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#CroMär: Kapitel 2

Nachdem wir letzte Woche mit Regina in den Wald gegangen sind, geht es heute weiter mit dem zweiten Kapitel des #CroMär, des Crossover Märchens.

Kapitel 2 – Apfelprobleme

Sie radelte über den leicht holperigen Weg, immer tiefer in den Wald hinein. Es roch nach feuchter Erde und Moos. Das Sonnenlicht, gefiltert durch das dichte Blätterdach über ihr, tauchte alles in einen leichten hellgrünen Schimmer. Es war beinahe, als würde man unter Wasser fahren. Cool, dachte Regina. Aber am coolsten: keine Leute hier. Es gab sowieso überall viel zu viele Leute. Krabbelten durcheinander, schubsten, drängten, nervten. Regina war nicht besonders gesellig. Zu viele Menschen auf einmal machten ihr Kopfschmerzen.
„Regina? Juhu, Reginaaaaa!“
Da hatte sie sich wohl zu früh gefreut. Regina legte eine Vollbremsung hin. Sie konnte gar nicht anders. Denn da, genau vor ihr, war eine kleine, schlanke Frau in einem grellen, pinkfarbenen Jogging-Outfit aufgetaucht: Tante Susi. Ganz plötzlich, als hätte der Wald sie ausgespuckt. Regina konnte es dem Wald nicht verdenken. Sie würde auch spucken, wenn ihr diese botoxlippige Barbie im Magen liegen würde.
„Regina, Schätzchen, du machst auch Sport? Das ist eine hervorragende Idee. Wir können ja mal zusammen joggen.“
Susi warf gekonnt die blonden Locken zurück (Hildes Haarsalon: färben, föhnen, neuester Klatsch und Tratsch zusammen 300.- Euro mindestens) und musterte vielsagend Reginas kaum vorhandene Taille. Na wunderbar. Das hatte gerade noch gefehlt.
„Ich muß zu Oma. Notfall.“
„Und Proviant hast du dir auch mitgenommen, wie ich sehe?“
Die gekonnt gezupften Augenbrauen hoben sich. Susi hatte den Picknickkorb erspäht.
„Ist für Oma“, stellte Regina klar.
„Ah ja.“
Süffisanter Tonfall. Susi, rank und schlank, ihrem großen Vorbild Heidi Klum unermüdlich nacheifernd, war eine der Schlimmsten, die Regina ständig wegen ihres Gewichtes nervten. Wunderdiäten, Wunderpillen und am besten den Magen per Operation kleiner schnippeln. Susi schreckte vor nichts zurück. Hauptsache, Size Zero. Regina würde gerne ein paar Pfunde verlieren. Aber sie hatte nicht die geringste Lust, eine Nullnummer zu werden.
„Ich muss weiter.“
„Natürlich, Schätzchen, ich will dich ja auch gar nicht aufhalten. Aber ich hab da was, das wollte ich dir unbedingt zeigen.“
Susi nahm ihren kleinen stylischen Rucksack vom Rücken, öffnete ihn und holte … einen Apfel heraus.
„Hier, für dich.“
„Ne, danke. Hab keinen Hunger.“
Susi lächelte fein. „Du glaubst bestimmt, das ist nur ein ganz gewöhnlicher, wenn auch sehr rotbackiger, süß-saftiger Apfel?“
Regina zuckte mit den Schultern. Sie hatte nichts gegen Äpfel. Nur was gegen eine Apfeldiät.
„Aber das ist kein gewöhnlicher Apfel. Das ist eine neue Züchtung, mit Ballaststoffen. Du isst drei Stück am Tag, morgens, mittags, abends. Sie schmecken köstlich, versorgen dich mit allen nötigen Nährstoffen, vertreiben dein Hungergefühl und du wirst sehen, deine überflüssigen Kilos verschwinden wie durch Zauberhand. Eigentlich reicht schon einer, und du wirst keinen Hunger mehr haben.“
Eine neue Züchtung? Regina wollte gar nicht wissen, was da an Chemie und Gentechnik so alles drinsteckte. Aber das war Susi natürlich völlig egal. Sie arbeitete als Chemikerin für einen großen Kosmetikkonzern, der seine Cremes an wehrlosen Tieren ausprobierte und seine Abwässer so gut wie ungefiltert in den Fluss nebenan leitete.
„Ich bin doch keines von deinen Versuchskaninchen!“
„Völlig ungefährlich. Mein halbes Labor hat die schon probiert“, versicherte Susi.
„Danke, nein.“
„Schätzchen, du kannst bis zu sieben Kilo abnehmen in nur einer Woche. Denk doch mal an Wolf.“
Das war nicht fair. Woher wusste Susi von Reginas Schwäche für ihn? Wolf, der berühmteste, berüchtigtste Sohn der Stadt. Gewinner eines landesweiten Talentwettbewerbes, steile Karriere als Rockmusiker: Wolf & The Hounds of Hell würden in einer Woche in der Stadt gastieren. Wolf, ihr alter Sandkastenfreund, Nachbar, erste große Liebe und erste große Enttäuschung. Wolf, der nur interessiert war an den heißen Mädchen, denen, die sexy waren und selbstbewusst. Und trotzdem hatte Regina seine Karriere mitverfolgt, hatte Zeitungsartikel ausgeschnitten und sich natürlich alle seine Platten gekauft.
„Ich habe übrigens gehört, dass er schon hier in der Gegend sein soll“, flötete Susi. „Seine Mutter besuchen.“
„Ist mir egal“, behauptete Regina.
Aber ihr Herz machte einen verräterischen kleinen Hüpfer. Regina dachte an das Konzertticket, dass sie sich online bestellt hatte. Sie starrte den Apfel an. Sieben Kilo in einer Woche? Wer‘s glaubt … Und selbst wenn. Wolf würde sich wahrscheinlich gar nicht mehr an sie erinnern.
„Ich will nur dein Bestes“, sagte Susi mit süßem Lächeln und legte den rotbackigen Apfel in den Picknickkorb. „Denk in Ruhe darüber nach. Aber nicht zu lange.“
Regina sah ihr nach, wie sie leichtfüßig davonjoggte. Der Apfel glänzte einladend. Regina erinnerte sich an Wolfs Lächeln. Seine strahlend weißen Zähne, seine grünen Augen. Die langen dunklen Haare, die breiten Schultern.
Regina griff nach dem Apfel.

