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Der Weg zum Märchen

Schon in meiner Nerdwoche: Superheldinnen gab es einen Beitrag über deren inspirierende Wirkung, doch auch von einfachen Dingen in der Natur kann man Inspiration für märchenhafte Geschichten finden.

Dabei nimmt euch Laura Kier mit auf ihren Weg durch den heimatlichen Wald und zeigt euch, welche Geschichten sich hinter jedem Baum und unter jedem Strauch verborgen halten.

Folgt ihr hier entlang: Sonne, Wind und die Abenddämmerung – ein märchenhafter Inspirationsspaziergang

Wenn euch das noch immer nicht genug inspiriert hat, um eure eigenen Märchengeschichten zu schreiben, dann empfehle ich euch ihre Märchenzeit vom vergangenen Jahr, wo ihr den Anfang einer märchenhaften Geschichte erschaffen könnt.

Hier entlang: Märchenzeit

Wen es interessiert, so sieht mein Anfang aus:

Es war einmal … eine Eishexe, die wünschte sich nichts sehnlicher, als den Regen zurückzuholen und damit die dürren Felder zu wässern. Doch eine Schneezauberin hat sämtliche Wolken gestohlen und über die Berge davon getrieben.

Meine Charakterin heißt übrigens Neata. Sehr neat. B)

Mal sehen, ob ich irgendwann mal die Geschichte schreibe … oder vielleicht diese Figuren bereits im Eishörnchen eingebaut habe? Wir werden sehen …

Viel Spaß und lasst euch inspirieren!

Die Autorin

In Märchen, Romanen und Blogbeiträgen erzählt Laura Kier davon, den eigenen Träumen zu folgen. 1985 wurde sie im Ruhrgebiet geboren, studierte in Düsseldorf Biologie, schwenkte nach dem Diplom in die Softwareentwicklung um und lebt nun in Niedersachsen. Neben dem Schreiben gehören Malen und Zeichnen zu ihrem Leben dazu.

Homepage: Weltenpfad
Facebook: Laura Kier
Twitter: @weltenpfad
Instagram: Weltenpfad

Anne/PoiSonPaiNter

#CroMär: Kapitel 4

Regina hat letzte Woche mit sich gehadert, wird sie tatsächlich in den fragwürdigen Apfel beißen? Wies es weiter mit dem vierten Kapitel des #CroMär, des Crossover Märchens, könnt ihr heute lesen.

Kapitel 4 – Fischige Angelegenheiten

Bevor Regina noch einmal die Zweifel überkommen konnten, biss sie in den Apfel. Er war tatsächlich saftig, sofort tropfte es ihr übers Kinn. Er schmeckte auch nicht schlecht, aber trotzdem… irgendwie falsch. Als wäre es ganzer Apfelkuchen, nicht nur ein Apfel.
Vorsichtshalber nahm sie keinen zweiten Bissen, sondern stapfte zurück zu ihrem Fahrrad und steckte den Apfel in eine der unzähligen Plastikdosen, die ihre Mutter für ihre Oma mitgeben hatte. Der Kuchen wurde dadurch zwar ein Bisschen gedrückt, aber ansonsten verstanden sie sich bestimmt gut. Jedenfalls würde sie erst einmal die Wirkung abwarten. Neuen Code testete man schließlich auch erst einmal Häppchenweise.
Sie kettete das Fahrrad ab, prüfte ihr Handy – das Spiel lief noch, alles gut – und schob das Fahrrad den lästigen Stück des Weges, der zu dicht bewachsen war. Seltsam, dass ausgerechnet hier heute so viele Leute unterwegs waren. Und am seltsamsten war definitiv dieser Förster gewesen. Einen Kuss wollte er. Ihren ersten richtigen mit Wolf, Sandkasten Küsschen zählten da nicht.
In Reginas Magen gurgelte es, der Apfel war an der Arbeit.
Jedenfalls würde sie ihm weder ihren ersten noch sonst einen geben. So ein Unsinn! Der Kerl hatte überhaupt nichts in der Hand, womit er sie zwingen könnte. Und wenn es doch darauf ankäme, dann wäre wenn dann sie diejenige, die hier im Vorteil wäre. Einen Kuss, pah. Wenn das nicht eindeutig unter sexuelle Belästigung fiel!
Die Geräusche aus ihrem Bauch wurden noch unheimlicher. Als würden kleine Blubberblasen in ihr aufsteigen. Und tatsächlich, wenn sie den Mund öffnete, hatte sie sogar das Gefühl, sie würde Marzipangeruch ausatmen. Was das wohl bedeutete?
Erleichtert sah sie, dass der Pfad wieder befahrbar wurde und schwang sich auf den Sattel. Was auch immer mit ihr passierte, es sollte am besten nicht hier unbeobachtet mitten im dichten Wald geschehen, wo man sie erst nach Tagen finden würde. Obwohl sie bei der Besucherfrequenz heute vielleicht wiederum Glück hätte, aber man musste es ja nicht darauf ankommen lassen.
Eine schöne Geschichte war das, jetzt wurde ihr auch noch übel. Was hatte ihr ihre Tante da nur angedreht? Regina trat rascher in die Pedale.

Sie war selten so froh gewesen, selbst einen Schlüssel zur Wohnung ihrer Oma zu haben, wie in diesem Moment. Das Nicht-darauf-warten-müssen, dass die Tür von innen geöffnet wurde, verschaffte ihr wertvolle Sekunden. Sie stürzte zur Tür hinein, mitsamt Schuhen durch den Flur und direkt zum Klo. Dann war alles vorbei.
„Bist du das, Regina?“, kam es aus dem Wohnzimmer, begleitet von gedämpften Gesprächen des Fernsehers.
„Ja“, schniefte sie.
„Was?“
Den Kopf über der Kloschüssel wartete sie noch eine Salve ab. „Ja!“, brüllte sie dann.
„Warum machst du so komische Geräusche?“
Regina verdrehte gedanklich die Augen, hatte praktisch jedoch gerade andere Dinge zu tun. Verdammt, das war doch nicht normal! Und das war nur die Wirkung von einem einzigen Bissen. So bekamen sechs Kilo in einer Woche natürlich einen ganz anderen Beigeschmack. Und so viel stimmte natürlich auch: Sie hatte jetzt definitiv keinen Hunger mehr.
Dann, endlich, war es vorbei. Zittrig kam Regina auf die Füße, spülte erst das Klo, dann den Mund. Noch während sie das Bad verließ, wählte sie bereits die Telefonnummer ihrer Tante.
„Hallo, Susi. Du, dein Apfel ist furchtbar zum Kotzen.“
„Hallöchen Regina. Was ist dir denn über die Leber gelaufen? Probier ihn doch erst einmal, dann wirst du sehen, dass ich –“
„Ich hab ihn schon gekostet, das ist doch das Problem!“
Reginas Oma lag auf dem Sofa, die Decke bis zur Brust gezogen und winkte Regina mit der Fernbedienung zu. Regina signalisierte ihr, dass sie den Fernseher leiser stellen sollte und diese kam augenblicklich der Bitte nach. Für Skandälchen war sie ganz Ohr, eigene Erkrankung hin oder her. Und am besten wandelte sie die danach gleich in eine kleine, fragwürdige Geschichte um, die sie bei nächster Gelegenheit zum Besten gab.
„Du meinst, er hat zu Erbrechen geführt?“
„Wie der beste Magen-Darm-Infekt.“
„So war das aber nicht gedacht. Die bisherigen Tests an Tieren haben nichts dergleichen ergeben. Es wirkt leicht abführend, das ist richtig, aber von Erbrechen wurde nicht berichtet.“
„Frag sie, welche Tiere es waren“, forderte Reginas Oma.
War ihr Handy so laut, dass sie das hatte mithören können? „Welche Tiere waren es denn?“
„Ratten und Kaninchen, so weit ich weiß. Die Routine eben.“
„Kein Wunder, dass sie nichts festgestellt haben. Die können auch nicht erbrechen“, behauptete ihre Oma.
Regina schirmte das Mikro mit einer Hand ab. „Woher weißt du das denn bitte?“
Ihre Oma deutete vielsagend auf den Fernseher.
„Das stimmt zwar“, hörte Regina Tante Susi in deutlich pikiertem Tonfall sagen (die hatte anscheinend auch viel zu gute Ohren!), „aber du kannst Mama ausrichten, dass Übelkeit bei Ratten sozusagen einen Fressflash verursacht und das hätte wohl kaum zum gewünschten Ergebnis geführt. Das haben zumindest die zuständigen Experten gesagt.“
Das wurde Regina eindeutig zu viel Spekulation. „Egal, was der Grund ist, es war jedenfalls eine Sauerei und du solltest alle anderen Testkandidaten vorwarnen. Ich werde jedenfalls keinen weiteren von diesen Höllendingern essen.“
Und um ihrer Aussage Nachdruck zu verleihen, legte sie auf.
„Das war aber unhöflich.“
Regina schnauffte nur und ließ sich dann neben ihrer Oma aufs Sofa sinken. Jetzt saßen sie hier und waren beide krank. Und vielleicht, ging ihr verspätet auf, war sie doch etwas zu unhöflich zu ihrer Tante gewesen. Was, wenn diese gar nichts dafür konnte, und stattdessen dieser Polizist etwas an dem Apfel gedreht hatte? Immerhin hatte er ihn sogar in seiner Tasche gehabt!
„Was sollte der Apfel überhaupt bewirken?“, fragte ihre Oma neugierig.
„Er sollte mich abnehmen lassen.“
„Und was sollte er wirklich bewirken?“
Regina ließ den Kopf zurücksinken. Sie fühlte sich zittrig und elend. Sie wollte gar nicht wissen, was ein ganzer Apfel bewirkt hätte. Mindestens Bewusstseinsverlust, so viel stand fest.
„Gibt es da etwa einen jungen Herren?“, neckte ihre Oma.
Was half es da, es zu leugnen? „Er hat mich zum Wunderjunggesellenball eingeladen“, brummte Regina. „Und mir sogar das Kleid gezeigt, in dem er mich am liebsten sehen will.“
„Ich kann dich sehr gut verstehen. Als ich in deinem Alter war…“
Na also, hier kam sie schon, eine ihrer Geschichten. Das hatte ja nicht lange gedauert.
„Da hatte ich, ob du es glaubst oder nicht, auch ein paar Pfunde mehr auf den Rippen. Außerdem gab es da einen Jungen… ach, alle Mädchen der Klasse waren hinter ihm her. Er sah aber auch unverschämt gut aus, mit seinen Grübchen. Und witzig war er! Ich konnte mein Glück kaum fassen, als er mich einlud, beim Frühlingsball seine Begleitung zu sein. Aber es gäbe eine Bedingung, meinte er. Es gäbe einen Kostümwettbewerb und den müssten wir unbedingt gewinnen. Da er schon sein Kostüm ausgewählt hatte und als Wassermann gehen würde, müsste ich meins anpassen und als Meerjungfrau gehen. Mit Fischschwanz und Muschel-BH.“
Regina runzelte die Stirn. Na klar.
„Ich hatte natürlich meine Bedenken“, fuhr ihre Oma fort. „Der enganliegende Fischschwanz würde mich wie eine Leberwurst aussehen lassen und noch dazu bauchfrei… Aber es war mein Schwarm, also verkaufte ich meine Seele und wurde zur Meerjungfrau.“ Sie seufzte melodramatisch. „Was ich jedoch nicht wusste, war, dass der Wettbewerb in Wahrheit eine Wette war und die ging darum, wer seine Begleitung dazu bringen konnte, im absurdesten Aufzug zu erscheinen. Und natürlich hatte er mich ausgewählt, weil er wusste, dass er mit mir das leichteste Spiel haben würde. Tatsächlich getanzt hat er dann den ganzen Abend mit einer anderen.“ Sie klopfte Regina sacht auf den Arm. „Deswegen, meine Liebe, sollte man vorsichtig sein und sich nicht für jemanden verbiegen, nur weil er einem einmal angelächelt hat.“
„Muschel-BH? Schwarm? Aus welcher Telenovela hast du denn diese Geschichte? Die muss ja ganz schrecklich gewesen sein.“
„Aber sie hätte mir so passieren können.“
„Ach, Oma. Ich bin doch keine zehn mehr, ich bin zu alt für Märchen. Du hattest nie Gewichtsprobleme, ich kenn doch die alten Fotos von dir.“
„Es ist doch die Botschaft, die zählt.“
„Eigentlich ist es die Wahrheit, die zählt.“ Regina schälte sich wieder vom Sofa. „Ich hol mal die Sachen rein, die Mama für dich mitgegeben hat, bevor sie noch jemand aus dem Fahrradkorb klaut.“
„Das heißt, du willst trotzdem zum Ball.“
Natürlich wollte sie trotzdem. Es war nun mal nicht irgendjemand, es war Wolf. Und zum Glück würde sie nicht als Meerjungfrau gehen, sondern ein normales Kleid anziehen. Nun ja, mit Glitzersteinen. Und zu viel Ausschnitt. Aber was tat man nicht alles.
„Dann lass wenigstens deine Mutter deine gute Fee sein und das Kleid für dich anpassen“, rief ihr ihre Oma hinterher. „Damit es wenigstens dein Kleid wird und nicht das für eines dieser super skinny Models.“
Wo auch immer sie diesen Begriff schon wieder aufgeschnappt hatte. Regina seufzte. Manchmal wünschte sie sich, sie könnte auch einfach eine dieser ganz normalen Omas haben, die Tee kochten, Kuchen backten und strickten. Aber diese Fähigkeiten waren irgendwie alle direkt zu ihrer Mutter übergegangen.

