Monthly Archives: July 2022

Schreiberlinge im Interview: Carolin Gmyrek

Und schon sind wir beim letzten Interview dieses Fairy Tale Summers angelangt.
Viel Spaß mit den Antworten von …

Das Märchensommer Banner zeigt eine Scherenschnitt-Fee, die Glitzer auf den verschnörkelten Schriftzug "Märchensommer" über einem aufgeschlagenen Buch streut. Alles vor einer grünen Wiese neben einem Baum und Sonnenstrahlen im Hintergrund.

Carolin Gmyrek

Ein paar Daten zu dir:

Mein Name ist Carolin Gmyrek, Autorin für Phantastik- und Horrorliteratur, Lektorin und literarisch sehr begeistert. Ich veröffentliche seit 2012 phantastische Kurzgeschichten und Anthologien. Seit 2015 veröffentliche ich regelmäßig in der Reihe „Zombie Zone Germany“.

Ich habe schon sehr früh die Literatur und im Besonderen die phantastische Literatur für mich entdeckt. Während meines Studiums habe ich mich deshalb eben genau mit diesem Genre auseinandergesetzt, sowie mit der Märchenforschung und Kinder- und Jugendliteratur.

Mittlerweile arbeite ich an verschiedenen Kurzgeschichten, einem Zombie Pen’n’Paper und meiner Selbstständigkeit als Lektorin. Juni 2022 erschien meine Märchendystopie „Kaputter Nebel“ im Amrûn Verlag.

Vorneweg ein paar Fragen zu deinen Märchen Kaputter Nebel:

1. Welches Element deines Märchens war am Schwierigsten umzusetzen?

In „Kaputter Nebel“ sind viele verschiedene internationale Märchen verarbeitet worden. Das Hauptthema ist jedoch Kreuztwalds Märchen „Des Nebelbergs Königs“. Tatsächlich ließen sich fast alle Motive gut verarbeiten und einbringen. Allein die Brosche – der Schlüssel in das Reich des Nebels – schien nicht vollständig hineinpassen zu wollen. Sie kam nur sehr kurz vor, so rudimentär, dass sie kaum einer Rolle zu spielen scheint. Dabei ist es eben genau diese, die den Stein ins Rollen bringt und den Menschen Tür und Tor in die Märchenwelt öffnet. Die Eltern der Hauptfigur Tiuu entdeckten das Schmuckstück und entdeckten das Reich des Nebelkönigs. In ihrer Panik offenbaren sie diesen Schlüssel der ganzen Welt und der Stein kommt ins Rollen.

2. Was hat dich bei der Arbeit am Märchen am meisten zur Verzweiflung gebracht?

Das Ende. So blöd es klingen mag, aber das Schreiben der Geschehnisse und Verzweigungen, den Einflüssen der Märchen auf die Gesellschaft hat unglaublich viel Spaß gemacht. Die Figuren mochten sich fügen, bis auf eine: Tiuu, die Hauptfigur. Sie konnte sich weder den Menschen ihrer Welt, noch mir wirklich öffnen und so war das Ende der Geschichte schwer. Ich hätte sie gerne weiter beleuchtet, sie deutlicher gezeichnet und ihren Gang durch die Märchen stärker skizziert. Doch … und das scheint ein Widerspruch zu sein, in dieser Geschichte ging es nicht um sie. Aus diesem Grund war oft schwer ihre Sichtweise, ihre Gedanken festzuhalten. Die Geschichte war nie auf ein Ende konzipiert gewesen, weshalb dieses zu schreiben, mir am Schwersten fiel.

3. Welche Fassung (Film, Erzählung, Adaption) deines Märchens, außer deiner eigenen, magst du am liebsten?

Tatsächlich wüsste ich nicht, dass es weitere Fassungen zu diesem Märchen gibt. Nun, ich habe versucht viele Märchen einzubauen, doch auch diese orientieren sich eher an den Underdogs. So kann ich nur sagen: Kreutzwalds Fassung ist nun einmal die Beste. Geht man jedoch von den Motiven aus, so kann man viele verschiedene Sagen und Legenden in dem Märchen entdecken. So erinnert der Nebelkönig sehr an Wodan aus der keltischen Mythologie.

4. Ein Film-Mensch kommt auf dich zu und möchte dein Märchen umsetzen. Wen siehst du in den Hauptrollen?

Bei dieser Frage bin ich tatsächlich etwas raus, ich kann es nur probieren. In der Rolle des vermeintlichen Bösewichts sehe ich Mads Mikkelsen. Für unsere verführerische Hexe brauchen wir Sophia Santi oder Natalie Dormer. Ashley Grene oder Tilda Swinton wären vielleicht eine gute Tiuu? Terry Crews oder Idris Elba wären ein perfekter Caven.

5. Was wünscht du dir für die Zukunft deines Märchens?

Ich möchte die Welt weiterspinnen, vielleicht eine kleine Serie aus mehreren Heften machen, die uns durch die Märchen dieser Welt führen. Sequels und Prequels kann ich mir da gut vorstellen. Kurzgeschichtensammlungen, sowie vielleicht auch einen ganzen Roman. Diese Welt wird mich so schnell nicht mehr loslassen.

Schauen wir uns deine Märchenleidenschaft mal etwas genauer an…

6. Was ist deine schönste Erinnerung, wenn es um Märchen geht?

Vermutlich eben genau das, was man mit Märchen verbindet: meine Oma. Wenn ich bei meinen Großeltern übernachtet habe, erzählte sie mir Geschichten und Märchen. Auch meine Uroma war immer dabei gewesen, mir von dem verwunschenen Wald, dem bösen Wolf oder der gemeinen Hexe zu berichten. Tagsüber spielte ich diese Märchen nach und verfeinerte sie. So begann ich meine ersten Geschichten zu „schreiben“. Märchen haben mich mein Leben lang begleitet und zu dem Menschen gemacht, der ich jetzt bin.

7. Was magst du lieber? Happy End oder Bad End?

Ach… Happy Ends kann doch jeder. Bad Ends jedoch auch. Ich möchte mich nicht beschränken und versuche meine Geschichte eben zu jenem Ende zu bringen, was sie verdient. Ob es eben gut oder schlecht ist, liegt meistens im Auge des Betrachters. So gesehen mag ich weder das Happy- noch das Bad End.

8. Was stört/begeistert dich bei Märchen am meisten?

Tatsächlich stört mich an Märchen selbst nicht viel, an deren Verarbeitung, Bearbeitung und Darstellung jedoch um einiges mehr. Dabei geht es um teilweise religiöse Verflechtungen, Verharmlosungen oder kindgerechte Sprache. Die verwendete Sprache trägt ebenfalls seinen Teil dazu bei, dass Märchen ihren Charme verlieren.  

Was ich an Märchen liebe ist die Bandbreite an möglichen Interpretationen. Die Figuren sind so dargestellt, dass sich fast jeder mit ihnen identifizieren kann. Die Geschichten sind mehrdeutig und experimentell. Viele weibliche Figuren sind klüger und stärker, als die männlichen Helden, die oft nur mit Muskeln protzen können. Märchen zeigen, dass Intelligenz und Freundlichkeit mehr zählt, als bloße Kraft und Übermut.

9. Was ist für dich typisch an einem Märchen?

Es war einmal…

Es gibt eine ganze Bandbreite an Merkmalen und Vorrausetzungen, um eine Erzählung Märchen oder gar Volksmärchen zu nennen. Das wiederholende Motiv, die einfachen Charaktere, die einfache Handlung. Die fehlenden Orts- und Zeitangaben. Die allgegenwärtige Magie und das Selbstverständnis eben dieser. Nein, ein Märchen braucht keine Moral oder einen Zweck. Märchen sind Unterhaltung und der Wunsch nach etwas Wunderbarem.

Zum Schluss noch ein paar märchenhafte Fragen:

10. Du triffst auf ein sprechendes Tier, das dir weismachen will, dass es ein verzauberter Mensch ist. Was würdest du tun?

Zuerst gibt es etwas zu fressen, dann eine Streicheleinheit und zum Schluss wird evaluiert, wie man das Problem lösen könnte. Immerhin könnte es sich auch einfach um ein sprechendes Tier handeln, anstatt um einen Prinzen. Ob ich dieser Kreatur dann helfen kann, steht auf einem anderen Blatt.

11. Eine gute Fee will dir drei Wünsche erfüllen, was würdest du dir wünschen?

Dies ist eine gängige Frage, die sich jeder Mensch sicherlich mehrmals in seinem Leben gestellt hat und sich die Antworten je nach Lebensabschnitt ändern würden. Ich muss gestehen, ich habe eine Ahnung, aber ich weiß nicht, was ich mir wünschen würde. Ich möchte diese Wünsche auch nicht äußern. Zum einen, weil sie dann nicht mehr wahr werden könnten und zum anderen weil sie eben auch viel mit mir zutun haben. Das übliche: Geld, Macht und Ruhm… nein, dass sind nicht die Wünsche, die ich habe. Ich gestehe, auch der Weltfrieden steht nicht auf der Liste, diesen Egoismus mute ich mir durchaus zu.

