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Adventskalender: Türchen #10

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Die Bibliothek

“Mach die Augen zu”, raunte Nicholas ihr zu.
“Damit ich gegen die nächste Wand laufe?”
Katrin mochte es nicht, wenn sie die Augen schließen sollte. Lieber sah sie ihren Weg direkt vor sich, als sich auf andere zu verlassen.
“Du wirst die Bibliothek nur ein einziges Mal zum ersten Mal sehen. Und es gibt den perfekten Ort dafür. Der liegt aber IN der Bibliothek und du würdest ein ganz anderes Bild von ihr haben, wenn du ganz normal durch die Tür gehst, am Bibliothekar vorbei musst und das alles. Ich habe mir schon oft gewünscht, mich nur einmal dort hinzustellen und einen ersten Blick auf den Raum werfen zu können.”
Er machte keine Anstalten, sie zu drängen oder zu betteln. Katrin war in sein Erzählen versunken und folgte seinen Schritten. Nicholas drehte sich um und grinste sie frech an, während er rückwärts weiter lief.
“Diese Chance kommt nur einmal, Katrin, aber wenn du nicht willst, lass es. Verpass den vielleicht zweitschönsten Anblick der Welt.”
“Und was ist der schönste?”
Sein Grinsen wurde noch breiter. Doch Verlegenheit mischte sich hinein, als seine Wangen rot wurden. Andererseits könnte das auch an den Temperaturen liegen. Katrin blinzelte gegen den beißenden Wind und wünschte sich, ein zweites Paar Socken angezogen zu haben. Überall rauschte und knackte es. Aus dem Stall hörte sie die Rufe der Rentiere.
Nicholas hätte sich am liebsten auf die Zunge gebissen. Scheinbar gab es keine Fettpfanne, die er auslassen konnte. Seine Ohren glühten und seine Handgelenke pulsierten. Mit den linken Fuß traf er auf die Kante der Treppe und konnte gerade noch stoppen. Schnell wandte er sich um. Das Dorf war sein Zuhause. Er fand hier blind jeden Weg, kannte jedes Versteck und hatte sich doch noch nie so verloren gefühlt.
“In Ordnung”, sagte Katrin hinter ihm und legte ihre Hand in seine. Ein süßes Zittern ging durch seinen Körper und schnell fasste er zu. Er hatte nicht gelogen, gleich würde er Katrin einen seiner Lieblingsorte zeigen. Und er wusste, dass er die Bibliothek nie mehr mit den gleichen Augen sehen würde. Fast wünschte er sich, auch ihn würde jemand führen, so dass er mit ihr diesen Moment einfangen könnte.
Katrin spürte, wie Nicholas sich kurz versteifte, als sie seine Hand ergriff. Sie wollte schon zurückweichen, im Wissen einen der dämlichsten Fehler überhaupt gemacht zu haben, als seine Finger sich um ihre schlossen. Sie atmete tief ein und schloss die Augen. Nicholas gab vorsichtig den Weg vor. “Stufe”, sagte er, “Recht”, “Links”, “Tür”. Das alles hätte sie gar nicht gebraucht. Instinktiv wusste sie, wann sie warten und wo sie den Fuß heben musste. Vielleicht sendete er minimalistische Signale aus, ein Drücken, ein Ziehen, ein leichtes Streifen mit den Fingern über ihren Handrücken. Katrin hätte es nicht sagen können. Doch sie genoss den Klang seiner klaren Stimme genauso wie die sanfte Berührung.

Er öffnete ein große Tür und warme, trockene Luft schlug ihr entgegen. Sie schnappte und spürte sofort den Schweiß in ihrem Gesicht. Nicholas ließ kurz ihre Hand los und sie war verloren. Sollte sie die Augen öffnen und ihn am Ende enttäuschen? Oder vertrauen? Da war er schon wieder bei ihr, der kühle Zug in ihrem Rücken ließ nach und er half ihr aus der Jacke. Schon fühlte sie wieder seine Finger, die sich unsicher an ihre schmiegten.
“Komm”, flüsterte er und zog sie mit sich. Katrin suchte nach dem typischen Geruch von staubigen Büchern und Poliermittel, doch er war nicht da. Es roch nach frisch gedruckter Zeitung, frisch gepresstem Papier, und eine makellos saubere Luft hieß sie willkommen. Sie musste sich beherrschen, nicht die Augen zu öffnen, und nachzusehen, was in dieser Bibliothek vor sich ging.
Es war auch nicht mucksmäuschenstill, wie sie es erwartet hätte. Getuschel, dass sie nervös machte, ein Ruckeln, wie von einer Maschine. Doch Nicholas zog sie weiter und die Geräusche blieben zurück. Er führte sie durch Gänge und über Treppen, unter ihren Füßen knarrte der Holzboden und plötzlich hörte sie das leise Knautschen von Teppich. Sie war so versunken in die Gerüche und Geräusche, dass sie nicht auf Nicholas achtete. Sie prallte auf ihn, spürte seine Brust an ihrer Wange, sein Herz klopfte dagegen. Die Vibration vermischte sich mit ihrer eigenen Nervösität und sofort erstarrte sie.
“Ich nehme an, wir sind da”, krächzte sie leise und hörte sein warmes Lachen. Er griff ihre Schulter und drehte sie um. Die Wärme seines Körpers im Rücken hielt Katrin den Atem an. Er umfasste ihre Hände und sein Atem kitzelte in ihrem Nacken. “Jetzt.”

Mit einem neuen Atemzug öffnete Katrin die Augen. “Ach du meine …”
Nicholas hatte sie auf einen Balkon geführt, von wo aus sie auf die abertausende Bücherregale blicken konnte, die scheinbar kein Ende nahmen. Katrin las schon immer gern, aber dass es so viele Bücher gab, wusste nicht einmal sie. Die Regale erstreckten sich mehrere Meter in die Höhe und ihre Breite konnte Katrin nicht einmal ausmachen. Bücher aller Coleur und Größe waren sorgfältig einsortiert.
Katrin beugte sich vor und fasste eine bestuckte Brüstung. An jedem Regal brannten schummrige Lichter, die gemeinsam ein strahlendes Leuchten erzeugten. Ihr gegenüber war ein Gang, mit ebenso einem Balkon, wie der, auf dem sie gerade Stand. Dahinter gingen mehrere Türen ab. In dem Moment öffnete sich eine der Türen, die alle gleichermaßen unscheinbar wirkten. Ein Mann um die fünfzig kam heraus, zwei weitere Bücher im Arm. Er klopfte sich Sand von den Schuhen und sah abrupt auf. Katrin fühlte sich entblößt. Wieder eine Person, die ihr offene Ablehnung entgegen brachte. Aus der Entfernung konnte sie sein Schnauben sehen.
“Dürfen wir hier sein?”, fragte sie und drehte sich um. Nicholas starrte sie an, war aber offensichtlich in Gedanken versunken. Ein verträumtes Lächeln auf seinem Gesicht und das leichte Zucken seines Mundes, als würde er sich Vorstellen, mit jemandem zu reden. Eigentlich hätte sie ihm gern ewig zugesehen. Doch sein Blick fand ihre Augen und er kam zu sich.
“Ähhh.”
“Dürfen wir eigentlich hier sein?”, half sie ihm auf die Sprünge.
“Ja, natürlich. Warum?”
“Da kam eben ein Mann aus der Kammer da drüben und war offensichtlich nicht begeistert, dass wir hier sind.”
Nicholas konnte sich das Lachen nicht verkneifen. Katrin verdutztes Gesicht machte es nicht besser. Aber woher sollte sie das auch wissen?
“Das ist keine Kammer”, brachte er schließlich hervor und deutete hinter sich.
Auch dort waren Türen, die genauso aussahen, wie die auf dem Gang gegenüber.
“Was dann?” Neugierig ging sie an Nicholas vorbei und geradewegs auf eine der vermeintlichen Kammern zu.
“Das würde ich mir gut überlegen, junge Frau”, hielt eine trockene Stimme sie auf. Sie fuhr herum. Da war er, der Mann von der anderen Seite des Raums. Wie war er so schnell hier her gekommen?
“Du solltest besser auf sie aufpassen”, mahnte der Fremde Nicholas, der immer noch schmunzelte.
“Was ist denn an dieser Tür so gefährlich?”
“Es ist ein Portal”, sagte Nicholas. Er zeigte auf die andere Seite. “Das sind alles Portale.”
“Und warum mussten wir dann in den Wald, statt einfach durch eine Tür zu gehen?” Katrin war fassungslos.
“Weil diese Türen in andere Bibliotheken führen. Genau genommen in alle Bibliotheken, die sind und jemals waren. Aber zurück geht es nur, wenn man genau weiß, wo diese Türen sind.”
Der Fremde wies sie an, ihnen zu folgen und Nicholas gehorchte seufzend. Katrin hätte sich gewünscht, dass er wieder ihre Hand nahm. Gerade fühlte sie sich noch verlorener, als vorhin, als sie nichts gesehen hat.
“Was meinen Sie damit, dass sie auch zu allen Bibliotheken gelangen können, die jemals waren.”
“Was glaubst du, wie wir dein Buch beschafft haben?”
Sie fühlte sich unangenehm ertappt. Ja, was hatte sie gedacht? Dass der Weihnachtsmann eines für sie auf Reserve gehabt hatte?
“Sie meinen, es ist …”
“Ausgeliehen, eingescannt, neugedruckt”, beendete der Fremde ihren Satz und Katrin atmete heimlich auf. Sie kamen die Treppe hinunter und nun erkannte sie, was vorhin so seltsam mechanisch geklungen hatte. Eine Reihe von Druckerpressen arbeiteten fleißig vor sich hin und ein Buch lag links daneben auf einem automatischen Scanner, der sorgfältig umblätterte und eine neue Seite abspeicherte.

“Du darfst Ephraim nicht so ernst nehmen. Er ist gerne mit seinen Bücher für sich. Und wer kann ihm das schon verübeln”, flüsterte Nicholas Katrin zu. Trotzdem blieb das mulmige Gefühl, wieder einen Menschen hier getroffen zu haben, der nur wollte, dass sie schnell wieder verschwand. Dabei musste sie Nicholas recht geben, die Bibliothek war umwerfend schön. Zu gerne hätte sie in ihr gestöbert und auch den ein oder anderen Ausflug durch eine der Türen gemacht.

Nicholas seufzte leise, als er die Jacken holte. So hatte er sich den Ausflug in die Bibliothek nicht vorgestellt. Dass Ephraim, der Bibliothekar, ausgerechnet zurück kommen musste, wenn er Katrin den phänomenalen Ausblick über die Bücherreihen zeigte und dann auch noch so offensichtlich schlechte Laune hatte, war ein weiteres Unglück in diesem unverhofften Besuch. Wieso war das alles so schwer?

“Seien Sie vorsichtig”, murmelte Ephraim neben Katrin.
“Bitte was?” Der Kerl wurde ihr langsam unheimlich.
“Mit Nicholas. Seien Sie vorsichtig.” Er warf einen fast väterlichen Blick in Richtung des Santas, der gerade mit den Mänteln zurückkam und den Blick gesenkt hielt.
Katrin unterdrückte die Hitze, die sich auf ihren Wangen ausbreiten wollte. Gab es da überhaupt etwas, weswegen sie nicht vorsichtig sein musste? So sicher war sie sich da gar nicht.
“Versprochen”, sagte sie trotzdem. Wenn da etwas war, würde sie vorsichtig sein. Es war ein Wunder, das sie unbedingt bewahren wollte.
Er nickte und reichte ihr ein Buch. Sie erkannte es sofort. Es war der dritte Teil einer Reihe, die sie gemocht und aus einer Laune der Natur einfach noch nicht gekauft hatte.
“Woher?”, fragte sie, doch Ephraim lächelte sie zum ersten Mal an und zwinkerte.
“Vielleicht möchtest du noch einmal herkommen.”
“In die Bibliothek?”
Er beugte sich vor und legte den Kopf leicht schief. “Auch”, flüsterte er. Im nächsten Moment legte Nicholas ihren Mantel um sie und Ephraim ging mit einem letzten Zwinkern zurück an seine Arbeit.