Weiter geht’s: Kapitel 5

Hinter den Kulissen

Letztes Jahr hat sie noch mitgerätselt, in diesem Märchensommer ist Anne Danck, die selbst auch an eigenen Märchenadaptionen schreibt, direkt beteiligt. Wer weiß, vielleicht ist sie dann in Auflage 3 mit ihrem eigenen Buch vertreten. 😀

Anne/PoiSonPaiNter

#CroMär: Kapitel 3

Letzte Woche wurde Regina ein etwas fragwürdiges Obst angedreht, was sie damit macht und wies es weiter mit dem dritten Kapitel des #CroMär, des Crossover Märchens, könnt ihr heute lesen.

Kapitel 3 – Forsthilfe

Es war wirklich nicht fair von ihrer Tante, ausgerechnet Wolf ins Spiel zu bringen. Todesmutig hatte sie ihm ihre Gefühle gestanden und er hatte sie einfach nur ausgelacht. Nur Freunde seien sie. Nach dem er den Talentwettbewerb gewonnen hatte, nicht mal mehr das. Weil er keine Zeit mehr hatte. Sie hätte ihm die Augen auskratzen sollen. Stattdessen hat sie sich zurückgezogen und einfach nicht aufhören können, an ihn zu denken. Wenn er sich genug in der Welt ausgetobt hatte, vielleicht, das hoffte sie ganz insgeheim, vielleicht würde er zu ihr zurückkommen. Niemand vergaß seine Sandkastenliebe. Oder? Bestimmt nicht! Schmachtend starrte sie auf den Apfel. Sieben Kilo. In einer Woche. Er war wirklich wunderbar rot. Aber bildetet sie sich das ein oder roch er nach Marzipan? Wie eklig war das denn? Urplötzlich fielen ihr die Mädchen ein, mit denen Wolf in der Zeitung abgebildet war. Im hohen Bogen schleuderte sie den Apfel zwischen die Bäume, lobte sich ihre Pfunde und schob das Rad weiter.
Nach ein paar Metern sah sie ihn noch einmal im Moos liegen. Er war in der Nähe einer Ameisenstraße gelandet, doch die emsigen Arbeiter stürzten sich nicht auf ihn, sondern machten einen großen Bogen darum. Regina warf einen Blick über die Schulter, ob der pinke Neonblitz noch irgendwo zu sehen war – Tante Susi war verschwunden –, und kickte den Apfel tiefer ins Unterholz. Sie konnten sie mal, alle Wölfe und Hungerhaken dieser Welt. Sie blieb bei richtigen Äpfeln, echtem Marzipan und kaschierenden Kapuzenpullovern.
Der Wald wurde dichter. Schon oft hatte sie es verflucht, dass man die letzte Strecke nur schieben konnte, wenn man nicht von der anderen Seite kommen und die Straße nehmen wollte. Und das wollte sie definitiv nicht, auch wenn es hier manchmal unheimlich war. Kurz überlegte sie, ihr Rad an einen Baum zu ketten, um ohne besser vorwärts zu kommen, da entdeckte sie zwischen den Stämmen eine Gestalt auf sich zu kommen. Nicht schon wieder jemand, oder? War denn die ganze Stadt heute im Wald unterwegs? Das mit dem Anketten erübrigte sich. Schnell wegkommen war jetzt gefragt, aber die Gestalt bemerkte wohl ihren Plan und beschleunigte den Schritt.
„Hey, Regina, warte mal!“
Wie vom Donner gerührt blieb sie stehen. Unter tausend Stimmen hätte sie diese eine wiedererkannt. Hastig drehte sie sich um und nahm nun tatsächlich den Kopfhörer aus dem Ohr.
„Mensch, gut, dass ich dich gefunden habe!“ Er lächelte. Das gleiche zauberhafte, pulsbeschleunigende Lächeln wie damals, als er noch auf dem Schulhof die Pausen mit ihr verbracht hatte.
„Wolf? Bist du das?“
Er grinste. „Und ob. Ich musste ganz schön suchen, um dich zu finden.“
„Aber … aber … woher?“ Ihr blieb der Mund offen stehen. Er stand wirklich vor ihr. Hier. Mitten im Wald.
„Deine Mutter. Sie hat mir gesagt, dass du zu deiner Oma unterwegs bist. Da bin ich hinterher.“
„Du warst bei mir zuhause?“
„Gott, nein, wie kommst du darauf? Ich habe angerufen.“
Der Mund klappte wieder zu. „Ach so.“ Angerufen? „Aber wieso?“
„Hör zu! Ich brauche dich.“
„Mich?“
„Genau dich.“
„Wozu?“
„Nächsten Samstag ist der Wunderjunggesellenball. Na ja, wir bringen alle unsere erste Liebe mit. Und meine warst ja nun mal du.“
„Ich? Und was ist mit Lisa? Leonie? Sabrina? Elke? Martina? Und die hundert anderen, die mir nicht mehr einfallen?“
Er hob beschwichtigend die Hände. „Schon gut, schon gut. Es hat ein paar gegeben. Aber nur eine war die Erste. Und das bist du. Wie sollte ich meine Sandkastenliebe vergessen?“
Sie schluckte. „Im Ernst?“
„Würdest du mich begleiten?“
„Wunderjunggesellenball?“
„So heißt er nun mal.“
„Ich habe Samstag schon was vor.“
„Kannst du das nicht verschieben? Um der alten Zeiten willen?“
„Du solltest lieber eine von deinen Magermodels fragen.“ Sie wünschte sich, dass ihr Herz nicht wie verrückt pochen würde. Er sah noch tausend mal besser aus, als auf den vielen Fotos, die sie von ihm gesammelt hatte. Und war er wirklich durch den ganzen Wald gehetzt, um sie zu finden?
„Hab ich d… hab doch nur eine Sandkastenliebe.“
Ihr Blick schweifte langsam zwischen den Baumstämmen hin und her, als suchte sie dort nach dem Haken. Das war doch alles ein Traum, oder?
„Komm schon, sag ja!“ Da war es wieder, dieses Lächeln.
„Ich … ich kann nicht tanzen. Und ich habe kein Kleid.“
„Das mit dem Tanzen kriegen wir schon hin. Und für ein Kleid habe ich natürlich gesorgt.“ Er griff in seine Hosentasche und zog ein Bild heraus. „Wie wäre es mit dem hier?“ Ein Traum aus dunkelblauer Seide, schwingendem Rock und Swarovskisteinen besetztem Dekolleté zeigte sich darauf.
„Das … das … ich … da passe ich niemals rein.“ Es war abscheulich diese Worte sagen zu müssen. Feurige Röte zog sich über ihre Wangen. War ja klar, dass das alles nur ein Witz war. Er wollte sie demütigen, auf übelste Weise. Und sie wäre beinahe darauf reingefallen. Mit zittrigen Händen zog sie sich die Kapuze über und wandte sich ab.
Wolf legte ihr die Hand auf die Schulter. „Hey, warte. Das ist kein Witz. Geh mit mir zum Wunderjunggesellenball. Das Kleid ist wirklich für dich. Irgendwie wirst du da schon reinpassen. Natürlich nur, wenn du willst. Aber wie es aussieht, hast du wohl keine Lust.“
Doch. Hatte sie.
„Na, dann …“ Jetzt war er es, der sich abwandte.
Blitzartig fiel ihr Tante Susis Apfel ein. „Äh, doch. Warte! Ich habe Lust.“
„Du kommst mit?“ Seine Augen blitzen auf. So wie früher.
„Ja. Das mit dem Kleid bekomme ich hin. Wann treffen wir uns?“
Ein breites Grinsen überzog sein Gesicht. „Ich hole dich ab. Samstag um sechs.“
„In einer Woche?“
„In einer Woche, Baby.“
„Okay. Abgemacht.“
„Das Kleid lasse ich dir vorbeibringen.“
„Gut.“
„Dann bis Samstag in einer Woche.“
„Bis Samstag.“
Seine athletische Gestalt verschwand zwischen den Bäumen. Sie starrte ihm hinterher, als wäre er ein Geist. Ein wunderschöner Geist, ein Traum von einem Mann. Sie musste jetzt nur noch dafür sorgen, dass dieser Traum nicht ungeträumt blieb – und diesen verdammten Apfel wiederfinden, damit sie pünktlich zum Fest eher für das Kleid passende Figur hatte. Denn Tante Susi um einen weiteren Apfel zu bitten – eher würde sie sich von einer Klippe stürzen, als sich das dumme Grinsen ihrer Tante anzutun.
Das Fahrrad wurde jetzt doch an den Baum gekettet, samt Korb, denn beim Suchen brauchte sie die Hände frei. Aber wo zum Teufel hatte sie den Apfel hingetreten? Wo hatte sie ihre Tante getroffen. Wo war die Ameisenstraße? Gab es denn in diesem Wald nichts als Bäume, Bäume, Bäume?
Innerlich verfluchte sie ihre nerdige Angewohnheit, niemals ganz genau den gleichen Weg zu nehmen. Trotzdem musste sie es versuchen. In Gedanken tanzte sie schon einen Walzer mit Wolf, schwebte in seinen Armen, spürte seine Hand auf der Hüfte, roch seinen Atem. Sie. Brauchte. Diesen. Apfel.
Die Äste knackten unter ihren Schritten, Brombeerdornen verfingen sich in ihrem Hosenbein, mit einem Ruck befreite sie sich, stürzte vornüber und landete im Moos.
Verdammt.
„Kann ich Ihnen helfen, junge Frau?“
Verwirrt fuhr sie herum, nur, um festzustellen, dass sie dank ihres Körpergewichts gar nicht so einfach herumfahren konnte. Also drehte sie sich um.
Vor ihr stand ein kleiner, untersetzter Herr mit Rauschebart und Rotzbremse. An den äußersten Haaren über der Oberlippe klebten noch gelbe Reste der letzten Mahlzeit. Eine Forstuniform umspannte seine Wampe, der Hut hing halb über seinem Ohr. Er reichte Regina eine Hand und half ihr wieder auf die Beine.
„Kann ich Ihnen helfen?“, wiederholte er seine Frage, nachdem sie ihre Hosenbeine sortiert hatte.
„Ich such einen Apfel.“
„Einen Apfel?“
„Einen roten.“
„Einen roten Apfel?“
„Ja.“ Sein übler Atem ließ sie einen Schritt zurückweichen. „Einen roten Apfel. Er war ein Geschenk von meiner Tante. Ich brauche ihn dringend. Man könnte sagen, mein Leben hängt davon ab. Oder mein Glück. Meine Liebe. Einfach alles.“
„Wo haben sie ihn verloren?“
„Zwischen den Bäumen bei der Ameisenstraße.“
„Aha. Welcher Baum genau?“ Während er sprach, wippte sein Schnäuzer auf und ab, ein Teilchen des gelben Speiserestes löste sich, fiel herab und blieb im Rauschebart kleben.
„Das weiß ich doch nicht mehr.“
„Hmm. Schwierig, schwierig. Wenn sie keine genauere Beschreibung haben …“
„Nein.“
„Ich könnte Ihnen natürlich auch anders helfen.“
„Und wie?“ Sie tat einen Schritt auf ihn zu, bereute es augenblicklich, aber traute sich nicht, wieder zurückzutreten.
„Ich kann Ihnen den Apfel beschaffen.“
„Wirklich?“ Das Kleid blitzte vor ihrem inneren Auge auf. Sie tanzte mit Wolf in einem wunderschönen Kartenhaus.
„Sicher.“
„Ja dann.“
„Es hätte natürlich einen Preis.“
Das Kartenhaus stürzte zusammen. „Wie teuer wird es denn?“
Der Förster lachte hämisch. „Nicht teuer, eine winzige Kleinigkeit.“
„Und was?“
„Sollten sie ihren Liebsten auf dem Fest erobern …“
Woher wusste er denn jetzt von Wolf und dem Ball? „Ja?“
„… gehört der erste Kuss mir.“
„Was?“
„Also? Was ist?“
„Sie wollen einen Kuss?“ Sie presste die Lippen aufeinander.
„Den ersten Kuss. Nur, wenn Sie ihren Liebsten gewinnen. Sonst natürlich nicht.“
„Aber?“
„Das ist doch wohl nicht zuviel verlangt, wenn man bedenkt, was Sie bekommen.“
„Nein. Natürlich.“
„Und? Wollen Sie ihren Apfel zurück?“
Was sollte geschehen? Sollte sie wirklich Wolfs Herz erobern, dann würde ihr liebster doch verhindern, dass dieser sabbernde Bartträger sie küsste, oder nicht? Eigentlich war es ein völlig gefahrloser Deal. „Ja. Bitte helfen Sie mir.“
„Und ich bekomme den ersten Kuss?“
„Ja.“
„Abgemacht?“
„Abgemacht.“
Mit einem Freierlächeln schnippte er mit den Fingern. Ein winziger Blitz fuhr aus den Fingerspitzen. Dann steckte er seine Hand in die Uniformtasche und zog … den Apfel heraus. „Bitte sehr.“
„Aber.“ Ihr blieb nun schon zum zweiten Mal an diesem Tag der Mund offen stehen. „Woher?“ Es war tatsächlich Tante Susis Apfel, samt Marzipangeruch.
„Wir sehen uns. Danken Sie mir später.“
Ehe sie sich versah, stand sie wieder alleine im Wald.

