Advent Calendar: Door/Türchen #5

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Mina

Es regnete schon den ganzen Tag und Mina war erschöpft. Ihr Rucksack lastete schwer auf ihren Schultern und ihre Füße schlurften mehr als das sie sich anhoben. Sie war auf der Suche nach einem Unterschlupf, aber auch der Wald bot keinen großen Schutz, da der Regen durch das lückenhafte Blätterdach prasselte und sie mittlerweile bis auf die Knochen durchnässt hatte.
In ihrem Tran hörte sie kaum das Jammern und Stöhnen vor ihr, bis sie einen Schatten zwischen zwei großen Eichen sah. Mina kniff die Augen zusammen und versuchte etwas zu erkennen als sie näher kam, aber ihre sonst so gute Sicht war durch Regen und Müdigkeit eingeschränkt. Erst als sie kurz davor stand erkannte sie die alte Frau, die mit aller Kraft gegen Äste ankämpfte, die ihren Reisigkorb stur festhielten. Mina näherte sich vorsichtig durch das Dickicht und legte eine Hand auf den Stamm einer der Eichen.
„Ganz ruhig“, flüsterte sie fast und ließ etwas von ihrer Magie in den Stamm strömen.
Mit etwas Verzögerung schien der Baum sich zu entspannen und löste seine Äste aus der Umklammerung des Korbes. Der andere Baum tat es ihm gleich. Zum Glück hatte die Alte Mina’s Anwesenheit bemerkt sonst hätte all ihr ziehen und zerren dafür gesorgt, dass sie jetzt auf dem matschigen Waldboden säße.
„Danke“, sagte sie nur schnaufend und zwängte sich wieder in die Riemen ihres Korbes, die verrutscht waren.
Mina half ihr auch hier und bekam erneut Dank.
„Meine Hütte ist nicht weit von hier. Komm mit und wärm‘ dich erst einmal auf“, schlug sie vor und Mina bestätigte mit einem Nicken.
Sie wollte einfach nur raus aus dem Regen.
In der Hütte angekommen, stellte die Alte ihren Korb in die Ecke und fing an sich am Feuer zu schaffen zu machen. Etwas unsicher legte Mina ihren Rucksack ebenfalls ab und stand wie ein begossener Pudel im geräumigen Wohnraum.
„Da hinten in der Kiste sind Decken“, warf ihr die Alte über die Schulter hinweg zu.
Mina legte ihren nassen Reisemantel ab und hängte ihn über einen Stuhl anschließend ging sie zur angesprochenen Kiste, um sich eine Decke zu holen. Der Deckel war schwer, aber sie konnte ihn trotzdem gut anheben. Sie nahm sich eine der Decken und wollte sich gerade darin einwickeln, als die Alte vom Kamin her forderte: „Alles aus!“
Etwas beschämt entkleidete sich Mina fast komplett hinter der Decke. Sie wollte nicht völlig nackt vor der Alten stehen. Die Decke um sich gewickelt hängte sie ihre fallengelassenen Sachen über weitere Stühle, die um den großen Esstisch standen. Endlich stand die Alte auf und begann nun ebenfalls sich bis auf den Unterrock zu entkleiden und sich in eine Decke zu wickeln. Sie hatte ihre Decke mit ihrer Umhangschnalle befestigt und konnte sich so frei bewegen. Sie kehrte zum Feuer zurück und hing einen kleinen Kessel darüber.
„Komm näher“, forderte sie Mina auf und deutete auf einen der Stühle dichter am Feuer.
Vorsichtig, um die Decke nicht zu verlieren ging sie dichter ans Feuer. Die Wärme stieg sogleich in ihre Glieder auf.
„Gleich gibt es auch noch eine schöne, warme Suppe, dann ist dir nicht mehr so kalt“, erklärte die Alte während sie eine Hand voll Kräuter in den Kessel warf und den Inhalt umrührte.
„Sag meine Kleine, was macht eine Waldlings-Magierin in diesem Wetter ohne einen Regenzauber zu nutzen?“, erkundigte sie sich nachdem sie Schüsseln aufgefüllt und Mina eine gereicht hatte.
Mina verschluckte sich fast, sie hatte nicht erwartet, dass die Alte mitbekommen hatte was sie getan hatte.
„Ich kenne noch keine Regenzauber“, erklärte sie kleinlaut, nachdem sie sich geräuspert hatte.
„Ich suche erst nach einem Lehrmeister“, ergänzte sie und schaute die Alte erwartungsvoll an.
„Ach Kleines, ich kann dir Sachen über Kräuter und Heilpflanzen beibringen, aber über deine Gabe kann ich dich nichts lehren“, erklärte die Alte traurig.
„Ich wäre Euch schon sehr dankbar, wenn Ihr das tätet. Wir lernen zwar viel über Pflanzen und deren Nutzung, aber es gibt doch immer etwas Neues zu lernen“, bat Mina mit einem leuchten in den Augen.
„Dann werde ich das tun, aber ich habe Bedingungen“, erwiderte die Alte und fuhr fort nachdem Mina zustimmend genickt hatte.
„Du hilfst mir die Kräuter zu sammeln und zu verarbeiten. Du kommst mit mir zu Hausbesuchen und hilfst mir das Haus sauber zu halten. Und du nennst mich Yagai und nicht Euch oder sonst einen Firlefanz. Einverstanden?“, fragte sie und streckte Mina ihre Hand entgegen.
Mina schlug ohne zu zögern ein „Einverstanden“
„Gut. Und als erste Aufgabe verrätst du mir erstmal deinen Namen“
„Mina“, antwortete diese mit einem Schmunzeln, sie hatte völlig vergessen sich vorzustellen.
„Schön dich kennen zu lernen, Mina. Willkommen in meinem bescheidenen Heim“, begrüßte Yagai sie mit einer ausschweifenden Hangbewegung.
Mina erwiderte den Gruß und war schon gespannt auf die Dinge, die sie lernen würde.