Behind the Scenes

Ich sagte doch Eva-Maria Obermann führt uns in einen noch magischeren Ort. Die Bibliothek! Ist sie nicht wunderbar? Als Vorbild sollte das Bibliotheksprinzip der Scheibenwelt von Terry Pratchett gelten und ich finde, das hat sie gut umgesetzt. 🙂
Und auch hier hat sie wieder ihr Talent für tolle Namen spielen lassen, Ephraim passt irgendwie zu diesem doch etwas zauberhaften Bibliothekar und das nicht nur wegen Lessing. 😉

Außerdem gab es hier eine sehr lustige Korrektur, denn Eva beschrieb Nicholas und Katrin ursprünglich als gleichgroß, bis ich sie darauf hinwies, dass Katrin etwas kleiner ist. Das besserte sie dann aus, übersah aber die zweite Hälfte des Satzes, dadurch rutschte Nicholas‘ Herz dann in seinen Bauchraum. Wir haben sehr gelacht. :’D

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Adventskalender: Türchen #9

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Die Fabrik

“Die Fabrik. Komm mit.” Mit langen Schritten lief Nicholas vorweg über den Marktplatz. Katrin beeilte sich, hinterherzukommen. Das Portal war ihr ein wenig unheimlich. Schließlich konnte man nicht wissen, ob man versehentlich hineingezogen würde, und wo man dann auf der anderen Seite herauskäme. Besser, sie machte einen Bogen drum herum, was ihr einen fragenden Blick von Nicholas bescherte, bevor er die Fabriktür öffnete. Sie antwortete mit einem Schulterzucken und trat ein.
Für den Moment wähnte sie sich im Kindergarten. Die kleinen Wichtel wuselten durch die Halle. Sie verteilten Listen an verschiedene Stationen, an denen scheinbar normale Menschen standen und arbeiteten. Es roch nach Holz und Kleber. An unzähligen Tischen wurde gehämmert, gebohrt, geschraubt und geschliffen. Eine Nähmaschine ratterte. Kommandos wurden durch den Raum geworfen. Rechter Hand waren bunte Kartons gestapelt. Die Aufdrucke kamen ihr bekannt vor – Bausteine, Puppen, Puzzle, Autos – alles, was man unter Weihnachtsbäumen alljährlich finden konnte. Ein Wichtel war dabei, einen Karton zu wählen und zum anderen Ende der Halle zu tragen. Eine Arbeiterin nahm ihn in Empfang und inspizierte den Inhalt. Das Auto schien ein paar Macken zu haben. Sie griff sich einen Schraubenzieher und begann mit der Reparatur.
“Aber”, Katrin wandte sich Nicholas zu, “wird das Spielzeug nicht selbst hergestellt?”
Er lächelte entschuldigend. “Das wäre unwirtschaftlich. Wir bessern die B-Ware aus. Ist dann quasi wie neu.”
“B-Ware?”
“Warum nicht? Peter aus deiner Gruppe hat doch nichts davon gemerkt, dass der Traktor ausgebessert war.”
Sie erinnerte sich tatsächlich an die begeisterten Berichte von seinem Geschenk. Trotzdem. Es war irgendwie unweihnachtsmannmäßig. “Aber …”
“Natürlich machen wir auch Einzelanfertigungen. Wenn wir für Wünsche absolut keine B-Ware auftreiben können. Oder eine Puppe in dem gewünschten Kleid nicht verfügbar ist. Aber in der Regel nicht mehr als fünfzig im Jahr.”
“Fünfzig?”
“Ganz schön viel, nicht wahr? Unsere Arbeiter sind höchst effizient. Ich würde dir gerne mehr zeigen. Aber du siehst ja, hier ist viel los.”
Katrin warf einen Blick durch die Halle. “Ja. Das sehe ich.”
“Komm!”
“Aber …” Vielleicht ließ sich herausfinden, ob Lucy aus ihrer Kindergartengruppe die heiß ersehnte Puppe mit Tütü bekommen würde, von der sie jetzt schon dauernd sprach. Dann könnte Katrin sie in ihrer Hoffnung bestärken. Wo sie ja schon mal hier war.

„Das ist vermutlich eine alberne Frage, aber sind die Arbeiter normale Menschen?“, fragte sie stattdessen.
Nicholas lachte auf. „Ja, das sind sie. Ganz normale Menschen“, bestätigte er und fügte nach einer kleinen Pause in der er sie ansah, etwas leiser hinzu: „So wie du.“
„Und wie finden sie hierher oder habt ihr einen Vertrag mit dem Arbeitsamt für besonders verschwiegene Mitarbeiter?“, hakte Katrin nun neugierig nach.
„Die meisten finden uns, sie suchen etwas und landen hier, so wie Carlos zum Beispiel. Manchmal stellen wir aber auch wirklich Stellenanzeigen ein, so kam zum Beispiel Claudia zu uns. Die Bewerbungsgespräche führen wir aber zunächst außerhalb des Dorfs und erst wenn wir uns sicher sind, dass der potentielle Mitarbeiter zu uns passt, bringen wir ihn oder sie her zum Probearbeiten“, erklärte er schmunzelnd.
“Und wie finanziert ihr das alles? Eure Arbeiter müssen ja auch von irgendetwas leben?”, fuhr Katrin fort.
“Ein Teil kommt vom Verkauf überschüssiger Spielzeuge. Da wir nicht genau wissen können, was sich die Kinder jedes Jahr wünschen, bauen wir einen Regelsatz aus den beliebtesten Sachen, manchmal ist das zu viel, weil sich andere Sachen gewünscht werden, und den Überschuss stellen wir dann in einem Online-Shop zum Verkauf”, erklärte Nicholas der erstaunten Katrin.
“Das heißt, man kann echtes Spielzeug vom Weihnachtsmann online kaufen?”
“Genau”, bestätigte Nicholas mit einem Grinsen.
“Und der andere Teil?”
“Der kommt tatsächlich aus Steuern. Einer Art Weihnachtssteuer, die gezahlt wird, sobald jemand einen Weihnachtsmann oder etwas damit verbundenes irgendwo verwendet. Zum Beispiel, wenn ein neuer Weihnachtsfilm gedreht wird, geht ein Teil der Steuerabgaben aus der Produktion und den Einnahmen an uns. Wir bekommen auch einen Teil der Bezahlung der Mall Santas in Amerika und anderen, die sich entsprechend verkleiden und dafür bezahlt werden. Oder beim Verkauf von Weihnachtsmann-Kostümen oder oder oder. Es ist erstaunlich wie viel dadurch zusammenkommt, wir können fast das ganze Jahr mit den Einnahmen aus der Weihnachtszeit wirtschaften.”
“Wow, das ist ja wirklich wie ein kleines Unternehmen…”
“Natürlich. Wir machen zwar Kindern eine Freude, aber wie du schon sagst: Von irgendwas müssen wir ja auch leben”, schloss Nicholas mit einem Lächeln und reichte ihr seinen Arm. “Und jetzt die Bibliothek. Was meinst du?”
Das klang ganz wunderbar. Mit einem leisen Seufzer folgte sie ihm hinaus.

Behind the Scenes

Eine kleine Fabrikführung mit der zweiten Hälfte von Paula Roose Kapitel gibt es heute. Hier mussten wir noch ein paar Sachen ergänzen, über die ich mir zwar im Vorfeld Gedanken gemacht habe, aber es irgendwie nicht in den Weltenbau geschrieben habe…denn, Wie finanziert sich eigentlich das Weihnachtsdorf? Den Absatz hab ich dann noch schnell ergänzt und aus den Helfern in der Fabrik wurden dann auch richtige Arbeiter, ich wollte einfach keine Weihnachtselfen… ich weiß nicht warum, aber es könnte eventuell Newmoon’s Schuld sein… und die unzähliger Klischee-Weihnachtselfen-Dingsies…

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Adventskalender: Türchen #8

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Produktionsgeheimnis

Der Wind strich über ihr Gesicht, riss ihr die Mütze vom Kopf und wirbelte die Haare durcheinander. Katrin fuhr hoch – und fand sich in ihrem Bett. Glückselig ließ sie sich ins Kissen fallen. Die ganze Nacht ging das schon so, sie hatte kaum geschlafen und konnte nicht anders, als ständig zu grinsen. Es fühlte sich noch immer an, als würde sie neben Nicholas im Schlitten sitzen und fliegen. Wenn es nach ihr ginge, dann bräuchte das Gefühl auch gar nicht mehr zu verschwinden. Sie könnte ewig hier liegenbleiben und zurück in ihren Traum kriechen. Aber dann stand sie doch auf und setzte sich ans Fenster. Man konnte den Marktplatz von hier sehen, das Portal und rechter Hand den Schuppen mit den Schlitten.
Es klopfte. Erschrocken sprang sie auf. Sie war nicht angezogen, ihre Frisur völlig derangiert. So konnte sie doch nicht … “Moment, bitte!” Flugs schlüpfte sie in die überdimensionierten Wärmeklamotten, bündelte ihr Haar zu einem Zopf und öffnete noch immer breit grinsend die Tür.
“Guten Morgen”, begrüßte sie Nicholas freudig und spürte ihr Herz bei seinem Anblick einen Hauch schneller schlagen.
“Guten Morgen”, erwiderte er ebenso lächelnd. “Frühstück ist fertig.”
“Ich komme.”

Das Esszimmer der Santas war verlassen, als sie Nicholas dorthin folgte. Sie bedauerte, die anderen Familienmitglieder nicht treffen zu können, doch der Stapel Pancakes auf dem Tisch samt Duft im ganzen Raum machten das schnell wieder wett. Mit knurrendem Magen langte sie zu. Wenn sie länger hierbliebe, würde sie wahrscheinlich ernsthafte Gewichtsprobleme bekommen, so hungrig, wie Weihnachtsdorfluft und Schlittenfahrten sie machten.
Nicholas beobachtete sie grinsend. “Heute zeige ich dir die Fabrik, unsere Poststelle und die Wunscherfüllungsroutine.”
“Wunscherfüllungsroutine?”
Er nickte. “Ohne die läuft hier gar nichts. Unsere Wichtel sammeln jedes Jahr Millionen von Briefen ein. Ohne ein festes System könnten wir dem gar nicht gerecht werden. Und enttäuschte Kinder sind für uns eine Katastrophe.”
“Aber die unartigen? Die sind doch auch enttäuscht.”
“Enttäuschte brave Kinder.”
Sie stopfte sich schnell den letzten Bissen in den Mund. “Ich bin soweit.” Sein erneutes Grinsen ließ sie erröten. Aß sie etwa zu viel?
“Gut, dann los.”

Ihr Herz pochte noch einmal wild, als sie am Schuppen mit den Schlitten vorbeigingen. Ob sie fragen könnte? Nicholas bemerkte ihren sehnsüchtigen Blick offensichtlich nicht und schritt zielstrebig weiter, am Schuppen vorbei zur Fabrik. Im Vorraum traten sie sich gründlich die Füße ab – “Carlos kann Schmutz nicht ausstehen”, erklärte Nicholas kurz –, öffnete eine Tür, auf der mit schnörkeliger Schrift Poststelle stand, und trat ein.
Katrin blieb auf der Schwelle stehen. Sie blickte in einen hellen Raum, die Wände mit Holzregalen ausgefüllt, die wiederum mit überquellenden Kisten gefüllt waren. Vor den Regalen wirbelten zwergähnliche Wesen mit Baskenmützen und karierten Hemden, nicht nur hin und her, sondern über Leitern auch auf und ab. Eines der Wesen zog eine Kiste aus dem Regal und trug sie hinüber zu einem weißen Kasten, der es an Größe und Breite überragte. Auf Augenhöhe des Wesens prangte ein Monitor. Eine kleine Dame mit Hütchen und Tweetrock nickte dem Träger zu und zeigte auf eine Stelle, wo die Kiste abgestellt werden sollte. Sie griff sich einen Brief, überflog ihn, nickte, warf einen Blick auf den Monitor, scrollte, scrollte, scrollte, nickte noch mal und der Brief landete neben dem Kasten in einem Sack. Der nächste Brief wurde genauso behandelt, landete aber nach dem finalen Nicken nicht im Sack, sondern in einem Schlitz direkt unter dem Monitor.
“Hier beginnt die Wunscherfüllungsroutine”, erklärte Nicholas. “Die Wichtel im Außendienst sammeln die Briefe an Santa ein und bringen sie zu einer Sammelstelle, dort werden sie von einem Postbeamten geholt und morgens zusammen mit den Briefen aus Weihnachtsmann Postämtern hergebracht – und ja, solche Orte gibt es, in Himmelpfort habt ihr eines in Deutschland. Ein paar übereifrige Kinder schreiben zum Glück ihre Wunschzettel schon früh im Jahr, die bekommen dann aber auch was im Ersten stand und nicht das, was sie sich eventuell später noch wünschen. Gerade wenn die Dankesbriefe abebben, trudeln die ersten Wunschzettel schon ein, sodass die Poststelle fast das ganze Jahr zu tun hat. Die Wichtel hier sortieren die Briefe. Wer in den letzten drei Jahren beschenkt wurde, wird direkt aussortiert, die anderen werden gescannt.”
“Die Kinder werden nur alle vier Jahre beschenkt?”
Nicholas grinste. “Aber nein. Wir lassen uns traditionell von den Eltern helfen.”
Katrin beobachtete die Wichtel noch einen Augenblick. Sie schenkten ihr keinerlei Beachtung, schienen ganz in ihrem Element zu sein. Nicholas führte sie weiter zur anderen Seite des Kastens. Dort kam der eben gescannte Brief aus einem Schlitz heraus. Eine Wichtelin las ihn sorgfältig, schaute auf einen Monitor, wieder auf den Brief und den Monitor, bis auch sie die Prozedur mit einem Nicken abschloss und den Brief in einen anderen Schlitz verschwinden ließ.
“Hier werden die Wünsche auf Erfüllbarkeit geprüft”, sagte Nicholas. Die Wichtelin warf ihm bei diesen Worten einen Blick zu.
Katrin selbst fühlte sich, als wäre sie Luft. “Hier werden die Wünsche also abgenickt. Und wenn sie nicht erfüllbar sind?”, fragte sie und erhob leicht ihre Stimme, was aber bei der Wichtelin keine Beachtung fand.
Nicholas zuckte mit den Schultern. “Dann lassen wir uns etwas einfallen.”
“Und wohin verschwinden die Briefe in diesem Schlitz?”
“Dort hinten.” Er zeigte zur Kopfseite des weißen Kastens. “Abschließend wird überprüft, ob das Kind brav war oder eben nicht.”
“A – ha. Und das ist dann die Wunscherfüllungsroutine?”
“Genau.” Wie auf Befehl sprang eine Tür am Ende des Raumes auf und ein Wichtel mit einem riesigen Fächerordner kam heraus.
“Lass auf!”, rief Nicholas ihm zu und deutete Katrin an, ihm zu folgen.