Weiter geht’s: Kapitel 4

Hinter den Kulissen

Heute war Paula Roose dran, an deren Kapitel wir etwas rumdoktern mussten, da sich Regina in der ersten Fassung doch etwas zu sehr „geistig umnachtet“ anfühlte, als sie viel zu schnell auf Wolf eingegangen ist.
Ursprünglich war der Förster auch ein Polizist, aber so tief im Wald, war das dann doch etwas unpassend.
Von Paula könnt ihr übrigens im Verlauf des Märchensommers ihr Buch „Drachenschuld“ als Rundenpreis der dritten Märchenrallye Runde und als zwei der kleinen Hauptpreise des Sommers gewinnen.
Anne/PoiSonPaiNter

#CroMär: Kapitel 2

Nachdem wir letzte Woche mit Regina in den Wald gegangen sind, geht es heute weiter mit dem zweiten Kapitel des #CroMär, des Crossover Märchens.

Kapitel 2 – Apfelprobleme

Sie radelte über den leicht holperigen Weg, immer tiefer in den Wald hinein. Es roch nach feuchter Erde und Moos. Das Sonnenlicht, gefiltert durch das dichte Blätterdach über ihr, tauchte alles in einen leichten hellgrünen Schimmer. Es war beinahe, als würde man unter Wasser fahren. Cool, dachte Regina. Aber am coolsten: keine Leute hier. Es gab sowieso überall viel zu viele Leute. Krabbelten durcheinander, schubsten, drängten, nervten. Regina war nicht besonders gesellig. Zu viele Menschen auf einmal machten ihr Kopfschmerzen.
„Regina? Juhu, Reginaaaaa!“
Da hatte sie sich wohl zu früh gefreut. Regina legte eine Vollbremsung hin. Sie konnte gar nicht anders. Denn da, genau vor ihr, war eine kleine, schlanke Frau in einem grellen, pinkfarbenen Jogging-Outfit aufgetaucht: Tante Susi. Ganz plötzlich, als hätte der Wald sie ausgespuckt. Regina konnte es dem Wald nicht verdenken. Sie würde auch spucken, wenn ihr diese botoxlippige Barbie im Magen liegen würde.
„Regina, Schätzchen, du machst auch Sport? Das ist eine hervorragende Idee. Wir können ja mal zusammen joggen.“
Susi warf gekonnt die blonden Locken zurück (Hildes Haarsalon: färben, föhnen, neuester Klatsch und Tratsch zusammen 300.- Euro mindestens) und musterte vielsagend Reginas kaum vorhandene Taille. Na wunderbar. Das hatte gerade noch gefehlt.
„Ich muß zu Oma. Notfall.“
„Und Proviant hast du dir auch mitgenommen, wie ich sehe?“
Die gekonnt gezupften Augenbrauen hoben sich. Susi hatte den Picknickkorb erspäht.
„Ist für Oma“, stellte Regina klar.
„Ah ja.“
Süffisanter Tonfall. Susi, rank und schlank, ihrem großen Vorbild Heidi Klum unermüdlich nacheifernd, war eine der Schlimmsten, die Regina ständig wegen ihres Gewichtes nervten. Wunderdiäten, Wunderpillen und am besten den Magen per Operation kleiner schnippeln. Susi schreckte vor nichts zurück. Hauptsache, Size Zero. Regina würde gerne ein paar Pfunde verlieren. Aber sie hatte nicht die geringste Lust, eine Nullnummer zu werden.
„Ich muss weiter.“
„Natürlich, Schätzchen, ich will dich ja auch gar nicht aufhalten. Aber ich hab da was, das wollte ich dir unbedingt zeigen.“
Susi nahm ihren kleinen stylischen Rucksack vom Rücken, öffnete ihn und holte … einen Apfel heraus.
„Hier, für dich.“
„Ne, danke. Hab keinen Hunger.“
Susi lächelte fein. „Du glaubst bestimmt, das ist nur ein ganz gewöhnlicher, wenn auch sehr rotbackiger, süß-saftiger Apfel?“
Regina zuckte mit den Schultern. Sie hatte nichts gegen Äpfel. Nur was gegen eine Apfeldiät.
„Aber das ist kein gewöhnlicher Apfel. Das ist eine neue Züchtung, mit Ballaststoffen. Du isst drei Stück am Tag, morgens, mittags, abends. Sie schmecken köstlich, versorgen dich mit allen nötigen Nährstoffen, vertreiben dein Hungergefühl und du wirst sehen, deine überflüssigen Kilos verschwinden wie durch Zauberhand. Eigentlich reicht schon einer, und du wirst keinen Hunger mehr haben.“
Eine neue Züchtung? Regina wollte gar nicht wissen, was da an Chemie und Gentechnik so alles drinsteckte. Aber das war Susi natürlich völlig egal. Sie arbeitete als Chemikerin für einen großen Kosmetikkonzern, der seine Cremes an wehrlosen Tieren ausprobierte und seine Abwässer so gut wie ungefiltert in den Fluss nebenan leitete.
„Ich bin doch keines von deinen Versuchskaninchen!“
„Völlig ungefährlich. Mein halbes Labor hat die schon probiert“, versicherte Susi.
„Danke, nein.“
„Schätzchen, du kannst bis zu sieben Kilo abnehmen in nur einer Woche. Denk doch mal an Wolf.“
Das war nicht fair. Woher wusste Susi von Reginas Schwäche für ihn? Wolf, der berühmteste, berüchtigtste Sohn der Stadt. Gewinner eines landesweiten Talentwettbewerbes, steile Karriere als Rockmusiker: Wolf & The Hounds of Hell würden in einer Woche in der Stadt gastieren. Wolf, ihr alter Sandkastenfreund, Nachbar, erste große Liebe und erste große Enttäuschung. Wolf, der nur interessiert war an den heißen Mädchen, denen, die sexy waren und selbstbewusst. Und trotzdem hatte Regina seine Karriere mitverfolgt, hatte Zeitungsartikel ausgeschnitten und sich natürlich alle seine Platten gekauft.
„Ich habe übrigens gehört, dass er schon hier in der Gegend sein soll“, flötete Susi. „Seine Mutter besuchen.“
„Ist mir egal“, behauptete Regina.
Aber ihr Herz machte einen verräterischen kleinen Hüpfer. Regina dachte an das Konzertticket, dass sie sich online bestellt hatte. Sie starrte den Apfel an. Sieben Kilo in einer Woche? Wer‘s glaubt … Und selbst wenn. Wolf würde sich wahrscheinlich gar nicht mehr an sie erinnern.
„Ich will nur dein Bestes“, sagte Susi mit süßem Lächeln und legte den rotbackigen Apfel in den Picknickkorb. „Denk in Ruhe darüber nach. Aber nicht zu lange.“
Regina sah ihr nach, wie sie leichtfüßig davonjoggte. Der Apfel glänzte einladend. Regina erinnerte sich an Wolfs Lächeln. Seine strahlend weißen Zähne, seine grünen Augen. Die langen dunklen Haare, die breiten Schultern.
Regina griff nach dem Apfel.

Weiter geht’s: Kapitel 3

Hinter den Kulissen

Der heutige Beitrag stammt von Carola Wolff, die nicht nur ihren Namensvettern eingeführt hat, sondern bei deren Nachnamen ich grundsätzlich die Anzahl der Ls und Fs vertausche …

Im Verlauf des Märchensommers kannst du übrigens ihr Buch „Der Fluch des Erlkönigs“ als Gesamtpreis der vier Märchenrallye Runden und als einen der Hauptpreise des Sommers gewinnen.

