As he later learned did the apprentice sleep in the stables as well for now. The two of them talked a bit about their respective journeys, but then tiredness overcame Sasha and he decided to get ready for bed and for once take off his armour. With this armour he didnât need help, like with the one he had used for the tourney, but it was still difficult and the apprentice watched him curiously. When he had opened the buckles Sasha pulled the breastplate over his head and gently put it on the ground.
The boy stared at him in disbelieve âYouâre a woman!â He exclaimed astonished.
Sasha looked at him for a moment and then looked down at himself. Of course he had a dainty physique, but that was normal for Stonelings. He started laughing, as he remembered something Georg had told him: Humans could rarely grasp Stoneling anatomy. The boy looked up to him in confusion.
âIâm not a woman. In your words I am neither that nor a manâ, he revealed with a smile.
âWhat?â The other asked even more confused.
âStonelings donât have genders like you humans, our reproduction works different and we do not depend on thatâ, Sasha explained calmly.
The boy worked through this for a moment and more than once tried saying something, but closed his mouth again. Sasha used this opportunity to remove the rest of his armour and prepare his nightâs lodgings then he sat down on the bedding and waited for the apprentice to formulate all the questions he had and ask them.
It didnât take long before the question sputtered out of him: âHow does your reproduction work then? Do you have families? How are you raised? And how to you talk about each other without âsheâ and âheâ?â
Sasha smiled. He was happy that the boy had such an interest in learning. His folk taught a lot about humans, but humans rarely had such an education.
âWe create our offspring through magic, it is the only form we can use therefore we specialized in fighting without it. To create a new Stoneling the council of the Elders chooses seven Stonelings that give a part of them. These parts are then merged in a ritual into new life. This happens once a year with up to seven groups of parents to create new Stonelings. These seven grow up together in a household and are taught and raised by the whole villageâ, Sasha explained and paused, waiting for new questions, but the other only nodded and took in the information.
Of course Sasha had only told the short version of what was happening, everything else would have taken too long and he did want to go to bed after all.
âAnd regarding the pronouns, we have the word âkinâ in our dialect that we use when we talk about othersâ, he continued.
âCin?â The boy tried pronouncing it.
âNo, kin in some places even pronounced kienâ, Sasha corrected him.
âHow does it work?â The boy wanted to know.
âFor example, if you want to say: âHe was on the roadâ; we say: âKin was on the roadââ, kin gave him an example.
âWhatâs with: âThat is his horseâ; âThat is kin horseâ?â Came the next question right away.
âNo, that is a different form and we say: âThat is gaz horseââ, Sasha explained.
âSounds complicatedâ, the boy commented.
âIt isnât. Our he and she is kind and for your his and her-forms we use gazâ, Sasha brushed off with a shrug.
âGas?â The boy again tried the pronunciation.
âGaz. With a Z-sound and a short aâ, Sasha corrected him again.
âAh. I think you have to explain that to me more thoroughly tomorrow. Was that right now?â The boy asked cautiously.
Sasha laughed: âYes we use you the same way as you â and the polite forms of addressing someoneâ
âWell then I wonât keep you longer from sleeping! Good night, Sasha!â The boy decided and got up.
âGood night, Damianâ Sasha returned and lay down.
It didnât take long until sleep had already overcome kin.
Behind the Scenes
Damian’s story will continue behind the 22nd door.
If you want to see what the others are doing in the meantime, go back to the 1st door and choose between Mina and Sasha.
Here we have a second meeting of the characters. How does Damian get into the smithy? You’ll have to read that yourself. đ
Either way at this point I’d like to thank Jenni for the information regarding the riding with loose/missing horse shoes!
Also interesting is probably the kin-story.
For some reason I got it into my head from the beginning that I wanted to include a gender neutral character into my story. My main problem, however, was that there isn’t a proper word for that (in German) or at least the ones I read about simply felt weird and unfitting.
What to do in such a case? You sit down with a gramma-enthusiast in your circle of friends and think up your own. >_<
Well, it feels like I only delivered the basis with „kin“ (after all, all the creatures in the story all until then ended with -ling and kin is more or less the modified English version of it) and InGenius then did all the work and added „gaz“ (from „ingaz“, the original form of ling) as possessive form.
For the following chapters with Sasha I decided – now that the cat is out of the bag so to speak – to use the form in the descriptions, so here you have an overviw of the different forms:
he/she – kin
his/her – gaz
him/her – kim
Possessive:
his/hers – gaz
himself/herself – kimself
Try using this pronoun yourself, maybe it’ll become accepted. đ
Anyway, I hope you like the story so far.
See you tomorrow,
PoiSonPaiNter
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