Hinter der Tür befand sich ein Schreibtisch und dahinter wiederum Carlos, der gerade konzentriert einen Brief las.
“Guten Morgen”, sagte Nicholas und zu Katrin gewandt: “Hier arbeitet Carlos, Angestellter und gute Seele unserer Poststelle.”
“Guten Morgen”, antwortete Carlos fröhlich, erblickte Katrin und hob die Augenbrauen. “Und Sie sind?”
“Das ist Katrin”, antwortete Nicholas.
“Die Briefschreiberin”, sagte Carlos tonlos.
Katrin verstand die Bemerkung nicht. “Eine von vielen, wie ich sehe.”
“Wie man sieht”, antwortete er, warf Nicholas einen Blick zu und steckte den eben gelesenen Brief in eine Fächermappe.
Katrin schaute irritiert zwischen den beiden hin und her. War Carlos errötet oder bildete sie sich das ein?

Nicholas nahm ihren Arm. “Und jetzt stelle ich dir meine Schwägerin Claudia vor.” Er führte sie aus dem Büro heraus und öffnete eine Tür mit der Aufschrift: Planungsbüro. Claudia lag halb auf einem Tisch, studierte darauf eine Weltkarte und tippte Koordinaten in ihr Handy. Sie schaute kurz auf, sagte: “Ah, der Besuch” und widmete sich wieder der Karte. Plötzlich fuhr sie hoch, fuchtelte mit den Händen, bis aus ihren Fingerspitzen Strukturen flossen, die sich vor ihren Augen verdichteten und zu einer dreidimensionalen Landkarte formten. Claudia suchte darauf Punkte, zeichnete eine Linie und übertrug sie in eine Liste.
“Claudia plant unsere Flugrouten. Sie ist ein echtes Ass darin. Ohne sie wären wir doppelt so lange unterwegs und könnten die Kinder nur alle sieben Jahre beschenken”, erklärte Nicholas.
“Wenn ihr Überstunden macht”, warf Claudia mit einem spöttischen Lächeln ein, ohne von ihrer Tätigkeit abzulassen.
“Und sie kann Landkarten in die Luft schreiben”, bemerkte Katrin.
“Und was für welche”, antwortete Nicholas und nahm wieder Katrins Arm. “Aber wir sollten sie nicht stören, sonst verplant sie sich und wir müssen wirklich Überstunden machen.” Er zwinkerte Claudia zu und führte Katrin hinaus.

Vor der Tür holte sie tief Luft. “Sie mögen mich nicht so sehr hier, oder?”
“Naja”, Nicholas errötete, “Besuch gehört nicht zu unserer Routine.”
“Zeigst du mir deine magische Fähigkeit nochmal?”
“Aber gerne.” Mit einem breiten Grinsen entblößte er seine Handgelenke, ließ Eiszapfen heraustropfen und warf sie an den Türsims. Wie von Zauberhand reihten sie sich aneinander, schmückten den Rahmen wie ein Tor in einen Winterzauberwald.
“Ach”, sagte Katrin und spürte zum wohl tausendsten Mal an diesem Morgen ihr Herz pochen. “Und was machen wir jetzt?”

Behind the Scenes

Heute führt die Adventskalender-Großmeisterin Paula Roose uns in die Welt der Geschenke ein, einen kleinen weiteren Einblick wird es morgen noch geben, denn auch ihr Kapitel fiel der Teilschere zum „Opfer“. Hier mussten wir ein bisschen basteln, denn wenn verschiedene Autorinnen eine Geschichte schreiben, dann schreibt jede ein bisschen anders. Irina hatte in ihrem ersten Kapitel die Postlieferung mit dem Transporter beschrieben, bei Paula wuselten die Wichtel mit ein paar mehr Briefen rum (Die Bezeichnung stammt übrigens aus Eva’s erstem Kapitel, denn vorher hießen sie noch „Helfer“).
Wie also machten wir daraus etwas Stimmiges?
Wir führten zwei verschiedene Wichtel-Arten und übereifrige Kinder ein! 😀

Von Himmelpfort hab ich euch ja schon ein paar Mal erzählt, da war es doch nur richtig, es auch hier nochmal zu tun. 😉
Es ist übrigens Nebu zu verdanken, dass Katrin aus Deutschland kommt. Ihr Kapitel klang so sehr danach, dass ich es dabei belassen habe, auch wenn ich mehr an ein amerikanisches Setting gedacht habe. Aber so passt es viel besser. 😀

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Adventskalender: Türchen #7

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Schlittenfahrt

“Und jetzt die Schlitten”, sagte Nicholas verheißungsvoll. Die Garage lag direkt neben dem Stall. Auch hier gab es ein komplexes Schloss.
“Ich dachte, euer Dorf könnte nicht von Fremden betreten werden”, sagte Katrin. “Warum müsst ihr dann alles doppelt und dreifach einschließen?”
Nicholas biss sich auf die Lippe und sah sich um, als wollte er sichergehen, dass niemand sie belauschen konnte.
“Nein, Fremde kommen nicht hierher. Und wenn du mich fragst, ist das alles ziemlich unnötig. Es gab hier früher auch Gefahren, ziemlich große sogar, aber das ist Jahre her. Ich selbst habe es nie erlebt, dass diese Schlösser von Nutzen gewesen wären. Aber ich mache hier auch nicht die Regeln.”
Er hielt die Tür auf und Katrin wollte sich insgeheim in den Hintern treten, dass sie überhaupt gefragt hatte. Offensichtlich bedrückte es Nicholas, auch wenn sie nicht sagen konnte, warum.
“Ich durfte dieses Jahr das erste Mal mithelfen und hab natürlich den alten Testschlitten meiner Schwester bekommen, die dieses Jahr den elektronischen ausprobieren wollte”, erklärte Nicholas mit einem stolzen, aber auch wehmütigen Lächeln.
Er deutete auf den Schlitten, den Katrin bereits kannte. Weniger schmutzig, als bei ihrem ersten Treffen und scheinbar repariert, denn der Auspuff zeigte eine feine Schweißnaht. Mit einer liebevollen Berührung fuhr Nicholas über das Metall. Rechts davon stand offensichtlich der Schlitten seiner Schwester Nicole. Er blitze nagelneu, war schmaler und graziler. Aber auch weit weniger charmant, fand Katrin. Wie eine Motorjacht neben einem Segelboot, eindeutig von Vorteil, aber der eigentlichen Fortbewegung die Magie raubend. Eine Pferdekutsche konnte an Atmosphäre auch jederzeit alle Sportwagen der Welt ausstechen.
Links von Nicholas Schlitten stand einer, wie Katrin sich ihn immer vorgestellt hatte. Weite Kufen, geschwungene Verzierungen, ein breiter Sitz hinten und weihnachtliche Bemalungen an den Seiten.
“Der gehört Nick, meinem Bruder.”
Der so klassische Schlitten war wie aus dem Bilderbuch und der moderne hätte viele Motorsportliebhaber sehr glücklich gemacht. Sie ließen Nicholas Hybrid zu einer traurigen Gestalt werden. Nicht das eine, nicht das andere, ein abgelegtes Spielzeug der großen Schwester. Katrin schluckte den Kloß in ihrem Hals weg.
“Das erste Mal dabei, hm”, murmelte sie und er nickte, versuchte zu lächeln.
“Und was sind sonst so deine Aufgaben, wenn du keine Geschenke auslieferst?”, hakte Katrin nach, ihre Arme hinter dem Rücken verschränkt.
“Ich habe keine bestimmte Aufgabe, ich helfe da aus, wo gerade jemand gebraucht wird. Beim Rentiere füttern, Schlitten oder Maschinen reparieren, eben da wo es was zu tun gibt”, erklärte er ihr und strich etwas Staub von dem Schlitten neben ihm.
“Möchtest du eine Spritztour machen?”, schlug er sogleich mit einem strahlen in den Augen vor.
“Geht das denn einfach so?” Ein leises Kribbeln war aufgetaucht, aus dem nichts, und hatte ihren Bauch in Beschlag genommen. Es kitzelte in ihrer Brust und Katrin verlagerte das Gewicht von einem Fuß auf den anderen. Ein richtiger Schlitten.
“Klar”, sagte Nicholas und strahlte endlich wieder. Das Kribbeln bekam einen neuen Höhepunkt, berührte ihren Hals. Sie biss sich auf die Zunge, um nicht loszuhüpfen wie ein Kind – ja wann – wie ein Kind an Weihnachten.
“Zum Schlitten warten gehört das Prüfen der Funktionstüchtigkeit immerhin dazu.” Er grinste frech und begann Nicks Schlitten nach vorne zu ziehen. Ihr waren die Worte ausgegangen. Sie wollte anpacken, mithelfen, während Nicholas sich abmühte und das Gefährt in die Mitte des Raumes zog.
“Setz dich schon mal rein”, sagte er und hielt ihr die Hand hin, um dabei zu helfen. Das war auch bitter nötig, der Einstieg ging Katrin bis zur Hüfte und schließlich hob Nicholas sie einfach hoch. Das Kribbeln hatte ihre Fingerspitzen erreicht, als er kurz hinauslief und nach ein paar Minuten mit vier Rentieren wiederkam. Obwohl Katrin die Tiere eben erst gesehen hatte, hätte sie nicht sagen können, wer wer war.

Fasziniert beobachtete sie, wie Nicholas die Tiere einspannte, schnell, sicher und trotzdem vorsichtig. Er klopfte den Tieren liebevoll auf den Hals und flüsterte ihnen Worte zu, die Katrin nicht verstehen konnte. Hin und wieder blickte er verstohlen zu ihr hinauf. Seinem Vater würde das ganz und gar nicht gefallen. Doch zum ersten Mal, war ihm das absolut egal.
Als er Shadow, Blanca, Paws und Salomon vor den Schlitten gespannt hatte, öffnete er das große Tor, machte kehrt und sprang mit einem Satz zu Katrin in den Schlitten. Er zwinkerte ihr zu, löste mit einem Handgriff die Bremse und schnalzte mit der Zunge. Für Katrin klang es genauso wie vorher im Stall, doch die Tiere verstanden sofort. Langsam zogen sie den schweren Schlitten aus der Garage. Dann rannten sie los.

Katrin wehte der eisige Wind ins Gesicht, sie blinzelte, eine Schneeflocke fiel ihr in das linke Auge, das sofort zu tränen begann. Schnell hielt sie sich am Griff des Schlittens fest und zuckte zurück, als ihre rechte Hand etwas Weiches berührte. Nicholas Hand.
Im nächsten Moment rumpelte es, sie duckte sich instinktiv. Als sie hochsah, blickte sie in sein lächelndes Gesicht. Ein frecher Zug um seine Augen und es rumpelte wieder. Energisch rappelte Katrin sich auf und erstarrte.
“Oh verdammt, wir fliegen”, flüsterte sie und Nicholas warmes Lachen drang durch den Gegenwind zu ihr. Sie strahlte ihn an. “Wir fliegen.”
“Natürlich”, sagte er, schnalzte mit der Zunge und die Rentiere beschleunigten.