Anne/PoiSonPaiNter

#CroMär: Kapitel 1

Wie letzte Woche bereits angekündigt wird es die nächsten Wochen an dieser Stelle immer ein Kapitel des #CroMär, des Crossover Märchens geben.

Viel Spaß mit:

Kapitel 1 – Die Frau mit dem roten Hoodie

“Bin wieder da!” Reginas Stimme hallte durch das alte Haus ihrer Eltern als sie die Tür hinter sich schloss. Das laute Surren der Nähmaschine verriet ihr, dass ihre Mutter zu Hause war. In aller Ruhe hing sie ihre Jacke an die Garderobe, stellte die Schuhe ins Regal und schlurfte in ihren Hausschuhen ins Arbeitszimmer. Für einen Moment blieb sie in der Tür stehen und beobachtete wie ihre Mutter mit konzentriertem Blick den Stoff durch die Maschine schob. Immer wieder hatte Regina es selbst versucht, aber sie hatte was diese Art von handwerklicher Arbeit anging einfach zwei linke Hände. Dafür verstand sie andere Dinge besser, die für ihre Mutter Böhmische Dörfer waren.

“Ah”, entfuhr es ihrer Mutter, als sie von der Arbeit aufblickte und sie bemerkte. “Musst du dich immer so anschleichen?” Es sollte ein Vorwurf sein, doch das leichte Lächeln und die übertriebene Geste mit der sie ihre Hand aufs Herz legte, sagten Regina, dass ihre Mutter sie nur neckte. Das Spiel konnten zwei spielen.
“Soll ich wieder den Schellenring tragen?”, schlug sie breit grinsend vor und erinnerte sich daran, wie genervt ihre Mutter gewesen war, als sie diesen von einem Mittelaltermarkt mitgebracht hatte und damit durchs Haus spaziert war.
“Untersteh dich!”, widersprach ihre Mutter und kam zu ihr, um sie zu begrüßen. “Hast du schon wieder das alte Ding zur Arbeit angehabt?”, kommentierte sie, als sie sich aus der Umarmung gelöst hatten und zupfte an Reginas Hoodie.
“Mamaaa, wie oft noch? Es interessiert keinen auf Arbeit und das ist nun mal mein Lieblingspulli!” Regina verdrehte die Augen und machte sich auf in ihr Zimmer.
“Ja, aber so wirst du es doch nie zu etwas in der Firma bringen!”, erinnerte sie ihre Mutter zum tausendsten Mal.
“Wer sagt denn, dass ich das wi-hill?”, erwiderte sie nur mit einem Singsang und verschwand die Treppe hoch.
Immer wieder führte sie diese Unterhaltung mit ihren Eltern, dabei war die Anstellung in der Software-Klitsche nur ein Nebenjob, um ihr Studium zu finanzieren. In der Abteilung, in der sie angestellt war, kümmerte sich nun wirklich keiner darum, was man trug. Einer ihrer Kollegen trug fast täglich dasselbe, ein anderer lief nur mit Nerd-T-Shirts rum und sie, sie trug halt oft ihren alten, roten Kapuzenpullover, der ihr bei vielen Leuten auf Arbeit und in ihrem Freundeskreis Spitznamen wie “Red” oder manchmal auch “Rotkäppchen” eingebracht hatte. Klar, er war schon etwas ausgefranst an den Ärmeln, die Farbe war nicht mehr ganz so knallig, wie zu Anfang, aber sie mochte ihn. Sie mochte das Gefühl, dass er ihr gab, wenn sie ihn trug. Mit ihrem roten Pulli konnte sie alles schaffen. Das er außerdem dafür sorgte, dass man ihre Fettpölsterchen nicht gleich zu Gesicht bekam war nur ein kleiner Zusatzbonus.

“Regina!”, rief ihre Mutter aus der Küche.
“Komme!”, erwiderte sie knapp und eilte hinab.
Auf dem Küchentisch stand ein Korb in den ihre Mutter gerade kleine Plasteschüsseln packte, die sich daneben stapelten.
“Kannst du bitte zu Oma fahren, ich muss das Kleid noch fertig machen und schaffe es heute nicht”, bat ihre Mutter und sah von ihrer Arbeit auf.
“Findet sie wieder die Steckdose nicht?”, scherzte Regina und verschränkte die Arme. In den meisten Fällen, in denen ihre Mutter darauf bestand, dass sie zu ihrer Großmutter fuhr, hatte die alte Dame etwas an ihrem Computer kaputt gemacht, dass Regina wieder reparieren sollte. Eine der unpraktischen Nebenerscheinungen die Informatikerin im Haushalt zu sein: Jeder glaubte, man wusste alles über Computer. Was in den meisten Fällen allerdings nicht stimmte, aber das brauchte Regina nicht versuchen ihrer Familie zu erklären, da stieß sie nur auf taube Ohren.
“Sei nicht albern. Ihr geht’s nicht so gut und ich habe ihr eine Suppe gekocht. Außerdem hab ich noch ein paar Reste vom Abendessen von gestern und vom Kuchen eingepackt und noch ein paar andere Lebensmittel, weil sie die nicht mehr im Haus hat und in ihrem Zustand nicht einkaufen gehen will”, erklärte Reginas Mutter ohne Umschweife.
“Enkeltochter-Lieferservice, verstehe.” Regina seufzte. Sie war gerade erst angekommen und musste schon wieder los. Normalerweise würde sie sich beschweren, aber sie mochte ihre Oma und ihre Mutter klang besorgt.
“Außerdem tut dir ein bisschen Bewegung mit dem Fahrrad ganz gut”, stichelte ihre Mutter, die deutlich näher am Normalgewicht war als sie.
“Is ja nicht so, dass ich zur Arbeit rolle …”, brummte Regina und ging sich die Schuhe anziehen.

Als alles eingepackt war, schnallte sie es auf den Gepäckträger ihres Fahrrads.
“Fahr vorsichtig und grüß schön”, gab ihre Mutter ihr zusammen mit einem Kuss auf den Weg.
“Natürlich, Mama …”, kommentierte Regina nur genervt und stieg aufs Rad.
Der Weg zu ihrer Oma führte durch ein altes Waldstück, das ihr Dorf vom Nachbardorf trennte. Eigentlich hatte Regina schon seit Jahren erwartet, dass entweder sie dichter zu Oma oder Oma zu ihnen ziehen würde, da die alte Dame zwar noch sehr rüstig, aber auch nicht mehr die Jüngste war, doch bisher wollte sich keine der beiden Parteien bewegen. Warum auch? Der Weg zueinander konnte in einer Stunde mit dem Rad, in einer halben mit dem Auto zurückgelegt werden und alle waren mit ihrem Wohnort mehr als zufrieden. Nur Regina würde sich nach ihrem Studium entscheiden müssen, ob sie weiter Zuhause wohnen blieb oder sich etwas eigenes suchte, aber darüber wollte sie sich jetzt keine Gedanken machen.

Etwas außer Sichtweite des Hause stieg sie noch einmal vom Fahrrad ab und schaltete eines ihrer Handyspiele an. Wenn sie sich schon bewegte, konnte das Spiel ruhig laufen und ihre Schritte mitzählen, damit die kleinen Monster aus ihrem Ei schlüpfen konnten. Ein albernes Spiel, aber ein netter Zeitvertreib, außerdem waren im Wald auch immer wieder ein paar interessante Monster, die in der Stadt nicht so oft auftauchten. Das Handy sicher in ihrer Tasche deponiert, den Kopfhörer in einem Ohr, um den Ton zu hören, wenn ein neues Monster erschien, machte sie sich auf den Weg.

Weiter geht’s: Kapitel 2

Hinter den Kulissen

Dieses Kapitel stammt aus meiner Feder und wie schon in der Ankündigung erwähnt, ist Regina anhand der Vorgaben einer Twitterumfrage entstanden – und im Prinzip ich in jünger mit ein paar Ausnahmen …
Nur um das Klarzustellen: Ich habe nur Pullis in den Farben schwarz, grau und dunkelblau. Die einzigen roten Sachen, die ich besitze sind ne Gewandungsbluse, ein Spider-Man und ein Deadpool T-Shirt.
Wenn gewünscht kann ich Beweisfotos liefern 😀
Wollte ich nur erwähnt haben …

Anne/PoiSonPaiNter

#CroMär

Das Märchensommer Banner zeigt eine Scherenschnitt-Fee, die Glitzer auf den verschnörkelten Schriftzug "Märchensommer" über einem aufgeschlagenen Buch streut. Alles vor einer grünen Wiese neben einem Baum und Sonnenstrahlen im Hintergrund.

Als Vorbereitung auf den Märchensommer möchte ich euch heute vorstellen, was sich hinter dem Hashtag #CroMär verbirgt, das ich ja schon ein paar Mal auf Twitter verwendet habe.

Eine Idee entsteht

Kurz nachdem ich ein paar Leute zusammen hatte, die mit mir gemeinsam für den Märchensommer gehirnstürmten, kam relativ schnell die Frage auf, ob man sich denn auch mit Märchen-Kurzgeschichten beteiligen kann. Eine wunderbare Idee an sich, entwickelte sich diese jedoch noch ein Stück weiter als die (Spinn-?)Rädchen sich zu drehen begannen und schwups hieß es:

Wir schreiben gemeinsam ein #CroMär, ein Crossover Märchen!

Als ich klein war, mochte ich es schon immer mit meinem Vater zusammen die obskursten Geschichten zu erfinden. Da stürmte dann auch mal Bugs Bunny eine Burg, um irgendwen zu retten und genau dieses Gefühl wollte ich in die Geschichte einbringen. Es sollte passen, aber doch anders sein, als man es für gewöhnlich kennt.
Schnell fanden sich dann auch ein paar interessierte Mit-Autorinnen nachdem ich meine Idee kurz umrissen hatte.
Lustigerweise habe ich dann auch genau mein Beispiel ausführlicher geschrieben.

Wer sich erinnert, vor einer Weile habe ich auf Twitter mir einen Charakter erstellen lassen, eben dieser Charakter – der mir selbst SEHR ähnlich ist – ist die Hauptfigur im Crossover Märchen geworden – und ihr seid schuld. 😀

Aber bevor ich euch von ihr erzähle mal noch ein kleiner Überblick zu meinen

Mitstreiterinnen

Eine der ersten war Sarah Wagner, die schon einen Beitrag zu meiner Nerdwoche: Superheldinnen beigesteuert hatte, von ihr stammte auch die ursprüngliche Frage nach Kurzgeschichten.
Sie wurde 1990 in Sachsen geboren. Angezogen vom Reich der Fantasie, begann sie schon früh, Geschichten zu schreiben. Nach der Schule studierte sie vier Jahre Theologie und schrieb im Bereich Philosophie ihre Abschlussarbeit.

Ihre ersten Kurzgeschichten wurden in Anthologien veröffentlicht. 2015 gewann sie den Nachwuchspreis der Berner Bücherwochen. Ihr Debütroman „Xanna: Magische Lieder“ wurde für sie zu mehr als nur dem Schreiben einer Geschichte. Sie entdeckte dabei eine ganz eigene, faszinierende Welt, in der sie auch zukünftig noch viel entdecken möchte.

