Schreiberlinge im Interview: Anne Danck

Seit Anfang an ein fester Bestandteil des Fairy Tale Summers als Teilnehmerin, nun auf der anderen Seite der Ereignisse. Viel Spaß mit den Antworten von …

Das Märchensommer Banner zeigt eine Scherenschnitt-Fee, die Glitzer auf den verschnörkelten Schriftzug "Märchensommer" über einem aufgeschlagenen Buch streut. Alles vor einer grünen Wiese neben einem Baum und Sonnenstrahlen im Hintergrund.

Anne Danck

Ein paar Daten zu dir:

Ich bin große Märchen-Liebhaberin und folge daher Annes Märchensommer gewissermaßen schon seit erster Stunde. Es ist für mich eine große Ehre, hier jetzt selbst mein Buch vorstellen zu dürfen. Ich komme aus Berlin, bin promovierte Verhaltensbiologin, habe eine Rasselbande an Farbratten adoptiert und trinke normalerweise erst nachmittags Kaffee.

Ich sage immer, ursprünglich komme ich aus der „Kurzgeschichten-Ecke“. Ich liebe Kurzgeschichten zu lesen und zu schreiben und habe daher jahrelang auch vor allem in diesem Bereich veröffentlicht. (Übrigens auch in einer Anthologie, in der auch Anne selbst vertreten ist: „Dunkle Federn, scharf Krallen“ Die müsst ihr unbedingt lesen! Nicht nur, weil alle Geschichten darin sehr gut sind, sondern weil der Gewinn der Antho auch für einen guten Zweck gespendet wird.)

Aber dann hatte eine gewisse Prinzessin in einer der Kurzgeschichten doch mehr zu erzählen und daraus wurde ein ganzer Roman: „Spielmannsbraut“, erschienen 2021 im Drachenmond Verlag, ist das Märchen „König Drosselbart“ aus der Sicht der angeblich so hochmütigen Prinzessin. Sie selbst findet nämlich, dass ihr Spott eigentlich berechtigt und reine Selbstverteidigung war …

Vorneweg ein paar Fragen zu deinen Märchen Spielmannsbraut:

1. Welches Element deines Märchens war am Schwierigsten umzusetzen?

Das Finale. Es gibt davon so viele verschiedene Versionen in so unterschiedlicher Länge! Ich kann hier leider nicht zu sehr ins Detail gehen, sagen wir nur: Es gibt viele Personen, die teilweise unterschiedliche Sachen voneinander wissen, sehr konträre Meinung voneinander haben, sich gegenseitig bestimmte Ziele und Motive unterstellen … Genau so herausfordernd wie sich das anhört, war es auch. Im Endeffekt habe ich sehr viel reduziert, damit die Botschaft klarer wird und man den Überblick behalten kann. Aber das war ein langer, zäher Kampf, den ich auch nie ohne meine tapferen Testleser:innen gewonnen hätte.

2. Was hat dich bei der Arbeit am Märchen am meisten zur Verzweiflung gebracht?

Die Prinzessin selbst. Mirelle ist selbstbewusst und nicht auf den Mund gefallen. In die Ecke gedrängt, ist sie nicht zimperlich, sondern teilt ordentlich aus. Das kann auf Anhieb sehr abschreckend und unsympathisch wirken. Zu zeigen, dass sie eigentlich auch sehr liebenswürdig ist, ohne ihr gleich ganz die Zähne zu ziehen, war wahrlich nicht einfach. Aber wenn ihr euch beim Lesen an ihrer etwas rücksichtslosen Art stoßt, dann rate ich euch: Haltet durch, bis der Spielmann seinen Auftritt hat. Er verpasst ihr eine ganz schöne Abreibung und ist in vielen Punkten das Gegenteil zu ihr.

3. Welche Fassung (Film, Erzählung, Adaption) deines Märchens, außer deiner eigenen, magst du am liebsten?

Tatsächlich ist es ja ein eher selten adaptiertes Märchen, daher ist die Auswahl nicht so groß. Als Kind mochte ich sehr die Version, die meine Oma auf Schallplatte hatte, und die uralte Schwarz-weiß-Verfilmung von 1954. Allerdings habe ich meine Meinung zu dem Märchen an sich inzwischen gründlich geändert, und aus moderner Perspektive einige Probleme mit der Moral. Wie kann es ein Happy End geben, wenn die Auflösung ist, dass König Drosselbart die Prinzessin die ganze Zeit belogen hat? Wie kann man in einer Beziehung den anderen umerziehen wollen? Das klingt nicht nach Gleichberechtigung und erst Recht nicht nach Liebe. Ich finde, so etwas sollten aktuelle Rezeptionen auch beachten.