Behind the Scenes

Und schon machen wir mit Eva-Maria Obermann eine Schlittenfahrt der besonderen Art. 😀
Hin und wieder gibt es Stellen in den Geschichten Stellen, die nicht nur von mir ergänzt, sondern auch aus meinen ursprünglichen Notizen stammten, denn manchmal gab es schon ein paar Dialoge und Szenen, die ich schon im Kopf hatte und die ich drin haben wollte. Hier gibt es zwei Stellen davon. Einmal die kurze Unterhaltung über Nicholas‘ Aufgaben und die Anmerkung, dass er zum ersten Mal fliegen durfte.
Bei der Beschreibung der Schlitten mussten wir auch noch kurz umändern, denn Eva hatte ein paar zu viel in die Garage geschrieben. 😀

Wer sich übrigens selbst mal am Schlittenfahren probieren möchte, hat die Chance das auf TOR.de zu machen – in Level zwei sogar mit Daleks! Viel Erfolg. 😉

Schlittenfahrt durch phantastische Welten

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Adventskalender: Türchen #6

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Meeting Rudolph

Ungläubig schwenkte Katrin die Tasse und das Klackern des Eiswürfels an der Keramik, hoch wie ein Weihnachtsglöckchen, ließ sie stark an ihrer Zurechnungsfähigkeit zweifeln. Das gab es doch alles nicht. Weihnachtsmänner, magische Portale, Eiszauberei wie bei Disney. Sie schloss die Augen, schüttelte den Kopf. Die Begegnung mit Nicholas und dem Schlitten war absonderlich genug gewesen. Sie hätte es als Traum, als weihnachtliche Erscheinung, der Müdigkeit, dem Buch und vielleicht der Tasse Glühwein geschuldet, abtun können. Aber das hier. Sie fasste um die Tasse und spürte, wie die Hitze des Grogs verschwunden war, ein Frösteln zog ihren Arm hinauf. Schnell stellte Katrin sie auf den Küchentisch und stand auf.
“Ich will alles sehen”, sagte sie bestimmt und sah Nicholas direkt in die Augen.
Die gerunzelte Stirn verlieh ihm für einen Moment etwas Unheimliches. Dann, als hätte er ihre einsetzende Unsicherheit bemerkt, glätteten sich seine Züge und er lächelte sie an.
“Darum bist du hier.”
Von einer Sekunde auf die andere, war die Wärme aus seinem Blick gewichen. Wäre er ein Kind, würde sie ihm einen Schluck Saft geben oder einen Mittagsschlaf anordnen. Etwas ratlos sah Katrin sich um.
“Von hier stammen also die berühmten Plätzchen deiner Mutter?”
Da war es. Ein kleiner Funke in der Iris.
“Ja, die allerbesten auf der Welt. Wenn es nach den Wichteln ginge, würde sie den ganzen Tag nur in der Küche stehen. So müssen sie aber wohl oder übel auch mal mit denen vorlieb nehmen, die die Kinder ihnen hinstellen, oder Kindergärtnerinnen, die ebenso neugierig wie ihre Schützlinge sind.”
Die Hitze schoss in ihre Wangen, aber Katrin musste lachen. Nichts hatte sie bisher so neugierig werden lassen, wie dieses Geheimnis, in das sie eingetaucht war. Nicholas sprang auf und klatschte in die Hände. Der trübe Moment war verflogen und sein Gesicht strahlte geradezu.
“Also, womit willst du Anfangen?”
“Die Spielzeugfabrik”, antwortete Katrin wie aus der Pistole geschossen. Wie oft hatte sie sich das vorgestellt? Tausende Filme waren voll mit großartigen Szenen, bastelnden Elfen, tüftelnden Yetis und geschickten Wichteln. Sie wollte fliegende Eisenbahnen und frisch bemalte Puppen, einzigartige Schaukelpferde und zauberhafte Spieluhren sehen.
Nicholas biss sich auf die Lippe und senkte den Blick.
“Was?”, fragte Katrin.
Er presste die Lippen aufeinander und sie hörte sein ersticktes Lachen. Natürlich wollte sie die Fabrik sehen, was auch sonst. Die ganze Welt war noch neugieriger auf die Spielzeugherstellung als auf den Weihnachtsmann selbst. Trotzdem wollte er sie nicht auslachen. Es war nur so vorhersehbar. Also sagte er erst einmal nichts, versuchte, das Lachen zu unterdrücken und ihr Zeit zu geben, darüber nachzudenken.
Katrin musste sich eingestehen, dass sie zwar furchtbar neugierig war, aber ihre Erwartungen auch furchtbar verzogen. Das Treffen mit Nicholas, die Reise durch das Portal, magische Eiswürfel, wenn es das alles gab, war die Möglichkeit einer geheimen Spielzeugfabrik so naheliegend gewesen. Aber warum eigentlich? Weil man es ihr jahrelang eingetrichtert hatte. Sie atmete aus und versuchte alle Vorurteile, Erwartungen und Beeinflussungen los zu lassen. Nicholas war so anders, als sie sich einen Weihnachtsmann je vorgestellt hatte. Und sein Schlitten erst.
Ein Lächeln fand den Weg auf ihr Gesicht. Sie wusste, wo sie anfangen wollte.
“Zeig mir doch die Schlitten und Rentiere. Das letzte Mal hab ich im Dunklen ja nur einen Teil erkennen können.”
Nicholas lachte auf, verbeugte sich tief vor ihr und konnte doch sein Grinsen nicht verbergen.
“Ihr Wunsch ist mir Befehl.”
Gentlemanlike bot er ihr den Arm an und sie spielte mit, knickste, warf einen imaginären Rock zurück. Gemeinsam gingen sie hinaus.

Die Garage für die Schlitten lag rechts vom Haus, dahinter erkannte Katrin einen großen Stall. Der Geruch von Stroh, feuchtem Heu und Tier lag in der Luft, warm, belebend und doch fremd. Nicholas führte sie zuerst dorthin. Katrin war als Kind geritten, doch der Duft nach Rentier übertraf den der Pferde bei weitem. Herb und wie frisch aus einem Winterwald bereitete er sie auf das vor, was hinter der Stalltür lag.
Nicholas musste ihren Arm loslassen, um die komplizierte Verriegelung zu lösen und das Tor zu öffnen. Sofort intensivierte sich der Geruch und rauschte Katrin heiß um die Ohren. Hufe schlugen aufgeregt an Holz, ein Schnauben stieg auf, ein Dröhnen erklang, das den Boden zum Vibrieren brachte.
“Wie viele Rentiere habt ihr?”, fragte Katrin ehrfurchtsvoll. Leichte Panik flammte in ihr auf. Aus der Ferne an einen Schlitten gebunden war es das eine, hier aus nächster Nähe etwas ganz anderes, die imposanten Tiere zu sehen.
“Momentan haben wir vierzig, aber fünf davon sind noch Jungtiere und müssen erst ausgebildet werden.”
“Und die anderen?”
Nicholas blieb stehen und deutete auf eine Kabine. Katrin wagte einen vorsichtigen Blick über das Holz und blickte auf ein Babyrentier, das sich an den Körper eines großen kuschelte.
“Das ist Stella. Sie stand noch vor meinem Schlitten, als ich mir die Bürste bei dir ausgeliehen habe. Als ich zwei Wochen später merkte, dass sie schwanger ist, hab ich mich furchtbar geärgert, ihr den Abend zugemutet zu haben. Wir haben immer ein paar Tiere, die einspringen können, wenn eines ausfällt. Und alle stammen sie von denen ab, die du aus dem Weihnachtsgedicht kennst.”
“Ähhh”, gab Katrin von sich. Einerseits, weil der Anblick des Jungen, wie es den Kopf der Mutter anstupste und sie ihm einen typisch mütterlichen “jetzt warte doch mal” Blick zuwarf ein wirklich beruhigendes Bild bot. Vor allem aber, weil sie das Gedicht nicht kannte. Sie wusste, es gab ein englisches, aber sie hatte es nie gelernt oder gelesen.
“Du meinst das mit Rudolph?”, fragte sie darum vorsichtig. Nicholas prustete los, wie auf Kommando ertönte ein Hufgeklapper und Grummeln rings um sie. Mit etwas Beherrschung kam Nicholas wieder zur Ruhe, schnalzte mit der Zunge und auch die Rentiere beruhigten sich nach einem Moment. “Rudolph mit der roten Nase? Den hat es nie gegeben. Wir haben aber einmal ein Rentier Rudolph genannt. Man weiß ja nie was passiert. Er steht da hinten und ist ein ziemlich fauler Kerl. Wenn es nach ihm geht, würden alle nur noch mit elektrischen Schlitten fahren.”
Wie selbstverständlich griff der Weihnachtsmann nach Katrins Hand und zog sie mit sich. Aus der hintersten Box war weder Hufgeschabe noch Röhren zu hören und als sie hinein sah, stand dort ein rundliches Rentier und fraß gemächlich, ohne sich an dem ungewohnten Gast zu stören.
“Keine rote Nase”, stellte sie fest. “Keine rote Nase”, bestätigte Nicholas.
“The night before Christmas ist ein ziemlich altes Gedicht von Clement Moore, erschienen 1823. Jedenfalls wurde es ihm später angerechnet. Erschienen ist es ursprünglich anonym.”
Katrin konnte es kaum glauben. “Du meinst…”
“Jap, einer von uns, also von unseren Vorfahren, hat da zumindest mitgeholfen. So genau wissen wir es auch nicht. Aber die Namen waren original die des Obersten Santas zu der Zeit. Comet, Cuped, Donner, Blitzen, Prancer, Vixen, Dasher und Dancer. Drei Weibchen und fünf Männchen, und dann kamen wie auch jetzt noch weitere dazu. Damals waren es etwa zwanzig. Und von diesen Rentieren stammen alle ab, die du hier siehst. Stella ist die Ur-ur-ur-ur-ur-ur-ur-ur-ur-ur-Enkelin von Comet, die damals noch ganz jung war. Ab und zu müssen wir einen Bock oder eine Kuh dazu holen, die sind dann aber speziell zum Decken und Tragen gedacht. Fliegen können sie nicht.”
“Und er”, Katrin deutete auf Rudolph, der kaute, als wäre es seine einzige Lebensaufgabe.
“Er könnte wohl, aber wenn er dann auch noch den Schlitten tragen müsste, käme er kaum über Norwegen hinweg. Wir spannen ihn nur zum Training oder für kurze Strecken vor den Schlitten, damit er im absoluten Notfall einspringen kann.”
Sie gingen weiter und Nicholas stellte Katrin jedes Rentier vor, erklärte, von wem es abstammte und was es besonders gut konnte. Tango etwa war ein Alphatier. Er wollte vorne stehen und fand auch immer den Weg. Aber wenn etwas Unvorhergesehenes eintrat, war er der erste, der nicht weiter wusste. Shadow dagegen hielt sich gerne im Hintergrund und brachte die anderen doch immer dazu, genau zu tun, was er wollte. Er war wie eine Geheimwaffe. Blanca hatte eine außergewöhnliche Kondition und war darum bei schwierigen Strecken immer dabei.

Als sie den Stall wieder verließen, hatte Katrin jede Angst gegenüber den Tieren abgelegt. Sie hatte Lucifer, den kleinen Racker der Bande, gestriegelt und fand, dass es auch nicht groß anders war, wie die Arbeit mit Kindern. Man mussten den Biestern immer einen Schritt voraus sein.
“Kaum zu glauben, dass du die alle unterscheiden kannst”, gab Katrin zu, als Nicholas die aufwendigen Schlösser wieder an der Stalltür befestigten. Um den Tieren mehr Auslauf zu bieten, waren nur die Neugeborenen und Spezialfälle wie Rudolph in eigenen Boxen. Die anderen teilten sich einen großen Bereich, der Rückzugsorte, aber vor allem Platz bot. Darum war es auch so wichtig, mehrmals am Tag nach den Tieren zu sehen und dafür zu sorgen, dass keines krank war oder einfach mal Ruhe brauchte. Hinter dem Stall war außerdem eine riesige Koppel, auf der die Rentiere nach herzenslust balgen konnten. Nachdem Nicholas die Vorstellungsrunde beendet hatte, drückte er zwei Riegel, ein Tor sprang auf und die Tiere huschten auf die eingezäunte Wiese. Auch Rudolphs Tor war aufgegangen, doch der Dicke widmete sich nach dem Fressen einem ausgiebigen Mittagsschlaf.