Facebook: Sarah Wagner

Die nächste war dann Anne Danck, die letztes Jahr noch auf der Teilnehmer-Seite stand und einen meiner Hauptpreise mühelos absahnte und auch beim letzten Adventskalender eine große Hilfe war.

Sie hat Biologie studiert, um die Fabelwesen der realen Welt kennenzulernen, und arbeitet jetzt daran, sie weiterzuerforschen. War schon immer von Geschichten und allen voran Märchen fasziniert. Spinnt mit Vorliebe fantastische Kurzgeschichten, verweigerte sich jedoch nicht, als eine von ihnen besondere Blüten trieb und zum Romanmanuskript wurde.

Facebook: Anne Danck

Ebenfalls beim Adventskalender dabei gewesen ist Paula Roose, die nun wieder mit von der Partie war.

Neben dem Schreiben phantastischer Geschichten über Drachen, haben es Paula auch Adventskalender angetan. Ursprünglich aus der Idee geschlüpft, das sie Leseadventskalender auch für Erwachsene haben wollte, kann sie nun schon mehrere ihr eigen Zählen. Außerdehm schreibt sie in Zusammenarbeit mit dem Netzwerk „Leichte Sprache“ Geschichten für Menschen mit Lernschwierigkeiten.

Homepage: Paula Roose

Gänzlich neu hinzugekommen ist Carola Wolff, die sich prompt anbot auch mehrere Kapitel zu übernehmen, was ich sie aber nicht habe machen lassen. 😀

Sie lebt in Berlin, zusammen mit Stapeln ungezogener Bücher, die überall herum lümmeln und einer extensiven Sammlung literarischer Teebecher. Sie ist gelernte Buchhändlerin, hat einen BA in englischer Literatur und ein Faible für alles Britische. Jetzt schreibt sie u.a. Jugendfantasyromane. Wer mehr über sprechende Raben und magische Musenküsse wissen möchte, der sei hiermit herzlich eingeladen, Carola auf Twitter, Facebook oder ihrer Homepage beim Schreiben über die Schulter zu gucken.

Homepage: Carola Wolff
Facebook: Carola Wolff
Twitter: @carolawolff

Ebenfalls neu dazu kam die frisch gebackene Debütautorin Christina Löw der Märchenspinnerei.

Sie würde am liebsten den ganzen Tag lang schreiben, um allen Ideen, die ihr durch den Kopf hüpfen, angemessen Aufmerksamkeit zu schenken. Vor allem da ihre Plotbunnies alles zwischen historischem Kinderbuch, Regionalkrimi, Phantastik in unterschiedlichen Ausprägungen, Dystopie und auch englischen Stoffen einschließen. Märchen durften da natürlich ebenfalls nicht fehlen.
Hauptberuflich arbeitet Christina als Literatur-Übersetzerin und Lektorin/Korrektorin. Daneben beschäftigt sie sich als Journalistin vor allem mit kulturellen und sozialen Themen. Außerdem ist sie als Kunstvermittlerin in Museen tätig.

Homepage: Christina Löw
Facebook: Christina Löw
Twitter: @christina_loew

Wir alle zusammen haben eine etwas andere Märchenadaptation für euch geschrieben.

Aber wie funktioniert das überhaupt?

Da der Sommer sieben Wochen hat, sollte auch die Geschichte sieben Kapitel haben, dabei wird basierend auf einem Märchen eine Geschichte bis zu einem bestimmten Punkt erzählt. Diesen Punkt und die Figuren greift dann die nächste auf, fügt neue Wendungen und Figuren ein und schreibt bis zu einem bestimmten Punkt, usw. bis wir dann am letzten Tag alle Fäden zu einem Ende verknüpft haben.

Lustigerweise ist dabei unabgesprochen jedes Kapitel einem anderen Märchen gewidmet, mal sehen, ob ihr sie alle erkennen könnt. 😀

Jeden Sonntag, weil sonntags ja immer das Sonntagsmärchen kommt, wird hier auf dem Blog das neuste Kapitel veröffentlicht. Ich werde am 03.06. die erste sein, die den Faden der Geschichte aufnimmt. Carola wird danach das Spinnrad betreiben und es im fliegenden Wechsel an Paula übergeben. Mit geschickten Händen wird der Faden von Anne zu Christina weiterwandern, die ihn in Sarahs Hände knüpft, die den Rest der Geschichtenwolle spinnt. Dann bringe ich das Spinnrad zum Stehen.

Ich hoffe ihr freut euch schon genauso wie ich, auf das Ergebnis dieses besonderen Projekts.

[Hier geht es zu Kapitel 1]

Anne/PoiSonPaiNter

Triff mich … auf der Leipziger Buchmesse

Heute ist ein merkwürdiger Tag, denn die Trauer aufgrund des dritten Jahrestages wird mit Vorfreude überdeckt.

Vorfreude auf die Leipziger Buchmesse

Heute in einer Woche werde ich nämlich mit InGenius zusammen nach Leipzig fahren und dann mit Elenor Avelle, Nike Leonard, Katrin IlsDiandra Linnemann und Jana Jeworreck unseren Stand vom Nornennetz, in Halle 2, J303, aufbauen.

Und dann geht es erst richtig los. Vier Tage voller Messe, Menschen und (M)E(h)rlebnisse, auf die ich schon seit Wochen/Monaten hinarbeite und hinfiebere – was schlimmstenfalls wörtlich zu nehmen ist, denn seit Anfang der Woche kämpfe ich mit einem Schnupfen, der über Husten zur Erkältung werden will …

Wir haben so viel vorbereitet und geplant für die Messe, da ist krank werden einfach keine Option. 😉

Triff mich … am Stand

Wer einen Stand hat, muss ihn auch betreuen, vermutlich werde ich auch außerhalb meines Standdienst da viel rumhängen und euch gerne Empfehlungen zu den Nornenwerken geben, die wir dort ausstellen – und die ich in den letzten Wochen gelesen habe (Packstation sein, hat seine Vorteile 😉 ).

Es gibt auch noch viele tolle Preise zu gewinnen – Alien-Horst in allen Variationen z.B. 😀 – da lohnt es sich bei unserer Verlosung teilzunehmen: Magische Momente mit To-Go-Artikeln am Nornenstand.

Ich selbst bringe auch wieder Märchensommer Postkarten (von line artist Nami and digital artist Yoyo) vom letzten Jahr mit, die ihr dann aus einer extra von Elenor gebastelten Goodie Box losen könnt: Der verboxte Jester. Außerdem werde ich Lesezeichen für dieses Jahr und Visitenkarten dabei haben – und vllt. kommt auch noch was anderes in die Box. Vorbeikommen lohnt sich also. 😀

Aber wann bin ich denn nu definitiv am Stand?

Zum Einen habe ich am Sonntag Standdienst von 14:00 – 16:00 Uhr – zusammen mit Diandra und später Anna Kleve.

Zum Anderen gibt es am Samstag von 14:00 – 14:30 Uhr eine Lesung + Meet & Greet mit mir, wo ich aus Wintermond meinem Anthologie-Kapitel des Neubrandenwolfs (#Neubrandenwolf), aus dem Wunsch der Königin (#WunschDerKönigin) und aus meinem Adventskalender vom letzten Jahr (#Eishörnchen) vorlesen werde und anschließend für Fragen und Gespräche zur Verfügung stehe.

Wer sich das im Kalender markieren möchte, kann das gerne über die Facebook-Veranstaltung machen, wo ich auch noch ein bisschen über die Ausschnitte schreibe(n werde): Triff Norne Anne Zandt.

Das ganze noch schön visuell dargestellt im Banner, den Nora Bendzko für uns Vorleser angefertigt hat:

Neben meiner gibt es natürlich noch einige andere Nornenlesungen und auf der Fantasy Insel am Samstag auch noch eine Talkrunde: Über Frauen in der Fantastik und im Literaturbetrieb.

Drückt mir die Daumen, dass meine Stimme bis dahin wieder vernünftig klingt …

Wie erkennt ihr mich sonst?

Eben habt ihr ja schon mein Gesicht – wenn auch nur von Elenor wunderbar gezeichnet – gesehen, aber T-Shirts haben ja meist noch einen stärkeren Wiedererkennungswert.

Da sich mein Jester zum Logo gemausert hat und Edguy auch die Inspiration für meinen Online-Namen waren, werden zwei Bandshirts von ihnen meine Messeoutfits abrunden, zusätzlich dazu dann noch mein DF.PP Shirt und das, ebenfalls von Elenor angefertigte – ja sie ist ein verdammt fleißiges Bienchen, Nornennetz-T-Shirt am Samstag mit meinem Schriftzug vorne und der Norne auf dem Rücken. Es fällt bestimmt niemandem auf, dass ich an dem Tag mal kein schwarzes T-Shirt trage …

Ich denke damit sollte ich dann auch erkennbar sein, für all jene, die mich finden wollen. 😀

Auf alle Fälle freue ich mich auf eine Messe mit vielen Nornen, Bloggern, Autor*innen und und und …

Wir sehen uns (vielleicht) in Leipzig!

Anne

Back and Forth

The old year ended, the new has begun and as I didn’t feel like writing two posts, you get a combined look back and ahead.

2017 has been a year of firsts

  • The first time I’ve become part of a RPG group, where I wasn’t just a visitor.
  • My first own Blog-thing (Fairy Tale Summer)
  • The first time I had Guest Authors on my Blog
  • My first time visiting Vienna and Budapest
  • My first time at the Connichi.
  • I had my first ever Tonsillitis.
  • My first time at a book fair (BuchBerlin)
  • My first proper publication (Wintermond)
  • The first time I organized the writing of a story with more than one other authoress. (Adventskalender 2017)
  • The first time I really felt like an authoress.

and maybe some other things I can’t remember right now.

I’ve also met a lot of incredible people through Blogging and the Nornennetz that I’m very grateful to and for.

What else did I do?

  • I helped translate Gamers: The Series 0 and The Shadow Menace by Zombie Orhpeus Entertainment & Dead Gentlemen Production
  • I started working on The Queens Wish.
  • I participated in several Blog Parades, some concerning writing, others about books.
  • I send in three stories for anthologies (one mentioned above, two don’t have a result yet, but one is the English version of an old story).
  • Two more of my stories were published through the Bücherstadt Kurier.
  • I revisited Prague and Kassel.

and so forth …

What does this year hold in store?

  • I’ll be attending the Leipziger Buchmesse for the first time, I’ve already gotten accredited as Blogger.
  • I hope to finish re-working an old Project and publishing it – infos on the progress can me found under the Hashtag #AKWP 😉
  • I hope to finish at least one bigger project and potentially publish.
  • I hope to get positive feedback from the stories I sent in.
  • I want to do another Fairy Tale Summer, though not in Summer.
  • I want to do another Nerd-Week, probably in the week from Free Comicbook Day to Gratis Comic Tag.
  • I want to write more regularly.
  • I want to keep at reading the books that are waiting for my on my to-read pile and try not to buy that many new ones …

I’m not sure if I’ll be travelling that much this year, but I guess I’ll concentrate on exploring Germany again.

But the one thing I have to consider most this year:

Do I keep blogging in English or do I change to permanently bilingual or even German entirely?
I haven’t gotten much feedback from English readers and with something published in German and me being part of a German network makes it kind of hard to only write in English … but both are quite exhausting …
I’ll have to think on this a little more – feedback appreciated.

Well everyone:

Happy New Year! May all your plans and wishes come true!