Man sollte übrigens stehts im Hinterkopf behalten, dass solche Art der Wünsche immer einen Haken haben.

12. Welchen Märchenweg würdest du wählen um jemanden aus dem Weg zu räumen?

Keinen, denn wann hat schon einer dieser Zauber funktioniert, um jemanden endgültig loszuwerden? Nie! Der Mist kam immer wieder auf einen zurück. Da bleibe ich lieber bei den herkömmlichen Wegen.

13. Bonusfrage: Mit welcher Märchenfigur würdest du gerne tauschen?

Die Märchenwelt ist grausam und gefährlich. Auch wenn es immer heißt: Sie leben glücklich bis an ihr Lebensende, so war der Weg dorthin mit viel Leid und Entbehrung gepflastert. Vermutlich ist da Dornröschen noch am besten weggekommen. Sie verschläft das Schlimmste und wacht zu ihrer Hochzeit wieder auf. Andererseits lebte sie in ihrer Kindheit in einem goldenen Käfig.

Mehr zu Carolin gibt es hier:

Facebook: Carolin Gmyrek Autorin
Instagram: @carottenmoehre
Twitter: @bookcarrot

Vielen Dank, Carolin!

Anne/PoiSonPaiNter

#CroMär: Kapitel 16

Und nun sind wir auch schon beim letzten Teil des diesjährigen #CroMärs angelangt …

Das Märchensommer Banner zeigt eine Scherenschnitt-Fee, die Glitzer auf den verschnörkelten Schriftzug "Märchensommer" über einem aufgeschlagenen Buch streut. Alles vor einer grünen Wiese neben einem Baum und Sonnenstrahlen im Hintergrund.

Weiter geht’s …

Ralf führte sie in ein niedrigeres Zimmer des Turms, dessen Wände mit Kleiderschränken unterschiedlichster Bauart vollgesellt war. Einige von ihnen wirkten wie noch aus dem Mittelalter, einige etwas moderner.

»Wozu brauchst du so viele Klamotten?«, konnte Regina sich die Frage nicht verkneifen.

Ralf zuckte mit den Schultern. »Es hat sich über die Jahre angesammelt und vielleicht kann man es ja mal wieder gebrauchen.«

Regina betrachtete ihn skeptisch. »Du hast hier Klamotten aus mehreren Jahrhunderten?«

Erneut tat er es mit einem Schulterzucken ab.

»Du würdest vermutlich diversen Museen eine gigantische Freude damit machen, wenn du hier mal ausmistest …«, überlegte Regina laut und verschränkte die Arme, »für meine Mutter wäre das schon wie Weihnachten und Geburtstag zusammen.«

Mit einem bestätigenden Brummen widmete Ralf sich einem der älteren Schränke aus dunklem Holz. Zwischen Mänteln zog er ein Leinenhemd hervor, dass ihm bis zu den Knien reichen musste. »Das trug man früher so«, erklärte er beiläufig auf ihren fragenden Blick und ging zu einem modernen Schrank aus dem er eine Jogginghose zog.

Für den Moment ging Regina nicht weiter darauf ein und entschied sich das Thema zu wechseln. »Ist Russisch eine der Sprachen, die du über die Jahrhunderte gelernt hast?«

Ralf drehte sich von ihr weg, aber seine Anspannung war deutlich zu erkennen. Anstatt seines sonst lockeren Tons, wenn er ihr von seinen Erfahrungen berichtete, wirkte er eher bedrückt. Ganz so, als ob er es ihr nicht sagen wollte. »Es ist meine Muttersprache.«

Regina stutzte, verdrehte den Kopf und kniff die Augen zusammen. »Dann ist Ralf Stöckel wirklich nur ein Pseudonym.« Zumindest brachte sie ihn damit zum Lachen, auch wenn er immer noch verkrampft wirkte.

»Ich hatte über die Jahre hinweg so viele Namen, dass ich mich gar nicht mehr an alle erinnere«, gab er schließlich zu. Ein trauriger Unterton schwang in seinen Worten mit.

»Magst«, Regina hielt inne, zumindest so viel Märchenbildung hatte sie, dass Rumpelstilzchen und Namen eine schwierige Kombination war, »beziehungsweise kannst du mir deinen echten Namen verraten?«

Er betrachtete sie sehr lange, dann senkte er den Kopf. »Als ich … jünger war, nannten sie mich Koschei.«

Irgendwie hatte Regina das Gefühl, dass das nicht sein Name, sondern ein weiterer Titel war. Sie sollte später mal das Internet danach durchsuchen. »Und zwischendrin Rumpelstilzchen?«

Diesmal schüttelte er den Kopf, ein leichtes Lächeln im Gesicht. »Nein, das war tatsächlich ein anderes Wesen vor langer, langer Zeit.«

»Hast du es … getötet?«

Schnaubend verdreht er die Augen und verschränkte die Arme über die Kleidung, die er noch immer in den Händen hielt. »Wenn du nicht weißt, wie das Märchen endet, sollten wir vielleicht doch mehr Zeit in deine literarische Bildung investieren.«

Gerade als Regina auf diese Unverschämtheit eingehen wollte, begriff sie, was Ralf wirklich tat: Ablenken. Also schnaubte sie nur. »Soll ich dich dann weiter Ralf nennen?«

»Für den Moment«, antwortete er nach kurzem Zögern. »Wir sollten die Sachen hochbringen.«

Mit der Hand bedeutete Regina ihm vorauszugehen. Sie hatte mehr Fragen als vorher und holte sogleich ihr Smartphone hervor. Zum Glück hatte sie die Kunst des Treppensteigens-während-sie-am-Handy-liest mehr als gemeistert. Der Turm hatte genügend Stufen, um es beim Lesen von Uni-Lektüre zwischen den Etagen zu üben. Bald schon hatte sie einen passenden Artikel gefunden, der sie unvermittelt innehalten ließ: Er war irgendwie mit der Baba Yaga verknüpft. Und anscheinend unsterblich.

»Alles okay?«, rief Ralf von wesentlich weiter oben.

Mehrmals öffnete und schloss Regina den Mund, bevor sie ein wenig überzeugendes »Alles okay« hervorpresste. Schnell steckte sie ihr Handy ein und schloss zu ihm auf. Einen besorgten Blick fing sie sich dennoch ein, auch wenn sie ihm nicht in die Augen sehen konnte.

Ein schweres Seufzen entwich Ralf. »Du hast den Namen nachgeschlagen oder?«

Ertappt konnte Regina das nur mit einem Nicken bestätigen.

Mit einem weiteren Seufzen setzte er sich auf die Stufen, die Kleidung im Schoß und klopfte auf den freien Platz neben sich. Regina folgte der Aufforderung, ließ geradeso einen Spalt zwischen ihnen frei. Sie richtete den Blick starr nach vorne. Nach unten schauen hätte vermutlich eher für Schwindel gesorgt.

»Ein Aspekt der Baba Yaga ist meine Mutter«, verkündete Ralf schließlich in die Stille zwischen ihnen.

Regina drehte sich ruckartig zu ihm, schlug dabei mit ihrem Knie gegen seines und zog es wieder ein Stück an sich.

Doch noch bevor sie fragen konnte antwortete er: »Die Yaga, die deine Großmutter angegriffen hat, ist ein anderer Aspekt.«

Sie verstand nicht was das genau bedeutete, aber es half, dass er nicht direkt mit Derjenigen verwand war, die sie und ihre Oma in Pantoffeln verwandelt hatte. »Wenn das hier vorbei ist, möchte ich die ganze Geschichte hören«, bat sie ihn dennoch.

»Irgendwann einmal«, versprach er, sein Mundwinkel zuckte leicht nach oben und Regina stöhnte.

»Jaaa, wenn ich mich ein bisschen mehr weitergebildet habe und meine Kräfte besser unter Kontrolle habe, blablabla…«, äffte sie ihn nach. Teils aus echter Genervtheit, teils um ihn ein wenig aufzuheitern.

»Wenn ich soweit bin«, widersprach Ralf ruhig.

Regina schluckte. Diese Variante hatte sie nicht bedacht. Empathie war definitiv auch etwas, an dem sie noch arbeiten musste. »Tut mir leid.«

Ralf schüttelte den Kopf und stand auf. »Lass uns nach den beiden sehen. Irgendetwas sagt mir, dass wir sie sonst erstmal eine Weile allein lassen sollten, wenn wir uns nicht beeilen.«

Leichte Röte stieg in Reginas Gesicht als sie sich ebenfalls aufrappelte. Und tatsächlich: Als sie das Turmzimmer wieder betraten waren Marie und Maria in einen leidenschaftlichen Zungentango verwickelt. Ralf räusperte sich laut und die beiden sprangen regelrecht auseinander.