Behind the Scenes

Das heutige Gastkapitel entstammt der Feder der wortgewandten Eva-Maria Obermann. Schon mit ihrer Mär fürs Volk begeisterte sie während des Märchensommers, heute stellt sie uns ein paar besondere Rentiere vor. Morgen nimmt uns noch auf ein kleines Abenteuer mit und bald wird sie uns an einen noch viel magischeren Ort führen. 😉

The Night Before Christmas ist übrigens ein vor allem im englischen Sprachraum verbreitetes Weihnachtsgedicht, dessen Beschreibung vom Weihnachtsmann dessen Aussehen maßgeblich geprägt hat. Wer nachlesen möchte, kann das z.B. hier auf Englisch tun: Twas the Night before Christmas oder auf Deutsch hier, in einer Übersetzung von Kinderbuch-Autor Erich Kästner: The Night before Christmas (inklusive Übersetzung der Rentiernamen). Laut Wiki ist der eigentliche Titel übrigens A Visit from St. Nick, find‘ ich irgendwie passend in Hinblick auf diese Geschichte. 😉

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Adventskalender: Türchen #5

Read in English

Joulky

Das Gespräch mit ihrer Chefin war kurz und knapp. Zum Glück hatten sie eine Regelung, die es ihr ermöglichte mal ein paar Tage für sich frei zu nehmen, ohne, dass sie es groß begründen musste. Von einer Kindergärtnerin, die nicht bei der Sache war hatten die Kinder schließlich nichts. Auf Anraten von Nicholas hatte Katrin sich die wärmste Kleidung zusammengesucht, die sie besaß – zwei dicke Strumpfhosen, einen Schneeanzug, Thermounterwäsche zum Skifahren, zwei Pullover, einer davon aus Wolle und mit typischem Norwergerstrickmuster versehen, zwei Schals ein Paar Handschuhe und natürlich ihre geliebte Bommelmütze – und alles in einen Wanderrucksack gestopft. Das Paar Wanderstiefel trug sie in der Hand. „Und du meinst wirklich, dass das alles nötig ist?“ Kopfschüttelnd besah sie sich den riesengroßen Rucksack, während Nicholas ihn auf seine Schultern hob.
„Oh ja, da kannst du mir glauben!“, antwortete Nicholas und legte sich ihren langen Wintermantel über den Arm.

Kurze Zeit später traten Nicholas und Katrin durch ein Portal, das unweit von Katrins Heimatort und einigermaßen gut versteckt in einem Wäldchen lag. An sich war es eigentlich unscheinbar gewesen – ein großer schmaler Metallring, aufrecht stehend, aber dennoch durch das Geäst erst auf den dritten Blick und nur wenn man wusste, wonach man suchte, zu erkennen. Sobald die beiden sich näherten, flackerte im Inneren des Kreises jedoch ein Nebel auf. Hellblau, weiße Schlieren, ein Luftzug.

In dem Moment, wo sie durch den Ring und somit das Portal traten, brachte es sie direkt in die Mitte eines magisch anmutenden Dorfes. “Willkommen in Joulky, dem Zuhause der Weihnachtsfamilie und ihrer Angehörigen und Mitarbeiter!” Nicholas strahlte sie an. Kaum aus dem runden, wesentlich opulenter aussehenden Portal-Gegenstück, eines mit winterlichen Symbolen verzierten breiteren Ringes, herausgetreten, wurde Katrin sofort bewusst, wie ernst Nicholas es mit der Anweisung, sie solle ihre wärmsten Klamotten mitnehmen, gemeint hatte. Der sie umgebende wabernde Portalnebel zog sich zurück und eröffnete den Blick für nicht mal zehn Häuser, einige Fachwerk, ein paar andere moderner, gemütlich dicht gedrängt um einen zentralen Dorfplatz, in einer wunderhübschen Idylle, komplett mit rauchenden Schonsteinen und dem Geruch nach Heu, frisch gesägtem Brennholz und duftendem Tannengrün.

Katrin wandte sich um ihre eigene Achse, um den Anblick komplett zu erfassen und in sich aufzunehmen. Dieser Anblick trug zwar dazu bei, dass sich ihr Herz erwärmte, dennoch zeigte ihr ihr Körper schnell durch starkes Zittern, was er davon hielt, plötzlich aus einem mitteleuropäischen warmen Frühsommer in die alljährige Kälte des nördlichen Polarkreises geschickt zu werden.

Nicholas zog Katrin kurz am Arm und winkte ihr, ihm zu folgen. Es ging ein kurzes Stück in Richtung Norden, zum beeindruckendsten Haus hier am Marktplatz.
„Hier wohnen wir!“, rief er ihr zu, als er schon etwas vorausgeeilt war, um ihr die Tür aufzuhalten. Katrin nahm das Angebot einzutreten sehr gern an, auch wenn sie immer noch fasziniert von der im wahrsten Sinne wunderbaren Schönheit dieses Fleckchens Erde war.

Direkt von der Eingangstür aus, die sich mit einem leisen Glöckchenläuten hinter ihnen geschlossen hatte, konnte Katrin einen Blick auf einen weiten, einladenden Flur werfen während Nicholas den Mantel an die Garderobe hängte. Anschließend führte sie eine Treppe hinauf und auch hier zweigten mehrere Türen in anliegende Räume hab. Schräg hinter einer geöffneten Tür erblickte sie einen offenen Kamin, der mit einem prasselnden Feuer nur darauf zu warten schien, dass sie in den Genuss seiner Wärme käme. Nicholas legte ihren Rucksack ab und trat mit ihr in die Stube, nur um sich dort umgehend den Pullover auszuziehen. “Der Kamin glüht ja schon fast”, stellte er fest.
Neben dem Kamin, eben noch verborgen, saß eine ältere Frau mit hochgesteckten leicht ergrauten Haaren in einem Schaukelstuhl, blickte kurz durch ihre kleine Nickelbrille hoch zu den beiden Neuankömmlingen, dann wieder auf das Strickzeug, was sie in den Händen hielt, und meinte dann: „Verzeih, Kindchen, dass ich nicht aufstehe, aber die alten Glieder vertragen die Kälte auch nicht mehr so gut wie früher.“ Mit einem offenherzigen Lächeln bedachte sie Katrin, während ihre Stimme sich etwas erhob, als sie sich an Nicholas wand. „Dein Vater hat dir gesagt, du sollst das klären, nicht, sie mit hierher bringen!“ Kopfschüttelnd richtete sie den Blick wieder auf Katrin, wieder deutlich freundlicher. „Ich muss mich nochmal entschuldigen. Mein Sohn hat noch nie sonderlich darauf achtgegeben, was man ihm gesagt hat. Nun, komm, wo du schon mal hier bist, sollst du auch unsere eigentlich vorhandene Gastfreundschaft zu spüren bekommen und genießen! Nicole wird dir gleich was zum Überwerfen geben. Ist ja schrecklich, wie Nicholas dich rumlaufen lässt! Du holst dir noch den Tod!“ Ein missbilligender Seitenblick streifte Nicholas‘ nackte nur noch vom T-Shirt bedeckten Arme. „Und du gleich mit, Freundchen! Los, plünn‘ dich vernünftig an!“
„Du bist eine Frostbeule, Mor!“ antwortete er, begleitet von einem Augenrollen und einem Grinsen, verzog sich dann aber, um Katrin seine Schwester Nicole vorzustellen und dann ihre Sachen zu verstauen, die drei Frauen im Wohnzimmer zurücklassend.

„Da hat sich mein Bruderherz aber was Schickes angelacht, oder, Mutter? Du bist die, die ihm den niedlichen Brief geschrieben hat, hmm?“ Nicole betrachtete Katrin mit einer Mischung aus Neugier und Spott. „Naja, immerhin kannst du uns jetzt helfen bei der Vorbereitung auf das Fest. Sind ja schließlich nur noch knapp sechseinhalb Monate bis zum nächsten und etwa vier, bis die ersten Lebkuchen in den Supermarktregalen stehen und uns die ganze Welt mit ihren Wunschzetteln bombardiert.“ Mit den letzten Worten schob sie Katrin zur Tür hinaus, die Treppe hinunter und schließlich in die kleine gemütliche Küchenzeile, die an eine kleinere Tafel anschloss. „So, du trinkst jetzt erst mal einen heißen Grog und ich hole dir was Hübsches zum Anziehen! Naja, hübsch sei mal dahingestellt, aber etwas, was zuverlässig warm hält und mit Liebe und Magie von Mutter gestrickt wurde.“ Mit diesen Worten und einem breiten Lächeln schenkte sie Katrin einen kleinen Tonbecher dunkelrote, dampfende und gut riechende Flüssigkeit ein, drückte ihn ihr in die Hand und entschwand über die knarrende Holztreppe ins obere Stockwerk. Kurze Zeit später kamen Bruder und Schwester zusammen die Treppe wieder herunter. Sie waren dabei, sich über irgendwas zu kabbeln, was Katrin aber nicht verstand. „So, hier, du kannst meinen Pulli und wenn du raus willst auch diese Jacke haben. Sie sind dir vielleicht etwas zu lang, aber besser als zu kurz, oder? Katrin musste grinsen, nickte, stand auf und nahm die Kleidung entgegen. „Vielen Dank.“

Nachdem Nicole sich wieder gegangen war, fragte Katrin etwas, dass ihr schon eine Weile auf der Zunge brannte: “Wo genau sind wir hier eigentlich?”
“Im Norden Norwegens”, erklärte Nicholas mit einem Grinsen.
“Norwegen? Also nicht am Nordpol?”
“Nein”, Nicholas lachte, “Das ist einer der Mythen, die wir einfach stehen lassen, um den Ort zu schützen.”
Katrin ließ das einen Moment sacken, dann drängte sich auch schon der nächste Gedanke auf: “Dafür sprichst du aber wirklich gut Deutsch…”
Wieder grinste er. “Um ehrlich zu sein: Ich spreche Norwegisch, du verstehst es nur auf Deutsch, weil das Dorf und wir von einem Sprachzauber umgeben sind. Aber ich kann auch etwas Deutsch ohne den Zauber.”
“Das ist nicht dein ernst…” Ungläubig starrte sie ihn an.
“Doch. Das vereinfacht die Arbeit mit Leuten aus vielen unterschiedlichen Regionen ungemein und man muss keine anderen Sprachen lernen”, bestätigte Nicholas.
“Und die Briefe? Für die braucht ihr doch Übersetzer!”
Nicholas schüttelte den Kopf. “Nein, für die gilt der Zauber auch.”
“Unglaublich…” Katrin war beeindruckt und nahm einen Schluck Grog, der ihr wärmend durch die Glieder floss.

Für einen Moment saß sie einfach nur da, bis ihr Blick auf Nicholas‘ Handgelenke fiel. “Was sind das für Tätowierungen?“ Katrin deutete auf eine Stelle, an der sich eine Girlande aus Eiszapfen aus dem Handgelenk den Arm herauf oder hinunter, je nachdem, wie Nicholas den Arm hielt, fortsetzte. „Ich meine, hast du so eine Schwäche für Eis, dass du es dir auf die Haut tätowieren lässt?“, kicherte sie.

„Ganz ehrlich?“ Nicholas‘ Blick ruhte auf Katrin. „Ja, ich habe eine Schwäche für Eis – und doch ist es gleichzeitig meine Stärke.“ Wie in Gedanken fuhr er die Linie der Eiszapfen mit dem Finger der anderen Hand nach.

„Diese Tattoos sind unsere Kraft. Jeder von uns trägt eines. Meins ist dieses hier. Sie verleihen uns allen eine besondere Fähigkeit.“ Mit einer schnellen und undeutlichen Handbewegung über seinem Arm hielt er plötzlich einen etwa 10 cm langen Eiszapfen in der Hand. „Eignet sich wunderbar als Wurfgeschoss, aber wenn ich mal nicht so kampfeslustig drauf bin, fungiert er auch gut als Partyzubehör. Eiswürfel gefällig, die Dame?“ Nicholas beugte sich zu Katrin herunter und ließ den Eiszapfen in ihren fast noch gefüllten Grogbecher fallen.