4. Ein Film-Mensch kommt auf dich zu und möchte dein Märchen umsetzen. Wen siehst du in den Hauptrollen?

Gerne ein paar (noch) unbekannte Schauspieler:innen. Solange sie passend und Talent haben, bin ich da nicht wählerisch.

5. Was wünscht du dir für die Zukunft deines Märchens?

Da von einigen Seiten schon der Wunsch geäußert wurde: Vielleicht die Zeit, eine Fortsetzung zu schreiben. Nicht über Prinzessin Mirelle, aber ich wüsste da so eine Person, die auch ein paar Lektionen vom Leben verdient hätte …

Schauen wir uns deine Märchenleidenschaft mal etwas genauer an…

6. Was ist deine schönste Erinnerung, wenn es um Märchen geht?

Jedes Jahr aufs Neue: Im Winter „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ mit meiner Schwester (und oft auch dem Rest der Familie) zu schauen. Ich liebe diese Version des Märchens, sie macht so vieles richtig, was ich bei anderen Adaptionen vermisse. Und ich entdecke jedes Jahr neue Details. Zum Beispiel, dass es hier der Prinz ist, der eigentlich dafür sorgt, dass Aschenbrödel ihre Zaubernüsse bekommt. Oder dass Aschenbrödel auf dem Ball einen Phönix auf ihrem Kleid trägt … Weil der aus der Asche geboren wird.

7. Was magst du lieber? Happy End oder Bad End?

Happy End. Aber bitte nicht zu übertrieben, es darf eine Wehmutsnote dabei sein. Eine Person, die sich nicht bekehren lässt, eine Konsequenz, die man trotz allem nicht verhindern konnte … So etwas.

8. Was stört/begeistert dich bei Märchen am meisten?

Wo soll ich anfangen? Mich begeistert so vieles! Sie stecken voller Symbole, die auf so unterschiedliche Weisen interpretiert werden können. Und sie haben so viele Ungereimtheiten – die fordern geradezu dazu auf, eine Erklärung dafür zu finden. Die gleiche Ausgangsgeschichte kann dadurch auf so vollkommen verschiedene Arten und Weisen erzählt werden.

9. Was ist für dich typisch an einem Märchen?

In Märchen müssen die Hauptpersonen nicht die Welt retten, sondern sie kämpfen für ganz persönliche Dinge – den Weg aus dem Wald, den Schutz des Bruders, ein Heilmittel für den Vater. Außerdem steht ihnen dabei kein ganzes Heer zur Seite, sondern oft nur ihr eigener Mut und Verstand.

Zum Schluss noch ein paar märchenhafte Fragen:

10. Du triffst auf ein sprechendes Tier, das dir weismachen will, dass es ein verzauberter Mensch ist. Was würdest du tun?

Das Tier ausfragen natürlich! Als Verhaltensbiologin hätte ich so unglaublich viele Fragen: Wie ist das so in einem Tierkörper? Welche Sinne sind besser, welche schlechter? Gibt es dann Instinkte, die manchmal greifen und gegen die man dann in der Gestalt nichts tun kann?

11. Eine gute Fee will dir drei Wünsche erfüllen, was würdest du dir wünschen?

Den Trick kenne ich, darauf falle ich nicht herein. Kann ja jede:r behaupten, gut zu sein, aber aus „Once Upon A Time“ weiß ich ganz genau: Every magic has its price. Darauf lasse ich mich also lieber nicht ein.

12. Welchen Märchenweg würdest du wählen um jemanden aus dem Weg zu räumen?

Ganz klar die Verwandlung in ein Tier. Damit bekommt die Person die Lebenslektionen gratis dazu – und falls man sich doch geirrt hat, kann man es (hoffentlich) wieder rückgängig machen.

13. Bonusfrage: Mit welcher Märchenfigur würdest du gerne tauschen?

Wenn ich ehrlich bin: mit keiner. Ich bleibe lieber der allwissende Erzähler.

Mehr zu Anne gibt es hier:

Homepage: Anne Danck
Instagram: annedanck

Vielen Dank, Anne!

Anne/PoiSonPaiNter

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