»Ich-wir-das-ähm«, stammelte Marie und sah zwischen ihnen hin und her.

Ohne darauf einzugehen überreichte Ralf die Kleidung und drehte sich um. »Du kannst jederzeit herkommen, wenn du Fragen hast oder sich etwas komisch anfühlt«, bot er ruhig an, bevor er etwas auf Russisch sagte.

Auch wenn er es vorhin gesagt hatte, war es seltsam zu hören, wie leicht er in die andere Sprache wechselte. Heute war Regina besonders deutlich geworden wie wenig sie über ihn wusste. Was zwischen Mentor und Lehrling nicht verwunderlich war, aber irgendwie fühlte es sich an, als wenn sie vielleicht eines Tages Freunde werden könnten. Eine innere Stimme sagte ihr, dass ihre Oma sich nie soweit auf ihn eingelassen hatte.

Unerwartet sprang Marie Regina in die Arme und riss sie damit aus den Gedanken.

»Ich meld’ mich bald bei dir!«, versprach sie und drückte sie fest.

Regina tätschelte ihr etwas überfordert den Rücken und nach einer knappen Verabschiedung waren die beiden verschwunden. Unweigerlich musste Regina Lachen, ein richtig tiefes Lachen, dass sie beinahe in die Knie zwang. Sie hatte tatsächlich durch diese absurden Geschehnisse scheinbar eine Freundin gefunden.

Auf Ralfs fragenden Blick hin erklärte sie nur amüsiert: »Die meisten Leute kenn’ ich aus dem Hörsaal nicht durch tierische Rückverwandlungen.«

Das wiederum ließ ihn schnauben. Auf gewisse Weise waren auch sie enger zusammengewachsen. Vielleicht würde er eines Tages genügend Vertrauen zu ihr finden, um ihr mehr zu erzählen. Bis dahin und auch darüber hinaus würde sie sein Geheimnis für sich behalten. Was war schon eines mehr in der Reihe von Dingen, über die sie besser nicht mit Uninvolvierten sprach?

Nachwort

Könnt ihr erraten, welches Märchen hier thematisiert ist?

Ich hoffe euch hat diese kleine Fortsetzung des #CroMär gefallen, vermutlich wird es nächstes Jahr damit weitergehen und wenn alles klappt, könnt ihr vielleicht die ersten drei Teile eines Tages auf einer Messe erwerben. Haltet also die Augen offen!

Anne/Poisonpainter

Märchensommer Buchvorstellung #3

Willkommen in der vorletzten Woche des Märchensommers!

Nach der Vorstellung der LeserundenBücher und der Märchenspinnerei-Bände, gibt es heute eine bunte Mischung an Märchenadaptionen.

Das Märchensommer Banner zeigt eine Scherenschnitt-Fee, die Glitzer auf den verschnörkelten Schriftzug "Märchensommer" über einem aufgeschlagenen Buch streut. Alles vor einer grünen Wiese neben einem Baum und Sonnenstrahlen im Hintergrund.
Cover Spielmannsbraut
Cover Kaputter Nebel

Letzte Woche hatten wir Märchensommer-Urgestein Anne Danck im Interview, natürlich darf ihre König Drosselbart Adaption Spielmannsbraut hier nicht fehlen!

Darin zeigt sie, welche Gründe die Königstochter wirklich hatte, um all die Bewerber abzulehnen und verdeutlicht noch einmal wie arschig der König – und auch ihr Vater – zu ihr ist, indem er sie von vorne bis hinten belügt. Wird es ein Happily Ever After geben in dieser Konstellation? Das müsst ihr selbst nachlesen!

Kaputter Nebel by Carolin Gmyrek ist dahingend eine bunte Mischung aus Märchen, wir Rotkäppchen, Des Nebelbergs König and Blaubart mit einer ordentlichen Prise Urbananer Fantastik. Habt ihr euch schon mal gefragt, was für Rechte sprechende Tiere eigentlich bekommen? Hier könnt ihr es herausfinden!

Mehr zu den Hintergründen der Geschichte erfahrt ihr Donnerstag im Interview!

Cover Winterhof
Cover Inventing Cinder

Winterhof by Sameena Jehanzeb erzählt die Geschichte der Schneekönigin aus einer anderen Perspektive, nämlich Koras, die vergeblich in einer wärmer werdenden Welt den Schnee sucht und eine Wahl treffen muss, bei der sie nur verlieren kann.

Zur Novelle gibt es auch eine Kurzgeschichte Runa, die weitere Hintergründe zur Schneekönigin zeigt. Als Bündel im Online Shop erhältlich – und vermutlich werde ich das bei Gelegenheit mal hamstern …

In Inventing Cinder packt Anna Lisa Franzke Cinderella in ein Steampunk-Setting. „Cinderella“ Abby ist hier nicht nur die unterdrückte Stieftochter, sondern in erster Linie eine Erfinderin, die sich mit ihren Errungenschaften einen Weg in ein neues Leben ebnen will. Gelingt es ihr oder sind die Steine, die ihre Stiefmutter ihr in den Weg legt zu groß?

FunFact: Beim Lesen des Klappentextes hab ich mich direkt verlesen, das vermutlich überhaupt gar nicht daran liegt, dass der #Neubrandenwolf zur Zeit bevorzugt zum Album „The Great War“ überarbeitet zu werden.

Habt ihr eines der Bücher schon gelesen?

Anne/Poisonpainter

Schreiberlinge im Interview: Anne Danck

Seit Anfang an ein fester Bestandteil des Fairy Tale Summers als Teilnehmerin, nun auf der anderen Seite der Ereignisse. Viel Spaß mit den Antworten von …

Das Märchensommer Banner zeigt eine Scherenschnitt-Fee, die Glitzer auf den verschnörkelten Schriftzug "Märchensommer" über einem aufgeschlagenen Buch streut. Alles vor einer grünen Wiese neben einem Baum und Sonnenstrahlen im Hintergrund.

Anne Danck

Ein paar Daten zu dir:

Ich bin große Märchen-Liebhaberin und folge daher Annes Märchensommer gewissermaßen schon seit erster Stunde. Es ist für mich eine große Ehre, hier jetzt selbst mein Buch vorstellen zu dürfen. Ich komme aus Berlin, bin promovierte Verhaltensbiologin, habe eine Rasselbande an Farbratten adoptiert und trinke normalerweise erst nachmittags Kaffee.

Ich sage immer, ursprünglich komme ich aus der „Kurzgeschichten-Ecke“. Ich liebe Kurzgeschichten zu lesen und zu schreiben und habe daher jahrelang auch vor allem in diesem Bereich veröffentlicht. (Übrigens auch in einer Anthologie, in der auch Anne selbst vertreten ist: „Dunkle Federn, scharf Krallen“ Die müsst ihr unbedingt lesen! Nicht nur, weil alle Geschichten darin sehr gut sind, sondern weil der Gewinn der Antho auch für einen guten Zweck gespendet wird.)

Aber dann hatte eine gewisse Prinzessin in einer der Kurzgeschichten doch mehr zu erzählen und daraus wurde ein ganzer Roman: „Spielmannsbraut“, erschienen 2021 im Drachenmond Verlag, ist das Märchen „König Drosselbart“ aus der Sicht der angeblich so hochmütigen Prinzessin. Sie selbst findet nämlich, dass ihr Spott eigentlich berechtigt und reine Selbstverteidigung war …

Vorneweg ein paar Fragen zu deinen Märchen Spielmannsbraut:

1. Welches Element deines Märchens war am Schwierigsten umzusetzen?

Das Finale. Es gibt davon so viele verschiedene Versionen in so unterschiedlicher Länge! Ich kann hier leider nicht zu sehr ins Detail gehen, sagen wir nur: Es gibt viele Personen, die teilweise unterschiedliche Sachen voneinander wissen, sehr konträre Meinung voneinander haben, sich gegenseitig bestimmte Ziele und Motive unterstellen … Genau so herausfordernd wie sich das anhört, war es auch. Im Endeffekt habe ich sehr viel reduziert, damit die Botschaft klarer wird und man den Überblick behalten kann. Aber das war ein langer, zäher Kampf, den ich auch nie ohne meine tapferen Testleser:innen gewonnen hätte.