Behind the Scenes

Der zweite Teil von Nebus Kapitel und ein erster Blick auf das Weihnachtsdorf Joulky. Hier habe ich nachträglich eine Szene ergänzt, die für eine interessante Diskussion sorgte im Vorfeld. Kurz vor Schluss fiel mir nämlich auf, dass nie erklärt wurde, wie die deutschsprachige Katrin überhaupt mit dem Norweger Nicholas kommunizieren kann. Mein erster Gedanke galt einem Übersetzungsfeld, das Santas und Dorf umgibt, ähnlich wie die „Übersetzungssoftware“ der TARDIS. Eva brachte noch etwas ganz anderes ein: Magische Schneeflocken, die bei Hautkontakt für Verständigung sorgten. Mein Hirn kombinierte es daraufhin gleich mit „Per Anhalter durch die Galaxis“ und bezeichnete sie als „Babelflocke“. Die ist es dann letztendlich nicht geworden, weil das Feld einfacher umsetzbar ist, aber ich mag das Wort trotzdem. 😀

Der Name Joulky selbst stammt übrigens von Eva, © For the cover belongs to its rightful owner. fragte nach einem Namen des Dorfes und stieß bei ihrer Recherche auf „Joulupukin Pajakylä“ dem Weihnachtsmann-Dorf in Finnland – dicht neben Norwegen, wo die Geschichte ja spielt. Das war uns allen aber etwas sperrig und Eva schlug dann als Abwandlung Joulky vor, was dann für gut befunden und verwendet wurde. 🙂

Eventuell interessant ist hier auch, dass mir erst recht spät aufgefallen ist, dass Katrin ihrer Arbeitgeberin ja Bescheid geben müsste, dass sie mal eben ein paar Tage weg ist. Das System, was ich hier – ja, da hab ich mich mal kurz eingemischt – beschreibe finde ich übrigens sehr praktisch, sollte man an diversen Arbeitsplätzen einführen. 😉
Achja und erst beim letzten Korrekturlesen ist mir klargeworden, das Nebu sich das Haus etwas anders vorgestellt hat. Für sie waren Wohnzimmer und Küche auf einer Etage, für mich lag das Wohnzimmer eine Etage höher. Ich hoffe ich hab alle Stellen erwischt…

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Adventskalender: Türchen #4

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(Un)erwarteter Besuch

Katrin war mit dem Buch über der Nase in ihrem Sessel im Wohnzimmer eingeschlafen, wie es ihr bei guten Büchern, die sie einfach nicht aus der Hand legen konnte, viel zu oft geschah.
Die Sonne stand schon hoch am Himmel und im ersten Moment erschrak sie, merkte dann aber, dass glücklicherweise Sonnabend war und sie nicht arbeiten musste.

Da es ein schöner Sommertag zu werden versprach, machte sie sich daran, die Milch von der Kommode zu nehmen und schalt sich innerlich dafür, dass sie das leicht verderbliche Lebensmittel hatte draußen stehen lassen. Aber was solls, es hätte ja sowieso niemand Interesse an der Milch und den Keksen haben können – und eine herumstreunende Katze gab es in ihrer Wohngegend nicht, soweit sie wusste. Sie hob das Glas und den Teller, die sie gestern Abend neben den Briefumschlag gestellt hatte, an, um sie in die Küche zu tragen, als ihr plötzlich bewusst wurde, dass der Brief weg war! Ungläubig starrte sie aufs Bord, stellte den Teller und das Glas wieder hin, sah nach, ob der Wind den Brief vielleicht heruntergeweht haben konnte, und blickte dann auf die Kekskrümelchen. Nicht nur der Brief war weg, sondern tatsächlich auch ein paar Happen der Kekse. Und vielleicht etwas von der Milch?
Katrin blieb der Mund offen stehen.
Sollte tatsächlich… der Brief… das kann doch gar nicht…
Katrin beschloss, die Milch und die Kekse einfach stehen zu lassen und erst einmal richtig wach zu werden. Sie sprang unter die Dusche, drehte den Temperaturregler nach kurzer Zeit auf ‚kühl‘ und ließ sich vom Wasser erfrischen.

Weil es draußen schon fast sommerlich warm und es außerdem ein freier Tag war, rief sie ihre Freundin an und lud sie zu einem verspäteten Frühstück im Sonnenschein ein. Bei Marmeladenbrot, Orangensaft und gekochten Eiern ließen die beiden jungen Frauen es sich gut gehen, unterhielten sich über das neueste Geschehen in der Stadt und in ihrem Freundeskreis und schon bald dachte Katrin nicht mehr an das merkwürdige Erlebnis vom Morgen.
Nachdem die beiden noch Bummeln und auf einen Cocktail in einem kleinen Laden in der Fußgängerzone eingekehrt waren, wo sie noch ein paar Freunde trafen, fiel Katrin schließlich erschöpft ins Bett, griff nach der Fernbedienung ihrer kleinen Stereoanlage, schaltete ein Hörbuch ein und war nach zehn Minuten eingeschlafen.

Nach einem ausgiebigen Ausschlafen betrat Katrin am Sonntag ihr Wohnzimmer, um dort zuende aufzuräumen. Das Geschirr vom gestrigen Frühstück stand noch herum, nur die Marmelade war schon im Kühlschrank verschwunden. Seufzend stellte Katrin Teller und Tassen auf ein Tablett, wischte die Krümel vom Tisch und wandte sich um, als ihr Blick auf den Keksteller und das halbleere Glas Milch fiel. Ihr Herz begann zu pochen. Nicholas! Da fiel es ihr wieder ein. Der Brief. Der Wunsch, ihn wiederzusehen. Dass sie das Tablett, das sie in den Händen trug, in die Küche bringen wollte, hatte sie völlig vergessen.

Während sie noch in ihrem Wohnzimmer stand, hörte sie hinter sich ein Geräusch. Es klang, als hätten sich die Fenstervorhänge bewegt, obwohl kein Lüftchen zu spüren war, gefolgt von kurzen Schritten. Intuitiv umfasste sie das Tablett fester, um sich zu verteidigen, hielt dann aber inne und drehte sich langsam um, als sie einen leichten Geruch nach gebrannten Mandeln wahrnahm. Ihr Schreck und ihr Erstaunen wichen großer Freude, als sie Nicholas, diesmal nicht in entsprechender Winterkluft sondern nur mit Bluejeans und sportlichem Pulli sowie mit flachen Schuhen statt der schweren Stiefel bekleidet erkannte.
Katrin war noch immer sprachlos, während Nicholas schon auf sie zutrat, ihr die Hand entgegen streckte und eine leichte Verbeugung andeutete.
„Du wolltest mich sprechen? Da bin ich.“ Er zwinkerte ihr zu. Katrin wurde rot, stellte das Tablett ab, nahm vor lauter Verlegenheit den Keksteller von der Kommode und hielt ihn ihm hin. „Möchtest du?“
Nicholas lachte schallend, nahm aber einen der halb übrig gebliebenen Kekse. „Na, da haben die Schlaraffen mir ja sogar noch was übrig gelassen, wie es scheint! Naja, sie sind, was Kekse betrifft, Zuhause einfach unheimlich verwöhnt. Es geht eben nichts über die Hausgemachten von Mama!“
Katrin wurde erneut rot und dachte daran, dass sie die Kekse nicht selbst gebacken hatte. Schnell stellte sie den Teller wieder auf die Kommode. „Wo kommst du denn so plötzlich einfach her?“ Die junge Frau schien ihre Sprache wiedergefunden zu haben. Sie ließ ihn gar nicht zu Wort kommen, sondern legte, genau wie die Kinder im Kindergarten ein paar Tage zuvor, sofort mit einem großen Redeschwall los. „Wie schaffst du es, dich so schnell und vor allem so ungewöhnlich fortzubewegen? Wo sind deine Rentiere und dein Schlitten? Fährst du im Sommer mangels Schnee Kutsche? Wie hat der Brief dich so schnell erreicht? Kein Wunder, dass die Kinder und erst recht wir Erwachsenen nicht nachvollziehen können, wie es denn so etwas wie einen Weihnachtsmann geben kann, wenn dieser wie du so unglaubliche Sachen vollbringt! Und …“
Nicholas lächelte gutmütig. „Immer mit der Ruhe! Ich bin hier, um auf viele deiner Fragen zu antworten.”
„Wollen wir uns setzen?“, bot Katrin an.
„Aber warum denn? Lass uns doch ein wenig spazieren gehen! Wir haben bei uns im hohen Norden fast ein halbes Jahr lang viel zu lange dunkle Tage.“
Nickend willigte Katrin ein und nahm lachend Nicholas‘ Angebot an, sich bei ihm einzuhaken.

Während sie an sommerlichen Feldern am Stadtrand entlang gingen, gab Katrin viele der Fragen, die ihr die Kinder gestellt hatten, an Nicholas weiter. Sie berichtete ihm, wie es dazu kam, dass sie ihnen von ihrem Treffen letztes Weihnachten erzählt hatte.
„Hoffentlich warst du nicht allzu glaubwürdig“, spöttelte Nicholas, ließ Katrin aber nicht merken, wie sehr er dabei an den Satz seines Vaters denken musste. ‚Sie darf nicht über, was auch immer da vorgefallen ist, sprechen. Aber das versteht sich ja von selbst. Erinnere sie daran.‘ Leichter gesagt als getan und offensichtlich sowieso zu spät – aber gut, Kindergärtnerinnen wissen es sicherlich gekonnt, eine einmal erzählte Geschichte als genau das zu verkaufen – eine Geschichte.
Ernster fuhr er deshalb fort: „Du bist dir aber darüber im Klaren, was passiert, wenn die reale Welt, die Welt, in der du lebst und in der Weihnachtsmänner dicke, alte, gutmütige Männer mit angeklebtem Rauschebart und ausstaffierten roten Wintermänteln sind, davon Wind bekommen, dass es mich und meine Familie wirklich gibt, oder?“
„Nein,“ antwortete Katrin. „Was wäre denn daran so schlimm? Sie werden euch schon nicht besuchen kommen!“
„Nein, wahrscheinlich nicht“, antwortete Nicholas, scheinbar in Gedanken versunken. Ein paar Minuten gingen sie schweigend nebeneinander her. Katrin hatte ihre Hände in die Hosentaschen gesteckt. Der Mann neben ihr schien plötzlich zu einer Figur aus einer Geschichte geworden zu sein. Nicht real. Und das machte ihr Angst.
„Du meinst, wenn die reale Welt von euch erführe… was ist denn deine Welt? Warum ist sie nicht Teil unserer Realen?“
„Das kann ich dir nicht beschreiben. Wir sind Teil eurer Welt. Wir sind da und doch wieder nicht. Niemand, der uns und unser Dorf suchen wollte, könnte uns finden. Das geht nur auf Einladung.“
Nicholas zögerte einen Moment. Dann blieb er stehen, drehte sich zu Katrin um und hob eine Hand. „Ich habe eine Idee. Ich beschreibe es dir nicht, ich zeige es dir. ‚Auf Einladung‘ habe ich eben gesagt – wenn du magst, lade ich dich hiermit zu uns ein.“

Behind the Scenes

Das heutige Gastkapitel ist tatsächlich dank meines Aufrufs entstanden. Nebu, sah ihn und bot gleich an zwei Kapitel zu übernehmen. Dieses ist das Erste, das auch wieder der Teilschere zum „Opfer“ gefallen ist, sodass es letztendlich drei Kapitel geworden sind. Teil 2 gibt es dann morgen. 😉
An dem Kapitel mussten wir vom Weltenbau und Zeitplan her noch etwas herumdoktern.
Wie lange braucht der Brief um von Katrin zu Nicholas zu kommen und wann reagiert er darauf? War nur eine der Fragen, die wir uns stellten.

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Adventskalender: Türchen #3

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Missetat begangen

Noch immer unentschlossen betätigte er den Klingelknopf und „Bacardi Feeling“ ertönte hinter der Tür und Carlos grinste. Die Tochter des Chefs hatte schon einen schrägen Humor.

„Hey Carlos“, begrüßte ihn Nicole.
„Hey Blondie“, gab er freundlich zurück. „Sind deine Eltern da?“ Er wedelte mit dem Brief.
„Ja klar, wir haben gerade Kaffee getrunken. Magst du auch ein Stück Torte?“
Ohne seine Antwort abzuwarten ging Nicole durch den Flur und überließ es Carlos die Tür zu schließen und ihr zu folgen.