Weiter geht’s: Kapitel 3

Hinter den Kulissen

Der heutige Beitrag stammt von Carola Wolff, die nicht nur ihren Namensvettern eingeführt hat, sondern bei deren Nachnamen ich grundsätzlich die Anzahl der Ls und Fs vertausche …

Im Verlauf des Märchensommers kannst du übrigens ihr Buch „Der Fluch des Erlkönigs“ als Gesamtpreis der vier Märchenrallye Runden und als einen der Hauptpreise des Sommers gewinnen.

Anne/PoiSonPaiNter

#CroMär: Kapitel 1

Wie letzte Woche bereits angekündigt wird es die nächsten Wochen an dieser Stelle immer ein Kapitel des #CroMär, des Crossover Märchens geben.

Viel Spaß mit:

Kapitel 1 – Die Frau mit dem roten Hoodie

“Bin wieder da!” Reginas Stimme hallte durch das alte Haus ihrer Eltern als sie die Tür hinter sich schloss. Das laute Surren der Nähmaschine verriet ihr, dass ihre Mutter zu Hause war. In aller Ruhe hing sie ihre Jacke an die Garderobe, stellte die Schuhe ins Regal und schlurfte in ihren Hausschuhen ins Arbeitszimmer. Für einen Moment blieb sie in der Tür stehen und beobachtete wie ihre Mutter mit konzentriertem Blick den Stoff durch die Maschine schob. Immer wieder hatte Regina es selbst versucht, aber sie hatte was diese Art von handwerklicher Arbeit anging einfach zwei linke Hände. Dafür verstand sie andere Dinge besser, die für ihre Mutter Böhmische Dörfer waren.

“Ah”, entfuhr es ihrer Mutter, als sie von der Arbeit aufblickte und sie bemerkte. “Musst du dich immer so anschleichen?” Es sollte ein Vorwurf sein, doch das leichte Lächeln und die übertriebene Geste mit der sie ihre Hand aufs Herz legte, sagten Regina, dass ihre Mutter sie nur neckte. Das Spiel konnten zwei spielen.
“Soll ich wieder den Schellenring tragen?”, schlug sie breit grinsend vor und erinnerte sich daran, wie genervt ihre Mutter gewesen war, als sie diesen von einem Mittelaltermarkt mitgebracht hatte und damit durchs Haus spaziert war.
“Untersteh dich!”, widersprach ihre Mutter und kam zu ihr, um sie zu begrüßen. “Hast du schon wieder das alte Ding zur Arbeit angehabt?”, kommentierte sie, als sie sich aus der Umarmung gelöst hatten und zupfte an Reginas Hoodie.
“Mamaaa, wie oft noch? Es interessiert keinen auf Arbeit und das ist nun mal mein Lieblingspulli!” Regina verdrehte die Augen und machte sich auf in ihr Zimmer.
“Ja, aber so wirst du es doch nie zu etwas in der Firma bringen!”, erinnerte sie ihre Mutter zum tausendsten Mal.
“Wer sagt denn, dass ich das wi-hill?”, erwiderte sie nur mit einem Singsang und verschwand die Treppe hoch.
Immer wieder führte sie diese Unterhaltung mit ihren Eltern, dabei war die Anstellung in der Software-Klitsche nur ein Nebenjob, um ihr Studium zu finanzieren. In der Abteilung, in der sie angestellt war, kümmerte sich nun wirklich keiner darum, was man trug. Einer ihrer Kollegen trug fast täglich dasselbe, ein anderer lief nur mit Nerd-T-Shirts rum und sie, sie trug halt oft ihren alten, roten Kapuzenpullover, der ihr bei vielen Leuten auf Arbeit und in ihrem Freundeskreis Spitznamen wie “Red” oder manchmal auch “Rotkäppchen” eingebracht hatte. Klar, er war schon etwas ausgefranst an den Ärmeln, die Farbe war nicht mehr ganz so knallig, wie zu Anfang, aber sie mochte ihn. Sie mochte das Gefühl, dass er ihr gab, wenn sie ihn trug. Mit ihrem roten Pulli konnte sie alles schaffen. Das er außerdem dafür sorgte, dass man ihre Fettpölsterchen nicht gleich zu Gesicht bekam war nur ein kleiner Zusatzbonus.