2. Was hat dich bei der Arbeit am Märchen am meisten zur Verzweiflung gebracht?

Die Prinzessin selbst. Mirelle ist selbstbewusst und nicht auf den Mund gefallen. In die Ecke gedrängt, ist sie nicht zimperlich, sondern teilt ordentlich aus. Das kann auf Anhieb sehr abschreckend und unsympathisch wirken. Zu zeigen, dass sie eigentlich auch sehr liebenswürdig ist, ohne ihr gleich ganz die Zähne zu ziehen, war wahrlich nicht einfach. Aber wenn ihr euch beim Lesen an ihrer etwas rücksichtslosen Art stoßt, dann rate ich euch: Haltet durch, bis der Spielmann seinen Auftritt hat. Er verpasst ihr eine ganz schöne Abreibung und ist in vielen Punkten das Gegenteil zu ihr.

3. Welche Fassung (Film, Erzählung, Adaption) deines Märchens, außer deiner eigenen, magst du am liebsten?

Tatsächlich ist es ja ein eher selten adaptiertes Märchen, daher ist die Auswahl nicht so groß. Als Kind mochte ich sehr die Version, die meine Oma auf Schallplatte hatte, und die uralte Schwarz-weiß-Verfilmung von 1954. Allerdings habe ich meine Meinung zu dem Märchen an sich inzwischen gründlich geändert, und aus moderner Perspektive einige Probleme mit der Moral. Wie kann es ein Happy End geben, wenn die Auflösung ist, dass König Drosselbart die Prinzessin die ganze Zeit belogen hat? Wie kann man in einer Beziehung den anderen umerziehen wollen? Das klingt nicht nach Gleichberechtigung und erst Recht nicht nach Liebe. Ich finde, so etwas sollten aktuelle Rezeptionen auch beachten.

4. Ein Film-Mensch kommt auf dich zu und möchte dein Märchen umsetzen. Wen siehst du in den Hauptrollen?

Gerne ein paar (noch) unbekannte Schauspieler:innen. Solange sie passend und Talent haben, bin ich da nicht wählerisch.

5. Was wünscht du dir für die Zukunft deines Märchens?

Da von einigen Seiten schon der Wunsch geäußert wurde: Vielleicht die Zeit, eine Fortsetzung zu schreiben. Nicht über Prinzessin Mirelle, aber ich wüsste da so eine Person, die auch ein paar Lektionen vom Leben verdient hätte …

Schauen wir uns deine Märchenleidenschaft mal etwas genauer an…

6. Was ist deine schönste Erinnerung, wenn es um Märchen geht?

Jedes Jahr aufs Neue: Im Winter „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ mit meiner Schwester (und oft auch dem Rest der Familie) zu schauen. Ich liebe diese Version des Märchens, sie macht so vieles richtig, was ich bei anderen Adaptionen vermisse. Und ich entdecke jedes Jahr neue Details. Zum Beispiel, dass es hier der Prinz ist, der eigentlich dafür sorgt, dass Aschenbrödel ihre Zaubernüsse bekommt. Oder dass Aschenbrödel auf dem Ball einen Phönix auf ihrem Kleid trägt … Weil der aus der Asche geboren wird.

7. Was magst du lieber? Happy End oder Bad End?

Happy End. Aber bitte nicht zu übertrieben, es darf eine Wehmutsnote dabei sein. Eine Person, die sich nicht bekehren lässt, eine Konsequenz, die man trotz allem nicht verhindern konnte … So etwas.

8. Was stört/begeistert dich bei Märchen am meisten?

Wo soll ich anfangen? Mich begeistert so vieles! Sie stecken voller Symbole, die auf so unterschiedliche Weisen interpretiert werden können. Und sie haben so viele Ungereimtheiten – die fordern geradezu dazu auf, eine Erklärung dafür zu finden. Die gleiche Ausgangsgeschichte kann dadurch auf so vollkommen verschiedene Arten und Weisen erzählt werden.

9. Was ist für dich typisch an einem Märchen?

In Märchen müssen die Hauptpersonen nicht die Welt retten, sondern sie kämpfen für ganz persönliche Dinge – den Weg aus dem Wald, den Schutz des Bruders, ein Heilmittel für den Vater. Außerdem steht ihnen dabei kein ganzes Heer zur Seite, sondern oft nur ihr eigener Mut und Verstand.

Zum Schluss noch ein paar märchenhafte Fragen:

10. Du triffst auf ein sprechendes Tier, das dir weismachen will, dass es ein verzauberter Mensch ist. Was würdest du tun?

Das Tier ausfragen natürlich! Als Verhaltensbiologin hätte ich so unglaublich viele Fragen: Wie ist das so in einem Tierkörper? Welche Sinne sind besser, welche schlechter? Gibt es dann Instinkte, die manchmal greifen und gegen die man dann in der Gestalt nichts tun kann?

11. Eine gute Fee will dir drei Wünsche erfüllen, was würdest du dir wünschen?

Den Trick kenne ich, darauf falle ich nicht herein. Kann ja jede:r behaupten, gut zu sein, aber aus „Once Upon A Time“ weiß ich ganz genau: Every magic has its price. Darauf lasse ich mich also lieber nicht ein.

12. Welchen Märchenweg würdest du wählen um jemanden aus dem Weg zu räumen?

Ganz klar die Verwandlung in ein Tier. Damit bekommt die Person die Lebenslektionen gratis dazu – und falls man sich doch geirrt hat, kann man es (hoffentlich) wieder rückgängig machen.

13. Bonusfrage: Mit welcher Märchenfigur würdest du gerne tauschen?

Wenn ich ehrlich bin: mit keiner. Ich bleibe lieber der allwissende Erzähler.

Mehr zu Anne gibt es hier:

Homepage: Anne Danck
Instagram: annedanck

Vielen Dank, Anne!

Anne/PoiSonPaiNter

#CroMär: Kapitel 15

Heute geht es weiter mit dem #CroMär!

Das Märchensommer Banner zeigt eine Scherenschnitt-Fee, die Glitzer auf den verschnörkelten Schriftzug "Märchensommer" über einem aufgeschlagenen Buch streut. Alles vor einer grünen Wiese neben einem Baum und Sonnenstrahlen im Hintergrund.

Weiter geht’s …

Viel später als es Regina lieb war kamen sie zurück an den Turm. Die Sonne hatte schon viel an Kraft verloren, nicht mehr lange und sie würde untergehen. Hoffentlich funktionierte der Apparat auch unter diesen Bedingungen und sie müssten nicht erst bis morgen warten. Da Marie sie überredet hatte, mit ihr Telefonnummern zu tauschen, als sie sich auf der Suche nach den Pilzen getrennt hatten, konnte Regina sich vorstellen, was sie entsprechend in der Nacht erwartete. Unzählige Nachrichten, wenn nicht sogar ein stundenlanges Telefonat.

»Das seid ihr ja endlich!«, begrüßte sie auch Ralf als er die Tür öffnete.

»Ja, Oma war neugierig …« Und das war noch eine Untertreibung.

Nicht nur, wollte sie wissen, warum Regina sich nicht gemeldet hatte, sondern auch alles über Marie und die Ziege erfahren. Immer und immer wieder hatte Regina beide gedrängt endlich loszugehen, wurde aber jedes Mal wieder ignoriert. Erst die kleine Schneewolke, die sich aus Wut über ihrem Kopf gebildet hatte und den Sessel einweichte auf dem sie saß, sorgte für ihren Erfolg.

Im Turmzimmer stand eine seltsame Konstruktion aus Rohren und Linsen so auf ein großes, offenes Dachfenster gerichtet, dass es wie ein umgedrehtes Teleskop aussah. An ihrem Ende stand eine tönerne Schüssel in der ein Sonnenstrahl sich bündelte. Regina blinzelte mehrfach, aber es änderte nichts an der Tatsache, dass dieser sich verflüssigt hatte. So ergab mit einem Sonnenstrahl zu kochen wesentlich mehr Sinn. Auch, wenn sie nicht verstand, wie das Ganze funktionierte. Sie legte die restlichen Zutaten auf den Tisch und Ralf nahm sie sogleich und zerbröselte sie in die Schüssel. Anschließend vermengte er alles mit der Hand, bedacht darauf, die Maschine nicht anzustoßen. Erst als er mehrere Kugeln geformt hatte, drehte er die Linsen mit einem Hebel zur Seite und zog die Schüssel vor. Mit dieser in der Hand kniete er sich vor die Ziege und bat sie zu essen.

Wie schon bei Wolf geschah zunächst nichts, dann begann die Ziege merkwürdig zu zucken. Schmerzensschreie hallten durch den Raum und Regina trat weiter von ihr zurück. Was, wenn sie zu spät waren und der Erlösungszauber sie nur noch tötete? Tief bohrte sie die Finger in ihre Oberarme und versuchte ruhiger zu atmen. Marie neben ihr erging es nicht besser. Dann war es still. Der Ziegenkörper nur noch eine Pfütze auf dem Fußboden. Regina wollte etwas sagen, doch kein Ton gelangte über ihre Lippen. Erst, als eine Hand sich aus der glibberigen Masse streckte schrie sie vor Schreck auf, krallte sich an Marie, die sich ebenso an ihr festhielt. Einige Minuten später kniete eine junge Frau vor ihnen, die Kleider zerrissen und viel zu klein für ihren erwachsenen Körper.