Um den Küchentisch versammelt saß ein Großteil der Familie. Die Torte hatte ganz sicher Nicole gebacken, was er aus ihrer Vorliebe für Schokolade schloss, denn es war eine Schokotorte mit dunkler Schokocreme und mit Schokokugeln garniert. Alles an der Torte schrie laut „Zuckerschock“ und Carlos Zähne protestierten alleine bei der Vorstellung daran, ein Stück davon zu essen. Trotzdem setzte er sich brav an den Tisch, ließ sich einen Teller mit einem Stück Torte reichen und nahm eine Tasse Kaffee entgegen.
„Was führt dich her, Carlos? Ich nehme mal nicht an, dass es die Torte war“, stellte der Chef gütig lächelnd fest und Carlos nickte eifrig. Schnell reichte er seinem Chef den Brief, den dieser natürlich längst gesehen hatte. Schweigend überflog er die wenigen Zeilen, sein Gesicht verdüsterte sich. Am Ende brummte er und fuhr mit der Hand mehrmals über seinen Bart.
„Nicholas?“, fragend sah er seinen jüngsten Sohn an. Der sah überrascht auf. Wie so oft war er mit seinen Gedanken wohl woanders gewesen.
„Far?”
„Kannst du das erklären?“ Der Chef reichte ihm den Brief und beobachtete seinen Sohn beim lesen aufmerksam. Carlos wollte am liebsten die Flucht ergreifen. Das hier ging ihn nichts an. Er sollte nicht hier sein. Warum nur hatte er den Brief selbst hergebracht, statt einen der Wichtel damit zu beauftragen?
„Oh“, meinte Nicholas lediglich, faltete das Papier sorgfältig zusammen und wollte es gerade einstecken, als Nicole ihm den Brief aus der Hand schnappte. Es entspann sich ein kleines Handgemenge um das Papierstück, in das die Chefin mahnend eingriff.
„Kinder, bitte. Benehmt euch doch wenigstens, wenn wir Gäste haben, als wärt ihr erwachsen und vernünftig“, rügte sie die beiden. Verschmitzt und peinlich berührt grinsend setzten sie sich wieder auf ihre Plätze. Allerdings hatte Nicole den Brief ergattert und las diesen nun ebenfalls.
„Katrin“, zitierte sie, hielt ihre Nase an das Blatt Papier. „Kein Parfüm“, kommentierte sie dann und gab den Brief ihrer Mutter weiter, die bereits mit ausgestreckter Hand neben ihr stand.
„Also“, fragend hob sie eine Augenbraue und musterte ihren Sohn.
Erneut hatte Carlos das Bedürfnis zu verschwinden. Vorsichtig stand er auf, schob seinen Stuhl zurück und erhob sich. Er war sich der Blicke der Familie, insbesondere der beiden jüngeren Mitglieder durchaus bewusst. Er lächelte den beiden zu und ging langsam in Richtung Küchentür. Einen letzten bedauernden, aber auch insgeheim erleichterten, Blick auf den nicht angerührten Kuchen werfend, schickte er sich an die Küche zu verlassen.
„Danke Carlos“, meinte die Chefin noch und Carlos nickte stumm, bevor er in den Flur trat. Er schloss die Küchentür hinter sich und die Stimmen wurden sofort lauter.
„Nicholas, was zum Krampus…“, hörte er noch dann ging er schnell den Flur hinunter und zur Haustür hinaus. So gerne er seinen Chef und dessen Familie auch hatte, damit wollte er lieber nichts zu tun haben. Im Zweifel würde er sowieso für Nicole oder Nicholas Partei ergreifen und etwas tun oder sagen, das er später bereuen würde.

Nicholas rutschte derweil unruhig auf seinem Stuhl hin und her. Natürlich erinnerte er sich genau an den Zwischenfall. Und er hatte ihn auch aus einem guten Grund verschwiegen. Einerseits weil er sich nicht sicher war, dass er an dem Aussetzer des Schlittens schuld war und sich nicht von Nicole aufziehen lassen wollte, die in diesen Dingen einfach ein besseres Händchen hatte. Andererseits weil niemand von Katrin und der Sonderwunscherfüllung hatte erfahren sollen. Es ließ sich nicht immer vermeiden, dass man gesehen oder angesprochen wurde. Und dann gab es ja auch noch die Gelegenheiten, wo sie nach draußen gingen, um “normale Dinge” zu erledigen. So hatte das Dorf zwar einen Allgemeinarzt, aber für Zahn- oder Facharztbesuche mussten sie in die nächste Stadt.
„Es war ein Versehen“, erklärte er leise, da seine Familie ihn nach wie vor anstarrte. „Der Schlitten funktionierte nicht richtig und ich brauchte Hilfe. Mehr war da nicht …“ Sein Vater brummte, wie er immer brummte, wenn er über etwas nachdachte. Seine Mutter stand hinter diesem und massierte ihm die Schultern, während Nicole Nicholas mit schief gelegtem Kopf ansah.
„Du wirst das wieder in Ordnung bringen …“, erklärte das Familienoberhaupt seinem Sohn, der etwas verdattert aussah.
„Wie soll ich das denn in Ordnung bringen? Ich hab ja nichts weiter getan, als mir eine Ofenbürste zu leihen.“
„Und was ist dann das tolle Geschenk?“, verlangte Nicole zu wissen.
„Das war nur ein Buch, nichts Besonderes. Nichts was wir nicht schon tausendmal vorher gemacht hätten“, verteidigte Nicholas sich. „Sonst war da nichts, ehrlich“, ergänzte er dann noch.
„Du wirst zu dieser Katrin gehen, und sehen, was sie will“, verlangte sein Vater nachdrücklich. „Sie darf nicht über, was auch immer da vorgefallen ist, sprechen. Aber das versteht sich ja von selbst. Erinner sie daran. Und dann kommst du wieder zurück.“
Sicher hätte sich an diesen Befehl eine längere Standpauke angeschlossen, wären nicht in diesem Moment die beiden jüngsten Mitglieder des Hauses hereingeschossen. Tyler und Steven stoben durch die Küche, brachten einen Schwall kalte Luft mit herein, schnappten sich Kekse von der Anrichte und waren dann auch schon wieder nach draußen verschwunden.

Behind the Scenes

Wie gestern angekündigt, heute der zweite Teil von Irina Christmanns Kapitel. Und ja, Carlos ist gegangen ohne auch nur einen Happen von der Monster-Schokoladentorte gegessen zu haben. Was aber vermutlich auch besser so ist… (Wer mutig ist und nachsehen will, Irina hat ein Bild davon vor einer ganzen Weile auf meiner Facebook Sseite gepostet: Kuchen)

Übrigens war Irina diejenige, die einfach mal entschieden hat, dass <Helper>, wie sie bis dahin im Dokument hieß, Katrin heißt. Den Namen hatte ich zwar auch schon im Kopf gehabt, aber vorerst wieder verworfen gehabt, aber für Irina fühlte sie sich einfach wie eine Katrin an. Was soll man dagegen noch sagen? 😀

PoiSonPaiNter

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Adventskalender: Türchen #2

Read in English

Merkwürdige Post

Leicht gelangweilt blätterte der Angestellte die Buchseite um. Noch war die Story nicht wirklich fesselnd, obwohl der Klappentext deutlich etwas anderes versprochen hatte. Allerdings war er gerne bereit, ihr noch etwas Zeit zu geben. Der tollpatschige Protagonist gefiel ihm. Er erinnerte in ein klein wenig an seinen kleinen Bruder, den er schon viel zu lange nicht mehr besucht hatte. Für den nahenden Sommer hatte er jedoch fest einen Urlaub Zuhause eingeplant, auch wenn es ihm in Spanien mittlerweile eigentlich immer viel zu warm war.

Noch heute war er dem Schicksal dankbar, dass ihn in diese abgelegene Gegend geführt hatte. Eigentlich hatte er nur eine Weile raus gewollt aus seiner Routine und weit weg von seinem nervigen Chef, seiner Familie, überhaupt allem. Kurzentschlossen war er daher dem heißen spanischen Sommer entflohen und in den Norden Europas gereist. Er hatte kein genaues Ziel vor Augen gehabt, als er in Oslo aus dem Flugzeug gestiegen war. Nach ein paar Tagen in der Hauptstadt war er weiter nach Norden gefahren. Die Landschaft um ihn herum hatte ihn fasziniert und auf eine Art angezogen, die er bis zu diesem Zeitpunkt nicht kannte. Als er kurz vor dem Ende seines Urlaubs am Nordkap angekommen war, hatte er sich geschworen, so bald wie möglich wieder zu kommen. Dann kam der Schneesturm und erwischte ihn als er alleine draußen unterwegs war. Orientierungslos und halb erfroren war er durch die Schneewüste gestapft, als der Sturm sich gelegt hatte. Das Letzte, an das er sich erinnern konnte, war ein Rentierschlitten, eine Blondine im roten Schneeanzug … Dann war er in einem warmen Bett aufgewacht, wurde von einer netten Dame im Alter seiner eigenen Mutter umsorgt, die eine angenehme Wärme ausstrahlte, die bis in sein Innerstes vorzudringen schien.

Das Geräusch des herannahenden Transporters riss ihn aus seinen Gedanken und Carlos trat an das Fenster seines Büros und öffnete dieses. Er liebte die Frühlingsluft und spürte das kribbeln der Sonnenstrahlen auf seiner Haut. Genoss es in vollen Zügen hier mit der Natur eins sein zu können. Er rechnete nicht mit viel Post heute. Wahrscheinlich ein paar verspätete Reklamationen und letzte Dankesschreiben für die Weihnachtsgeschenke. Immerhin war das Fest nun schon fünf Monate her. Trotzdem wichtelten die kleinen Helfer jahrein jahraus durch die Menschenwelt und sammelten Briefe ein, die an Santa adressiert waren.

Er trat hinaus vor die Tür und begrüßte den Fahrer fröhlich. Sie waren hier mehr oder weniger alle eine große Familie. Schon allein aus Geheimhaltungsgründen. Und sie konnten ja auch nicht einfach raus, denn das Weihnachtsdorf lag total abgeschieden. Dass Nicole damals über ihn gestolpert war, war reiner Zufall.

Gewissenhaft öffnete er die eingegangen Briefumschläge und notierte die Eingänge in seinem Buch. Drei waren Dankesschreiben mit Fotos von den Kindern und ihren Geschenken. Carlos lächelte beim Anblick des kleinen Mädchens in der pink-glitzernden Reituniform, die ihm Santa geschenkt hatte, und dem kleinen weißen Pony mit regenbogenbunt gefärbter Mähne und einem kleinen Knubbelhorn auf der Stirn. Er steckte die Briefe in die entsprechenden Fächer und wendete sich dann dem letzten Brief zu, der augenscheinlich als einziger von einer erwachsenen Person stammte. Aus Erfahrung wusste er, dass diese Briefe immer etwas Besonderes waren. Schließlich verloren die Menschen im Lauf der Zeit den Glauben an den Weihnachtsmann oder wie auch immer er im jeweiligen Land hieß.

Bereits die Anrede ließ ihn erschrocken zusammenfahren. Niemand kannte die Vornamen der Santas. Jedenfalls niemand außerhalb ihres Dorfes. Und was sollte das heißen „unser Treffen“ … Kontakt mit den Menschen war streng verboten. Jedenfalls durften sie sich nicht zu erkennen geben. Irgendetwas war da gewaltig schief gelaufen. So viel stand fest.

Mit dem Brief in der Hand verließ Carlos hastig sein Büro. Natürlich nicht ohne eine Nachricht zu hinterlassen, wohin er gegangen war. Auf dem Weg zum Haus des Chefs überlegte er, wie er die Sache am besten erklären konnte. Er hatte sogar das Postbuch des letzten Jahres herausgesucht, um zu beweisen, dass er keinen Fehler gemacht hatte.

Behind the Scenes

Und schon sind wir beim ersten Gastkapitel angelangt. Heute von der wunderbaren Irina Christmann, die außerdem gleich Carlos mit in die Geschichte gebracht hat. Ursprünglich war das heutige und das morgige Kapitel eines, da es aber etwas länger geworden ist, ist es der Umsortierung zum Opfer gefallen, d.h. morgen bekommt ihr den zweiten Teil  mit der Reaktion auf den Brief.

Das Pony mit Horn hat Irina übrigens kurz nachdem sie das Kapitel geschrieben hat als kleines Figürchen von mir bekommen. Als ich es im Prater gesehen habe, musste ich es ihr einfach mitbringen. 😉

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Adventskalender: Türchen #1

Read in English

Santas Helfer

BUMM BUMM!

„Was ist das für ein Geräusch?“, fragte sie sich und legte das Buch weg, das sie gerade gelesen hatte.
Es schien von draußen zu kommen und einen Moment lang fragte sie sich, ob sie nachsehen sollte, was es war – oder eher gewesen war, da es scheinbar aufgehört hatte. Zögerlich erhob sie sich von ihrem Sessel und trat zum Fenster. Langsam zog sie den Vorhang zur Seite, allerdings nur weit genug, um gerade so hinausspähen zu können. Das Licht hinter ihnen zeichnete eine feine Linie auf ihren verschneiten Rasen, und ihr war bewusst, das was auch immer da draußen war, vielleicht bemerkte, dass sie hinaussah. Plötzlich verängstigt schloss sie den Vorhang wieder und trat vom Fenster fort.

Dennoch, ihre Neugierde war noch nicht befriedigt, daher beeilte sie sich, das Licht, bis auf ihre Lichterketten, auszuschalten und kehrte zum Fenster zurück, langsam zog sie den Vorhang zurück. Sie drehte den Kopf zu jeder Seite. Links sah sie nichts. Auf der rechten Seite sah sie einen Schlitten auf ihrem weißen Rasen stehen. Er war rot und grün angestrichen, mit schwarzen Borten als Akzente. Hinten drauf erblickte sie einen großen, fest verschnürten Sack; allerlei Formen standen aus allen Seiten in jede Richtung hervor. Sie schaute zu Boden und sah schwarze Zügel vor dem Schlitten im Schnee liegen. Ihr Blick folgte ihnen und sie sah ein paar Rentiere nervös im Gras scharren; ihre Köpfe mit dem großen Geweih wendeten sich von Seite zu Seite. Sie blinzelte wiederholt und konnte nicht glauben, was sie hier vor sich sah.