Hinter den Kulissen

Mit Mina’s Geschichte geht es weiter im 8. Türchen.

Wenn ihr in der Zwischenzeit bei den anderen vorbei schauen möchtet, dann startet neu bei Türchen 1 und entscheidet euch zwischen Damian and Sasha.
Die alte Kräuterfrau heißt nicht grundlos Yagai und wer ein bisschen Erfahrung mit Russischen Märchen hat, wird auch schnell erkennen, dass der Name eine Abwandlung von Baba Yaga ist, dem Hexenweib, das in vielen von ihnen ihr Unwesen treibt. Die Märchen mit der Baba Yaga waren immer unter meinen Favouriten. Wer mag auch nicht ein Hexenhaus auf Hühnerbeinchen? 😀
Ich hoffe euch gefällt ihre Geschichte bisher.
PoiSonPaiNter
© Für Geschichte und Charaktere liegen bei mir. Verwendung oder Weitergabe nicht ohne meine Zustimmung.
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Lies auf Deutsch

Mina

It had rained the whole day and Mina was tired. Her backpack sat heavy on her shoulders and her feet scuffed more than they rose up. She was searching for shelter, but not even the forest provided protection as the rain pattered down through the patchy canopy of leaves and by now had drenched her to the bones.
In her dazed state she did not hear the lamenting and moaning in front of her until she saw a shadow between two tall oaks. Mina squinted her eyes and tried to detect something as she got closer, but her usually good sight was limited thanks to the rain and her tiredness. Only as she stood close to her did she see the old woman that fought with all her might against the branches that held fast her brushwood-basket. Mina carefully got closer to the thicket and put one of her hands on the trunk of one of the oaks.
“Easy now”, she nearly whispered and let her magic pour into the trunk.
With a little delay the tree seemed to relax his branches and released the basket from its grasp. The other tree followed suit. Luckily the hag had noticed Mina’s presence and had stopped pulling and tugging, otherwise she would have now sat on the muddy forest floor.
“Thanks”, she only said with a huff and squeezed back into the straps of her basket that had shifted.
Mina helped her again and received more thanks.
“My hut isn’t far from here. Come with me and warm up”, she suggested and Mina agreed with a nod.
She just wanted to get out of the rain.
In the hut the hag put the basked into a corner and started working on a fire. A little uncertain Mina put her backpack down as well, looking crestfallen in the spacious room.
“Back there is a chest with blankets”, the hag called to her over her shoulder.
Mina took off her wet travelling coat and hung it over a chair before she went over to the mentioned chest to pick up a blanket. The lid was heavy, but she could still open it easily. She took out a blanket and wanted to wrap it around herself when the hag ordered from the fireplace: “Everything off!”
A little ashamed Mina nearly took off all her clothes behind the blanket. She didn’t want to be completely naked before the hag. The blanket wrapped around her she hung up her dropped clothes over other chairs that stood around the large dinner table. At last the hag got up and started to undress except for her underskirt and wrapped herself in a blanket, too. She had fastened her blanket with a coat buckle and was therefore able to move freely. She returned to the fire and put a small cauldron over it.
“Come closer”, she invited Mina and waved towards one of the chairs closer to the fire.
Cautiously, to not lose the blanket, she got closer. The warmth ran up her limbs right away.
“In a moment you will also get a nice, warm soup, then you won’t feel cold any more”, the hag explained as she threw a handful of herbs into the cauldron and stirred it.
“Tell me, sweetie, what does a Woodling-Mage do in this kind of weather without using a rain spell?” She asked after she had filled bowls and had given one to Mina.
Mina nearly choked on her soup, as she had expected, that the hag hadn’t noticed what she had done.
“I don’t know any rain spells, yet”, she explained meekly, after she had cleared her throat.
“I’m still searching for a teacher”, she added and looked at the hag in anticipation.
“Ah, sweetie, I can teach you about herbs and medical plants, but I can’t teach you anything about your gift”, the hag explained sadly.
“I’d already be grateful, if you could do that. Even though we learn a lot about plants and their uses, there is always something new to learn”, Mina requested with a glimmer in her eyes.
“Then I will do that, but I do have conditions”, the hag returned and continued after Mina nodded in agreement.
“You’ll help collect and process the herbs. You’ll come with me when I make house calls and you’ll help me keep the house clean. And you’ll call me Yagai and not Ma’am or such nonsense. Agreed?” She asked and put out her Hand towards Mina.
Mina took her hand without hesitation “Agreed”
“Good. And as your first task you’ll tell me your name”
“Mina”, she replied with small smile, she had completely forgotten to introduce herself.
“Nice to meet you, Mina. Welcome to my humble home”, Yagai greeted and waved her hand across the room.
Mina returned the welcome and was already excited of the things she’d learn.

Behind the Scenes

Mina’s story will continue behind the 8th door.
If you want to see what the others are doing in the meantime, go back to the 1st door and choose between Damian and Sasha.
I hope you enjoy the story so far.
The old herb woman isn’t called Yagai without a reason and those who have some experiences with Russian Fairy Tales will soon notice that her name is a modification of Baba Yaga, the witch that is striking trouble in a lot of them. The Fairy Tales with the Baba Yaga were always amoungst my favourites. Who doesn’t like a witch house on chicken legs? 😀
Speaking of legs: Mina’s crestfallen look is originally described as standing there like a droused poodle (begossener Pudel), but English seemingly doesn’t have such a metaphor…
PoiSonPaiNter
© For the story by me. Do not use or repost either without my permission.

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