»Sie ist hübsch!«, flüsterte Marie und ließ Regina los, um sich vorsichtig vor die ehemalige Ziege zu hocken.

»Hi, ich bin Marie, aber das weißt du bestimmt. Wie heißt du?«, fragte sie schüchtern und, wenn Regina es richtig deutete, nervös.

Die andere sah sich hilfesuchend um, öffnete den Mund und schloss ihn wieder und starrte auf den Boden.

»Kannst du nicht sprechen?«, fragte Marie und Mitgefühl schwang in ihrer Stimme mit.

Das Ziegenmädchen zuckte mit den Schultern, schüttelte den Kopf, als wäre sie sich nicht sicher.

»Du konntest als Ziege sprechen«, erinnerte Ralf sie, bot ihr dennoch einen Zettel und Stift an, die sie dankbar entgegennahm.

Als sie ihn zu ihnen drehte stand ein einziges Wort darauf: Мария

Regina kniff die Augen zusammen, das Wort wollte sich ihr nicht erschließen. Mapur? Sollte das ihr Name sein?

»Maria«, übersetzte Ralf und ergänzte auf ihren fragenden Blick mit einem Schulterzucken: »Das sind kyrillische Buchstaben. So wie man sie zum Beispiel im Russischen verwendet.«

»Maria und Marie, wie passend!«, freute sich Marie und strahlte Maria an. Dann stand sie auf und bot Maria ihre Hand an. Zögerlich ließ diese sich aufhelfen und zu einer Bank am Tisch führen.

»Hast du irgendwelche Klamotten, die sie nutzen kann?«, fragte Regina, um sich zumindest ein bisschen nützlich zu fühlen.

Ralf nickte und bedeutete ihr, ihm zu folgen. Hinter ihnen sprach Marie leise zu Maria und hatte irgendwoher eine Bürste geholt, mit der sie deren lange Haare sorgfältig kämmte.

Nachwort

Könnt ihr erraten, welches Märchen hier thematisiert ist?

Es ist mir bewusst, dass es diesmal wirklich mit Hühneraugen zukneifen nur erkennbar ist, aber vielleicht hat ja wer von euch ’ne Idee!

Nächsten Mittwoch geht’s weiter.

Anne/Poisonpainter

Märchenspinnerei im Interview: Katherina Ushachov und Rabea Blue

Ein Weiteres Interview-Update Fairy Tale Summer mit der Märchenspinnerei mit den Mini-Bögen zu den aktuellsten Adaptionen!

Banner der Märchenspinnerei. Es zeigt links ein Spinnrad auf dessem Faden zur Spindel verschiedene Märchenfiguren sitzen, stehen oder laufen.

Vorletzten Montag vorgestellt, geht es mit diesen beiden weiter:

Katherina Ushachov: Zwergenschatz

1. Welches Element deines Märchens war am Schwierigsten umzusetzen?

Da ich das Prequel zu „Schneeweißchen und Rosenrot“ geschrieben habe, war es das Kniffligste, die Zwerge respektvoll darzustellen und gleichzeitig im Genre zu bleiben und mich nicht ZU weit von der Vorlage zu entfernen. Ich stand auf einmal vor der Erkenntnis, dass ich mir ein Märchen ausgesucht habe, das im Kern antisemitische Stereotypen bedient und musste mich damit auseinandersetzen, wie ich meine Adaption davon gelöst bekomme.

2. Was hat dich bei der Arbeit am Märchen am meisten zur Verzweiflung gebracht?

Ich würde ja gerne sagen, das Drumherum (das Märchen hatte einen sehr holprigen Fehlstart hingelegt, ich musste mich mehrfach aus dem Motivationsloch ziehen und es gingen ständig technische Dinge schief) – aber das ist vermutlich nicht gemeint.

Neben der Frage „wie kriege ich es hin, das Märchen respektvoll ins Heute zu übertragen“, brauchte ich auch einen legitimen Grund für das Handeln der Zwerge. Schließlich sollte beim Prequel mit ihnen mitgefiebert werden.

3. Welche Fassung (Film, Erzählung, Adaption) deines Märchens, außer deiner eigenen, magst du am liebsten?

Es gibt von diesem Märchen eine von meiner verstorbenen Oma eingelesene, russische Fassung. Die, konkurrenzlos.

4. Ein Film-Mensch kommt auf dich zu und möchte dein Märchen umsetzen, wen siehst du in den Hauptrollen?

Okay, das ist ausnahmsweise sehr einfach. Karen Gillan für Nina, Arthur Darvill für Paul. Kaitlyn Alexander (nicht-binäre Person) für Aelfrida und unbedingt Robert Palfrader als Erik von Bosapan. Für die anderen habe ich keinen Cast (ich tue mich mit Schauspielenden schwer), aber ich hätte auch für Aethelwold gern eine Person, die nicht cis ist und ein respektvolles Casting für die Zwerge.

Mehr zu Katherina gibt es hier:

Interview zu

Homepage: Keller im 3. Stock
Facebook: Katherina Ushachov – Autorin
Twitter: @evanesca

Instagram: evanesca_feuerblut

Rabea Blue – Schwesternmacht

1. Welches Element deines Märchens war am Schwierigsten umzusetzen?

Katherina und ich wollten bewusst die Zwerge nicht in dem schlechten Licht darstellen, in dem sie in der Originalversion erscheinen. Doch da sie nun mal die Antagonisten sind, war es gar nicht so einfach, sie liebenswürdig wirken zu lassen. Gerade in meinem Teil der Geschichte, in dem die Zwerge genau genommen nur Gastauftritte haben, war es herausfordernd, sie nicht als „böse“ zu umschreiben.

2. Was hat dich bei der Arbeit am Märchen am meisten zur Verzweiflung gebracht?

Als sich das Korrektorat fast schon als zweites Lektorat herausgestellt hat. Ich habe damit gerechnet, dass ich nur ein paar Rechtschreib- oder Kommafehler korrigieren muss, aber es kam noch ein ganz schöner Berg an Arbeit auf mich zu. Im Nachhinein bin ich jedoch sehr froh, dass die letzte Phase so intensiv war. Vielen Dank, Christina 🙂

3. Welche Fassung (Film, Erzählung, Adaption) deines Märchens, außer deiner eigenen, magst du am liebsten?

Seit ich als Kind mal eine Verfilmung von „Schneeweißchen und Rosenrot“ gesehen habe, es müsste die aus der DDR und ČSSR gewesen sein, hatte ich einen regelrechten Horror vor dem Märchen. „Schwesternmacht“ zu schreiben, könnte man fast als eine Art Therapie beschreiben, denn jetzt gibt es endlich eine Version, die mit vielen positiven Erinnerungen verbunden ist.

4. Ein Film-Mensch kommt auf dich zu und möchte dein Märchen umsetzen, wen siehst du in den Hauptrollen?

Solche Fragen zu beantworten, fällt mir immer schwer, da mein Gesichter- und Als Mutter der Schwestern könnte ich mir Katja Riemann vorstellen. Ein deutsches Zwillingspärchen im Schauspielbereich kenne ich spontan nicht, aber ich wäre z.B. auch mit Jella Haase in einer Doppelrolle zufrieden.

Mehr zu Rabea gibt es hier:

Interview zu Saving Rapunzel

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Vielen Dank, Katherina & Rabea!

Am 2.8. 18 Uhr wird es mit allen neu vorgestellten Adaptionen einen Einen märchenhaften Abend mit Licht und Schatten bei Gipfelbasilisk auf Twitch geben! Schaut also unbedingt vorbei, wenn ihr mehr über die Reihe und die Bände erfahren wollt!

Das Märchensommer Banner zeigt eine Scherenschnitt-Fee, die Glitzer auf den verschnörkelten Schriftzug "Märchensommer" über einem aufgeschlagenen Buch streut. Alles vor einer grünen Wiese neben einem Baum und Sonnenstrahlen im Hintergrund.

Anne/PoiSonPaiNter

#CroMär: Kapitel 14

Heute geht es weiter mit dem #CroMär!

Das Märchensommer Banner zeigt eine Scherenschnitt-Fee, die Glitzer auf den verschnörkelten Schriftzug "Märchensommer" über einem aufgeschlagenen Buch streut. Alles vor einer grünen Wiese neben einem Baum und Sonnenstrahlen im Hintergrund.

