#litadvent: Unter dem Mistelzweig – Teil 3

Auch in diesem Jahr gibt es einen Adventskalender beim Bücherstadt Kurier.
Erneut haben June Is und ich uns in die Welt unserer letztjährigen Geschichte Operation „Joker“ begeben.
Teil 1 and 2 findet ihr auf der Bücherstadt Kurier Seite, Teil 3 gibt es heute und Teil 4 nächsten Sonntag hier. Viel Spaß!

Unter dem Mistelzweig

– ein RAC Weihnachts-Special in vier Teilen: Teil 3

(c) Seitenkünstler Aaron

Auf der Polizeiwache verbrachte Darius Kolb den Abend erneut mit dem Vorfall auf der Comic Convention. Seit er wusste, dass der Freund seines Neffens in die Sache mit den kostümierten Spinnern verwickelt war, verfolgte er den „RAC-Fall“ höchstpersönlich. Wie schon so oft hatte es auch dieses Mal wieder das gleiche Urteil gegeben: Freispruch mit Bewährungsauflage, Strafe: Sozialstunden. Lächerlich. Dem Verteidigungsanwalt würde er gern was erzählen. Als ob die Männer dabei etwas lernen würde. Er schloss wütend den Ordner. Dabei fiel der RAC-Pin auf den Boden. Darius hob ihn auf. „Was treibt ihr noch alles?“

Es klopfte an der Tür. Ein Kollege trat unaufgefordert ein. „Da ist ein Anruf reingekommen, Ruhestörung und unerlaubtes Feuerwerk in der Kässach-Villa.“
„Sind die Kollegen schon raus?“
„Äh … nein, das ist der Grund, wieso ich es Ihnen sage, einem ist schlecht geworden-“
„Ach, die Wochenleiche vorhin.“
„Ja … und der andere hat ihn gerade zum Krankenhaus gebracht.“
„Gut, dann fahr ich raus. Wer weiß, was die reichen Kids wieder veranstalten. Halten Sie derweil die Stellung.“ Darius erhob sich und ging zum Dienstwagen.

Als er das Polizeigelände verlassen wollte, klopfte jemand an seine Autoscheibe.
Darius betätigte den Fensteröffner. „Ah, du bist es, ich bin gerade im Einsatz.“
„Darf ich mit?“
„Nein.“
„Mir fällt die Decke auf den Kopf, es ist so leer in der Wohnung. Außerdem …”
Bei diesem Neffen war Widerstand von jeher zwecklos. Darius gab sich geschlagen. „Egal, was passiert … du bleibst im Auto.“
„Schießerei?“
„Ruhestörung.“
„Na dann.“ Er sah Moritz kichern, während er um das Auto zum Beifahrersitz lief.
Darius schmunzelte auch, denn schon als kleines Baby hatte er ihn nachts mit auf Streife genommen, um seiner Schwester ein paar ruhige Stunden zu gönnen.

„Wo geht es hin?”, fragte Moritz, nachdem sie eine Weile gefahren waren.
„Zur Kässach-Villa”, sagte Darius beiläufig, dann fiel ihm etwas sein. „Marian ist mit dem Kässach-Typen befreundet, richtig?”
Moritz rutschte unruhig auf dem Beifahrersitz herum.
„Spuck’s aus oder ich setz dich hier ab.” Dieses Mal meinte es Darius durchaus ernst.
„Marian wird vermutlich auch da sein. Sie haben da heute Weihnachtsfeier …”, gab Moritz kleinlaut zu.
„Weihnachtsfeier?” Darius schnaubte.
„Marian hatte mich auch eingeladen, aber …”
„Du bleibst definitiv im Auto.”
Moritz wollte widersprechen, aber Darius schüttelte nur den Kopf.