“Regina!”, rief ihre Mutter aus der Küche.
“Komme!”, erwiderte sie knapp und eilte hinab.
Auf dem Küchentisch stand ein Korb in den ihre Mutter gerade kleine Plasteschüsseln packte, die sich daneben stapelten.
“Kannst du bitte zu Oma fahren, ich muss das Kleid noch fertig machen und schaffe es heute nicht”, bat ihre Mutter und sah von ihrer Arbeit auf.
“Findet sie wieder die Steckdose nicht?”, scherzte Regina und verschränkte die Arme. In den meisten Fällen, in denen ihre Mutter darauf bestand, dass sie zu ihrer Großmutter fuhr, hatte die alte Dame etwas an ihrem Computer kaputt gemacht, dass Regina wieder reparieren sollte. Eine der unpraktischen Nebenerscheinungen die Informatikerin im Haushalt zu sein: Jeder glaubte, man wusste alles über Computer. Was in den meisten Fällen allerdings nicht stimmte, aber das brauchte Regina nicht versuchen ihrer Familie zu erklären, da stieß sie nur auf taube Ohren.
“Sei nicht albern. Ihr geht’s nicht so gut und ich habe ihr eine Suppe gekocht. Außerdem hab ich noch ein paar Reste vom Abendessen von gestern und vom Kuchen eingepackt und noch ein paar andere Lebensmittel, weil sie die nicht mehr im Haus hat und in ihrem Zustand nicht einkaufen gehen will”, erklärte Reginas Mutter ohne Umschweife.
“Enkeltochter-Lieferservice, verstehe.” Regina seufzte. Sie war gerade erst angekommen und musste schon wieder los. Normalerweise würde sie sich beschweren, aber sie mochte ihre Oma und ihre Mutter klang besorgt.
“Außerdem tut dir ein bisschen Bewegung mit dem Fahrrad ganz gut”, stichelte ihre Mutter, die deutlich näher am Normalgewicht war als sie.
“Is ja nicht so, dass ich zur Arbeit rolle …”, brummte Regina und ging sich die Schuhe anziehen.

Als alles eingepackt war, schnallte sie es auf den Gepäckträger ihres Fahrrads.
“Fahr vorsichtig und grüß schön”, gab ihre Mutter ihr zusammen mit einem Kuss auf den Weg.
“Natürlich, Mama …”, kommentierte Regina nur genervt und stieg aufs Rad.
Der Weg zu ihrer Oma führte durch ein altes Waldstück, das ihr Dorf vom Nachbardorf trennte. Eigentlich hatte Regina schon seit Jahren erwartet, dass entweder sie dichter zu Oma oder Oma zu ihnen ziehen würde, da die alte Dame zwar noch sehr rüstig, aber auch nicht mehr die Jüngste war, doch bisher wollte sich keine der beiden Parteien bewegen. Warum auch? Der Weg zueinander konnte in einer Stunde mit dem Rad, in einer halben mit dem Auto zurückgelegt werden und alle waren mit ihrem Wohnort mehr als zufrieden. Nur Regina würde sich nach ihrem Studium entscheiden müssen, ob sie weiter Zuhause wohnen blieb oder sich etwas eigenes suchte, aber darüber wollte sie sich jetzt keine Gedanken machen.

Etwas außer Sichtweite des Hause stieg sie noch einmal vom Fahrrad ab und schaltete eines ihrer Handyspiele an. Wenn sie sich schon bewegte, konnte das Spiel ruhig laufen und ihre Schritte mitzählen, damit die kleinen Monster aus ihrem Ei schlüpfen konnten. Ein albernes Spiel, aber ein netter Zeitvertreib, außerdem waren im Wald auch immer wieder ein paar interessante Monster, die in der Stadt nicht so oft auftauchten. Das Handy sicher in ihrer Tasche deponiert, den Kopfhörer in einem Ohr, um den Ton zu hören, wenn ein neues Monster erschien, machte sie sich auf den Weg.

Weiter geht’s: Kapitel 2

Hinter den Kulissen

Dieses Kapitel stammt aus meiner Feder und wie schon in der Ankündigung erwähnt, ist Regina anhand der Vorgaben einer Twitterumfrage entstanden – und im Prinzip ich in jünger mit ein paar Ausnahmen …
Nur um das Klarzustellen: Ich habe nur Pullis in den Farben schwarz, grau und dunkelblau. Die einzigen roten Sachen, die ich besitze sind ne Gewandungsbluse, ein Spider-Man und ein Deadpool T-Shirt.
Wenn gewünscht kann ich Beweisfotos liefern 😀
Wollte ich nur erwähnt haben …

Anne/PoiSonPaiNter