Ohne Vorwarnung hörte sie wieder das laute Geräusch. Erschrocken sprang sie vom Fenster zurück. Sie spähte über das Fensterbrett hinweg und versuchte es erneut. Der weiße Schnee hatte nun schwarze Spuren hinter dem Schlitten, als sie aufblickte, bemerkte sie ein Auspuffrohr. Sie runzelte die Stirn; ein Schlitten mit Motor?

Plötzlich tauchte ein kräftiger Mann in braunroter Robe hinter der Rückseite des Schlittens auf und trat gegen den Auspuff, ein grimmiger Ausdruck auf dem Gesicht. Für einen Moment starrte er lediglich abwechselnd Auspuff und Sack an, irgendwann seufzte er sichtbar, seine ganze Gestalt erzitterte. Leicht besorgt und noch immer neugierig erhob sie sich ein wenig höher. Der Mann tappte mit dem Fuß und verschränkte die Arme. Unerwarteterweise fiel sein Blick auf das Fenster und ihre Augen trafen sich. Sein Stirnrunzeln wandelte sich in ein breites Lächeln und sie konnte ihn nur anstarren. Sie schloss für lediglich eine Sekunde die Augen und als sie sie wieder öffnete, war er fort.

Sie stand vollends auf und presste ihr Gesicht gegen das Fenster, um zu sehen, wohin der Mann verschwunden war.
„Ho ho ho“, hörte sie plötzlich hinter sich. Erschrocken stieß sie sich den Kopf am Glas und fuhr herum.
Da war er, stand in ihrem Wohnzimmer und strahlte sie mit breitem Grinsen an.
Gaffend stand sie sprachlos da, ein leichter Schmerz pulsierte in ihrer Schläfe.
„Hast du zufällig eine Flaschenbürste oder etwas Ähnliches?“, fragte er sie.

Sie begriff die Situation noch immer nicht ganz und musterte ihn. Er sah um einiges jünger aus, als sie erwartet hatte; sein Vollbart war nicht mal annähernd weiß. Das Haar, das unter dem grünen Beany hervorlugte, war von einem tiefen Braun, ebenso wie seine Augen, die gleichermaßen aus Freude und aus Angst glühten. Ihre Augen erreichten seine schwarzen Stiefel und die kleine Pfütze, die sich bereits um sie herum geformt hatte. Ihre Augen weiteten sich.
“Mein Boden!”, schimpfte sie.
“Ah, sorry”, entschuldigte er sich und hob einen schweren Stiefel. “Also, hast du eine Flaschenbürste?” Er wechselte das Thema mit Dringlichkeit in seiner Stimme.
“Aber“, begann sie, ihre Brauen krausziehend. “Ich habe keine Flaschenbürste”, sagte sie schließlich, noch immer seine nassen Stiefel anstarrend.
“Das ist ungünstig …”, antwortete er bedrückt und seufzte.
“Ich hätte eine Ofenbürste”, fügte sie widerwillig hinzu.
“Perfekt!” Er strahlte. “Könnte ich sie ausborgen?”
“Wenn du aufhörst, meinen Boden zu ruinieren …” stimmte sie mürrischer als notwendig zu.
“Natürlich, vielen, vielen Dank”, antwortete er.
Mit einem Nicken ging sie zu ihrem Kamin hinüber und griff das Werkzeug.
“Hier hast du … und jetzt raus aus meinem Wohnzimmer!”, schimpfte sie.
“Wie du wünscht”, akzeptierte er mit dröhnendem Lachen.

Sie verließ das Zimmer um ihr Wischzeug zu holen, als sie mit Mob und Eimer in ihren Händen zurückkehrte war er verschwunden, ebenso wie die Pfütze.
“Echt jetzt?!”, rief sie aus, ließ das Wischzeug fallen und lief zum Fenster. Draußen sah sie ihn, hinter dem Schlitten kniend, wie er die Bürste in den Auspuff stieß. Nach kurzer Überlegung öffnete sie das Fenster und rief hinaus: “Warum hat der Schlitten überhaupt einen Motor?”
Er hob den Blick, grinste sie an und erklärte: “Hilft den Rentieren wenn der Wind zu stark ist.” Sie schnaubte und konnte das Ausbreiten eines Grinsens über ihr Gesicht nicht verhindern.

Nachdem er fertig war, legte er die Bürste auf den Boden und ging um den Schlitten herum. Kurz darauf versuchte er erneut, den Motor zu starten. Dieses Mal war kein “Bumm” zu hören und grauer Rauch stieg gleichmäßig vom Auspuff auf, bis der Motor wieder ausgeschaltet wurde.

Ohne ein einziges Geräusch erschien er direkt vor dem Fenster: “Würde es dir etwas ausmachen, wenn ich die Bürste bis morgen behalte?”, und fügte mit einem Nicken zu seinem Sack hinzu: “Ich verspreche, sie zurückzubringen, wenn ich fertig bin.”
Sie sah ihn und den Schlitten an, dann seufzte sie. “Okay”, gab sie nach.
“Du hast meine tiefste Dankbarkeit.”
“Mh, ja. Viel Glück, schätze ich”, stimmte sie einfach in Richtung des Schlittens nickend zu.
“Danke sehr und fröhliche Weihnachten”, grinste er.
“Fröhliche Weihnachten”, erwiderte sie mit einem Lächeln, während er zu seinem Schlitten zurückkehrte und die Rentiere zu einem Trott antrieb.
Sie sah dabei zu, wie sie schneller und schneller die Straße hinabrannten und anschließend in den Himmel stiegen. Sie grinste. Niemand würde ihr das jemals glauben.

Nach einer Weile schloss sie ihr Fenster und trat zurück ins Zimmer.

Am nächsten Morgen lehnte gegen den Tisch unter ihrem kleinen Weihnachtsbaum die Bürste und gegen ihren Stil ein kleines Geschenk. An den Stil gebunden war eine kleine Karte auf der stand: “Vielen Dank, Nicholas”.
Neugierig packte sie das Geschenk aus und fand ihr liebstes Kinderbuch in ihren Händen, das sie vor langer Zeit verloren hatte und nie in der Lage gewesen war, zu ersetzen; bis jetzt.
“Gern geschehen, Santa”, murmelte sie, heiter lächelnd.

Ein Brief voller Fragen

Es war spät im Frühling und eines der Kindergartenkinder hatte sich für die Lesestunde eine Weihnachtsgeschichte ausgesucht. Katrin hatte das Buch auf dem Schoß und die Kinder um sich geschart, doch bevor sie anfing, klappte sie es wieder zu.
“Wisst ihr eigentlich, dass ich Santa letztes Weihnachten begegnet bin?”, fragte sie lächelnd in die Runde.
Ungläubige Blicke schauten ihr entgegen und auch ein paar “Wow”s und “Geht ja gar nicht”, mischten sich unter das Gemurmel.
“Doch, doch”, beteuerte Katrin und begann, ihren Schützlingen von ihrem kleinen Abenteuer mit Santa zu erzählen. Vom lauten Knall, vom Schlitten mit dem Auspuff, von den nervösen Rentieren und ihrer Ofenbürste. Und natürlich von der verschwundenen Pfütze. Mit Begeisterung hingen die Kinder an ihren Lippen.
Ein besonders aufmüpfiger kleiner Junge ließ es sich dennoch nicht nehmen, zu behaupten: “Pah, Santas Schlitten hat doch keinen Auspuff!”
“Das habe ich auch immer gedacht”, pflichtete sie ihm bei, “Aber er hat gesagt, der Motor hilft den Rentieren, wenn es zu windig ist.”
Kaum hatte sie ihren Satz beendet, wurde sie auch schon mit Fragen bombardiert.
“Wo wohnt Santa?”
“Wie heißen die Rentiere?”
“Kommt er uns Weihnachten besuchen?”
“Hast du auch ein Geschenk bekommen?”
“Bekomm ich dieses Jahr ein Geschenk?”
“Warum habe ich kein Geschenk bekommen?”
Und was den kleinen Rackern nicht sonst noch einfiel. Katrin lachte nur und versuchte, auf ein paar davon zu antworten. Schließlich zupfte sie ein kleines Mädchen am Ärmel:
“Kannst du Santa fragen, ob er nächstes Weihnachten ein Geschenk für meine kleine Schwester hat?”
“Liebes, ich habe ihn nur getroffen und nicht seine Telefonnummer bekommen”, erinnerte sie es beschwichtigend.
“Aber du brauchst ihm doch nur einen Brief schreiben!”, gab ein anderer Junge zu bedenken.
“Einen Brief?”, hakte sie nach.
“Na klar! So wie wir unsere Wunschzettel schreiben, kannst du einen Brief an Santa schreiben und ihm all unsere Fragen stellen!”, erklärte er mit stolzgeschwellter Brust.
“Na, wenn du das sagst, werde ich es wohl mal versuchen müssen”, stimmte sie lachend zu.

Schon seit mehreren Tagen grübelte sie nun über den Brief nach. Es hatte so einfach geklungen, als der Kleine es vorgeschlagen hatte, jetzt saß sie vor einem fast leeren Stück Papier und wusste nicht, wie sie anfangen sollte.
Lieber Santa, stand einsam und allein auf dem Blatt.
Ich wollte fragen, nein, sie strich es durch, hi, hier ist die mit der Ofenbürste, dies bekam gleich zwei Striche. Nun strich sie auch die Anrede. Sie schnaubte und das Blatt flatterte leicht. Das konnte doch wohl nicht so schwer sein! Erneut setzte sie auf einem neuen Blatt zum Schreiben an.

Lieber Nicholas,

danke für das wirklich schöne Geschenk.
Ich vermute, du hast gerade Urlaub und möchtest nichts von Weihnachten hören, aber leider bleibt mir nichts anderes übrig, als dir zu schreiben.
Unser Treffen ist mir immer noch in guter Erinnerung geblieben und ich habe noch so viele Fragen an dich, die ich dir sehr gerne persönlich stellen möchte.

In Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen

Katrin

Noch einmal betrachtete sie den Brief, doch bevor sie auch ihn zerknüllte und auf den Haufen auf dem Boden warf, legte sie ihn in den Briefumschlag, auf den sie bereits “Für Santa” geschrieben hatte.

Und nun was? Wie schickte sie den Brief nun ab? Die Kinder hatten etwas von Keksen und Milch erzählt, vielleicht würde das helfen. Allerdings hatte sie keine selbst gebackenen Kekse. Und ob die Milch noch frisch war, wusste sie auch nicht so recht. Seufzend stand sie auf, schaute sicherheitshalber nach. Ihre Befürchtung wurde bestätigt. Keine Kekse mehr und nur abgelaufene Milch im Kühlschrank.

Sie kam sich albern vor, als sie im Supermarkt nach den gewünschten Zutaten suchte, und beschloss letztlich, dass gekaufte Kekse es genauso tun würden. In ihrer Wohnung räumte sie schließlich eine Ecke auf einer Kommode leer und platzierte einen Teller Kekse, ein Glas Milch und den Brief darauf. Wie das allerdings seinen Weg zu Nicholas finden würde, war ihr schleierhaft. Mit einem Schulterzucken tat sie weitere Gedanken ab und widmete sich stattdessen einem Buch.

Behind the Scenes

Willkommen zum diesjährigen Adventskalender!

Als erste Tür habe ich mir überlegt, das ursprüngliche Kapitel vom letzten Jahr, sozusagen Kapitel 0, zu übersetzen und der Geschichte vorweg zu stellen, damit alle Leser – ob neu oder alt – auf dem gleichen Stand sind.
Ein großes Dankeschön für die Übersetzung geht wieder an Cupric!

Danach ging es dann mit „Ein Brief voller Fragen“ frisch weiter mit dem wirklich ersten Teil der Fortsetzung, bei dem ich feststellen musste, dass meine tolle Adventskalender Schriftart in kursiv irgendwie nicht funktioniert, da sie schon kursiv ist, also musste sie weichen und dieses Jahr gibt es dann eben eine stink normale Schriftart, mit ein paar „klassischen“ Akzenten. 😉

Ob der Brief wohl wirklich beim Weihnachtsmann ankommt. 😉

PoiSonPaiNter

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Lies auf Deutsch

I’m sorry so far there is no translation of this door, unless you count the original chapter Santa’s Helper that I started with.

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