PoiSonPaiNter

Adventskalender: Türchen #24

Read in English

Offenbarung

Für den Rest der Nacht holte Katrin die restlichen Decken, um sie beide darin einzuwickeln. Nicholas hatte derweil die Stelle gefunden an der er sich auch mit den Fesseln hinsetzen konnte; schließlich waren sie zum Festhalten und nicht zum Foltern gedacht. Sie setzten sich dicht nebeneinander, um sich auch gegenseitig Wärme zu spenden. Damit sie es beide bequem hatten, legte Nicholas seinen Arm um Katrin, da die Kette ihr sonst in den Rücken drücken würde. Sie sträubte sich zwar erst etwas dagegen, gestand sich dann aber ein, dass es so wesentlich angenehmer war.

Für eine Weile musste Katrin ihm davon erzählen, was sie getan hatte, um die Verwandlung umzukehren. Dabei ließ sie allerdings ihren Fehlversuch aus, das war ihr dann doch zu peinlich einem nur leicht bekleideten Nicholas gegenüber. Allein der Gedanke ließ sie rot werden und auch seine wiederholten Nachfragen änderten nichts an ihrer Entscheidung. Nicht viel später überkam Katrin schließlich die Erschöpfung. Der Weg durch den Schnee und ihre Sorge um Nicholas forderten ihren Tribut. Ihren Kopf an Nicholas’ Schulter gelehnt schlief sie schließlich ein.

Am nächsten Morgen wurden sie von einem erstaunten “Nicholas!” geweckt. Katrin hob den Kopf und konnte den Umriss, der sich ihnen näherte, erst als Nicole erkennen, als sie schon vor Nicholas kniete und ihn fest in die Arme schloss.
“Du- ihr- was?”, fragte sie, lehnte sich etwas zurück und sah verwirrt zwischen ihnen hin und her.
“Guten Morgen”, begrüßte Nicholas sie mit einem breiten Grinsen, was Nicole zum Lachen brachte. Es war ein erleichtertes, fröhliches Lachen.
“Wie habt ihr das geschafft?”, brachte sie schließlich hervor.
“Das wissen wir selbst nicht so genau …”, gab Nicholas beschämt zu. “Katrin hat auf mich eingeredet und ich hab darauf reagiert …”
“Hauptsache, du bist wieder du selbst!” Nicole schüttelte lächelnd den Kopf. Eigentlich wollte sie mit Katrin schimpfen, weil sie einfach mitten in der Nacht alleine in die Höhle gegangen war, aber sie konnte nicht. Das Ergebnis dieser wahnsinnigen Aktion war schließlich ihr kleiner Bruder, der nun nicht mehr von Fell bedeckt war.
“Ihr müsst beide ja total durchgefroren sein …”, war alles, was sie sagen konnte und rieb Nicholas über die Arme.
“Es geht. Mors Decken haben geholfen”, winkte Nicholas ab und klirrte dabei mit der Kette. “Nur die sind etwas lästig”, ergänzte er mit einem Lächeln.
Nicole erwiderte es und präsentierte lässig den Schlüssel, den sie aus ihrer Jackentasche gezogen hatte. “Na dann wollen wir dich mal davon befreien.”

Von den Ketten befreit rieb Nicholas über seine aufgeschürften Handgelenke. Katrin hatte ihm erzählt, wie sehr er sich gegen seine Fesseln gewehrt hatte, aber es so zu sehen, war nochmal etwas anderes.
Nicole zog sanft seine Hand weg. „So machst du es nur noch schlimmer.“
Er gehorchte und fing damit an sich erstmal ausgiebig zu strecken. Die Decke um seine Schulter hatte er dafür abgelegt. Katrin sah beschämt zur Seite, denn die provisorisch um seine Hüfte gelegte Decke verdeckte nicht sonderlich viel.
“Hätte ich gewusst, dass du ne Enthaarungskur gemacht hast, hätte ich dir Sachen mitgebracht”, kommentierte Nicole als die Decke vollends den Halt verlor. Vorwurfsvoll blickte sie zu Katrin, die immer weiter in sich zusammensank.
“Es ist doch nicht ihre Schuld, dass wir hier draußen keinen Empfang haben…”, gab Nicholas zu Bedenken. Er wollte damit Katrin zur Seite stehen, aber dass er dabei mit hochrotem Kopf die Decke wieder um seine Hüfte band, half nicht gerade.
Nicole schüttelte nur den Kopf und hob eine weitere Decke auf, die sie ihrem kleinen Bruder mit einem aufrichtigen Lächeln um die Schultern legte. “Jetzt sorgen wir erstmal dafür, dass du ins Warme kommst.”

Mit ihren Fähigkeiten hielt Nicole den Schnee, der auf sie hinab rieselte davon ab sie zu erreichen und sorgte dafür, dass der bereits liegende zu einer festen Fläche wurde. Zumindest wenn sie Nicole in direkter Linie folgten, was Katrin am eigenen Fuß erfuhr, der bei einem Fehltritt tief in den Schnee einsank. Schmunzelnd half Nicholas ihr auf die Beine, während Nicole es ihr knapp erklärte.

Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichten sie endlich das Haupthaus. Katrin war trotz wärmender Decke komplett durchgefroren. Sie wollte sich gar nicht vorstellen, wie es Nicholas ging, der Barfuß durch den Schnee lief.
Nicole öffnete die Tür. Geschirrklappern und Gespräche drangen zu ihnen hinaus und hielten schließlich inne.
“Ist alles in Ordnung?”, fragte Natascha besorgt. Ihr Stuhl schabte über den Küchenboden.
“Schaut mal, wen ich mitgebracht habe”, verkündete Nicole stattdessen freudig und machte Platz für Nicholas, der mit eingezogenem Kopf durch die Tür ging.
“Nicholas …”, hauchte Natascha und schloss ihren Sohn sogleich fest in die Arme und auch seine anderen Familienmitglieder kamen auf ihn zu, um ihn willkommen zu heißen.
Katrin drängte sich an ihnen vorbei in die warme Küche. Sie lächelte und war einfach nur froh, dass ihr kleines Abenteuer ein solches Ergebnis erzielt hatte.

Kaum war die erste Welle der stürmischen Umarmungen verflogen und alle hatten sich etwas beruhigt, da piepte Katrins Handy wie wild los. Alle sahen sie an und peinlich berührt schaute sie, was das Gerät wollte. 7 verpasste Anrufe, 3 Nachrichten und 5 neue E-Mails prangten auf ihrem Display, alle von der gleichen Person: Dem Vater, dem sie die Seiten zur Übersetzung gegeben hatte. Nervös öffnete sie die erste Nachricht und überflog sie. Ein Lächeln begann sich auf ihrem Gesicht auszubreiten.
Habe auf einem Symposium einen Kollegen getroffen, der die Sprache spricht. Es handelt sich um eine Mischung aus Alt-Norwegisch und der Sprache der Sami. Er war so begeistert, er wird sich umgehend um eine Übersetzung bemühen”, stand dort in den kleinen digitalen Buchstaben. Die zweite Nachricht verkündete, dass sie die Übersetzung am Ende des Tages erwarten könnte. Die dritte verwies auf eine E-Mail. Schnell wechselte sie das Programm, noch immer unter den verwirrten Blicken der Familie. “Im Anhang die fertige Übersetzung.” Katrin konnte sich ein freudiges Quieken nicht verkneifen und öffnete diesen hoffnungsvoll. Sie las die Übersetzung und las sie noch ein zweites Mal, um sicherzugehen, dass sie alles richtig verstanden hatte. Das Lächeln wurde zu einem breiten Grinsen als sie den ungeduldig Wartenden verkündete: “Die Übersetzung ist da.”

“Na, lies schon vor!”, drängte Nick, aber es war Nicholas auf dessen Antwort sie wartete. Als er kaum merklich nickte, begann sie zu lesen.
Der Krampus-Zauber ist einer der ältesten und mächtigsten Schutzauber Joulkys,”, Katrin musste über die Schreibweise ‘Julki’ schmunzeln, aber vielleicht wurde es früher so geschrieben, “der seinen Wirt mit besonderen Fähigkeiten ausstattet, um das Dorf und die Familie zu schützen. Mit seiner Fähigkeit, die Bösartigkeit eines Menschen zu erspüren, kann er Gefahren bereits abwenden, bevor sie zu einer Bedrohung werden. Durch die Verwandlung in die Bestie gewinnt der Wirt an Schnelligkeit und Stärke. Jedoch sind diese Vorteile nur nutzbar, sofern der Wirt seine Menschlichkeit nach der ersten Verwandlung, seiner ‘Wilden Phase’, zurückerlangt.” Katrin machte eine Pause um Luft zu holen und die Gesichter zu betrachten. Der Krampus war kein Monster, er war ein Beschützer! Nicholas war der neue Beschützer des Dorfes! Doch noch schien diese Nachricht nicht angekommen zu sein, denn er starrte lethargisch zu Boden, während Nicole nachfragte, ob das alles war. Katrin schüttelte den Kopf und las weiter. “Stirbt ein Krampus-Wirt sucht sich der Zauber einen neuen aus dem Kreis der Familie. Einst ging man davon aus, dass der Zauber von der größten Quelle der Wut angezogen wurde, heute wissen wir jedoch mit Bestimmtheit, dass für die Wahl des nächsten Wirtes dessen vorhandener Hass eine stärkere Rolle spielt.” Dieser Abschnitt hatte sie schon beim vorherigen Lesen verwirrt. Sie konnte sich einfach nicht vorstellen, dass jemand wie Nicholas einen solchen Hass in sich tragen könnte. “Wurde ein neuer Wirt gefunden, so dauert es bis zu den nächsten Rauhnächten, dass die Verwandlung beginnt und sich unterschiedlich schnell ausbreitet, bis er vollkommen zur Bestie wird. Nur durch eine Konfrontation mit seiner eigenen Menschlichkeit und der Wahrheit über seine Situation, kann der Wirt aus der Wilden Phase herausgerissen werden und seinen Aufgaben gezielt nachkommen.” Katrin schluckte, bevor sie weiterlas: “Gelingt es nicht, den Krampus-Wirt aus der Wilden Phase zurückzuholen, so muss er einem magischen Ende zugeführt werden, damit ein anderer Wirt seinen Platz einnehmen kann.” Damit schloss sie. Das Dokument endete mit einem Hinweis auf kommende Übersetzungen, da der Text wesentlich länger gewesen war, sie aber vor allem um Passagen zur Verwandlung und Entstehung gebeten hatte. Allerdings hatte sie das Vorwort verschwiegen: “Um das Wissen über den Krampus zu bewahren, schreibe ich diese Zeilen. Mögen sie kommenden Generationen dienen den kommenden Krampus-Wirten auf ihrem Weg zu helfen.” Das würde Ephraim mit seinem Gewissen ausmachen müssen.

Über den Raum hatte sich Schweigen gelegt, es fühlte sich an, wie die Ruhe vor dem Sturm.