Weiter geht’s …

Erneut seufzte Regina, sah zwischen den anderen hin und her, dann fragte sie resigniert: »Und, was müssen wir dafür tun?«

»Wie beim letzten Mal auch schon, braucht es ein paar Zutaten. Einen Pilz, einen Laib Brot und Sonnenlicht.«

Regina blinzelte und sah Ralf verwirrt an. »Wie verwendet man denn bitte Sonnenlicht?«

»Oh, da ist wie bei Allerleirauh!«, rief Marie begeistert aus.

Regina musste definitiv mehr Märchen lesen, sie kam nicht mehr mit.

»Da mussten sie je ein Kleid aus Sonnenlicht, Mondstrahlen und Sternen machen«, erklärte Marie Stolz.

»Und wie haben sie das gemacht?«

Marie zuckte mit den Schultern. »Sowas wird im Märchen nicht erklärt.«

Brummend sah Regina zu Ralf, der ebenfalls mit den Schultern zuckte. »Keine Ahnung, wie die das gemacht haben, aber für das Rezept habe ich etwas. Ich muss es nur vorbereiten, während ihr den Rest sucht.«

»Hast du wieder etwas wie die Federn, dass uns den Weg zeigt?«, wollte Regina als nächstes Wissen. So ganz ohne irgendwelche Kenntnisse, was sie überhaupt suchte, wollte sie nicht im Wald umherirren.

»Federn?«, fragte Marie verwirrt und Regina vertröstete sie auf eine spätere Erklärung.

»Nicht direkt.« Damit nickte Ralf zum Eingang des Turmes.

Im Gänsemarsch folgten sie ihm die Wendeltreppe hinauf, die Ziege stolperte gelegentlich auf den Stufen. Ganz oben angekommen, sah Marie sich im Turmzimmer um. Die Schränke und Tische waren mit allerlei magischem Gerümpel gefüllt. Da ihre Stunden hier stattfanden, kannte Regina das meiste davon, trotzdem entdeckte auch sie jedes Mal etwas Neues. Währenddessen wuselte Ralf durch den Raum, öffnete diverse Türen und Schubladen auf seiner Suche bis er eine alte hölzerne Schatulle auf eine freie Ecke einer Kommode stellte. Mit dem Ärmel wischte er den Staub davon ab und öffnete vorsichtig den Deckel.

Regina trat neben ihn als eine goldene Kugel sich gerade wieder in den Hohlraum legte, wo sie eben noch über einen Spiegel getanzt war. »Und was kann das Ding?«, fragte sie synchron mit ihrem Spiegelbild.

»Wenn du dich konzentrierst, kann der Spiegel dir alles zeigen, was du – finden willst.«

»Finden?«, kommentierte Regina die zögerliche Wortwahl.

»Finden, begehren, es ist schwammig, wofür er genau da ist. Es hilft auf alle Fälle sich darauf zu konzentrieren.« Ralf ging einen Schritt zur Seite.

»Also muss ich jetzt an einen Pilz denken und dann sagt uns das Ding, wo wir ihn finden?«, versuchte Regina noch einmal klarzustellen.

»Nicht irgendeinen Pilz«, widersprach Ralf, ein altes Buch in der Hand. Er drehte es zu ihr und auf der aufgeschlagenen Seite war ein glatter Pilz mit dunkler Kappe als Bleistiftzeichnung abgebildet. »Einen Butterpilz.«

Bevor Regina sagen konnte, dass sie keine Ahnung hatte, was das überhaupt für ein Pilz war, geschweige denn, wie sie sich ihn vorstellen sollte, drängte Marie sie zur Seite und kniete sich vor das Kästchen. »Oh, kann ich es ausprobieren?«

Wieder sprang die Kugel über das nun milchige Bild, erst jetzt erkannte Regina, dass es ein goldener Apfel war. Nach mehreren Runden offenbarte es das Bild einer Pilzgruppe, die der Zeichnung ähnelten.

»Und wo ist das jetzt?«, fragte Regina und legte den Kopf schief.

Marie tat es ihr gleich. Gemeinsam versuchten sie etwas in dem winzigen Ausschnitt zu erkennen. Erst ein Wink von Ralf zoomte aus dem Bild raus und es wurde eindeutiger.

»Die Stelle kenn ich!«, rief Marie begeistert aus. »Da ganz in der Nähe wohnt ‘ne verdammt coole alte Dame, die immer die besten Geschichten auf Lager hat!«

Regina konnte sich denken, wen sie damit meinte, Maries Bekräftigung, dass sie sehr genialen Apfelkuchen buk bestätigte es nur. Über die Schulter blickte sie zu Ralf. »Ist das Zufall?«

Dieser zuckte mit den Schultern. »Auf alle Fälle seid ihr dann in der Nähe von magischem Brot.«

Mit zusammengekniffenen Augen, starrte sie Ralf für einen Moment an. Natürlich brauchten sie die Fähigkeit der Holle für den Laib, einfach einen im Supermarkt kaufen, war auch zu viel verlangt. Da zutantenloses Backen noch nicht zu den Dingen gehörte, die Regina bereits gemeistert hatte, wären sie so oder so auf ihre Oma angewiesen gewesen. »Okay, also holen wir erst den Pilz und backen damit das Brot?«

»Nein, ihr bringt beides her. Der Pilz und das Brot werden mit dem Sonnenlicht … nennen wir es verschmolzen.«

Wieder starrte Regina ihn verwirrt an, beließ es aber bei einem resignierten Schulterzucken.

»Bis ihr wieder da seid, habe ich die Maschine aufgebaut, mit der wir das Sonnenlicht einfangen können.«

Das schien Marie auszureichen, denn sie sprang direkt auf und zog Regina am Arm um sich auf den Weg zu machen. »Bis dann, Herr Stöckel, passen Sie gut auf die Ziege auf!«, verabschiedete sie sich und Regina blieb nichts Anderes übrig, als ihr mit einem letzten verzweifelten Blick auf Ralf zu folgen.

Nachwort

Könnt ihr erraten, welches Märchen hier thematisiert ist?

Es gibt da übrigens eine Verfilmung, in der gezeigt wird, wie die Materialien gesammelt werden. Mit Käschern zum Beispiel die Sterne und der Mondschein wird aus dem Wasser gefischt.

Ob das „damals“ so wirklich war? Wer weiß!

Nächsten Mittwoch geht’s weiter.

Anne/Poisonpainter

Märchenspinnerei im Interview: Christina Löw und Julia Maar

Ein Fairy Tale Summer ohne Interview-Updates mit der Märchenspinnerei? Das geht nicht! Deswegen folgen diese und nächste Woche wieder Mini-Bögen zu den aktuellsten Adaptionen!

Banner der Märchenspinnerei. Es zeigt links ein Spinnrad auf dessem Faden zur Spindel verschiedene Märchenfiguren sitzen, stehen oder laufen.

Letzten Montag vorgestellt, machen diese beiden den Anfang:

Christina Löw: Das Lied des Herbstmondes

1. Welches Element deines Märchens war am Schwierigsten umzusetzen?

Mein Roman „Das Lied des Herbstmondes“ ist Teil einer Doppel-Adaption – zusammen mit Julia Maar habe ich das Märchen „Jorinde und Joringel“ adaptiert – und dabei war es zunächst gar nicht so einfach, die Geschichte unter uns aufzuteilen bzw. zu überlegen, welche Aspekte in welcher Adaption auftauchen sollen. Gemäß der Reihe „Licht und Schatten“ der Märchenspinnerei erzählt eine Adaption die ‚gute‘ und eine die ‚böse‘ Seite des Originalmärchens neu, ich habe die ‚böse‘ Seite übernommen und mich schließlich dafür entschieden, eine mögliche moderne Vorgeschichte zu dem Märchen zu schreiben. Das bot mir einerseits eine gewisse gestalterische Freiheit, andererseits war es gar nicht so einfach, genug Elemente aus dem Originalmärchen einzubauen, sodass zumindest ‚Kenner*innen‘ des Märchens diese wiederentdecken können – ohne dabei zu viel von Julias Seite des Märchens vorwegzunehmen.

2. Was hat dich bei der Arbeit am Märchen am meisten zur Verzweiflung gebracht?

Mein Plot. 😀 Ich bin es zwar aus meinen vorherigen Romanen (und auch einigen Kurzgeschichten) gewohnt, dass meine Figuren mir beim Schreiben hier und da noch weitere Ideen vor die Füße werfen und die Geschichte (trotz vorherigen Plottens) etwas in die eine oder andere Richtung zerren, die ich nicht geplant hatte, aber bei „Das Lied des Herbstmondes“ haben meine Figuren damit echt den sprichwörtlichen Vogel abgeschossen … Schlussendlich habe ich mich, nachdem die erste Rohfassung stand, nochmal hingesetzt, den Plot in einigen Teilen ganz neu gedacht – und danach große Teile des Romans neugeschrieben.