Als Darius in die Einfahrt zur Kässach-Villa einbog, wurde sein Neffe noch unruhiger.
Darius stoppte vor den Stufen der Haustür und schaltete das Blaulicht ab. Er stieg aus und je mehr er sich der Eingangstür näherte, desto deutlicher hörte er gedämpfte Stimmen.
Darius klingelte.
„Habt ihr was vergess-”, der junge Mann vor ihm, definitiv der Kässach-Schnösel, sah ihn erstaunt an. „Oh, Herr Kommissar, womit kann ich Ihnen helfen?” Der sarkastische Unterton entging Darius nicht.
„Herr Kässach, guten Abend. Es ging eine Beschwerde wegen Ruhestörung und unerlaubtem Abschießen von Feuerwerkskörpern ein.”
„Ruhestörung? Waren Sie nicht im Dezernat Diebstahl?” Julius klang belustigt.
„Darf ich reinkommen?“
„Aber natürlich, ich will ja nicht, dass Sie mich noch für Behinderung der Justiz anklagen.” Theatralisch legte Julius seine Hand auf die Brust.
Ganz dünnes Eis, Freundchen.”
Mit einer ausschweifenden Geste seines Armes ließ er ihn eintreten. Darius trat ins Wohnzimmer und ihm fiel sofort das Chaos auf. Konfetti und Geschenkpapier lagen über den Boden verstreut. Eine junge Frau mit Kopftuch stellte bunte Tassen auf ein Tablett, während eine Rothaarige den Tisch abwischte. Ein anderer vom RAC-Foto, an dessen Namen er sich nicht erinnern konnte, und eine Frau mit einem blutdurchtränkten Verband ums Handgelenk hievten große Müllbeutel, aus denen Raketenreste herausragten, durch die offene Terrassentür.

Darius räusperte sich und alle hielten inne. Sie richteten ihre Aufmerksamkeit auf ihn. „Guten Abend, Kolb, Polizei. Uns hat eine Beschwerde zu Ihrer Feier erreicht. Ich bitte Sie, weitere Ruhestörungen zu unterlassen. Für das unerlaubte Feuerwerk – wir haben da ein Filmchen bekommen – und die Reste sind, wie ich sehe, noch sichtbar, kriegen Sie ein Bußgeld. Und da haben Sie Glück, dass es Ihr eigenes Grundstück ist. Anderswo gäbe es Freiheitsstrafe.“
Den letzten Teil sagte er an Kässach gewandt, der ihn finster anschaute.
„Erstmal zeigen Sie uns Ihren Ausweis“, forderte die Kopftuchträgerin.
„Und Sie sind?“ Darius kam ihrem Wunsch nach.
„Alisa Vural, Anwaltsassistentin von Doktor Kerber“, verkündete sie und Darius erkannte sofort ihren Lehrmeister in der Gestik. Wie ihm dieser bestimmte Rechtsverdreher doch zuwider war.
„Was ist mit ihrer Hand passiert? Haben Sie wieder mit Ihren Cosplay-Spielchen übertrieben?”
„Sehr witzig, Herr Kommissar, das war ein Malheur beim Ente schneiden, was in Anbetracht meines Cosplays recht ironisch ist”, verteidigte sich die Verletzte.
Darius fragte sich innerlich, was mit diesen Leuten nicht stimmte.
„Warum überhaupt Bußgeld? Das ist doch angemeldet gewesen“, mischte die Rothaarige sich ein und zog einen zerknitterten Zettel aus der Tasche. „Hier die Bestätigung.” Sie reichte ihm den Wisch rüber und sagte dabei entschuldigend: „Schon weggeworfen worden.”
Mit einem verwunderten Blick an Darius vorbei fügte sie hinzu: „Sie haben sogar den jungen Mann dabei, der die Anmeldung genehmigt hat.“
„Sie bringen einen Zivilisten zu einem Einsatz?“, fragte die Vural derweil argwöhnisch.
Darius drehte sich um und tatsächlich stand Moritz hinter ihm. Er sah betreten zu Boden.
Auf die Frage ging Darius lieber nicht ein. Stattdessen widmete er sich der Anmeldung.
Moritz’ Dienststempel war eindeutig erkennbar. Ausgestellt war das Dokument auf eine Juliane Kässach, das musste die Rothaarige sein.

Ob sie das im Alleingang gemacht hatte? Zumindest wirkte der männliche Kässach-Nachkomme äußerst überrascht.
Natürlich hätte Darius vorher das Register prüfen müssen. Er seufzte.

~~~~~~~ ❄ ~~~~~~~ ❄ ~~~~~~~ ❄ ~~~~~~~ ❄ ~~~~~~~ ❄ ~~~~~~~

Wie es weitergeht erfahrt ihr am nächsten Sonntag hier.

Wir wünschen euch einen schönen dritten Advent!

Anne und June

Leave a Reply

Your email address will not be published. Required fields are marked *