“Wen hasst du?”, brach es schließlich aus jemandem heraus. Katrin konnte nicht sagen wer es war, denn die Stimmen überschlugen und vermischten sich, als sie auf Nicholas eindrängten.
“Was hasst du?”
“Du bist doch immer so freundlich zu jedem!”
“MICH!”, brach es schließlich aus Nicholas hervor und er presste seine Hände gegen seine Stirn. “Ich bin ein Nichtsnutz, ein Versager…”, brummte er erschöpft, “Ich kann von allem ein bisschen, aber nichts wirklich gut…” Zwischen seinen Haaren brachen langsam die Hörner erneut hervor, aber seine Familie starrte ihn lediglich verwirrt an. Da niemand von ihnen reagierte, nahm Katrin es auf sich, ihn von den anderen wegzudrehen.
“Sieh mich an”, forderte sie ihn auf und fixierte sein Gesicht mit beiden Händen in ihre Richtung. Seine sonst so dunklen Augen hatten sich bereits aufgehellt und suchten hektisch nach Halt. “Nicholas”, versuchte sie erneut seine Aufmerksamkeit zu erlangen, vehement und mit einer Ruhe, die nicht ihr Innerstes erreichte; wie bei einem verängstigten Kind.  Endlich blieben seine Augen auf den ihren ruhen.
“Du bist kein Versager, es ist nur dein Kopf, der dir das einreden will!”, versuchte sie ihm klar zu machen, “Das ist ganz normal. Es gibt sogar viele Leute, die so denken. Du bist damit nicht allein.” Mit einem aufmunternden Lächeln fuhr sie fort: “In meiner Welt gibt es Ärzte – Psychologen –  die dir helfen können mit diesen Gedanken zu leben, damit sie dich nicht kaputt machen. Aber nur, wenn du das auch willst.”
“Einen Arzt? Der Junge ist doch nicht krank!”, protestierte Nikolaus abweisend.
Nicholas zuckte zusammen, doch Katrin ließ ihn nicht los.
“Doch ist er!”, widersprach Claudia und strich Nicholas beruhigend über die Schulter, “Wenn sein Selbsthass so stark ist, dass der Krampus-Zauber ihn für würdig hält, dann braucht er dringend Hilfe…” Über Nicholas’ Schulter hinweg sah sie zu Katrin, die zustimmend nickte. Bedrückendes Schweigen hatte sich über den Raum gelegt und Katrin spürte, wie Nicholas langsam anfing zu zittern. Seine Augen verdunkelten sich wieder und ohne Vorwarnung krallte er sich an sie, sein Gesicht an ihrer Schulter verborgen. Tränen benetzten ihre Jacke und alles was sie tun konnte war, ihm in beruhigenden Kreisen über den Rücken zu streichen.

Nachdem er sich gefangen hatte, richtete er sich wieder auf, sah sie betrübt an und flüsterte: “Es tut mir Leid.”
“Das braucht es nicht”, versicherte sie ihm. “Aber jetzt brauche ich erstmal eine warme Dusche und du auch”, versuchte sie ihn abzulenken und klopfte ihm aufmunternd auf den Oberarm.
Verstohlen blickte Nicholas an sich herab und murmelte: “Etwas zum Anziehen wäre auch gut…”
“Das wollte ich jetzt nicht nochmal extra betonen…”, gab Katrin zu und beiden stieg die Röte ins Gesicht.
“Geht, Claudia kann uns alles erklären”, bestimmte Nicole und wuschelte ihrem kleinen Bruder durch die Haare.
Dieser blickte sie dankbar an und ließ sich dann von Katrin hinausbegleiten.

Als sie im Flur ankamen blieb Nicholas nachdenklich stehen und Katrin drehte sich fragend zu ihm um.
“Ich- Du- Kannst du- Kannst du noch ein paar Tage hier bleiben?”, fragte er sie, den Blick unsicher zu Boden gerichtet. “Und-und mir… mir helfen jemanden zu finden… der mir glaubt ..?”
“Natürlich”, versicherte sie ihm mit einem halben Lächeln, “außerdem brauchst du dich nur zu verwandeln, dann glaubt dir jeder.“ Als Nicholas mit einem Schmunzeln reagierte, fügte sie ernster hinzu: ”Und wenn es dir hier zu viel wird, hast du ja mein Haus gesehen.”
Er nickte erschöpft. “Danke.”
“Dafür nicht”, widersprach Katrin mit einem dezenten Kopfschütteln. “Und jetzt ab unter die Dusche mit dir.”
Mit einem letzten Lächeln wandte Nicholas sich zum Bad, während Katrin ihm noch einen Moment lang hinterher sah. Sie dachte ihre erste Begegnung mit ihm war schon merkwürdig gewesen, aber nun half sie einem depressiven Krampus-Santa auf die Beine zu kommen. Das würden ihr noch viel weniger Leute glauben …

Behind the Scenes

Wir haben das Ende erreicht, das ursprünglich drei Kapitel waren. Ja, es ist ein offeneres Ende, aber ich hab schon ein paar Ideen, wie es mit Nicholas und Katrin weitergehen soll … 😉

Es war ein anstrengender und interessanter Weg hier her – und ich meine nicht nur die Geschichte – und ich möchte auch an dieser Stelle nochmal ein

GANZ GROßES DANKE!

an die Autorinnen, die mir bei dieser Geschichte geholfen haben, senden:

Irina ChristmannAnne Danck, Marina von DarkFairys SenfNebuEva-Maria Obermann und Paula Roose!

Ohne euch hätte ich das dieses Jahr nicht geschafft!

Ich hoffe alle Leser*innen und Autorinnen hatten Spaß – und Letztere waren nicht zu arg genervt, wenn ich doch nochmal was geändert haben wollte bzw. geändert habe. 😉

Damit wünsche ich uns:

Besinnliche Feiertage und vielleicht noch ein paar Flocken Schnee, die unsere Zuhause zu einem kleinen Joulky machen. 😉

PoiSonPaiNter

© Für Geschichte und Charaktere liegen bei mir. Verwendung oder Weitergabe nicht ohne meine Zustimmung.
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Lies auf Deutsch

I’m sorry so far there is no translation of this door

PoiSonPaiNter

© For the story by me. Do not use or repost either without my permission.

Adventskalender: Türchen #23

Read in English

Monster

“Alles gut”, sagte Katrin, obwohl nichts gut war. Gar nichts. “Jetzt beruhigen wir uns beide erst einmal. Ich bin für dich da. Sag mir, was das Problem ist, und wir finden gemeinsam eine Lösung. Alles wird gut.”
Aber die Sätze, die sonst bei ihren Kindergartenkindern immer so gut wirkten, gingen in dem furchterregenden, langgezogenen Knurren unter, das von den Höhlenwänden widerhallte. Also verstummte sie und wartete auf eine Lücke im Knurren. Sie würde ihn nicht anschreien. Geduldig holte sie Luft und versuchte es, in der winzigen Stille noch einmal.
“Nicholas, ich will dir helfen. Ich -”
Wieder begann er zu knurren. Als hätte er keines ihrer Worte verstanden.
War das möglich? Konnte sich mit der Form seiner Ohren auch seine Fähigkeit, ihre Sprache zu verstehen – oder zu sprechen – verändert haben?
Wenn ja, dann würde alles Reden nichts nutzen – womöglich nahm er das nur als Knurren ihrerseits wahr. Aber wie konnte sie ihn dann dazu bringen, sich zu beruhigen? Katrin beobachtete, wie sich Nicholas immer und immer wieder gegen seine Ketten warf, seine ganze Wut und Aufmerksamkeit auf sie, den Eindringling gerichtet. Das Herz blutete ihr bei diesem Anblick. Und wenn er so weitermachte, dann würde ihm bald die Handgelenke bluten. So ging das nicht weiter. Wenn sie schon nicht mit ihm reden konnte, dann würde sie ihm zeigen müssen, dass sie ihm nichts böses wollte.
Warum, verdammt, hatten sie diese dumme Übersetzung noch nicht bekommen?
Entgegen allem, was ihr die Instinkte zuschrien, setzte sich Katrin in Bewegung und näherte sich dem Wildgewordenen. Ganz langsam. Wie vorher durch den Tiefschnee, so kostete sie auch jetzt jeder Schritt unglaubliche Überwindung. Denn natürlich wurde er zunächst nicht ruhiger, sondern raste nur um so mehr.
Ganz ruhig. Alles wird gut.
Jetzt war sie selbst es, der sie dieses Mantra aufsagen musste. Noch drei Meter. Zwei. Eine Armlänge. Noch nie war ihr so deutlich bewusst gewesen wie groß Nicholas im Vergleich zu ihr war. Wie kräftig. Sie musste verrückt sein.
Auch die Hand streckte sie ganz langsam aus. Nicholas kämpfte gegen die schweren Ketten, die seine Arme zurückhielten, und versuchte stattdessen mit dem Kiefer nach ihr zu schnappen. Zu schnappen. Wie ein Tier. Katrins Atem ging flach. Trotzdem schob sie Zentimeter für Zentimeter ihre Finger vor. Sie wagte nicht, sich vorzustellen, was es bedeuten würde, wenn die Zähne des Krampus’ sie tatsächlich erreichten. Wenn diese Kiefer…
Nicholas. Es war immer noch Nicholas.
In dem Moment, in dem er erneut nach ihr zielte, drehte sie die Hand und legte sie ihm an die Wange.
Er erstarrte. Gelbe Augen fixierten sie.
Sie bewegte die Finger, vorsichtig. Das Fell war rau unter ihren Fingerspitzen. Und er schnaufte noch immer – ob vor Wut oder Angst vermochte sie nicht zu sagen. Aber irgendetwas in ihm, schien noch Nicholas genug zu sein, um diese Berührung als eine ungefährliche wiederzuerkennen.
Und wenn der Weg zu seiner Erlösung damit zusammenhing? Wenn sie ihn ganz ans Menschsein erinnern musste? War es nicht auch das Wundermittel in sämtlichen Märchen? …und wenn das hier keine wahrgewordene Sagengestalt war, was dann?
Ein unangebracht aufgeregtes Prickeln stieg in ihr auf, trieb ihr das Herzklopfen in die Kehle und das Blut in die Wangen. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn. Einfach so. Auf den Mund.
Eine nervöse Sekunde lang passierte nichts.
Dann kam wieder Bewegung in den Krampus und er schüttelte sie ab. Nicht absichtlich. Er zog und zerrte lediglich wieder mit aller Kraft an seinen Ketten und brüllte auf, als er feststellte, dass sie sich nicht bewegten.
Und er besaß immer noch Hufe, Krallen und Hörner wie zuvor.
“Verdammt, Nicholas! Was soll ich denn noch tun?” Plötzlich war die Angst wieder mit voller Wucht da, schnürte ihr den Hals zu. “Du könntest mir ja auch mal nachdenken helfen, anstatt mich nur anzuknurren! Oder wenigstens stillstehen, verflucht! So machst du doch alles nur noch schlimmer!” Aufgewühlt drehte sie sich fort und begann, in der Höhle auf- und abzulaufen. “Es muss einfach einen Ausweg geben! Es muss einfach! Und ich werde dich nicht im Stich lassen – da kannst du mich noch so bedrohlich anknurren! Hast du gehört, du Fellschädel?”
Doch genauso gut hätte sie mit der Höhlenwand reden können. Er war wieder ganz das beißwütige Monster geworden, dass allein durch die Ketten daran gehindert wurde, sich auf sie zu stürzen.
“Hörst du mir überhaupt zu, verdammt?!” Aufgebracht bückte sich Katrin nach dem hereingewehten Schnee zu ihren Füßen und warf ihn Nicholas an den Kopf. Er zuckte zusammen, schüttelte sich wie ein Hund und machte dann weiter wie zuvor. Manisch.
“Ach, verflucht!” Was tat sie hier? Sie konnte doch sehen, dass ihre Anwesenheit ihm mehr schadete, als half! Meine Güte, hatte sie sich nicht geschworen, nicht zu schreien? Was war es dann, was sie gerade machte? Hatte sie ihn ernsthaft beworfen?
“Ich bin dir keine gute Gesellschaft, oder? Jetzt nicht… Aber vermutlich war ich das auch zuvor nicht. Ich meine, was habe ich denn schon für dich getan? Konnte ich dir auch nur in einem Punkt helfen? Du warst doch derjenige, der mich immerzu beschenkt hat – indem du mir das Dorf gezeigt hast. Und eure Bibliothek. Die Rentiere! Aber ich? Ich habe nur alles durcheinandergebracht. Dein Bruder hatte Recht, ich hätte nie in euer Dorf kommen dürfen. Wäre ich nicht gewesen, hättest du mich auch nicht vor dem Krampus schützen müssen. Und ohne den getöteten Krampus wärst du nie… ”
Ein weiteres Mal warf sich Nicholas grollend gegen die Ketten. Die Haut an seinen Handgelenken war inzwischen schon beinahe fellfrei – abgescheuert, nicht erlöst.
“Was habe ich nur getan?” Katrin würgte an dem Kloß in ihrem Hals, kämpfte gegen das Brennen in ihren Augen. Und fand sich plötzlich auf den Knien wieder, direkt vor Nicholas und doch so unendlich weit weg, und die Schluchzer rollten nur so über sie hinweg, schüttelten sie, bis sie selbst kaum noch Luft bekam. Die ganze Welt war verschwommen, nichts mehr übrig außer dem Eingeständnis ihrer Hilflosigkeit.
Es dauerte eine Ewigkeit, ehe sie sich wieder unter Kontrolle hatte. Als sie sich auf die Lippen biss und beschloss, dass sie ebenso gut gehen und wenigstens Nicholas seine ungestörte Einsamkeit wiedergeben konnte. Schuldbewusst hob sie den Kopf, um ihn anzusehen –
Und fand sich erneut zwei goldenen Augen gegenüber.
Er riss nicht an seinen Ketten, er brüllte nicht. Er hatte sich so weit wie möglich zu ihr herabgebeugt und war erneut erstarrt, fixierte sie eindringlich.
Menschlichkeit, begriff Katrin durch den Nebel in ihrem Kopf hindurch. Weinen war auch etwas, was nur Menschen konnten.
Dann, jäh, klirrte es laut und Katrin zuckte zusammen. Die Kette von Nicholas rechtem Arm war erneut straff gespannt. Er zerrte daran. Aber diesmal nur einseitig. Was…
Rechts. Nicholas war Rechtshänder. Er wollte etwas zeigen. Oder berühren?
Unsicher blinzelte Katrin gegen die verbliebenen Tränen an und rutschte ein winziges Stück vor – wenn er jetzt erneut einen Rückfall erlitt…? – und noch ein Stück und noch eines…
Seine Hand zielte auf ihr Gesicht. Erschrocken hielt Katrin die Luft an und schloss instinktiv die Augen.
Doch die Kralle kratzte nur ganz sacht über ihre Haut und war dann wieder fort. Sie öffnete die Augen.
Der Krampus – Nicholas – betrachtete die Träne auf seinem Finger.
Katrin schnappte nach Luft. Finger – keine Kralle! Und noch während sie voller Unglauben darauf starrte, konnte sie sehen, wie das Fell sich, angefangen von dem Finger, immer weiter zurückzog. Auflöste, als wäre es nie dagewesen, nur ein schlimmer Spuk, ein Albtraum, nichts weiter.
Mit einem Aufschrei zwischen Lachen und Weinen sprang sie auf und schlang Nicholas die Arme um den Körper. Erneut strömten die Tränen ohne Halt aus ihr heraus. Unter ihrer Wange schmolz das Fell dahin und wurde zu glatter Haut. “Du bist wieder da”, brachte sie schniefend heraus. “Also war es doch eine Märchenerlösung! Wie konnte ich nur vergessen, dass Tränen auch eine Option sind?”
“Tränen?”
Wie gut es war, seine normale Stimme wieder zu hören! Auch wenn sie vom vielen Brüllen noch etwas rau klang. Ohne ihn loszulassen, lehnte sie sich zurück, um in sein Gesicht sehen zu können. Gerade in dem Moment, als der Zauber sich von seiner Stirn zurückzog und beide Hörner abbrachen und mit einem Klappern zu Boden fielen.
Nicholas blinzelte. “Was -”
Er war nun wieder ganz der Alte. Kein Krampus mehr. Einfach nur Nicholas. Und…
Sie sahen beide gleichzeitig an ihm herab.
“Ähm”, machte Katrin, räusperte sich nervös und trat einen Schritt zurück. “Vielleicht sollten wir dir etwas zum Anziehen beschaffen.”
“Ist ja auch ziemlich kalt”, stimmte Nicholas zu – und sein Tonfall klang dabei schon wieder so unbeschwert und so sehr nach ihm, dass es sie zum Lachen brachte.