3. Welche Fassung (Film, Erzählung, Adaption) deines Märchens, außer deiner eigenen, magst du am liebsten?

Tatsächlich kenne ich gar nicht sooo viele Adaptionen von „Jorinde und Joringel“ und ich muss gestehen, dass ich oft kein Fan der klassischen Filmadaptionen bin. *versteck*
Ich meine mich an einen Webcomic zum Märchen zu erinnern, den ich ganz interessant fand, aber leider finde ich ihn aktuell nicht mehr, wäre also für Hinweise dankbar – und bin immer interessiert an Adaptionsempfehlungen. 😊

4. Ein Film-Mensch kommt auf dich zu und möchte dein Märchen umsetzen, wen siehst du in den Hauptrollen?

Puh, das ist eine sehr gute Frage! Wobei ich mir bei einigen Figuren von „Das Lied des Herbstmondes“ tatsächlich ein klareres (äußeres) Bild als sonst oft gemacht habe – schließlich sollte Julia Maar in der Lage sein, auch welche von meinen Figuren für ihre Geschichte zu übernehmen, und dazu brauchte sie natürlich alle nötigen Infos.
Trotzdem hinge bei einer Verfilmung natürlich bei der Besetzung viel davon ab, ob es z.B. eine deutsche Produktion wäre oder eine internationale. Da nehme ich gerne Wünsche von Lesenden. 😉

Mehr zu Christina gibt es hier:

Interview zu

HomepageChristina Löw
FacebookChristina Löw
Twitter@christina_loew

Julia Maar – Die Stille der Herbstblume

1. Welches Element deines Märchens war am Schwierigsten umzusetzen?

Tatsächlich alles Magische. Die Magieelemente sollten sich gut in das reale Setting einfügen und nicht an der Nase herbeigezogen wirken. Das fiel mir schwerer als gedacht, vor allem da sie erst in der zweiten Hälfte des Buches wirklich präsent werden. Letztendlich bin ich aber zufrieden mit dem Endergebnis und mir persönlich gefällt es gut, dass sie sich eher unauffällig in die Handlung einfügt.

2. Was hat dich bei der Arbeit am Märchen am meisten zur Verzweiflung gebracht?

Es gibt eine Szene, in der ein Ritual durchgeführt wird und ich habe mich wirklich lange davor gedrückt diese zu schreiben. Recherchen sind absolut nicht meins und mit dem Wissen, dass Christina darin top ist, habe ich mich beim Schreiben ziemlich schwergetan. Dazu kam, dass ich nicht wusste, wie ausführlich die Szene werden sollte. Es war eine Quälerei und ich sehr froh, als ich mich nicht mehr damit auseinandersetzen musste.

3. Welche Fassung (Film, Erzählung, Adaption) deines Märchens, außer deiner eigenen, magst du am liebsten?

Abgesehen von Christinas Adaption zu Jorinde und Joringel habe ich tatsächlich noch keine andere Version gelesen oder gesehen. Ich freue mich aber über weitere Empfehlungen. 😊

4. Ein Film-Mensch kommt auf dich zu und möchte dein Märchen umsetzen, wen siehst du in den Hauptrollen?

Solche Fragen zu beantworten, fällt mir immer schwer, da mein Gesichter- und Namensgedächtnis wirklich miserable ist. Ich hoffe daher, dass die Besetzungen für Emily und Emil ausreichen. Bei Emily habe ich mich für Olivia Rodrigo entschieden, sie passt auch gesanglich sehr gut. Emil war dann schon etwas schwieriger. Letztendlich denke ich aber, dass Marlon Wessel sich ganz gut in der Rolle machen würde. Zumindest sehe ich vieles [von dessen Rolle] Maxi auch in Emil.

Mehr zu Julia gibt es hier:

Interview zu Der siebte Sohn (Rezension)

Facebook: Julia Maar

Vielen Dank, Christina & Julia!

Am 2.8. 18 Uhr wird es mit allen neu vorgestellten Adaptionen einen Einen märchenhaften Abend mit Licht und Schatten bei Gipfelbasilisk auf Twitch geben! Schaut also unbedingt vorbei, wenn ihr mehr über die Reihe und die Bände erfahren wollt!

Das Märchensommer Banner zeigt eine Scherenschnitt-Fee, die Glitzer auf den verschnörkelten Schriftzug "Märchensommer" über einem aufgeschlagenen Buch streut. Alles vor einer grünen Wiese neben einem Baum und Sonnenstrahlen im Hintergrund.

Anne/PoiSonPaiNter

#CroMär: Kapitel 13

Heute geht es weiter mit dem #CroMär!

Das Märchensommer Banner zeigt eine Scherenschnitt-Fee, die Glitzer auf den verschnörkelten Schriftzug "Märchensommer" über einem aufgeschlagenen Buch streut. Alles vor einer grünen Wiese neben einem Baum und Sonnenstrahlen im Hintergrund.

Weiter geht’s …

Im Schneidersitz setzte Ralf sich vor die Ziege. Der Titel eines Films ging Regina durch den Kopf, »Männer, die Ziegen anstarren« oder so.

»Was tut er da?«, kommentierte Marie und lehnte sich dichter zu Regina, ebenfalls mit verschränkten Armen. Ihre Schultern stießen dabei aneinander, oder zumindest Maries Schulter mit Reginas Oberarm, war sie doch einen Ticken größer.

»Irgendwie herausbekommen, ob die Ziege verzaubert ist?« Regina verzog das Gesicht. Trotz der Stunden bei ihrer Oma und Ralf, änderte es nichts daran, dass sie im Prinzip keine Ahnung von Magie hatte.

»Und dann?«

Tja, was kam dann, das war eine sehr gute Frage. Regina zuckte mit den Schultern. »Vielleicht gibt es einen Weg sie zu ent-zaubern.«

»Hast du das schon Mal gemacht?« Die Neugierde in Maries Stimme war eindeutig.

Unsicher scharrte Regina mit der Fußspitze über den Rasen. »Jaaa…«

»Oh, oh, wie lief das ab?« Marie hüpfte neben ihr auf und ab.

Widerwillig erzählte Regina von Wolfs Rückverwandlung, ließ allerdings aus, um wen genau es sich handelte.

»Wow!«, entfuhr es Marie, die sie mit weit aufgerissenen Augen ansah. »Hoffentlich schaffen wir das auch, das wäre so schön!«

Regina konnte den Enthusiasmus zwar nicht ganz nachvollziehen, aber einen Menschen aus einer Verwandlung retten klang gut. Und wenn nicht, wussten sie immerhin, dass diese Ziege definitiv nicht zum Melken oder Schlachten da war. Ein Schauer lief ihr den Rücken hinunter bei der Vorstellung, dass jemand genau das mit ihr regelmäßig getan haben könnte. Die drei Federn, die Ralf Wolf ausgerissen hatte waren schon fragwürdig gewesen, aber der Gedanke eine menschliche Ziege zu melken, nein, den wollte sie lieber nicht zu Ende führen.

Es dauerte eine ganze Weile, bis Ralf mühsam aufstand und zu ihnen hinüberkam, die Ziege im Schlepptau.

»Und, und?«, fragte Maria sogleich aufgeregt.

»Kennt ihr das Märchen vom Hirsch mit dem goldenen Geweih?«

Kurz überlegte Regina mit zusammengekniffenen Augen, doch das einzige, das ihr dazu einfiel war zu fragen: »Das ist Russisch oder?«

Doch ihre Frage wurde von Maries enthusiastischen »Oh! Mein Lieblingsmärchen! Die Mutter ist so badass!« überdeckt.

Fragend sah Regina zu ihr hinüber und sogleich startete Marie in eine Zusammenfassung: »Aaalso! Da war diese Mutter mit drei Kindern, ein Junge und zwei Zwillingsschwestern.«

Regina musste sich auf die Zunge beißen, um den Satz nicht zu korrigieren, konzentrierte sich stattdessen auf das weiter gesagte.

»Jedenfalls, wie kleine Kinder so sind, sind sie vom rechten Weg abgebogen um Pilze zu sammeln, die von den Waldgeistern für sie gepflanzt wurden, damit sie in das Reich der Baba Yaga gelangen.«

»Baba Yaga?« Der Einwurf war schneller aus Regina heraus, als sie ihn aufhalten konnte. Noch zu genau erinnerte sie sich an die Hexe, die versucht hatte, die Kräfte ihrer Oma zu rauben. Dass sie real war, stand außer Frage, aber was hatte sie mit der Ziege zu tun.