“Das ist das einzige, was ich finden konnte.” Katrin hielt Nicholas eine der Decken hin. Sie waren aus Wolle gestrickt und mit Mustern von Schneeflocken und Rentieren versehen.
“Ist das…?”
“Das Werkzeug, mit dem der Krampus aufgetaut wurde? Ich vermute, ja.” Sie drückte es Nicholas mit Nachdruck in die Hand. “Nur angemessen, dass sie jetzt dich auch etwas auftauen, findest du nicht?”
Umständlich versuchte Nicholas, sich in die Wolle zu hüllen – die Ketten kamen ihm immer wieder in den Weg. Notgedrungen sprang ihm Katrin zu Hilfe und kämpfte währenddessen gegen den eigenen hochroten Kopf und das Verlegenheitslachen in ihrem Hals an.
“Du solltest dir auch eine nehmen”, forderte Nicholas sie auf.
Katrin verzog den Mund. “Ich sollte eigentlich durch den ganzen Schnee zurückstapfen und dir echte Kleidung holen. Und mich bei der Gelegenheit gleich deiner ganzen Familie stellen und ihnen beichten, was ich getan habe. Wobei ich dann vermutlich nicht diejenige bin, die dir die Sachen bringt. Vermutlich werden sie mich gleich wieder zurück nach Hause verfrachten.” Je mehr Katrin darüber nachdachte, desto wahrscheinlicher erschien ihr das und umso mehr sank ihr Mut. Am Liebsten hätte sie sich in der hintersten Höhlenecke unter den restlichen Decken versteckt, nur um den Reaktionen der anderen zu entgehen. Was hatte sie sich nur dabei gedacht, hierher zu kommen?
“Dann tu es nicht.”
Katrin blinzelte. “Aber -”
“Die Decken werden schon reichen. Außerdem kann ich doch nicht zulassen, dass du meine Familie konfrontierst, ohne mich als Fürsprecher dabeizuhaben. Ich will nicht sagen, dass es ungefährlich oder auch nur ansatzweise vernünftig war, was du getan hast. Aber ohne dich wäre ich weiterhin in einem Zustand, in dem ich nicht einmal wüsste, was Vernunft bedeutet.” Er lächelte – nein, strahlte – sie an, wie er es schon damals getan hatte, als sie ihm die Ofenbürste für den Auspuff angeboten hatte. Oder er ihr eine Schlittenfahrt angeboten hatte. Jedenfalls nicht, als hätte er nicht vor wenigen Minuten noch Hufe besessen und sich mit verzweifeltem Brüllen gegen seine Ketten geworfen.
“Wenn du das sagst… “
“Nicole wird diejenige sein, die morgens nach mir gucken kommt, denke ich. Sie sollte am leichtesten auf unsere Seite zu ziehen sein, und vielleicht kann sie mich dann auch direkt aus diesen lästige Ketten befreien. Mann, die jucken aber auch!”
“Tut mir leid.”
Nicholas winkte ab und die Ketten rasselten bei der Bewegung. “Ich hab dir doch eben schon gesagt, es liegt nicht an dir, dass du sie nicht aufbekommst. Jede Wette, dass sie mit einem Zauber belegt sind.”
“Falls ich irgendetwas tun kann…”
Nicholas schüttelte den Kopf. “Nein, das ist… – Oder warte, doch.” Er grinste ein wenig verlegen. “Ich will nicht, dass du glaubst, ich hätte schon wieder den Verstand verloren, aber -”
“Dafür konntest du ja wohl kaum was!”
“Aber wärst du so nett und würdest mich absuchen?”
“Absuchen? Wonach?”
“Ich frag mich nur… So wie sich die Rückverwandlung angefühlt hat – oder das, was ich davon mitbekommen habe – könnte ich schwören, dass es die gleiche Art von Magie war, die mich auch Eiszapfen erschaffen lässt. Und vielleicht ist das auch etwas ähnliches? Jedenfalls dachte ich…”
“Dann müsstest du ein weiteres Tattoo haben.”
“Genau.” Wieder das verlegene Lächeln. “Würdest du? Es würde mir Sicherheit geben, wenn ich wüsste, dass die Rückverwandlung jetzt zu einer beherrschbaren Fähigkeit geworden ist. Aber klar, ich würde auch verstehen, wenn es dir zu unangenehm wäre, immerhin bin ich…”
“Halbnackt?” Katrin hob eine Augenbraue.
Er grinste entschuldigend. “Nun ja…”
“In Ordnung. Streck deine Arme aus. Wir fangen mit dem einfachsten an.”
Doch Arme und Rücken waren tattoofrei. Ebenso Hals, Waden, und…
“Hier!” Aufgeregt ging Katrin in die Knie und deutete auf Nicholas rechten Knöchel, eine Stelle, die gerade so unter der Fußfessel sichtbar war. “Wie wäre es damit?”
Es war eine Miniaturausgabe eines einzelnen Krampushorns. In seiner Winzigkeit sah es unschuldig aus, geradezu irritierend harmlos, nicht annähernd so mächtig und todbringend wie es auf Nicholas‘ Kopf ausgesehen hatte.
“Könntest du dich willentlich zurück in den Krampus verwandeln?”
“Katrin, ich glaube nicht -”
“Du hast es selbst gesagt! Die Verwandlung gehört jetzt zu deinen Fähigkeiten. Du wirst mir nichts tun.”
“Dann trete wenigstens einen Schritt zurück.”
Sie tat wie geheißen.
Nicholas schloss die Augen. Mehr, weil er nicht ihre Reaktion auf die Verwandlung sehen wollte, denn weil er sich wirklich konzentrieren musste, vermutete sie.
Nichts geschah.
Nicholas öffnete die Augen wieder. “Ich spüre die Magie, aber sie scheint zu verpuffen, sobald sie Gestalt annimmt. Ich vermute, es sind die Ketten. Ich werde es wieder versuchen, sobald ich sie los bin. Und dann… werden wir sehen.”

Behind the Scenes

Das vorletzte Kapitel ist erneut von Anne Danck und auch hier hatten wir ein paar Positionsprobleme und mussten uns erstmal abstimmen, wer eigentlich wann, wie steht/kniet und umarmt. 😀

Was aber die längste Diskussion angezettelt hat, war die eigentliche Erlösung und wie das zustatten kommt, da hatte ich das Bild in meinem Kopf anfangs nicht genau genug kommuniziert und Anne musste nochmal ran und die Stelle umschreiben.

Und ja, mir ist bewusst, dass die Nacktheit nach einer Rückverwandlung ein alter Hut ist, aber immerhin ein peinlich-witziger, alter Hut. 😉

PoiSonPaiNter

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I’m sorry so far there is no translation of this door

PoiSonPaiNter

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