»Natürlich Baba Yaga, das ist immer die Hexe in Russischen Märchen!« Marie stemmte mit einem abwertenden Blick die Hände in die Hüften, so als ob Regina das doch wissen sollte. »Jedenfalls!«, begann sie von Neuem, »werden sie natürlich von der Baba Yaga gefunden und in Rehkitze verwandelt. Das bekommt dann die Mutter mit macht sich auf den Weg mit einem Hund und einem Laib Brot.«

Verwirrt blickte Regina zwischen den Beteiligten hin und her, wieso war das Brot wichtig? In der Geschichte ihrer Oma gab es auch welches, aber da hatte es keine tiefere Bedeutung als einen Test für Hilfsbereitschaft.

»Der Junge folgt ihr auf alle Fälle und wird in eine Ziege verwandelt und die Mutter bekommt dann durch den Hirsch mit dem goldenen Geweih Kräfte, um die Baba Yaga zu besiegen. Als die Hexe tot ist, werden alle wieder zurückverwandelt.« Nun zuckte Marie mit den Schultern. »So zumindest die Grobfassung.«

»Sehr grobe Fassung«, stimmte Ralf zu und Regina glaubte einen bitteren Unterton herauszuhören.

Es war klar, dass Regina noch einiges über Märchen lernen musste, bis sie eines Tages die Aufgaben ihrer Oma übernehmen wollte. Wenn Lösungen in ihnen lagen, dann sollte sie diese auch kennen. Zumindest konnte sie sich denken, was Ralf ihr mit diesem Märchen sagen wollte. Nach einem Seufzen nickte Regina zur Ziege. »Du meinst-?«

»Jup.« Die Antwort war begleitet von einem verschmitzten Lächeln, das er ihr immer gab, wenn er stolz auf eine ihrer Schlussfolgerungen war.

Um sich nicht anmerken zu lassen, wie sie sich gerade innerlich aufplusterte, bat sie ihn die Situation genauer zu erklären.

»Wie die Kinder im Märchen, wurde sie von der Baba Yaga verwandelt, warum, konnte sie mir nicht mehr sagen. Nur, dass sie mich bei ihren Ausbrüchen gesucht hat, um wieder menschlich zu werden.«

Das erklärte zumindest, warum sie Wolf damals hergescheucht hatte und seitdem öfter hier aufgeschlagen war.

»Die gute Nachricht: Ich weiß, wie wir sie zurückverwandeln.« Er machte eine dramatische Pause, in der auch er die Ziege betrachtete, die nahezu betrübt ihren Kopf senkte. »Die Schlechte: Sie wurde vor mehr als hundert Jahren verwandelt. Das heißt, ich habe keine Ahnung, ob sie danach zu Staub zerfällt und selbst wenn nicht, kann ich nicht sagen, ob überhaupt noch jemand aus ihrer Familie lebt.« Bedrückte Stille legte sich über sie, doch Ralf war noch nicht fertig. »Und Yaga hat einen Warnzauber auf ihr, den ich erst lösen muss, damit sie nicht herausfindet, dass wir daran arbeiten. Auch, wenn sie vermutlich das Zicklein von damals längst vergessen hat.«

Nachwort

Könnt ihr erraten, welches Märchen hier thematisiert ist?

Ein paar Gedanken dazu, da es sich um ein Russisches Märchen handelt – und vor allem auch dem Stream über Slawische Märchen (5.8. 18 Uhr) mit Ria Winter, Christian Handel and Saskia Dreßler auf Saskias Twitch-Kanal:

Wir sind uns (hoffentlich) alle einig sind, dass Krieg totaler Mist ist.

Von Anfang an waren Russische Märchen und Beiträge (Russische Märchensammler, Baba Yaga – Teil 1, Teil 2, Verfilmungen – alle Beiträge von Katherina Ushachov) dazu ein Bestandteil des Märchensommers, immerhin bin ich hauptsächlich damit aufgewachsen. Das #CroMär hat zudem schon 2018 den Baba Yaga-Charakter bekommen. Das jetzt einfach fallen zu lassen erscheint mir falsch.

Wenn die Schreibende Person selbst in negatives Verhalten gegen andere Menschen involviert ist verstehe ich es voll und ganze deren Werke nicht weiter zu bewerben. Aber einen kompletten kulturellen Bereich einfach ignorieren – ggf. sogar verteufeln – wegen aktueller politischer Ereignisse, das kann ich nicht nachvollziehen. Immerhin war das schon weit vorher da.

Da der Märchensommer immer einen Platz hat für kritische Stimmen (s. Rachels Beitrag zu Antisemitismus in Märchen) nehme ich auch gerne einen Gastbeitrag der sich genau mit dieser Diskrepanz zwischen Kultur und aktueller politischer Lage befasst.

Nächsten Mittwoch geht es weiter!

Anne/Poisonpainter

Schreiberlinge im Interview: Kerstin G. Rush

Mit diesem Interview sind dann alle Autorinnen der Fairy Tale Summer Leserunde #MärchenDreier an der Reihe gewesen. Viel Spaß mit den Antworten von …

Das Märchensommer Banner zeigt eine Scherenschnitt-Fee, die Glitzer auf den verschnörkelten Schriftzug "Märchensommer" über einem aufgeschlagenen Buch streut. Alles vor einer grünen Wiese neben einem Baum und Sonnenstrahlen im Hintergrund.

Kerstin G. Rush

Ein paar Daten zu dir:

 Ich heiße Kerstin, komme aus der Pfalz und liebe Fantasy und Sci-Fi. Alle meine Werke sind bis jetzt im Bereich Selfpublishing erschienen. Diesen Weg habe ich aus freien stücken gewählt, weil ich Herausforderungen liebe.

Meine Bücher:

Vorneweg ein paar Fragen zu deinen Märchen Yukina:

1. Welches Element deines Märchens war am Schwierigsten umzusetzen?

Das Verständnis, warum Yukina und Schneewittchen sich nicht ausstehen können, obwohl sie Mutter und Tochter sind.

2. Was hat dich bei der Arbeit am Märchen am meisten zur Verzweiflung gebracht?

Ehrlich gesagt fällt mir da nichts ein. Die Geschichte sprudelte gerade so aus mir heraus.

3. Welche Fassung (Film, Erzählung, Adaption) deines Märchens, außer deiner eigenen, magst du am liebsten?

Spieglein, Spieglein – Die wirklich wahre Geschichte von Schneewittchen.

4. Ein Film-Mensch kommt auf dich zu und möchte dein Märchen umsetzen. Wen siehst du in den Hauptrollen?

Florence Hunt

5. Was wünscht du dir für die Zukunft deines Märchens?

Das viele Menschen es lesen und ein paar schön Stunden in einer anderen Welt verbringen können.

Schauen wir uns deine Märchenleidenschaft mal etwas genauer an…

6. Was ist deine schönste Erinnerung, wenn es um Märchen geht?

Das Wegträumen in eine andere Welt, in der so viele möglich ist.

7. Was magst du lieber? Happy End oder Bad End?

Happy End

8. Was stört/begeistert dich bei Märchen am meisten?

Hm schwere Frage. Manchmal stört mich das Bild der Frau in Märchen. Auf jeden Fall begeistert mich die Leichtigkeit mit den Geschichten erzählt werden. Selbst bei schwierigen Themen.

9. Was ist für dich typisch an einem Märchen?

Das die Magie nicht erklärt werden muss. Wenn Tiere sprechen können, dann ist das einfach so.

Zum Schluss noch ein paar märchenhafte Fragen:

10. Du triffst auf ein sprechendes Tier, das dir weismachen will, dass es ein verzauberter Mensch ist. Was würdest du tun?

Ich würde es sehr penibel Ausfragen und ihm dann gegebenenfalls helfen.

11. Eine gute Fee will dir drei Wünsche erfüllen, was würdest du dir wünschen?

1. Geld, es macht zwar nicht Glücklich, aber sorgenlos.
2. Gesundheit
3. Ein fast ewiges Leben, bei dem ich selbst entscheiden kann, wann ich sterbe.

12. Welchen Märchenweg würdest du wählen um jemanden aus dem Weg zu räumen?

Uh, was für eine Frage. Jemanden wie bei Hänsel und Gretel in einen Ofen zu schubsen, ist zwar sehr brutal, aber eben auch effektiv.

13. Bonusfrage: Mit welcher Märchenfigur würdest du gerne tauschen?

Noch so eine Gemeine Frage. Wenn ich mich wirklich entscheiden muss, dann würde ich wohl Goldmarie aus Frau Holle wählen. Natürlich hatte sie es auch schwer. Da Frau Holle ja eigentlich eine Göttin ist, wäre das schon interessant.

Mehr zu Kerstin gibt es hier:

Homepage: Kerstin G. Rush – Autorin
Facebook: Kerstin G. Rush Autorin
Twitter: @RushKerstin
Instagram: kerstin.g.rush.autorin
Twitch: kerstingrush

Vielen Dank, Kerstin!

Anne/PoiSonPaiNter